In der vergangenen Legislaturperiode hatte die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in ihrem Pflichtenheft gesetzgeberische Regulierungsmaßnahmen die Leiharbeit und die Werkverträge betreffend – und die hat sie innerhalb der großen Koalition auch abgearbeitet. Darüber wurde hier ausführlich berichtet. Vgl. dazu durchaus kritisch beispielsweise den Beitrag Eine weichgespülte „Reform“ der Leiharbeit und Werkverträge in einer Welt der sich durch alle Qualifikationsebenen fressenden Auslagerungen vom 1. April 2017 sowie bereits am 21. Oktober 2016 der Beitrag Ein „kleingehäckseltes“ koalitionsvertragsinduziertes Abarbeitungsgesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen. Die Politik feierte sich für die Verbesserungen der Bedingungen für die Leiharbeiter, Gewerkschaften und Arbeitgeber lobten den Kompromiss, die Leiharbeitsbranche maulte verständlicherweise herum und einige wenige kritische Stimmen, die auf weichgespülte Regeln bei Höchstüberlassungsdauer und „equal pay“ ab dem neunten Entleihmonat in Folge zahlreicher Ausnahmeregelungen hinwiesen, sind untergingen in dem Zustand der Erleichterung, dass man dieses innerhalb der großen Koalition zwischen SPD und Union strittige Thema „vom Tisch“ bekommen hat.
Aber etwas vom Tisch zu haben, bedeutet nicht, dass damit das Problem gelöst ist. Und gerade die Gewerkschaften, die in den Jahren vorher mit massiven Kampagnen gegen die expandierende Leiharbeit und Werkverträge im Zusammenspiel mit einer kritischen Berichterstattung in vielen Medien den Boden bereitet haben für eine Regulierung dieses Bereichs des Arbeitsmarktes, wurden nun zugleich mit ihrer eigenen Ambivalenz gegenüber dieses Flexibilitätselementen des Arbeitnehmereinsatzes konfrontiert. Denn in vielen Unternehmen wird die Stabilität der Arbeitsbedingungen, zu denen die vergleichsweise hohen Tarifverdienste in der Industrie gehören, „erkauft“ durch das Vorhalten und die Inanspruchnahme einer flexiblen Randbelegschaft, bislang gesteuert vor allem über Leiharbeit, in den vergangenen Jahren aber zunehmend auch über Werkverträge.