Was ist eigentlich aus den rumänischen Erntehelfern geworden, die zur Rettung des deutschen Spargels eingeflogen wurden? Von medialen Blitzlichtern und einer Ministerin, die für Landwirte alle Register zieht

Das Muster kennt man: Da wird über einen Sachverhalt in den Medien berichtet, sehr gerne, wenn man was kritisieren kann. Und einige Medien haben es dann besonders mit dem (angeblich) quotenträchtigen Skandalisieren. Wenn das einschlägt, hängen sich andere Medien an den Zug der Berichterstattung. Zuweilen bekommt dann der Medien-Konsument den Eindruck, dass alle über das gleiche Thema berichten und voneinander kopieren. Aber nachdem das überschaubare Feld abgegrast ist, erlischt das Interesse der Medienmaschinerie und die Akteure ziehen weiter auf die nächsten Baustellen, die dann die Agenda bestimmen. Leider viel zu selten wird noch mal hingeschaut, was eigentlich aus dem Gegenstand der nunmehr erloschenen punktuellen Berichterstattung, was aus den Menschen geworden ist, um die es (vielleicht) in den Beiträgen ging. Kein Thema mehr. Schade, aber in der nach den Regeln einer radikalisierten Aufmerksamkeitsökonomie gestrickten Medienlandschaft irgendwie verständlich und offensichtlich ein Automatismus, der immer weniger bis gar nicht mehr hinterfragt wird.

Dadurch wird natürlich auch nicht mehr sichtbar gemacht, ob sich was verbessert hat durch die Berichterstattung – oder nicht. Und auch nicht, was möglicherweise hinter den Kulissen getrieben wird. Weil kaum noch einer hinschaut.

Nehmen wir als Beispiel die diesjährige Rettungsaktion für den deutschen Spargel (und für andere landwirtschaftliche Produkte). Hier geht es um ganz harte Arbeit, um Knochenjobs und um Menschen, die aus anderen Ländern als Erntehelfer hier hergeholt werden, weil sie bereit sind, diese Arbeit zu machen und das zu einem für die Produzenten der Feldfrüchte überschaubaren, also relativ niedrigen Preis.

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Erntehelfer: Die Unverzichtbaren unter den bislang „unsichtbaren“ Systemrelevanten. Erst nicht mehr rein, jetzt doch (einige) rein. Und eine bemerkenswerte Doppelmoral

Zunehmend wird in den Medien und auch in der Politik eine interessante Debatte geführt über „systemrelevante“ Berufe, die weit über das hinausreicht, was man schon viele Jahre vor der Corona-Krise gemacht hat, als immer wieder die Arbeitsbedingungen, zu denen natürlich auch die Vergütung gehört, von Pflegekräften, von Beschäftigten im Einzelhandel, von Lkw-Fahrern auf unseren in „normalen“ Zeiten üblicherweise verstopften Autobahnen oder von Paketzustellern in zugeparkten Innenstädten mit im Regelfall abwesenden Sendungsempfängern thematisiert und problematisiert wurden.

Zuweilen schafften es sogar die (wie wir jetzt lernen) „Systemrelevanten“ aus dem Dunkelfeld für einen Moment in die Randzonen der öffentlichen Aufmerksamkeit, man denke hier beispielsweise an die vielen osteuropäischen Leiharbeiter und Werkvertragsarbeitnehmer, mit denen man die deutschen Billig-Schlachthöfe bestückt und am Laufen hält. Dazu nur dieses Zitat: „Wenn unsere Osteuropäer auf Heimatbesuch fahren, dort aber zwei Wochen in Zwangsquarantäne müssen oder nicht mehr nach Deutschland einreisen dürften, dann stehen bei uns bald die Räder still“. Diese Worte stammen von Clemens Tönnies vom gleichnamigen Schlacht- und Fleischkonzern aus Ostwestfalen. Zur Bedeutung „seiner“ Osteuropäer: Allein am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück beschäftigt Tönnies mehr als 6.500 Mitarbeiter, die Hälfte davon sind Beschäftigte aus Süd- und Osteuropa, die über Subunternehmen angestellt sind. Das berichtet Katrin Terpitz im Handelsblatt unter der Überschrift Einreiseverbote und Quarantäne: Fleischproduzent Tönnies bangt um seine osteuropäischen Arbeiter.

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Erntehelfer auf der Flucht? Wieder einmal die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft, die Angst vor dem Tod des deutschen Spargels und die Hoffnung auf eine neue „Osterweiterung“

»Der Spargel hat Hochsaison, bei dem Wetter schießt das Gemüse und die Preise sind auf dem Tiefstand. Dabei ist die Ernte knüppelharte Handarbeit, Stange um Stange muss gestochen werden. Diese Arbeit erledigen in den deutschen Anbaugebieten vor allem Erntehelfer aus Polen und Rumänien. Traditionell kommen sie zur Saison und ernten Spargel und Erdbeeren im Frühsommer und Weintrauben und Äpfel im Herbst.« So beginnt der Artikel Helfer machen sich vom Acker: Landwirte suchen Saisonkräfte von Alexandra Duong.

In diesem Artikel geht es um die zunehmenden Klagen über fehlende Erntehelfer. Als Beispiel werden Spargelbauern im Raum Beelitz zitiert:

»„Wir hatten 350 Zusagen, aber nur 265 sind gekommen“, sagt Jürgen Jakobs. Gut 30 Erntehelfer hätten sie im Nachhinein noch anwerben können. Jakobs ist Vorsitzender des Beelitzer Spargelvereins; er selbst baut das Saisongemüse auf 250 Hektar an. Einige Hektar lässt er jetzt liegen, „da wächst der Spargel durch“, sagt er. Zurzeit komme ihm das entgegen, es gebe zu viel Spargel am Markt, aber für die Zukunft macht er sich Sorgen um die Verfügbarkeit von Erntehelfern.«

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