In diesen Tagen der umfassenden Corona-Krise wird immer wieder (allerdings bereits mit abnehmender Intensität) über „systemrelevante“ Berufe und über problematische bis schlichtweg schlechte Arbeitsbedingungen gesprochen. Nicht nur die Pflege, vor allem die Altenpflege, wird dabei aufgerufen. Auch die vielen überwiegend Frauen, die im Einzelhandel den Laden am Laufen halten, sind für einen Moment in den Mittelpunkt medialen Interesses gerückt. Schon weitaus weniger oft angesprochen werden die vielen Unsichtbaren, die als Lkw-Fahrer zentrale Versorgungsfunktionen ausüben. Der harte Arbeitsalltag der vielen osteuropäischen Fahrer auf unseren Autobahnen kommt nur punktuell auf die Tagesordnung der Berichterstattung. Und man müsste die ebenfalls osteuropäischen Erntehelfer und die zahlreichen Werkvertragsarbeitnehmer vor allem aus Rumänien und Bulgarien erwähnen, die als billige und gut ausbeutbare Arbeitskräfte in die deutschen Fleischfabriken importiert werden.
Und so unterschiedlich die nur exemplarisch genannten Bereiche unserer Volkswirtschaft sind – immer wieder wird man auf ein einheitliches Strukturmuster stoßen: Wir sehen Branchen, in denen das sowieso schon vorhandenen Ungleichgewicht zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite besonders krass ausgeprägt ist. Wenn man weiß, dass in der Altenpflege oder im Einzelhandel, in denen nicht zufällig besonders viele Frauen arbeiten, weniger als zehn Prozent der Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert sind, dann wissen das auch die Arbeitgeber und die wissen dann um die schier unüberwindbare Hürde, die man nehmen müsste, um mit dem letzten Mittel einer Auseinandersetzung über strukturelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen auch nur drohen zu können: einem Arbeitskampf.
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