Das kostet (immer mehr) – aber wen? Die Pflegekosten und ihre Deckung

Das Statistische Bundesamt versorgt die Medien täglich mit vielen Zahlen. Interessanten und weniger interessanten. Darunter sind auch Daten, die es in die morgige Tageszeitung schaffen werden, als kleine Meldung, vielleicht noch garniert mit einer zielgruppengerechten Headline. „Gut“ sind dabei vor allem irgendwelche Zahlen, die ein Problem anleuchten. Wer interessiert sich schon für die Zahl der glücklich geborenen Kinder. Dann gibt es Daten, die zwar ein Problem andeuten, aber viele erkennen nicht die eigentlich Brisanz, die in ihnen verborgen ist oder diese wird unter einer auf den Augenblicksschock ausgerichteten reißerisch daherkommenden Berichterstattung eher verschüttet. Und zu dieser Kategorie gehört das, was uns die Bundesstatistiker in den ihnen eigenen staubtrockenen Worten vermitteln, wenn sie verlautbaren: »Im Jahr 2012 erhielten in Deutschland rund 439.000 Menschen Hilfe zur Pflege. Gegenüber 2011 stieg die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger um 3,8 % … die Träger der Sozialhilfe (gaben) 2012 netto rund 3,2 Milliarden Euro für diese Leistungen aus, 4,5 % mehr als im Vorjahr.«

Die Online-Ausgabe des Focus macht daraus diese bemerkenswerte Überschrift: „440.000 Deutsche können sich keine Pflege leisten„. Und wer es noch härter braucht, der findet was beim Paritätischen Wohlfahrtsverband: „Paritätischer erklärt Pflegeversicherung für gescheitert: Fast jeder zweite Heimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen„. Das hört sich doch alles sehr beunruhigend an. Angesichts der nun mittlerweile wirklich jedem halbwegs klar denkenden Menschen bewusst gewordene sozialpolitische Bedeutung des Themas Pflege und der nicht nur heute schon vorhandenen Probleme einer menschenwürdigen Pflege, sondern angesichts des sicheren erheblichen Anstiegs der Zahl der pflegebedürftigen Menschen lohnt ein genauerer Blick auf die Daten und die eigentliche Brisanz, die mit ihnen verbunden ist.

Beginnen wir mit einer Textkritik: Die Botschaft „440.000 Deutsche können sich keine Pflege leisten“ ist natürlich Unsinn, denn die Betroffenen haben sehr wohl eine pflegerische Versorgung bekommen. Allerdings musste eben ein Teil der dafür erforderlichen Finanzmittel aus Mitteln der Sozialhilfe gedeckt werden, weil offensichtlich die Mittel aus der Pflegeversicherung sowie die Eigenanteile der Betroffenen nicht ausgereicht haben, um die Gesamtkosten finanzieren zu können.
  • Übrigens ist auch die Zahl „440.000“ mit Vorsicht zu genießen, denn die Statistiker schreiben in ihrer Pressemitteilung selbst: »Die Angaben beziehen sich auf die Empfängerzahlen im Berichtsjahr. Nachgewiesen werden alle Personen, die während des jeweiligen Berichtsjahrs mindestens einmal Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII erhalten haben. Mehrfachzählungen sind möglich, wenn derselbe Hilfeempfänger nach einer Unterbrechung von mehr als acht Wochen wiederum eine Leistung erhält und folglich erneut erfasst wird.« Und weiter kann man den methodischen Anmerkungen entnehmen: »In der Statistik werden auch Angaben zum 31.12. des Berichtsjahres erhoben. Die Stichtagszahlen sind kleiner als die auf das gesamte Kalenderjahr bezogenen Daten. Am 31.12.2012 bezogen in Deutschland 339.392 Personen Hilfe zur Pflege.«

Aber das soll hier gar nicht der Punkt sein. Primär geht es um die Frage, wer die Pflegekosten zu tragen hat (und dann wie viel). Im Wesentlichen speist sich die Finanzierung aus drei Quellen: Mittel aus der (sozialen oder privaten) Pflegeversicherung, Eigenmittel der Betroffenen (also ihre Renten bzw. sonstige Einkommen und ggfs. ihr Vermögen) sowie – bei Bedürftigkeit – eben die Mittel aus der Sozialhilfe. Mit den beiden letztgenannten Quellen in einem unmittelbaren Zusammenhang sind die Finanzierungsanteile zu sehen, die von den Kindern der Pflegebedürftigen zu leisten sind, also der umgekehrte Elternunterhalt. Das können erhebliche Beträge sein, die da von den Kindern geholt werden, bevor überhaupt Leistungen aus der steuerfinanzierten Sozialhilfe fließen bzw. um bereits geleistete „Hilfe zur Pflege“-Leistungen aus der Sozialhilfe wieder zurückzuholen.


Schaut man sich die Entwicklung der Empfängerzahlen bei der Hilfe zur Pflege in einer langen Zeitreihe an, dann kann man erkennen, dass es seit den 1960er Jahren einen kontinuierlichen Anstieg der Fallzahlen gegeben hat – und damit eine entsprechende Steigerung der Ausgaben, die auf der kommunalen Ebene anfallen. Dies war ja auch eines der wesentlichen Gründe für die Diskussion und Einführung einer Pflegeversicherung. Die Kommunen sollten entlastet werden. Und die Zeitreihe verdeutlicht, dass das ja auch nach der Implementierung der Pflegeversicherung gelungen ist. Am Anfang zumindest, denn seit Ende der 1990er Jahre steigen die Zahlen der Inanspruchnahme von Hilfe zur Pflege-Leistungen wieder an. Jahr für Jahr. Die Ursachen für diese Entwicklung lassen sich schnell identifizieren: Vor allem die stationäre Pflegeinanspruchnahme erweist sich als „Kostentreiber“ für die Sozialhilfe.

Es handelt sich überwiegend bei den Sozialhilfeaufwendungen um Fälle, die mit der Heimpflege verbunden sind: »71 % der Leistungsbezieher nahmen 2012 die Hilfe zur Pflege ausschließlich in Einrichtungen in Anspruch.« Was passiert hier?
  • Zum einen könnte (und hat) das zu tun mit mehr alten Menschen, die selbst über zu niedrige Einkommen verfügen, um den notwendigen Eigenanteil bei der Deckung der Pflegekosten aufbringen zu können und bei deren Kindern nichts zu holen ist oder die keine haben. Diese Gruppe wird in Zukunft leider, aber mit Sicherheit parallel zur sich wieder ausbreitenden Altersarmut zunehmen.
  • Zum anderen erklärt sich diese Entwicklung aus der Konstruktionslogik der bestehenden Pflegeversicherung, die eine „Teilkaskoversicherung“ ist und eben nicht die Gesamtkosten der Pflege abdecken soll und kann. Erschwerend kommt ein Systemproblem dergestalt hinzu, dass die anteiligen Leistungen aus der Pflegeversicherung real seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung an Wert verloren haben, denn es gab keine bzw. nur eine punktuelle, aber eben nicht ausreichende Dynamisierung der Leistungen.

Im „Pflegereport 2013“ der BARMER GEK kann man auf der Seite 122 die folgende Erläuterung finden: »Die Leistungen der Pflegeversicherung sind dabei deutlich geringer als die durchschnittlichen Pflegesätze. Da zudem die Hotelkosten und die gesondert in Rechnung gestellten Investitionskosten vom Pflegebedürftigen getragen werden müssen, decken die Pflegeversicherungsleistungen deutlich weniger als die Hälfte des Gesamtheimentgelts ab.« Die Verfasser des „Pflegereports 2013“ haben berechnet, wie sich im Laufe der Jahre der von den betroffenen Pflegebedürftigen aufzubringende Eigenanteil entwickelt hat.

Quelle: Heinz Rothgang, Rolf Müller, Rainer Unger: BARMER
GEK Pflegereport 2013, Siegburg 2013, S. 122
Im „Pflegereport 2013“ wird zum einen ebenfalls auf die unzureichende Dynamisierung der Leistungen aus der Pflegeversicherung hingewiesen, die eine Erklärung für die steigenden Eigenanteile der Betroffenen darstellt. Es wird allerdings auch auf strukturelle Probleme der Pflegeversicherung sowohl auf der Ausgaben- wie auch auf der Einnahmeseite hingewiesen:
»Zunächst ist die Zahl der Leistungsempfänger stark gestiegen – was weit überwiegend auf die demografischen Veränderungen zurückgeführt werden kann … Hierdurch ist es aber zu entsprechenden Ausgabeneffekten gekommen, die durch den Trend zur – für die Pflegeversicherung ausgabenintensiveren – professionellen Pflege noch verstärkt wurden« (S. 131).

Hinzu kommt: »Gleichzeitig leidet die Pflegeversicherung … unter einer anhaltenden strukturellen Einnahmeschwäche, die sich in dem geringen Wachstum der Gesamtsumme der Beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlohnsumme) zeigt. So ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1993 bis 2011 um insgesamt 51,5 % gestiegen, die Grundlohnsumme hingegen nur um 31,2 Prozent. Dies entspricht jährlichen durchschnittlichen … Wachstumsraten von 2,3 % (BIP) bzw. 1,5 % (Grundlohnsumme)« (S. 131). Wie die sozialpolitischen Systeme miteinander verwoben sind, kann man hier lehrbuchhaft studieren, denn Maßnahmen in anderen Systemen wie der Arbeitslosenversicherung oder der Rentenversicherung bzw. der Förderung der privaten Altersvorsorge haben teilweise erhebliche Auswirkungen auf die Einnahmeseite der Pflegeversicherung:

»Dazu kommen sozialpolitische Eingriffe, mit denen der Gesetzgeber selbst die Einnahmebasis der Pflegeversicherung geschwächt hat. So beruht das Defizit des Jahres 2000 vor allem auf einer gesetzlichen Absenkung der Beitragszahlung für Arbeitslose, die zu Mindereinnahmen der Pflegeversicherung von rund 200 Mio. € geführt hat. Ohne diesen Eingriff des Gesetzgebers hätte die Pflegeversicherung demnach 2000 mit einem positiven Saldo abgeschlossen. Ebenso ist in Zukunft damit zu rechnen, dass der Pflegeversicherung durch eine steigende Inanspruchnahme der Möglichkeit von Gehaltsumwandlungen weitere Beiträge entzogen werden« (S. 131).

Hat der Paritätische Wohlfahrtsverband also die richtige Schlussfolgerung gezogen, wenn er die Pressemitteilung zu den neuen Zahlen überschreibt mit „Paritätischer erklärt Pflegeversicherung für gescheitert„?

»Der Paritätische fordert die Einsetzung eines Runden Tisches von Politik, Pflegekassen und Wohlfahrtsverbänden, um die Pflegeleistungen neu zu organisieren. „Wir brauchen einen kompletten Neuanfang und müssen das System vom Kopf auf die Füße stellen. Wir können nicht an einem System festhalten, das nachweislich nicht funktioniert und Menschen massenhaft in Armut stürzen lässt, sobald sie pflegebedürftig werden.«

Da fühlt man sich an die jahrzehntelangen Diskussionen im Vorfeld der Installierung des letzten und jüngsten Zweigs der Sozialversicherung erinnert, denn damals hat man sich vor allem darüber gestritten, ob man ein steuerfinanziertes Leistungsgesetz oder eine letztendlich dann realisierte Sozialversicherungslösung in die Welt setzen soll. Aber was heißt heute „das System vom Kopf auf die Füße“ zu stellen? Es gibt durchaus gute Gründe, die nunmehr bestehende Finanzierung der Pflegeversicherung (nur) aus Beitragsmitteln zu kritisieren und die Frage aufzuwerfen, ob es nicht besser wäre, hier eine Steuerfinanzierung zu installieren. Aber Armut vermeiden bei der Höhe der Pflegekosten? Das würde bedeuten, das man die öffentlichen Leistungen erheblich ausweiten müsste – absolut und relativ. Der Anteil der öffentlichen Ausgaben an der Deckung der Pflegekosten liegt gegenwärtig bei 62%. Wenn man denn – der Paritätische deutet ja nur an, etwas am System verändern zu wollen – den Anteil der öffentlichen Ausgaben zu erhöhen, um die Betroffenen vor der Armut zu schützen, dann wären dafür nicht nur erhebliche Mittel erforderlich, sondern dann muss ein Systemwechsel hin zu einer (stärkeren) Steuerfinanzierung nicht nur, aber auch mit Blick auf die Lastenverteilung organisiert werden. Aber wenn man sich anschaut, wie viele Jahre nun schon die im Vergleich dazu „überschaubare“ Mehrbelastung im Gefolge der Umsetzung eines dringend erforderlichen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs von der Politik auf die lange Bank geschoben wurde, dann darf man sich jenseits allen Wünschenswerten nicht viele Hoffnungen machen.

Fazit: Ungeachtet der seit längerem beobachtbaren „Ich stell mich mal tot“-Haltung in der Politik wird die Frage der Finanzierung der Pflegekosten immer mehr an gesellschaftspolitischer Brisanz gewinnen, denn neben einer steigenden Inanspruchnahme kommunaler Sozialhilfemittel werden wir unter status quo-Bedingungen einen deutlichen Anstieg des Rückgriffs auf die Kinder sehen, die über Einkommen und Vermögen verfügen. Neben der notwendigen Debatte, wie weit die Leistungspflicht der öffentlichen Hand gehen soll und kann (und wie stark die Einkommen und Vermögen geschont werden oder nicht) muss klar sein, dass wir in den vor uns liegenden Jahren erheblich mehr Finanzmittel in die Pflege geben müssen. Um eine halbwegs menschenwürdige Pflege organisieren zu können. Wir reden hier über „halbwegs“, nicht über mehr. Und schon das wird schwer genug werden.

Die Würde des Menschen ist unantastbar – „es sei denn, er ist altersdement oder sonst sehr pflegebedürftig“. Und in Berlin? „Parturient montes, nascetur ridiculus mus“ *

Das Thema Pflege – vor allem die Pflege alter Menschen – ist ein Dauerbrenner für Skandalisierungen und Quelle vieler Ängste. Zugleich ist es aufgrund der demografischen Entwicklung klar, dass die Pflege, die bereits heute in ihren Fundamenten bröckelt, zu dem sozialpolitischen Megathema der vor uns liegenden Jahre werden wird. Und auch bei den Koalitionsverhandlungen derzeit in Berlin wird das Thema hin und her gewendet. Was aber auch leider klar sein muss: Pflege ist aus politischer Sicht ein „Verliererthema“, wie das mal ein Politiker unter vier Augen auf den Punkt gebracht hat. Er meinte damit, dass das auf der einen Seite zwar Millionen Menschen angeht, als (potenziell) Betroffene wie auch als Angehörige, und damit eigentlich alle Voraussetzungen mit sich bringt, dass sich Politiker hier zu profilieren versuchen. Dass das aber kaum einer macht liegt schlichtweg darin begründet, dass man nicht nur über sehr viel (mehr) Geld sprechen müsste, sondern eine Vielzahl oftmals sehr kleinteiliger Maßnahmen erforderlich wären, um der großen Pflegeherausforderung gerecht werden zu können. Das aber lässt sich nicht auf marketinggängige Einfachsprüche eindampfen und mithin schlecht oder gar nicht verkaufen.

Insofern ist die gegenwärtige Situation dadurch gekennzeichnet, dass zwar das Thema an sich bei allen Sonntagsreden irgendwie Erwähnung findet (und hier ähnelt es der öffentlichen Thematisierung am Anfang der menschlichen Lebensspanne, also dem Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung), aber diese Erwähnungsintensität transportiert sich nicht annähernd vergleichbar in eine energische Weiterentwicklung und Umbau der Pflegestrukturen. Geschweige denn von mutigen Schritten im Sinne einer deutlich erkennbaren Verbesserung der desaströsen Rahmen- und Arbeitsbedingungen in diesem wichtigen Feld der Sorge-Arbeit.

Vor diesem Hintergrund ist es interessant und erwähnenswert, dass Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift „Pflegenotstand verletzt systematisch das Grundgesetz“ auf eine neue rechtswissenschaftliche Dissertation zum Thema Pflegenotstand hinweist. Verfasserin dieser von Prantl herausgestellten Arbeit ist die Juristin Susanne Moritz.

Susanne Moritz: Staatliche Schutzpflichten gegenüber pflegebedürftigen Menschen, Dissertation (= „Schriften zum Sozialrecht“, Band 29), Nomos, Baden-Baden 2013.

Prantl argumentiert in seinem Artikel, dass die Beschreibung der Zustände, die sich hinter dem Begriff „Pflegenotstand“ verbergen, »laufen, wenn man es verfassungsrechtlich formuliert, auf eine makabere Ergänzung des Artikels 1 Grundgesetz hinaus: Die Würde des Menschen ist unantastbar – „es sei denn, er ist altersdement oder sonst sehr pflegebedürftig“. Von diesem Ausgangspunkt stellt Prantl heraus, dass die junge Wissenschaftlerin wie ein „juristischer Schutzengel“ daherkommt für die vielen Menschen, für die der Terminus „Pflegenotstand“ kein Abstraktum bleibt: »Sie zieht spektakuläre rechtliche Konsequenzen aus der desaströsen Situation, der unzureichenden Reaktion der Politik darauf und der gesetzgeberischen Untätigkeit: Der Staat verletzte mit seiner Untätigkeit seine Schutzpflichten gegenüber Pflegebedürftigen so massiv, dass der Weg zum Verfassungsgericht eröffnet sei. „Angesichts der hohen Wertigkeit der betroffenen Grundrechte und der bereits eingetretenen Verletzung derselben“ hält die Wissenschaftlerin Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe für Erfolg versprechend.«

Schaut man in das Thesenpapier von Susanne Moritz zu ihrer Dissertation, das auf der Website ihrer Hochschule veröffentlicht ist, dann findet man dort die folgenden Ausführungen – die wie so oft bei den Juristen, wie aufeinanderfolgende Hammerschläge wirken:

»Die Lebensbedingungen vieler Menschen in Pflegeheimen sind lebensunwert; der Pflegezustand sowie die Pflegequalität sind zu einem erheblichen Teil mangelhaft. Darüber hinaus lässt sich eine regelmäßige Gewaltanwendung gegenüber den Pflegebedürftigen nachweisen … Die Ursachen hierfür liegen in erster Linie in den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Pflege. Die Finanznot der Pflegekassen steuert in weitem Ausmaß unmittelbar und mittelbar Qualität und Umfang der Pflegeleistungen. Folge ist die geringe Vergütung der Pflegeheime, deren defizitäre Personalausstattung und schlechte Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal … Die Behebung dieser systemischen Ursachen ist zuvörderst Sache des Gesetzgebers … Die belegbaren Missstände in den Pflegeheimen verletzen die Grundrechte der stationär untergebrachten Pflegebedürftigen. Zwar erfolgt die Pflege der Menschen in den Pflegeeinrichtungen durch Dritte; eine Zurechenbarkeit dieser Grundrechtsverletzungen an den Staat ergibt sich aber aus dessen Schutzpflichten, die ihm gegenüber den Pflegebedürftigen obliegen und die er durch seine Untätigkeit verletzt.«

So weit die Diagnose und Verantwortungszuordnung in der prägnanten Kürze des Thesenpapiers. Und weiter? Was resultiert daraus? Auf den nun folgenden Passus aus dem Thesenpapier von Moritz stützt sich Prantl und wir alle sollten genau zuhören bzw. hinschauen:

»Sofern die Regierung weiterhin untätig bleibt, ist eine Verbesserung der Zustände in den Pflegeheimen nicht zu erwarten. Eine aussichtsreiche Möglichkeit, den Pflegemissständen Abhilfe zu schaffen, stellt ein Vorgehen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das gesetzgeberische Unterlassen dar. Angesichts der hohen Wertigkeit der betroffenen Grundrechte und der bereits eingetretenen Verletzung derselben scheint ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts auch unter funktionell-rechtlichen Aspekten legitim. Dabei erweist sich ein Vorgehen mittels Verfassungsbeschwerde als erfolgversprechend. Eine Beschwerdebefugnis ist dabei nicht nur für die aktuell betroffenen Heimbewohner anzunehmen, sondern besteht für alle potentiell künftig Betroffenen.«

Der entscheidende Punkt in der Wahrnehmung von Prantl ist der Gedankengang, »beschwerdebefugt seien alle potenziell später pflegebedürftigen Menschen – also jeder«. Hier öffnet sich die Perspektive auf »eine gewaltige Massen-Verfassungsbeschwerde«.
Darüber wäre doch mal zu diskutieren.

Aber ist die Rettung nicht längst in Sicht? Das Thema Pflege ist doch angekommen in den Koalitionsverhandlungen in Berlin und die kennen doch auch die Probleme der Pflege, sollte man meinen. Aber die bislang vorliegenden Signale aus der Verhandlungsrunde zu diesem Themenfeld lassen einen nicht nur ernüchtert, sondern teilweise auch wütend zurück.

Die WELT berichtet beispielsweise über die Pflege-Vorschläge der Union für die nächste Verhandlungsrunde mit der SPD in dem Artikel „Union will den Kassen die Pflegekontrolle entziehen„. So soll der für die Pflegeheimkontrollen sowie für die Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Patienten bislang zuständige Medizinische Dienst der Krankenversicherung aus der Verantwortung der gesetzlichen Krankenkassen herausgelöst und in ein unabhängiges Institut umgewandelt werden. Mit dieser Forderung will man den Betroffenen entgegenkommen, denn immer wieder entzündet sich heftige Kritik an der Begutachtungspraxis des Medizinischen Dienstes, dem vorgeworfen wird, dass die Entscheidungen auch beeinflusst seien von der Berücksichtigung der Kostendämpfungsinteressen der Pflegekassen.

Aber richtig spannend wird es bei den nächsten Punkten: »Klar ist bereits, dass Union und SPD in der geplanten großen Koalition den Pflegebeitrag in den nächsten Jahren um 0,5 Prozentpunkte anheben wollen. Die Union will dabei Kinderlose stärker belasten.« Hier wird zumindest offen zugegeben, dass man mehr Geld braucht, um zum einen die Umsetzung eines seit langem überfälligen Pflegebedürftigkeitsbegriffs wie zum anderen auch für mehr Pflegekräfte finanzieren zu können. Wobei man schon die Frage aufwerfen darf und muss, warum das alles über Beitragsmittel der Versicherten in der Sozialen Pflegeversicherung finanziert werden soll. Dann aber gibt es Grund, mehr als nur die Stirn zu runzeln: Die Union will »einen neuen Vorsorgefonds einrichten und diesen ab 2015 jährlich mit einer Milliarde Euro aus Beitragsgeldern speisen.« Ziel sei es, frühzeitig eine Rücklage in der Pflege aufzubauen – mit Beitragsmitteln aus einem Umlagesystem? Eine Milliarde Euro pro Jahr (zusätzlich zu den laufenden Ausgaben für die Pflegebedürftigen)? Aber bevor man sich „Sorgen“ machen muss, dass es zu größeren Veränderungen kommen wird, sei an dieser Stelle der Vorsitzende der zuständigen Koalitionsarbeitsgruppe, der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, zitiert, der prophylaktisch darauf hinweist: »… wir (müssen) ganz genau schauen, wo Verbesserungen dringend notwendig sind, und das Geld nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilen«. Zur Not hilft am Ende der berühmte Finanzierungsvorbehalt. Bislang hingegen kein Wort beispielsweise über so substanzielle Fragen wie verbindliche Personalschlüssel in den Pflegeheimen, über die Verpflichtung der Pflegekassen, höhere Vergütungen für das Pflegepersonal auch mitzufinanzieren, kein Konzept für den dringend notwendigen auch finanziellen Ausbau der kommunalen Altenhilfe, um die Versorgungsbedarfe strukturiert zu bearbeiten. Keine Ankündigung einer wirklich konzertierten Aktion zur Gewinnung von zukünftigen Pflegefachkräften. Um nur einige Einwände vorzubringen. Wie am Anfang postuliert: „Parturient montes, nascetur ridiculus mus“ *

* „Es kreißen die Berge, zur Welt kommt nur ein lächerliches Mäuschen“. Redensart aus der „Ars poetica“ des römischen Dichters Horaz (65 bis 8 v. Chr.), Vers 139

Wenn Eltern Geld brauchen von ihren Kindern … Neue Entscheidung des BGH zum Elternunterhalt im Rahmen der Pflegekosten

Alle Fragen rund um die Pflege werden immer mehr zum gesellschaftspolitischen Megathema der vor uns liegenden Jahre. Und der Pflegebedarf wird nicht nur aufgrund der demografischen Entwicklung deutlich ansteigen, mit allen daran gekoppelten Herausforderungen an die Sicherstellung einer menschenwürdigen Versorgung der Pflegebedürftigen. Das alles ist nicht umsonst, sondern es ist in vielen Fällen richtig teuer. Zuerst einmal für die Betroffenen, die neben ihrer Rente und den Leistungen aus der Pflegeversicherung auch ihr gesamtes Vermögen einsetzen müssen – wenn sie denn welches haben. Und wo es Vermögende gibt, sind die Vermögenslosen nicht weit und nicht wenige. Und das sind natürlich oft auch die Menschen, die aufgrund ihrer Erwerbsbiografie nur durchschnittliche oder gar unterdurchschnittliche Erwerbseinkommen und damit Rentenansprüche erzielt haben. Die sind dann ab einer bestimmten Pflegephase, häufig im Zusammenhang mit einer stationären Versorgung, auf Leistungen der „Hilfe zur Pflege“ nach dem SGB XII, also seitens des kommunalen Sozialamtes, angewiesen, weil die knappe Rente und die Teilkaskobeträge aus der Pflegeversicherung nicht ausreichen, um die Heimkosten zu decken. Die Sozialämter zahlen auch, aber sie versuchen dann, das Geld wenigstens teilweise wieder reinzuholen von den Kindern der Betroffenen, wenn es welche gibt. Rechtsgrundlage für diese Heranziehung der Kinder ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB).

Dort finden wir die folgende, hier maßgebende Norm:

§ 1601 BGB Unterhaltsverpflichtete
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren

§ 1603 BGB Leistungsfähigkeit
(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

Mit der vor allem aus § 1603 BGB abgeleiteten Problematik, in welchem Umfang die Kinder herangezogen werden dürfen, hat sich erneut der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung beschäftigt, die gleich genauer beschrieben wird.
Vorweg aber eine kurze Darstellung  des Elternunterhalts, gefunden in dem instruktiven Beitrag „Pflege: Zuzahlung für Angehörige„, vor allem mit Blick auf die Frage der (möglichen) Höhe der Zuzahlung der Kinder zu den Pflegekosten:

»Maßgeblich für eine mögliche Unterhaltspflicht ist zunächst das Nettoeinkommen.
Hiervon dürfen noch die Versicherungsbeiträge, Kreditverpflichtungen, sowie berufsbedingte Aufwendungen (Werbungskosten) abgezogen werden. Die Zwischensumme daraus ergibt das sogenannte „bereinigte Nettoeinkommen”.
Vom diesem bereinigten Nettoeinkommen können zusätzlich etwaige Unterhaltskosten für geschiedene Ehepartner einschließlich der gemeinsamen Kinder abgezogen werden (für die Kinder nur aber dann, wenn diese polizeilich nicht in Ihrem Haushalt gemeldet sind).
Die Summe daraus ergibt den so genannten Selbstbehalt, welcher zurzeit 1.400 € pro Monat beträgt. Das bedeutet: wenn Ihnen nach Abzug der o. g. Kosten weniger als etwa 1.400 € monatlich zum Leben bleiben, muss dem Sozialamt nichts für die Pflege–Kosten dazu gezahlt werden.
Bleibt jedoch mehr übrig, müssen Familienangehörige zum Pflegeunterhalt etwas dabei steuern – und zwar die Hälfte aus der Differenz zwischen dem bereinigtem Nettoeinkommen und dem Selbstbehalt.« (Nur eine aktualisierende Anmerkung, die man auch später der Besprechung der neuen BGH-Entscheidung entnehmen kann: Seit dem 1. Januar 2013 liegt der Selbstbehaltsbetrag bei 1.600 Euro).

Der Berechnung des dann heranzuziehenden „bereinigten Nettoeinkommens“ der Kinder liegt folgende Logik zugrunde: Wenn man Kredite laufen hat, dann mindern die die Bemessungsgrundlage für den Elternunterhalt: »Als vermindernd gelten alle privaten Verbraucherkredite, Bauspardarlehen und Bank- oder Versicherungshypotheken zum Kauf, zur Modernisierung oder Renovierung einer Immobilie. Als relevante Ausgaben können nicht nur die Zinsbelastungen, sondern auch die Tilgungszahlungen angesetzt werden. Alle Kosten werden zu 100% angerechnet.«
Anders sieht es aus, wenn die Kinder Vermögen gebildet haben, denn grundsätzlich gilt, dass dieses ebenfalls einzusetzen ist für die Unterhaltsverpflichtung gegenüber den eigenen Eltern. Grundsätzlich bedeutet wie immer: Es gibt Ausnahmen von dieser Regel:

»Die Sozialämter erlauben in aller Regel ein bestimmtes Mindestvermögen, welches je nach Kommune aber sehr unterschiedlich sein kann. Meistens liegt der erlaubte Betrag zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Wer mehr Sparvermögen hat, muss es zum Pflege–Unterhalt solange einsetzen, bis es an das erlaubte Mindestvermögen grenzt. Die Behörde darf ein Sparvermögen für die Pflege jedoch generell nicht anrechnen, wenn es zur eigenen Altersvorsorge über Lebens- oder Rentenversicherungen dient. Sie darf es auch dann nicht anrechnen, wenn die Auflösung eines Sparvertrages/einer Kapitalanlage mit finanziellen Verlusten verbunden wäre – oder aus anderen Gründen unwirtschaftlich ist.«

Ein für viele Menschen sicher sehr wichtige Frage: Wie sieht es aus mit dem Wohneigentum des Kindes bzw. der Kinder? Grundsätzlich gilt hier Entwarnung, wenn der Angehörige selbst darin wohnt und dies der Hauptwohnsitz ist, denn dann ist das Wohneigentum nach der Rechtsprechung des BGH vor einer Verwertung geschützt – und wieder muss man ein „aber“ einschieben: Das Sozialamt kann für das Wohnen im eigenen Haus einen geldwerten Vorteil ansetzen, der wie ein zusätzliches Einkommen hinzu gerechnet wird bei der Bestimmung des „bereinigten Nettoeinkommens“.

Und wie ist es eigentlich mit den Schwiegereltern? Muss man für die auch zahlen? Auch hier wieder grundsätzlich eigentlich nicht. Und dann das „aber“:

»Bei Ehepartnern mit nur einem Verdiener steht das bereinigte Nettoeinkommen jedoch zur Hälfte dem anderen Partner zu. Beträgt das Einkommen des Allein-verdieners also mehr als 2.800 €, muss er eine Zuzahlung auch für die Pflege-Kosten der Schwiegereltern leisten.«

Alles klar? Der eine oder die andere könnte jetzt durchaus auf die Idee kommen, dass es bei dieser Gemengelage „vernünftig“ wäre, vor dem Eintreten eines kostenträchtigen Pflegefalls sowohl bei den Betroffenen wie auch bei den Kindern alles auf den Kopf zu hauen, Schulden zu machen (die man ja, wie wir erfahren haben, unter bestimmten Bedingungen abziehen kann), also bloß kein Vermögen aufzubauen. Das ist durchaus richtig, wenn man es denn nur auf diese Gemengelage beziehen würde.

Jetzt aber zu der neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), die sich auseinandersetzt mit der oftmals strittigen Frage nach der „Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt„, die sich natürlich in dem grundsätzlichen Spannungsfeld bewegt, dass die einen möglichst eingeschränkt leistungsfähig daherkommen möchten, während die Kommunen einen möglichst hohen Zuzahlungsbetrag realisieren möchten.

Zuerst einmal der Sachverhalt, mit dem der XII. Zivilsenat des BGH konfrontiert wurde:

»Die 1926 geborene Mutter des Antragsgegners lebt in einem Altenpflegeheim. Weil sie die Heimkosten nicht vollständig aus ihrer Rente und den Leistungen der Pflegeversicherung aufbringen kann, gewährt der Antragsteller ihr Leistungen der Sozialhilfe. Im vorliegenden Verfahren verlangt der Antragsteller Erstattung der in der Zeit von Juli 2008 bis Februar 2011 geleisteten Beträge. Die Beteiligten streiten allein darüber, ob der Antragsgegner aus seinem Einkommen oder aus seinem Vermögen leistungsfähig ist.«

In der weiteren Beschreibung des Sachverhalts bekommen wir eine Konkretisierung der allgemeinen Beschreibung des Elternunterhalts und seiner Berechnung, mit der dieser Beitrag begonnen hat:

»Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2008 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 27.497,92 €, woraus das Oberlandesgericht ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.121 € errechnet hat. Er ist Eigentümer einer aus drei Zimmern bestehenden Eigentumswohnung, deren Wohnvorteil das Oberlandesgericht mit 339,02 € ermittelt hat. Außerdem ist der Antragsgegner hälftiger Miteigentümer eines Hauses in Italien, dessen anteiliger Wert vom Antragsteller mit 60.000 € angegeben ist, und verfügt über zwei Lebensversicherungen mit Werten von 27.128,13 € und 5.559,03 € sowie über ein Sparguthaben von 6.412,39 €. Eine weitere Lebensversicherung hatte der Antragsgegner gekündigt und deren Wert zur Rückführung von Verbindlichkeiten verwendet, die auf dem Haus in Italien lasteten.«

Vor dem Amtsgericht ist der Sohn der pflegebedürftigen Mutter verurteilt worden, rückständigen Unterhalt in Höhe von insgesamt 5.497,78 € an das Sozialamt zu zahlen. Das Amt wollte aber noch mehr, was das Oberlandesgericht zurückgewiesen hat, wie den ganzen Antrag gleich mit. Das Oberlandesgericht hat auf der Grundlage der Einkünfte und Nutzungsvorteile von insgesamt rund 1.460 € die Leistungsfähigkeit des Sohnes verneint, weil der für den Elternunterhalt geltende, ihm zu belassende Selbstbehalt von 1.500 € nicht überschritten sei. Das nun wiederum lehnt der BGH ab, weil das nicht rechtsfehlerfrei zustande gekommen sei (weil das Nettoeinkommen nicht richtig bestimmt worden sei und weil damals noch die Grenze des Selbstbehalts bei 1.400 Euro lag, erst zum 1. Januar 2011 wurde der Selbstbehalt auf 1.500 € und zum 1. Januar 2013 auf 1.600 € erhöht.

Aber bei der neuen Entscheidung geht es nicht um Fragen der Berücksichtigung des laufenden Einkommens: Von besonderer Bedeutung sind die weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofs zum Einsatz des Vermögens im Rahmen des Elternunterhalts:

»Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Dem dient auch die eigene Altersvorsorge, die der Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf. Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Elternunterhalts unangreifbar … Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, kommt eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht.«

Fazit: Gewisse Schutzplanken für das selbst genutzte Wohneigentum sowie ein überschaubarer Vermögensanteil für die eigene Altersversorgung werden durch diese Entscheidung eingezogen, aber grundsätzlich gilt: Auch der Vermögensstamm der Kinder muss eingesetzt werden, wenn es um die Frage der Zuzahlungen zu den Pflegekosten der Eltern geht. Wir können davon ausgehen, dass die Fragen des Elternunterhalts in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen werden – vor allem, wenn die vielen Alten mit sehr niedrigen Renten in die Pflegebedürftigkeit rutschen.