Altenpflege: 8.000 Stellen mehr! Zu wenig! Wie wäre es mit 13.000? Von Symbolstellen, einem nicht überraschenden Mangel an Menschen und Erkenntnissen aus dem Pflege-Thermometer 2018

Das Thema Pflegenotstand bewegt verständlicherweise viele Menschen und seit geraumer Zeit auch (wieder einmal) die Medien. Zahlreiche Berichte legen den Finger auf die offensichtliche Wunde – es fehlt vorne und hinten an Personal. Nachdem das Problem (das übrigens nun wirklich nicht wie ein Komet urplötzlich und damit völlig überraschend auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eingeschlagen ist, denn die Hinweise und Mahnungen hinsichtlich des nun „lediglich“ immer schlimmer werdenden Personalmangels in der Pflege gab es schon seit vielen Jahren) im Bundestagswahlkampf des vergangenen Jahres einen gehörigen Schub bekommen hat in der Berichterstattung, fand das auch im Koalitionsvertrag der neuen Großen Koalition aus Union und SPD seinen Niederschlag.

Dort hat man beispielsweise fixiert, dass über ein Sofortprogramm den Pflegeheimen 8.000 zusätzliche Stellen für die medizinische Behandlungspflege zur Verfügung gestellt werden sollen (die dann aufgrund der Zweckbestimmung von Dritten, in diesem Fall den Krankenkassen, finanziert werden müssen). Die Reaktionen sind bekannt: Die einen mokieren sich über die Zahl an sich, denn die 8.000 Stellen muss man allein schon vor dem Hintergrund sehen, dass es mehr als 13.000 Pflegeheime in Deutschland gibt. Die anderen weisen darauf hin, dass der Personalbedarf nicht nur heute schon eklatant ist (gemessen an den vorhandenen offenen, aber nicht besetzten bzw. nicht gesetzbaren Stellen), sondern das eigentlich Pflegekräfte in weitaus größerer Zahl fehlen und angesichts der demografischen Entwicklung von einem beständigen Anstieg des Personalbedarfs auszugehen ist.

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Nur nicht zu früh freuen: Wenn die nächste Instanz ein wegweisendes Urteil zu Mitbestimmungsrechten bei der Mindestpersonalbesetzung in der Pflege wieder einkassiert

Man kennt das – es gibt Hoffnung und dann wird die wieder zunichte gemacht in der nächsten Runde. So ist das oft in der Sozialpolitik. Sei es, dass man mit einer guten Absicht gestartet ist, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und am Ende dann ganz woanders landet. Oder in der Rechtsprechung – ein Urteil, oftmals überraschend, lässt hoffen – und dann wird es in der nächsten Instanz wieder kassiert. Davon muss hier berichtet werden in einem Themenfeld, das seit einiger Zeit im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte steht: dem Pflegenotstand in den Pflegeheimen und in den Krankenhäusern.

Dabei geht es gar nicht um die optimale Ausstattung der Pflegeeinrichtungen mit Personal, sondern man beschränkt sich schon ob bewusst oder unbewusst angesichts des eklatanten Personalmangels auf die Frage, ob es Mindestpersonalvorgaben geben soll (und darf) und wenn, wie man diese Untergrenzen realisieren könnte. Eine an sich schon amputierte Debatte, die zudem – analog zum gesetzlichen Mindestlohn – immer die Gefahr in sich trägt, dass eine unterste Grenze auf einmal zu einer Referenz für die „normale“ Ausstattung wird. 

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Reicht eine in der Nacht oder müssen es mehr sein? Die finstere Realität bei den (Nicht-)Personalschlüsseln in Pflegeheimen

Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages hat am 18. April 2018 eine öffentliche Anhörung durchgeführt zum Thema „Pflegepersonalmangel in den Krankenhäusern und in der Altenpflege“. Und damit ein derzeit überall diskutiertes Problem aufgegriffen. Auslöser waren in diesem Fall  je zwei Anträge der Fraktionen Die Linke ( Drs. 19/30, Drs. 19/79) und Bündnis 90/Die Grünen ( Drs. 19/446, Drs. 19/447), die darauf abzielen, die Personalausstattung in der Pflege zu verbessern und damit auch die Arbeitsbedingungen der Pflegefachkräfte. Dazu wird eine verbindliche Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen eingefordert. Zudem sprechen sich Grüne und Linke dafür aus, den Pflegevorsorgefonds umzuwidmen oder aufzulösen und mit dem Geld das Pflegepersonal aufzustocken. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag ein Sofortprogramm Pflege mit 8.000 neuen Fachkraftstellen in Pflegeeinrichtungen vereinbart – eine Ankündigung, die in den vergangenen Wochen heftig debattiert wurde, zum einen angesichts der von vielen kritisierten Unterdimensionierung vor dem Hintergrund der fehlenden Pflegekräfte insgesamt und zum zweiten, da bereits im bestehenden System in den Pflegeheimen mehr als 17.000 offene Stellen gar nicht besetzt werden können, da es an Bewerber/innen mangelt.

Die Ergebnisse der Anhörung sind nun wirklich nicht überraschend: »Gesundheits- und Sozialexperten sind sich einig: In der Kranken- und Altenpflege werden mehr Fachkräfte gebraucht.« Die Kritik wird seit langem vorgetragen: »Nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz ist die Pflegeversorgung ,,am Limit“. Arbeitsverdichtung und chronischer Personalmangel bestimmten den Alltag der Pflegekräfte. In der Folge drohten vermehrt Behandlungs- und Pflegefehler. Verbindliche Personalschlüssel seien überfällig, wobei eine gute Pflege an den Bedürfnissen der Patienten zu orientieren sei und nicht an Mindestanforderungen.« Das zieht sich durch fast alle schriftliche Stellungnahmen der Organisationen und Einzelsachverständigen. 

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