16.000 Euro für jeden im Alter, um die „Versorgungslücke“ der Geringverdiener zu verringern? Ein schuldenfinanzierter „Deutscher Bürgerfonds“ soll das erwirtschaften und stellt die Logik auf die Probe

Immer noch schwebt sie über dem politischen Berlin – die „Grundrente“ des Bundesarbeitsministers Heil (SPD). Und unabhängig davon, ob sie kommt und vor allem wie sie dann ausgestaltet wird – das Thema Altersarmut und die teilweise massiven, durch die Renten“reformen“ der vergangenen Jahre produzierten Sicherungslücken für viele zukünftige Rentner bewegt auch zunehmend die Medien. Und dann kommen auch noch Hiobsbotschaften über die anderen, kapitalgedeckten Säulen des Alterssicherungssystems, also den Betriebsrenten (wo Berichte über Doppelverbeitragung und über Modelle einer einseitigen Risikoverlagerung auf die Betriebsrentner nach dem Betriebsrentenreformgesetz sicher nicht dazu beitragen, dass die Menschen freudig zu diesen Angeboten greifen, was dann auch von der Branche zu solchen Wortmeldungen führt: Betriebsrente: Endlose Fairnessdiskussion schädigt zusätzlich) sowie der privaten Altersvorsorge, für die meisten mit dem Begriff „Riester-Rente“ verbunden. Deren Ruf ist schon seit längerem wenn nicht ruiniert, dann doch erheblich beschädigt.

Dazu passen dann solche Meldungen: »Erstmals in der fast 20-jährigen Riester-Geschichte konnten im vergangenen Jahr die Vertragsabgänge nicht durch Neuabschlüsse kompensiert werden. Auf Jahressicht ging der Nettobestand an Riester-Verträgen – also unter Einberechnung der Kündigungen und Vertragsabgänge – um 10.000 auf 16,597 Millionen zurück«, kann man dieser Meldung entnehmen: Zahl der Riester-Verträge ist 2018 erstmals gesunken. Man kann sich bildlich vorstellen, wie nervös angesichts solcher Entwicklung Akteure der Versicherungswirtschaft werden, die so manches Fell davon schwimmen sehen.

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Ein Führererlass bringt bis heute Opferrenten für die Täter durch eine „wertneutrale“ Sozialversicherung. Echte Opfer wurden weniger neutral behandelt

Der Nationalsozialismus und das von seinen Schergen über die Welt gebrachte millionenfache Leid sind doch nun wirklich Geschichte im Jahr 2019. Sollte man meinen – und wird dann immer wieder eines Besseren belehrt, wenn beispielsweise Überlebende aus den Vernichtungslagern der Nazis von ihrer Geschichte berichten und man Menschen begegnen darf, die wie Anita Lasker-Wallfisch, einer der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz, Josef Mengele, der von Mai 1943 bis Januar 1945 als Lagerarzt in Auschwitz seine Schneise des Schreckens geschlagen hat, als Cellistin regelmäßig Schumanns Träumerei vortragen musste, da er dieses Stück so gerne hörte. Sie sind noch da – und das gilt immer auch noch für einige der Opfer des NS-Terrors, der beispielsweise in Form der millionenfachen Ausbeutung und Zerstörung menschlichen Lebens in den Arbeitslagern zu Tage getreten ist.

Bevor die Nazis beschlossen, alle Juden umzubringen, haben sie viele als billige Arbeitskräfte in Tausenden von Ghettos ausgebeutet. Die Löhne befreiten nicht vom Hunger, die Jobs nicht von der Willkür der SS. Doch wer Arbeit hatte, bekam in aller Regel etwas Geld oder Essensrationen. Im Ghetto Lodz in Polen gab es zum Beispiel eigene Werkstätten. Und auch wenn es das unglaublich zynisch daherkommt: Von den äußerst geringen Löhnen wurde von der deutschen Seite Geld an die deutsche Rentenversicherungsträger abgeführt, damit alles seine bürokratische Ordnung hat. »Es wird geschätzt, dass die deutsche Sozialversicherung in den Kriegsjahren circa eine Milliarde Mark für die Arbeit der Juden erhalten hat«, kann man dem Beitrag Der Kampf um die Ghettorente entnehmen. Nur einige Wenige haben diese Hölle überlebt – und man kann sich vorstellen, was jetzt kommt: Jahrzehnte später ging es darum, auch diesen Menschen eine Rente auszuzahlen für die Zeit der Arbeit in den Ghettos, die im vorliegenden Fall nicht mit Konzentrationslagern verwechselt werden dürfen, für deren Überlebende es andere Regelungen gab. Aber viele Jahre nach dem Krieg wurde nichts getan. Auf die lange Bank schieben, so nennt man das wohl. Bis zu einem wegweisenden Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1997.

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Fast zwei Drittel verdienen unter dem Durchschnitt. Das hat handfeste Auswirkungen auf die Rente

Viele kennen das Statistiker-Bonmot: Wenn Sie eine Hand auf einer heißen und die andere auf einer kalten Herdplatte haben, dann ist Ihnen durchschnittlich lauwarm, was üblicherweise ein angenehmer Zustand sein soll. Das hilft der einen Hand aber nicht wirklich.

So ist das auch mit den Durchschnitten, die uns an vielen Stellen im gesellschaftlichen Leben um die Ohren gehauen werden, ob nun das durchschnittliche Geldvermögen der Haushalte, über das viele (andere) Haushalte staunen mögen. Oder die durchschnittliche Sex-Frequenz in deutschen Ehen, die man aus Befragungen ableitet. Auch da wird sich der eine oder die andere eher wundern.

In der nur auf den ersten Blick staubtrockenen Rentenversicherung gibt es ebenfalls einen bedeutsamen Durchschnittswert: das Durchschnittsentgelt (= Bruttoentgelt) der Rentenversicherung. Das dient vor allem der Ermittlung der individuellen Rentenanwartschaften (Entgeltpunkte). Und die sind im Zusammenspiel mit dem aktuellen Rentenwert maßgeblich für das, was hinten rauskommt als Brutto- bzw. Netto-Rente.

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