Eigentlich ist die duale Berufsausbildung in Deutschland das Rückgrat des Ausbildungssystems in unserem Land – neben der fachschulischen und der hochschulischen Ausbildung. Nun wird bereits seit vielen Jahren davon gesprochen und darüber geschrieben, dass die betriebliche Berufsausbildung einen gekrümmten Rücken hat. Während in den zurückliegenden Jahren die hochschulische Säule stark zugelegt hat (was sich dann in einer Debatte niedergeschlagen hat, in der diese Entwicklung von Skeptikern und Kritikern als „Akademisierungswahn“ verunglimpft wurde), musste man mit Blick auf die duale Berufsausbildung einen fundamentalen und auch demografiebedingten Wandel von „zu viel“ nach „zu wenig“ zur Kenntnis nehmen. In der Vergangenheit gab es – das wird heutzutage allzu oft vergessen – ein „zu viel“ an jungen Menschen, die bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz nicht zum Zuge gekommen sind und denen beispielsweise im „Übergangssystem“ nicht oder nur partiell geholfen werden konnte, die abgetaucht sind in die Welt der un- und angelernten Tätigkeiten, oftmals verbunden oder periodisch unterbrochen durch den Bezug von Transferleistungen, sei es aufstockend oder durch Arbeitslosigkeitsphasen bedingt. Man muss an dieser Stelle auf den Tatbestand hinweisen, dass die Zahl der Ungelernten im Alter von 20 bis 34 Jahren von 1,88 Millionen im Jahr 2014 auf 2,16 Millionen im Jahr 2019 angewachsen ist.
Berufsausbildung
Eine (nur vorübergehende?) Corona-Delle im System der dualen Berufsausbildung in Deutschland?
Der eine oder andere auf der Suche nach positiven Nachrichten in diesen wahrlich dunklen Zeiten wird eine solche Meldung aus dem Statistischen Bundesamt sicher neugierig zur Kenntnis genommen haben: Zahl der neuen Ausbildungsverträge leicht über Vorjahresniveau. In den zurückliegenden zwei Corona-Jahren war doch immer wieder von Einbrüchen im System der dualen Berufsausbildung die Rede, sogar von einer „verlorenen Corona-Generation“ wurde stellenweise spekuliert. Geht es also wieder aufwärts in diesem für die Zukunft so bedeutsamen Bereich der Ausbildung?
Lesen wir weiter, was uns die Bundesstatistiker an Zahlen präsentieren: »Im Jahr 2021 haben rund 467.100 Personen in Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag in der dualen Berufsausbildung abgeschlossen. Das waren … 0,3 % mehr als im Vorjahr, das aufgrund der Corona-Pandemie mit 465.700 Ausbildungsverträgen einen historischen Tiefstand verzeichnet hatte.«

Berufsausbildung: Gekommen, aber nicht geblieben. Ausbildungsabbrüche und ein Teil ihrer möglichen Folgen
In den vergangenen Wochen und Monaten wurde immer wieder auch über die Folgen der Corona-Pandemie für das sowieso schon seit längerem in einer Schieflage befindliche (duale) Berufsausbildungssystem in Deutschland diskutiert, vor allem angesichts der Verwerfungen im vergangenen ersten Corona-Jahr, in dem wir über alle Berufe hinweg einen Rückgang der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um fast 10 Prozent gesehen haben, in einigen, von den Corona-bedingten Restriktionen besonders betroffenen Berufsfeldern sogar deutlich mehr (vgl. dazu – und den unabhängig von Corona bestehenden Problemen – ausführlicher den Beitrag Noch immer inside Corona: Die Schieflage auf „dem“ Ausbildungsmarkt. Aber nicht nur wegen Corona vom 10. Juli 2021).
Und selbst bei den Ausbildungsverhältnissen, wo Betriebe und zumeist junge Menschen zueinander gefunden und einen entsprechenden Vertrag geschlossen haben, muss man berücksichtigen, dass ein nicht geringer Teil der Auszubildenden das Ende der Fahnenstange, also den Abschluss der Berufsausbildung, nicht erreicht, sondern der Ausbildungsvertrag wird vor dem regulären Ende aufgelöst. Schauen wir also auf die „Ausbildungsabbrecher“.

Neue Zahlen aus der neuen Welt der Pflegeausbildung
Dass es einen enormen Mangel an Fachkräften in der Pflege gibt, sollte mittlerweile Allgemeingut sein. Und nicht nur der stetig steigende Bedarf gerade in der Langzeitpflege angesichts der sicheren Zunahme an Pflegebedürftigen in den vor uns liegenden Jahre stellt eine Herausforderung für deutlich mehr Qualifizierung als bislang dar, sondern bereits heute ist die Pflege, ob im Krankenhaus wie auch in der ambulanten und stationären Langzeitpflege in teilweise nur als skelettös zu bezeichnendem Ausmaß unterausgestattet. Hinzu kommt, dass wie in anderen Berufsfeldern auch die Pflegeberufe in den kommenden Jahren einen massiven Aderlass erfahren werden aufgrund des altersbedingten Ausscheidens vieler Pflegekräfte.
Als wenn das nicht schon genug wäre. Mit Beginn des Jahres 2020 – dem ersten Corona-Jahr – wurden dann auch noch nach einem langjährigen Prozess die bislang versäulten Pflegeausbildungen (also die Gesundheits- und Krankenpflege mit ihrem Fokus auf das Krankenhaus, die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie die Altenpflege) im Kontext eines an sich angestrebten Systemwechsels hin zu einer generalistischen Pflegeausbildung umgestellt. In der neuen Ausbildung, die mit dem Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG) von 2017 begründet wurde, werden die bis dahin getrennten Ausbildungen in den Berufen Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in sowie Altenpfleger/in zum Berufsbild Pflegefachfrau/-mann zusammengeführt. Der Wechsel zwischen Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege soll erleichtert und den Pflegefachkräften ein breiteres Tätigkeitsfeld eröffnet werden.
Noch immer inside Corona: Die Schieflage auf „dem“ Ausbildungsmarkt. Aber nicht nur wegen Corona
»Die Corona-Pandemie hat den ohnehin angespannten Ausbildungsmarkt in diesem Jahr weiter verschärft. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind einen Monat vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch fast die Hälfte der 470.000 Lehrstellen nicht besetzt. Und obwohl es deutlich weniger Bewerber als Ausbildungsplätze gibt, haben rund 160.000 junge Menschen noch keinen gefunden. Die Behörde führt das unter anderem darauf zurück, dass aufgrund von Corona keine Ausbildungsmessen und Berufsberatungen stattgefunden haben. Vor allem das Handwerk, der Gesundheits- und der Verkehrsbereich suchen noch dringend Auszubildende. Weniger groß ist die Nachfrage im Tourismus, Handel und in der Gastronomie«, kann man dieser Meldung entnehmen, die am 9. Juli 2021 veröffentlicht wurde: Corona verschärft die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Das wurde dann von vielen Medien aufgegriffen.
Scheinbar in eine andere Richtung deuten solche Meldungen wie diese vom 2. Juli 2021: Handwerk sieht langsame Erholung auf Ausbildungsmarkt: »Der Ausbildungsmarkt in Bayern erholt sich langsam von den Corona-Auswirkungen. Bis Ende Juni wurde im Handwerk mehr als 11.500 Lehrverträge unterschieben, wie der bayerische Handwerkstag am Freitag mitteilte. Das sind knapp 7 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Zum Vor-Corona-Niveau fehlt allerdings noch ein gutes Stück: 2019 waren bis Ende Juni 12.736 Verträge unterschrieben, rund 11 Prozent mehr als jetzt.« Auch aus anderen Landesteilen werden solche Signale gesendet: Ausbildungsmarkt im Saarland erholt sich langsam von Corona: »Kurz vor den Sommerferien ist der saarländische Ausbildungsmarkt auf Erholungskurs. Wie die IHK Saarland mitteilt, hat sie bis Ende Juni insgesamt 1631 Ausbildungsverträge neu eingetragen – eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Krisenjahr 2020.«