Die (nicht-)pessimistische Wahrnehmung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2025

Die Einschätzung der allgemeinen Wirtschaftslage kann das Wahlverhalten beeinflussen. Studien und Wahlanalysen zeigen, dass wirtschaftliche Faktoren oft eine zentrale Rolle in politischen Entscheidungen spielen. Damit verbunden ist eine auf den ersten Blick einleuchtende Hypothese: Wenn die Wirtschaftslage als schlecht eingestuft wird, dann steigt die Bereitschaft, für Oppositionsparteien oder Protestparteien zu stimmen. Wähler suchen nach Parteien, die glaubwürdige wirtschaftliche Lösungen versprechen, oder wenden sich populistischen Parteien zu, die einfache Antworten auf komplexe Probleme bieten. Wenn das zutreffend sein sollte, dann sieht es nicht gut aus für die bisherigen Regierungsparteien, wenn man sich die Entwicklung der Einschätzung der allgemeinen Wirtschaftslage in Deutschland hinsichtlich einer Bewertung mit „schlecht“ anschaut:

➔ Die Forschungsgruppe Wahlen führt seit 1977 regelmäßig für das ZDF Politbarometer-Umfragen durch. Diese erfassen Meinungen und Einstellungen der wahlberechtigten Bevölkerung zu aktuellen Ereignissen, zu Parteien und Politikern, aber auch zu allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen. Dabei werden in den westlichen Bundesländern jeweils ca. 1.000 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte befragt, in den östlichen Bundesländern ca. 500. Eine Überquotierung des Ostens erfolgt, um eigenständige Aussagen über die ostdeutschen Länder treffen zu können. Die Zusammenfassung dieser Befragten führt nach Ausgleich der Überquotierung im Osten rechnerisch zu ca. 1.250 Interviews. Weitere Erläuterungen findet man hier: Methodik der Politbarometer-Untersuchungen.

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Bisherige Muster lösen sich angeblich auf: Wem geben Deutsche mit Migrationsgeschichte ihre Stimme?

Es gab ja mal eine Zeit, in der intensiv darüber diskutiert wurde, dass Deutschland angeblich kein Einwanderungsland sei. Schaut man sich dann solche aktuelle Meldungen an, dann wird klar, dass wir (schon seit langem) natürlich in einer Einwanderungsgesellschaft leben: Gut jede vierte Person in Deutschland hatte 2021 einen Migrationshintergrund, berichtet das Statistische Bundesamt in einer Mitteilung vom 12. April 2022. »Im Jahr 2021 hatten 22,3 Millionen Menschen und somit 27,2 % der Bevölkerung in Deutschland einen Migrationshintergrund.« Das sind viele.

Was muss man sich unter diesem „Migrationshintergrund“ vorstellen, eine immer wieder auftauchende Begrifflichkeit, die so abstrakt und fast schon konturlos daherkommt? Die Statistiker verwenden für ihre Zählung diese Definition: »Eine Person hat nach der hier verwendeten Definition einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.«

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Mindeststandards für die Notunterbringung wohnungsloser Menschen – und ihr Wahlrecht

Das ist sicher: mit den kälter werdenden Tagen und Nächten werden sich erneut die Berichte über obdachlose Menschen auf den Straßen und Plätzen unserer Städte häufen. Und wieder werden wir Bilder-Schnipsel zu sehen bekommen von den Angeboten der Nothilfe für Obdachlose. Dabei wird sich der eine oder andere fragen, warum denn trotz eines angeblich sicheren, warmen Übernachtungsplatzes Menschen auch in bitterkalten Nächten draußen bleiben.

Dafür gibt es nicht den einen, alles erklärenden Grund. Aber ein bedeutsamer Aspekt ist die Ausgestaltung der Hilfsangebote – also nicht nur die Frage, ob überhaupt und in ausreichender Zahl Übernachtungsmöglichkeiten angeboten werden, was eben nicht überall gegeben ist. Sondern es muss auch um die Frage gehen, ob möglicherweise die Art und Weise, wie obdachlose Menschen untergebracht werden (können), ein eigenständiger Hinderungsfaktor für die Inanspruchnahme dieser möglicherweise lebensrettenden Maßnahme darstellt.

„In den kommunalen Notunterkünften leben wohnungslose Menschen oft auf engstem Raum, teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen. Vielerorts ist die Notunterbringung keine Übergangslösung mehr, sondern ein Dauerzustand für die Betroffenen.“

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Die Landtagswahl in Thüringen mit Bruchstücken einer national-sozialen Sozialpolitik und offen vorgetragenen völkischen Gewaltphantasien

Nach Bremen im Frühjahr sowie Sachsen und Brandenburg im September findet am 27. Oktober 2019 die letzte Landtagswahl in diesem Jahr statt. Und das ostdeutsche Bundesland Thüringen ist insofern ein besonders interessanter Landstrich, als das hier zum einen seit fünf Jahren ein – und der einzige – Ministerpräsident der Linken regiert, in einer rot-rot-grünen Koalition. Zum anderen steht eine bestimmte Person an der Spitze der AfD, die gleichsam symbolhaft den national-sozialen, also extrem rechten Flügel innerhalb der sich offensichtlich radikalisierenden Partei vertritt: Björn Höcke. Insofern warten viele gespannt auf das heutige Wahlergebnis, wenngleich man argumentieren könnte, dass die Wahl in einem Bundesland mit lediglich 2,1 Mio. Einwohnern, darunter 1,7 Mio. Wahlberechtigte, doch wahrlich nicht überbewertet werden sollte in dem weitaus größeren Gefüge der Bundesrepublik Deutschland.

Die letzten Umfragen vor der Wahl lassen eine schwierige Konstellation für eine Regierungsbildung erkennen. Rot-Rot-Grün könnte die Regierungsmehrheit verlieren. Die CDU hat im Vorfeld Bündnisse mit der Linken und der AfD ausgeschlossen. CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring hatte sich für eine Viererkoalition seiner Partei mit Grünen, SPD und FDP ausgesprochen, wobei die FDP an der 5-Prozent-Hürde kratzt und keinesfalls sicher ist, dass sie den Sprung darüber schaffen wird. Die AfD wird im Vergleich zu 2014, wo sie auf 10,6 Prozent der Stimmen kam, ihr Ergebnis sicher verdoppeln, aber der zwischenzeitliche Höhenflug in den Umfragen mit bis zu 25 Prozent hat sich kurz vor der heutigen Wahl wieder abgeschwächt (in Brandenburg kam die AfD auf 23,5 Prozent), in Sachsen sogar auf 27,5 Prozent).

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Die Europawahl und sozialpolitische Themen (nicht) im Windschatten der grünen Welle im engeren Sinne

Den ganzen Tag über gaben sich die Kommentatoren und Analytiker des Ausgangs der Europawahl die Klinke in die Hand, im Laufe des Tages dann durch Personalfragen auf ein mediengerechtes Format reduziert: Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer hat mal wieder ein Zeugnis ihrer gesellschaftspolitisch zutiefst konservativen Haltung abgeliefert, in dem sie von einer „Regulierung“ unbotmäßiger „Influencer“ im Internet schwadronierte. Und die mehr als angeschlagene SPD-Vorsitzende Nahles versucht einen Befreiungsschlag durch die vorzeitige Einberufung einer Abstimmung über ihren Posten als Fraktionsvorsitzende im Bundestag in der kommenden Woche. Solche Geschichten mögen viele Medien. Und viele mögen auch die einfachen Analyseergebnisse wie beispielsweise die These, dass eben Klimawandel und Umweltfragen diesmal im Mittelpunkt standen und dass das die Grünen eben als Original am besten bedienen können, während die CDU als zunehmend altbacken daherkommt – und die SPD offensichtlich auf Autopilot nach unten in die Bedeutungslosigkeit steuert. Die AfD wurde aus einer typischen Westperspektive als nicht wirklich interessant eingestuft, hat sie doch mit 11 Prozent der Stimmen weniger erreicht als in den Umfragen vor der Wahl eigentlich vorausgesagt wurde. Dass diese Partei aber in Ostdeutschland teilweise stärkste Partei noch vor der Union geworden ist, dass wurde erst langsam wirklich realisiert – und angesichts der im Herbst dieses Jahres bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen wird das verständlicherweise als ein mögliches Menetekel für eine erstmalige Regierungsbeteiligung der AfD auf Länderebene interpretiert.

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