Was ist eigentlich aus der „Vier-Tage-Woche“ in Belgien geworden, die auch in Deutschland Staub aufgewirbelt hat?

Am 26. Februar 2022 wurde hier dieser Beitrag veröffentlicht: Pralinen und (angeblich) die weltbesten Fritten. Nun liefert Belgien auch noch (scheinbar) die Blaupause für eine Vier-Tage-Woche, die viele auf den ersten Blick gerne hätten. Darin wurde berichtet, dass sich die belgische Regierung auf eine Arbeitsmarktreform verständigt hatte. Arbeitnehmer in Belgien sollen ihre Arbeit künftig flexibel an vier statt fünf Tagen verrichten können, so ein Bestandteil der damaligen Pläne. Die sind dann auch tatsächlich Gesetz geworden, im November 2022 trat im Rahmen des sogenannten Jobdeals eine Maßnahme in Kraft, die es belgischen Arbeitnehmern ermöglicht, nur noch an vier Tagen pro Woche zu arbeiten.

Kaum hatten die Belgier ihr Vorhaben angekündigt, ging eine dieser typischen Wellen durch die deutsche Berichterstattung, für ein paar Tage stürzten sich die Medien auf die Frage, ob nun nicht auch in Deutschland – „wie in Belgien“ – die „Vier-Tage-Woche“ kommen sollte und müsste. Dabei wurde in Belgien keineswegs eine solche Vier-Tage-Woche und dann auch noch für alle eingeführt, sondern eine der Maßnahmen beinhaltete die Ermöglichung, eine bestimmte Variante der Verkürzung der Wochenarbeitstage unter bestimmten Bedingungen – zu denen beispielsweise die Zustimmung des Arbeitgebers gehört – wählen zu können. Dazu wollte und hat die Politik bestimmte rechtliche Voraussetzungen geschaffen: „Vollzeit-Arbeitnehmer sollen am Tag länger arbeiten dürfen, damit alle erforderlichen Stunden in vier Tagen geleistet werden können.“ Mit diesen Worten wurde hier vor zwei Jahren der belgische Premierminister Alexander De Croo zitiert.

mehr

Sanktionen im SGB II: Es dürfen doch nur maximal 30 Prozent gekürzt werden, hat das Bundesverfassungsgericht gesagt. Hat es nicht

Im Kontext der vom Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigten (Wieder)Einführung von 100 Prozent-Sanktionen (unter Ausklammerung der Kosten für die Unterkunft, die davon unberührt bleiben sollen) im nunmehr zum Bürgergeld umbenannten Hartz IV-System wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass doch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Sanktionierung von maximal 30 Prozent für zulässig erklärt habe. Dem ist aber nicht so – der vollständige Entzug von Leistungen wurde auch vom höchsten deutschen Gericht als Möglichkeit in den politisch gestaltbar Raum gestellt. Man muss das hier angesprochen Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 des BVerfG zu Sanktionen im Sozialrecht nur genau lesen.

mehr

Statistisch hat die Nicht-Sanktionierung in der Grundsicherung gewirkt, so neue Berechnungen

Es liegen Monate der von vielen interessierten Seiten vorangetriebenen und medial enorm verstärkten Debatten über die (angeblich) schädlichen Wirkungen des neuen Bürgergeldes auf die Bereitschaft, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, hinter uns. Mit mehr oder meistens weniger seriösen Berechnungsversuchen wurde aufzuzeigen versucht, dass es sich nicht lohnen würde, aus dem Bürgergeld-Bezug auszusteigen, um eine Erwerbsarbeit aufzunehmen. Die Verhandlung dieser Diskussionen und Kampagnen sind ein eigenes Thema.

Da ist aber noch ein anderes, ebenfalls hochgradig emotionalisierendes Thema, das mit Hartz IV und dem Bürgergeld verbunden war und ist: die Sanktionen, also der teilweise bis hin zu einem vollständigen Entzug von Leistungen der Grundsicherung. Und man wird damit rechnen müssen, dass die Sanktionierung von Bürgergeldempfängern demnächst wieder in Berlin auf die Tagesordnung gesetzt wird, denn ein Teil der Planungen der amtierenden Bundesregierung den Bundeshaushalt 2024 nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.2023 beinhalten „Sparbeiträge“ der Bundesagentur für Arbeit und darunter, neben einem Griff in die Beitragskasse der Arbeitslosenversicherung, auch rechnerisch unterstellte Einsparungen, die dadurch realisiert werden sollen, dass man „Totalverweigerer“ im Bürgergeldbezug härter anpacken will, so der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Wer … sich allen Angeboten verweigert, muss mit härteren Konsequenzen rechnen. Die Sanktions­möglichkeiten gegen Totalverweigerer werden wir daher verschärfen“, kann man dem Bericht Arbeitsminister Heil verteidigt Haushaltskompromiss entnehmen.

Auch vor diesem Hintergrund sind neue Ausführungen des Arbeitsmarktforschers Enzo Weber interessant und relevant, der sich mit der Frage beschäftigt hat, was Menschen möglicherweise länger in der Arbeitslosigkeit hält.

mehr