„Die Totengräber“: Ein Pflegeheimskandal erschüttert Frankreich und mit Orpea geht es wieder einmal um die großen renditeorientierten Pflegeheimbetreiber

»In Frankreich sorgt das Buch „Les Fossoyeurs“ („Die Totengräber“) von Victor Castanet für Aufregung. Die Zeitung LE MONDE hat vorab Auszüge veröffentlicht, die den schockierenden Alltag in Altenheimen des französischen Konzerns „Orpéa“ anprangern, der in Europa mehr als 1.000 Einrichtungen betreibt«, konnte man bereits am 26. Januar 2022 dieser Meldung entnehmen: Frankreich geschockt über Missstände in Orpea-Altenheimen. »Schon zu Beginn der Corona-Pandemie waren Altenheime – sogenannte EPHAD: Abkürzung für „Établissement d’hébergement pour personnes âgées dépendantes“, auf Deutsch: „Einrichtung zur Unterbringung von abhängigen älteren Menschen“ – wegen der vielen Todesfälle in Verruf geraten. Dem Journalisten geht es aber nicht eine generelle Kritik an den Alten- und Pflegeheimen, sondern um das „Business mit dem Alter“, den das weltweit führende Unternehmen „Orpéa“ offenbar betreibt. Die „Totengräber“, die Castanet vorstellt, sind nicht die kleinen Angestellten, sondern die Entscheidungsträger, für die die alten Menschen lukrativ sind.«

Eine sehr gute Zusammenfassung der aktuellen Entwicklungen in unserem Nachbarland Frankreich rund um Orpea findet man in dem Beitrag Dieser Pflegeheimskandal erschüttert Frankreich von Niklas Záboji in der FAZ: »Personalmangel, Essensrationierung und Bewohner, die stundenlang in ihren eigenen Exkrementen liegen: Betreiber Orpea steht massiv in der Kritik. Nach einem heftigem Kurssturz an der Börse fliegt der Chef.« Záboji weist sogleich darauf hin, dass wir den Blick über Frankreich weiten müssen, denn es handelt sich nicht um einen auf insgesamt 350 französische Einrichtungen begrenzten Konzern, sondern um einen der ganz großen Player auf der europäischen Ebene: »Nur ein Teil des Jahresumsatzes von zuletzt rund 4 Milliarden Euro und den knapp 70.000 Mitarbeitern entfällt auf den Heimatmarkt. Zwei Drittel der Aktivitäten finden hingegen im Ausland statt. Orpea zählt rund 1.100 Pflegeeinrichtungen in 23 Ländern, in Deutschland ist es mit 143 Heimen viertgrößter Betreiber.«

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Das lukrative Milliarden-Geschäft mit der Altenpflege, die Private Equity-Investoren, die Frage nach der Qualität und einige Hinweise aus dem Ausland

In diesem Blog wurde immer wieder ein ganz bestimmter Ausschnitt der Anbieter von Pflegeleistungen angesprochen und kritisch beleuchtet: Die Private Equity-Gesellschaften, die große Summen im Gesundheitswesen anlegen (beispielsweise in Medizinische Versorgungszentren) und vor allem in Pflegeeinrichtungen. Und auch an anderer Stelle wird das regelmäßig aufgerufen, so beispielsweise in diesem Beitrag unter der Überschrift Altenpflege ist längst ein Milliardengeschäft von Florian Staeck: »Die Altenpflege ist von Private-Equity-Investoren als lukratives Karussell von Kaufen und Verkaufen entdeckt worden. Die Politik schaut zu, Studien zur Versorgungsforschung fehlen.« Darin findet man dann solche passenden Formulierungen: Vor allem Pflegeimmobilien sind von Finanzinvestoren entdeckt worden. Sie gelten – in der Sprache des Beratungsunternehmens pwc – als „krisenstabile und konjunkturresistente Nutzungsklasse mit zumeist langfristig angelegten Miet- bzw. Pachtverhältnissen“. Und ergänzend der Hinweis auf die zuverlässigen Zahlungsströme: »Pflegerische Dienstleistungen werden aus Mitteln der Sozialen Pflegeversicherung, aus dem Vermögen der Pflegebedürftigen und bedarfsweise auch aus Mitteln der Kommunen bezahlt – eine sichere und berechenbare Anlagechance also.«

Wenn man diese Logik konsequent weiter denkt, dann werden auch die Bewohner solcher Einrichtungen eine ganz eigene „Nutzungsklasse“ darstellen, die man „bewirtschaften“ muss. Natürlich kann und muss man an dieser Stelle die Frage aufwerfen, ob das nicht negative Auswirkungen für die Menschen – also für die Bewohner wie auch für die, die unter diesen Bedingungen arbeiten – haben muss.

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Der Mindestlohn-Sprung auf 12 Euro und die bange Frage, ob sich die Erhöhung der gesetzlichen Lohnuntergrenze als Inflationstreiber erweisen wird

Der starke Anstieg der am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessenen Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte 2021 bewegt verständlicherweise viele Menschen, vor allem mit niedrigen oder mittleren Einkommen. In den Medien wird heftig diskutiert, ob sich die Preissteigerungsrate auf einem hohen Niveau verfestigen wird und die Europäische Zentralbank nicht längst eine zinspolitische Wende hätte einleiten müssen.

Immer noch stehen sich auch bei den Volkswirten zwei Lager gegenüber, die zu sehr unterschiedlichen Vorhersagen hinsichtlich der Inflationsentwicklung im nunmehr begonnenen Jahr 2022 und dann 2023 kommen. Die eine Seite hebt die Sonderfaktoren hervor, die zu dem kräftigen Anstieg der Preissteigerungsrate in der zweiten Jahreshälfte 2021 geführt hat (wie die von Juli bis Dezember 2020 befristete Absenkung der Umsatzsteuer in Deutschland und die entsprechende Rückkehr zum höheren Ausgangsniveau im Januar 2021), die anderen verweisen darauf, dass ja auch in anderen Ländern ohne diese Maßnahme eine hohe Inflationsrate zu verzeichnen ist und dass die Preissprünge vor allem im Energiebereich preistreibend gewirkt haben und auch entsprechend weiter wirken werden.

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