Pralinen und (angeblich) die weltbesten Fritten. Nun liefert Belgien auch noch (scheinbar) die Blaupause für eine Vier-Tage-Woche, die viele auf den ersten Blick gerne hätten

»In Belgien können Arbeitnehmer künftig zwischen Vier- und Fünf-Tage-Woche wählen. Ihre Arbeitszeit bleibt bei beiden Optionen gleich. Auch in Deutschland spricht sich eine Mehrheit dafür aus. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv würden es 71 Prozent der Befragten begrüßen, wenn Deutschland dieses Modell übernehmen würde«, kann man beispielsweise dieser Meldung entnehmen: Mehrheit der Deutschen für Einführung der Vier-Tage-Woche. Interessant auch dieser differenzierender Hinweis: »Auf Zustimmung stoße das „Belgische Modell“ vor allem bei den 30- bis 44-Jährigen (81 Prozent) und den Befragten mit höherem Bildungsabschluss (Abitur, Studium: 75 Prozent).«

Was ist der Hintergrund für solche Begeisterungsstürme? Um was geht es überhaupt bei diesem „belgischen Modell“?

»Arbeitnehmer in Belgien sollen ihre Arbeit künftig flexibel an vier statt fünf Tagen verrichten können. Die belgische Regierung einigte sich auf eine entsprechende Arbeitsmarktreform, wie Premierminister Alexander De Croo … mitteilte. „Der erste Pfeiler ist, den Arbeitern mehr Flexibilität, mehr Freiheit zu geben“, sagte De Croo. Vollzeit-Arbeitnehmer sollen am Tag länger arbeiten dürfen, damit alle erforderlichen Stunden in vier Tagen geleistet werden können. Das solle etwa der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zugutekommen, so De Croo. Zu der Arbeitsmarktreform gehöre auch ein gesetzlich geregelter Zugang zu Weiterbildungen für Arbeitnehmer, sagte De Croo. Außerdem werde es mehr Flexibilität bei den Nachtdienstregeln geben, um vor allem den Onlinehandel anzukurbeln«, so dieser Beitrag: Belgien will Viertagewoche bei gleicher Arbeitszeit einführen.

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Auch jenseits der Minijobs: Im Kleingedruckten der geplanten Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze ist für manche Arbeitgeber eine harte Nuss eingebaut worden: Die tägliche digitale Arbeitszeiterfassung

Bereits im November 2021 wurde hier im Lichte des damals vereinbarten Koalitionsvertrages der neuen Ampel-Koalition in dem Beitrag Ein klassisches Tauschgeschäft: Der eine bekommt einen höheren Mindestlohn, der andere eine Verfestigung und Ausweitung der Minijobs. Trotz vieler Gegenargumente darauf hingewiesen, dass entsprechend der Gesetzmäßigkeiten der politischen Tauschökonomie für die Umsetzung der Forderung nach einer einmaligen Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde der anderen Seite ein Preis gezahlt werden muss – in diesem Fall die Anhebung der seit Jahren gedeckelten Geringfügigkeitsgrenze, die dazu geführt hat, dass man umgangssprachlich den konkreten Betrag aufgenommen hat und von den „450-Euro-Jobs“ spricht. Da die gesetzliche Lohnuntergrenze selbstverständlich auf für die Minijobs gilt, werden die bei einer festen Geringfügigkeitsgrenze immer unattraktiver und wenn man sie denn nicht abschaffen oder auf einen Kernbereich begrenzen will (der zweite Teil des zu zahlenden Preises für die Mindestlohnerhöhung ist der Verzicht auf eine von vielen seit Jahren geforderte Abschaffung oder starken Begrenzung der Minijobs an sich), dann muss man systematisch bedingt an die Einkommensgrenze ran. Genau das hat man vereinbart, in einem ersten Schritt die Anhebung dieser Grenze auf 520 Euro mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro und dann eine automatische Dynamisierung im Gefolge zukünftiger Anpassungen des Mindestlohns.

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„Aufstocker“ im Hartz IV-System. Darunter sind überdurchschnittlich viele Alleinerziehende (mit ihren Kindern)

Im vergangenen Jahr mussten 13,4 Millionen Menschen in Deutschland mit einem Einkommen unterhalb der offiziellen Armutsgefährdungsschwelle über die Runden kommen. Die Armutsquote lag damit bei 16,1 Prozent der Bevölkerung, folgt man dem Armutsbericht 2021 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der sich das nicht ausgedacht oder gewürfelt hat, sondern auf die Zahlen der amtlichen Sozialberichterstattung der Statistischen Ämter der Länder und des Bundes zurückgreift. Besonders auffällig bei einem Blick auf einzelne Personengruppen sind die Alleinerziehenden in unserem Land, ganz überwiegend Mütter: Bei Ihnen lag die Armutsquote im vergangenen Jahr bei über 40 Prozent.

Und mit Blick auf as vergangene Jahr: Fast jeder vierte erwerbsfähige Leistungsberechtigte hatte 2020 Einkommen aus einer eigenen Erwerbstätigkeit (insgesamt waren das 933.234), so die Darstellung der Aufstocker-Zahlen in diesem Beitrag vom 12. September 2021: Von einem Kellner mit Leistungskürzung, weil er eine kostenlose Mahlzeit bei der Arbeit hätte essen können, zu den „Aufstockern“ im Hartz IV-System allgemein. Dort wurde auch darauf hingewiesen, dass „Erwerbstätigkeit“ erst einmal nur eine Oberkategorie darstellt, unter der ganz unterschiedliche Beschäftigungsformen versammelt sind – von der Vollzeitbeschäftigung bis hin zu einer ausschließlich geringfügigen Beschäftigung.

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