Der „Tag der Arbeit“ 2018 zwischen Ritualen, Sozi-Dämmerung und gewerkschaftlichen Baustellen, aber auch Nebenbaustellen

Offensichtlich kann man sich auch beim 1. Mai, dem Tag der Arbeit, auf nichts mehr verlassen. In der Vergangenheit waren wenigstens die Krawalle in Berlin gleichsam vorprogrammiert, wie ein seit langem überliefertes und „gepflegtes“ Ritual des sinnfreien Protests. Und am Abend des diesjährigen 1. Mai wird aus der Hauptstadt berichtet: »Berlin feiert den Tag der Arbeit beim MyFest, beim MaiGörli und rundherum. Die Revolutionäre Demo verläuft ohne größere Zwischenfälle.« Auch andere Berichte heben hervor: »Berlin hat einen weitgehend friedlichen 1. Mai erlebt: Auch die „Revolutionäre 1.-Mai-Demo“ quer durch Kreuzberg hat sich gegen 21 Uhr aufgelöst.«

Ansonsten meldet der DGB: »Zum 1. Mai haben sich bundesweit 340.000 Menschen an den knapp 500 Veranstaltungen und Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes beteiligt, die in diesem Jahr unter dem Motto „Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit“ standen.« Und eine dieser Veranstaltungen fand in Koblenz statt – dort war auch die neue SPD-Bundesvorsitzende und SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andrea Nahles, zu Gast. Ein Heimspiel, sollte man glauben. Aber es gibt auch kritische Stimmen: »Die SPD-Chefin müht sich vor Gewerkschaftern in Koblenz, ihr Repertoire abzuspielen. Doch der Funke springt nicht mehr über. Zu tief ist der Graben zwischen der Partei und den Menschen an der Basis«, meint Nikolaus Doll beobachtet zu haben und seinen Artikel unter diese Überschrift gestellt: Gegen den Schatten der Agenda 2010 kommt Nahles nicht an. Offensichtlich können sich die Sozialdemokraten nicht mehr der automatischen Sympathie und Nähe der Gewerkschaftler sicher sein. Zugleich offenbart sich hier auch ein erhebliches Problem der Gewerkschaften selbst: »Andrea Nahles macht bei ihrem einzigen öffentlichen Auftritt am 1. Mai und einem der ersten als neue Vorsitzende der SPD nur einen Fehler. Nach ihrem Grußwort auf der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Koblenz verabschiedet sie sich von den „Genossinnen und Genossen“. Es heißt „Kollegen“, schließlich ist diese Maifeier keine Partei-, sondern eine Gewerkschaftsveranstaltung.«

Nikolaus Doll meint, dass »sich eine kritische Distanz zwischen den Arbeitnehmervertretern und jener Partei gebildet, die sich als politische Vertreterin der Arbeitnehmer definiert. Eine Kluft ist entstanden. Das sieht man in Koblenz, das kann man spüren.« 

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Ein ordentlicher Schluck aus der Pulle, sagen die einen. Na ja, halb leeres Glas, sagen die anderen: Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen

Habemus Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst – also für die Angestellten bei Bund und in den Kommunen und sofern die Gremien das auch noch abnicken. Und das sei den folgenden Ausführungen gleich vorangestellt – offensichtlich benötigt man ein Master-Studium, um die filigranen Verästelungen des Verhandlungsergebnisses erfassen, geschweige denn durchdringen zu können. Schauen wir uns die Einschätzung von Frank Bsirske, dem Noch-Vorsitzenden der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ( ein Gewerkschaftstag wird im kommenden Jahr über seine Nachfolge entscheiden) an: »Als „bestes Ergebnis seit vielen Jahren“ hat Verdi-Chef Frank Bsirske die Tarifvereinbarung bezeichnet, auf den sich Gewerkschaften, Bund und Kommunale Arbeitgeber in der Nacht zum Mittwoch geeinigt haben. In drei Stufen und bei einer Laufzeit von 30 Monaten soll es für die 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes ein Plus von 7,5 Prozent geben – allerdings nur „im Durchschnitt“.« Das Zitat stammt aus dem Artikel Tarifabschluss behandelt nicht alle gleich von Stefan Sauer. Seine Quintessenz, bevor er sich über die Details des Abschlusses beugt: »Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst ist hochkomplex. Er begünstigt die unteren und oberen Gehaltsstufen, in der Mitte sieht es nicht ganz so gut aus.« Es hört sich nicht nur komplex an, es ist im vorliegenden Fall auch wahrlich kompliziert. 

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Die einen fallen sehr weich, die vielen anderen hart. Die Belegschaft von Kaufhof soll das Unternehmen vor der Insolvenz retten

»Kauf- und Warenhäuser sind Einzelhandelsgeschäfte, die ein breites Warensortiment auf großer Fläche (in der Regel ab 3.000 Quadratmeter Verkaufsfläche) für Endverbraucher vorhalten. Als letzte große Unternehmen sind in Deutschland nach einer langen Konsolidierungsphase Karstadt und Galeria Kaufhof verblieben.« So beginnen die Hinweise zum Thema Kauf- und Warenhäuser in Deutschland auf der Statista-Seite. Und weiter erfahren wir: »Historisch entwickelten sich Kauf- und Warenhäuser im Tandem mit der Industrialisierung. Die innerstädtischen Konsumtempel verdrängten kleinere Facheinzelhändler durch ihre stärkere Einkaufsmacht und wurden zu einem Symbol der entstehenden Konsumgesellschaft. Diese Stellung haben sie in den letzten Jahrzehnten eingebüßt.« Das schlägt sich auch in den nackten Zahlen nieder: »Der Branche laufen die Kunden davon. Galeria Kaufhof hat nach Schätzungen … zwischen 2013 und 2016 etwa zwei Millionen Kunden verloren, Karstadt knapp eine Million Kunden.« Man könnte auf die Idee kommen, dass wir hier mit einem Auslaufmodell konfrontiert sind und der Untergang gleichsam unaufhaltsam erscheint. 

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