Immer vor Wahlen kann man sich auf den Griff in die Mottenkiste verlassen: Zur Forderung nach einem Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose und andere Menschen

In der sozialpolitischen Diskussion ist das ein beliebtes Muster: Man schaut (scheinbar) über den nationalen Tellerrand, greift sich – zumeist einzelne – Aspekte dessen, was dort vor sich geht oder diskutiert wird, heraus und präsentiert die als Anregung für unser Land. Die inhaltliche Streubreite dieses Vorgehens ist beträchtlich. Das kann getragen sein von der ehrenwerten Suche nach tatsächlichen Verbesserungen, also echten Reformen, man denke hier an gute Beispiele für die Bereiche Pflege und Rente. Nicht selten aber soll mit dem partikularen Verweis darauf, dass es in anderen Ländern „auch so läuft“, eine als „Reform“ getarnte geplante Verschlechterung legitimatorisch ummantelt werden.

In diesen Tagen kann man das am Beispiel unseres Nachbarlandes Dänemark studieren. Die Dänen gelten gerade in sozialpolitischer Sicht in nicht wenigen Bereichen durchaus als Vorbild, man denke hier an die Organisation und Finanzierung einer in vielerlei Hinsicht besser aufgestellten Langzeitpflege. Aber die skandinavischen Länder haben sich in den zurückliegenden Jahren teilweise erheblich wegentwickelt von dem romantisierten Bullerbü-Bild eines sozialdemokratisch verankerten Wohlfahrtsstaates, was nicht wenige bei uns noch in den Köpfen haben. Besonders auffällig wurde diese angedeutete Entwicklung beim Thema Flüchtlinge, Asylsuchende, Zuwanderung insgesamt.

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Jenseits der Dönerladen-Ökonomie? Neue Befunde über die Selbstständigkeit von Migranten in Deutschland

Seien wir ehrlich: Wenn man eine Umfrage machen würde, was die Menschen mit demThema Migranten als Selbstständige verbinden, dann werden viele Bilder von Dönerläden oder Gastronomie-Unternehmen im Kopf haben. Und tatsächlich gibt es mit der üblichen regionalen Schwankungsbreite ja auch zahlreiche solcher Geschäfte in unserem Land. Mancher wird dann noch darauf verweisen, dass viele der migrantischen Unternehmen wohl nur funktionieren (können), weil sie als Familienunternehmen über Selbstausbeutung geführt werden.

Bereits 2017 wurde in einer Studie auf die Besonderheiten migrantengeführter Familienunternehmen, zu denen jedes zehnte Familienunternehmen in Deutschland gehört, hingewiesen – mit einer erheblichen Erweiterung der Perspektive auf migrantische Selbstständigkeit: »Obwohl sie im Durchschnitt kleiner und jünger sind als nicht-migrantengeführte Familienunternehmen, leisten migrantengeführte Familienunternehmen einen wertvollen volkswirtschaftlichen Beitrag. So beschäftigen sie überdurchschnittlich häufig Personen mit Migrationshintergrund und haben damit eine bedeutende Integrationsfunktion am Arbeitsmarkt. Entgegen landläufiger Wahrnehmung sind sie überdurchschnittlich häufig in wissensintensiven Bereichen sowie in Freien Berufen tätig, innovationsstark und in ihrer Geschäftstätigkeit international ausgerichtet.«

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Die soziale Spaltung nimmt in vielen Städten weiter zu. Von der brüchiger werdenden sozialen Architektur bis hin zu armen Stadtteilen als „Gewinner“ der Zuwanderung

Die langen Schlangen bei den Sammelterminen für die Besichtigung einer zur Vermietung ausgeschriebenen Wohnung in vielen Städten versinnbildlichen nicht nur die Tatsache, dass wir im Bereich der halbwegs bezahlbaren Wohnungen in vielen Städten ein enormes Angebots-Nachfrage-Dilemma haben, hinter dem zahlreiche individuelle Schicksale wohnungssuchender Menschen stehen. Zugleich deutet der enorme Nachfrageüberhang darauf hin, dass bei einem solchen Ungleichgewicht strukturelle Effekte zu erwarten sind, vor allem in Form von Verdrängung und einer Entmischung von Stadtvierteln.


In der Stadtforschung wird darauf seit langem hingewiesen. Im vergangenen Jahr haben Marcel Helbig und Stefanie Jähnen diese Studie dazu veröffentlicht: Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten (2018). Die beiden Wissenschafter untersuchen die räumlich ungleiche Verteilung der Wohnstandorte verschiedener Bevölkerungsgruppen in deutschen Städten. Sie beleuchten alle drei Dimensionen der residenziellen Segregation: die soziale, die ethnische und die demografische.

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