Vom Tauziehen um Werkverträge und Verantwortung für Menschen in der Fleischindustrie. Und von den Kriegsgewinnlern, die ihre Einkaufspreise optimieren

Eigentlich sollten Maßnahmen gegen die seit langem existierenden Missstände in der Fleischindustrie, die in diesen Tagen durch die zahlreichen Corona-Infektionen von osteuropäischen Werkvertragsarbeitnehmern für einen Moment lang an die Oberfläche der medialen und politischen Aufmerksamkeit geschwemmt worden sind, am Montag dieser Woche im „Corona-Kabinett“ der Bundesregierung beschlossen werden. So die Absicht des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD). Aber daraus wurde vorläufig erst einmal nichts. Entscheidung über Schlachthöfe verschoben, so ist einer der Meldungen dazu überschrieben: »Höhere Strafen bei Verstößen gegen Arbeitsschutzregeln – oder gar ein Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie? Angesichts der Corona-Fälle in Schlachtbetrieben ringt die Koalition um eine Linie – bislang offenbar erfolglos.«

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Hängt nun ein Damoklesschwert über der Fleischindustrie oder wird sie (wieder) vom Haken gelassen?

Ein paar Tage der intensiven Berichterstattung über die seit vielen Jahren skandalösen Arbeitsbedingungen für einen immer größer gewordenen Teil der Beschäftigten in der deutschen Fleischindustrie liegen hinter uns. Die Aufregung im Umfeld Hunderter Corona-Infektionen unter den Werkvertragsarbeitnehmern hat das Thema bis in den Bundestag gespült und dort hat der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) markige Ankündigungen gemacht: Kern des Übels sei „diese Art von Sub-Sub-Sub-Unternehmertum“ in der Branche. Und der Minister kündigte an, bei der nächsten Sitzung des Corona-Kabinetts am 18. Mai ein Konzept für Konsequenzen vorzulegen.Man dürfe jetzt nicht bei der Empörung stehen bleiben. Dazu dieser Beitrag vom 15. Mai 2020: Jetzt aber: „Wir werden aufräumen mit diesen Verhältnissen“, sagt der Bundesarbeitsminister. Und meint die Zustände in der Fleischindustrie. Man darf gespannt sein. Entscheidend wird sein, ob wir gespannt sein dürfen, das etwas herauskommt. Dazu hat sich zwischenzeitlich auch der nordrhein-westfälische Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) geäußert, denn auch er hatte Konsequenzen aus den Skandalen gefordert.

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Jetzt aber: „Wir werden aufräumen mit diesen Verhältnissen“, sagt der Bundesarbeitsminister. Und meint die Zustände in der Fleischindustrie. Man darf gespannt sein

Es gibt Zufälle, die so konstruiert erscheinen, dass man den Kopf schütteln muss. Der 14. Mai ist ein Beispiel dafür. Es ist der Gedenktag der heiligen Corona. Ja, die gibt es wirklich. Und die ist nicht irgendeine Heilige, die man aus dem Frühchristentum in die Gegenwart zu retten versucht: Im katholischen Universum handelt es sich um die Patronin des Geldes, der Fleischer und Schatzgräber. Und eines muss man der katholischen Kirche ja lassen – sie sichert ihre Gläubigen gerne mehrfach ab und deshalb legt sie bei der heiligen Corona noch einen drauf: Die ist nämlich auch eine der zahlreichen Patrone gegen Pest und andere Seuchen. Wie passend. Manche andere hingegen würden in diesen Tagen von einem zynisch daherkommenden Humor sprechen.

Der Schutzheiligen des Geldes und der Fleischer werden in normalen Zeiten Wallfahrten dargebracht, vor allem in Österreich (möglicherweise auch in Ischgl). In diesem Jahr bewegt Corona, allerdings in viraler Form, den Globus und speziell am Gedenktag der Heiligen in Deutschland auch die Fleischindustrie und aufgrund der vielen Corona-Infektionsfälle in den Schlachthöfen der Republik auch Medien und Politik. Sogar bis in den Bundestag haben es die Vorgänge und damit (wieder einmal) der Blick auf die Zustände im Billigschlachthaus Deutschland geschafft. Und da geht es nicht nur um Fleischer, sondern eigentlich um viele Geld und um Unternehmen, die für sich einen Schaft gehoben haben – eine Schatzkiste voll mit billiger und gut ausbeutbarer Arbeit aus dem Osten.

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