Der Mangel an (bezahlbarem) Wohnraum in trockenen Zahlen mit viel individueller Not und gesellschaftlichen Sprengsatz dahinter

In Deutschland gibt es 77 Großstädte, in denen jeweils mehr als 100.000 Einwohner leben. Und in den vergangenen Jahren wird immer öfter von der gerade in den wachsenden Großstädten grassierenden Wohnungsnot berichtet. Nehmen wir als ein Beispiel Berlin, die Stadt hat mittlerweile gut 3,7 Millionen Einwohner. Allein im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der offiziellen Einwohner um 41.000 erhöht. Darunter sind zum einen Menschen, die berufsbedingt nach Berlin kommen und sich mit ihren Einkommen auch hohe Mieten leisten können, aber eben auch viele Menschen, die nur sehr niedrige Einkommen haben oder vollständig auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Und beide Gruppen suchen Wohnraum. Während die einkommensstärkeren Zugezogenen das Preisniveau in Berlin nach oben treiben, wird es für die unten immer schwieriger, überhaupt eine halbwegs finanzierbare Bleibe finden zu können.

Eine neue Studie, gefördert von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, hat das, was überall empfunden und wahrgenommen wird, in Zahlen gegossen – die zunehmende Wohnungsnot. Die Befunde sind beunruhigend: »In den 77 deutschen Großstädten fehlen gut 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen, darunter etwa 1,4 Millionen günstige Apartments unter 45 Quadratmetern für Einpersonenhaushalte … Gemessen an den finanziellen Möglichkeiten der lokalen Bevölkerung besteht ein besonders großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum einerseits in einwohnerstarken Städten mit vielen Niedrigverdienern (etwa Berlin, Leipzig, Dresden), andererseits in Großstädten mit hohem Mietniveau (z.B. München, Stuttgart, Düsseldorf)«, kann man dieser zusammenfassenden Meldung zur neuen Studie entnehmen: In Deutschlands Großstädten fehlen fast zwei Millionen bezahlbare Wohnungen: »Konkret fehlen in Berlin mit rund 310.000 bundesweit die meisten bezahlbaren Wohnungen. Es folgen Hamburg mit einer Lücke von 150.000, Köln mit 86.000 und München mit 78.000 Wohnungen. Doch selbst in Großstädten mit relativ kleinen „Versorgungslücken“ wie Moers, Wolfsburg, Koblenz oder Ulm überschreitet der Bedarf an günstigen Wohnungen das Angebot jeweils um mehrere tausend.« 

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Die angemessenen „Kosten der Unterkunft und Heizung“ im Hartz IV-System: Wenn ein unbestimmter Rechtsbegriff mit elementaren Folgen von der einen Seite bestimmt werden soll

Für den Januar 2018 wurde gemeldet, dass sich 5.960.000 Menschen in der Grundsicherung nach dem SGB II befinden. Fast sechs Millionen Menschen im „Hartz IV“-System. Und wenn überhaupt deren Situation angesprochen wird, dann geht es häufig um das, was sie im Monat an Geld bekommen vom Jobcenter. Oftmals wird dabei auf den „Regelbedarf“ abgestellt, mit dem die Betroffenen ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Für eine alleinstehende Person ist das seit Anfang dieses Jahres ein Betrag von 416 Euro, im vergangenen Jahr waren das noch 409 Euro. Aber es gibt noch einen zweiten großen Ausgabenblock im Grundsicherungssystem, der von genau so existenzieller Bedeutung ist: Die „Kosten für Unterkunft und Heizung“ (KdU). Wir reden hier zum einen über eine für die Betroffenen elementare Leistung, zum anderen über erhebliche Beträge: 2016 wurden über 14 Mrd. Euro als KdU-Ausgaben gebucht, das waren ein Drittel der Gesamtausgaben für das SGB II.

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Wenn die gegebene Maschinerie von Angebot und Nachfrage vor sich hin wirkt, dann muss die regionale Mietpreisentwicklung immer weiter auseinander laufen

Mittlerweile sollte es überall angekommen sein – die „Wohnungsfrage“ wird (wieder) zu einer der ganz großen sozialen Fragen im Hier und Jetzt und vor allem in den vor uns liegenden Jahren. Dazu wurde auch in diesem Blog schon viel geschrieben, vgl. nur als Beispiel den Beitrag (Nicht-)Wohnen: Die alte neue soziale Frage. Von einem Sprengsatz in unserer Gesellschaft mit erheblicher Splitterwirkung vom 27. Oktober 2015 sowie ein Jahr zuvor vom 10. September 2014 den Beitrag Wohnst Du schon oder suchst Du noch? Die Wohnungsfrage als neue alte soziale und „Markt“-Frage, zunehmend auch für die „Mitte“. Dabei wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass es zum einen „den“ Wohnungsmarkt nicht gibt und geben kann. Wir sind mit einer Vielzahl regionaler bzw. lokaler Wohnungsmärkte konfrontiert (was aber beispielsweise auch für die meisten Arbeitsmärkte gilt). Selbst wenn man „einen“ konkreten Wohnungsmarkt vor Ort betrachtet, wird man es in der Regel mit einer Gleichzeitigkeit eines Angebotsüberschusses wie auch eines Angebotsmangels zu tun haben, in Abhängigkeit davon, ob man das Segment der Luxus- und Premienwohnungen oder das der günstigen oder gar billigen Wohnungen betrachtet.

Letztendlich geht es auch auf den „Wohnungsmärkten“ um ein wirkkräftiges Zusammenspiel eines (bestimmten) Angebots und einer (bestimmten) Nachfrage. Mit „bestimmt“ ist hier eben nicht generell ein vorhandener Nachfrageüberhang bezeichnet, der zu einer Angebotsausweitung führen müsste, weil man hier Geschäfte machen könnte. Also nicht gemeint ist der enorme Nachfrageüberhang nach günstigem oder halbwegs bezahlbaren Wohnraum, denn die Rendite aus der Bearbeitung einer anderen Nachfrage sind nun einmal aus der einzelbetrieblichen Sicht eines Anbieters im Segment der höherpreisigen oder gar der Luxuswohnungen höher (bis es in diesem Segment dann Marktungleichgewichte gibt, also konkret einen Angebotsüberschuss, der gut ist für die überschaubare Zahl an Nachfrager in diesem Bereich und schlecht für die Anbieter – aber das dauert und der einzelne Anleger hat nur die in der Vergangenheit erzielten Renditen vor Augen und schreibt diese in die Zukunft fort). 

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