Mit dem Herz dafür, aber mit dem Kopf dagegen? Oder mit dem Verstand dafür, aber ohne Herz? Das „bedingungslose Grundeinkommen“ ist (nicht) krachend gescheitert

Wer hat’s erfunden?
Nun ja, sicher nicht die Schweizer.

Aber mit ihrer Volksabstimmung über die Einführung eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ haben sie in vielen anderen Ländern die Diskussion über das Für und Wider dieses Ansatzes befeuert (für die europäische Ebene der Befürworter vgl. das Basic Income European Network). Auch bei uns in Deutschland. Es wurde aufmerksam verfolgt, dass man in dem Land mit den vielen Bergen und Tälern am Sonntag, dem 5. Juni 2016, die Bevölkerung darüber abstimmen ließ, ob ein solches Grundeinkommen eingeführt werden soll oder nicht (vgl. dazu die Website der Initiatoren der Abstimmung: www.grundeinkommen.ch). Der Initiativtext der Eidgenössischen Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen», der am Sonntag zur Abstimmung stand, ist nun wirklich mehr als schlank formuliert:

»Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:
Art. 110a (neu) Bedingungsloses Grundeinkommen
1. Der Bund sorgt für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.
2. Das Grundeinkommen soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen.
3. Das Gesetz regelt insbesondere die Finanzierung und die Höhe des Grundeinkommens.«

Dieser Antrag hat in den Monaten vor der Abstimmung (relativ gesehen) immer mehr Befürworter auch in der Schweiz gefunden, wofür es natürlich viele und unterschiedliche Gründe gibt. Claudia Blumer hat in dem Artikel Die Schwachen unter Generalverdacht auf diesen einen Aspekt hingewiesen: »Das soziale Klima ist härter geworden. Das gibt dem Grundeinkommen Auftrieb.« Das ist ein Aspekt, der in Deutschland sicher noch ausgeprägter ist und teilweise auch erklären kann, warum hier bei uns bei vielen eine bewusst-unbewusste Sympathie für den scheinbar umfassenden Lösungsansatz zu beobachten ist – und das bei manchen zu einer ultimativen Lösung der sozialen Sicherungsproblematik stilisiert wird.

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Keiner hatte die Absicht, Alleinerziehende und ihre Kinder im Hartz IV-System schlechter zu stellen? Aber nun zieht man die Reißleine. Eine Neuregelung bleibt notwendig und wäre – eigentlich – einfach

Das war eine ereignisreiche Woche. Am Montag, dem 30. Mai 2016, fand im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen statt zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein 9. SGB II-Änderungsgesetz (BT-Drucksache 18/8041). Die Stellungnahmen der Sachverständigen und Verbände sind in der Ausschussdrucksache 18(11)649 vom 27. Mai 2016 dokumentiert. Ursprünglich als Entwurf für ein „Rechtsvereinfachungsgesetz“ für den Hartz IV-Bereich gestartet ist daraus in vielerlei Hinsicht ein „Rechtsverschärfungsgesetz“ geworden (dazu bereits der Beitrag Entbürokratisierung des SGB II und mehr Luft für die Jobcenter? Von Luftbuchungen, Mogelpackungen und einem trojanischen Pferd vom 14. Februar 2016 sowie Ein zorniger Brief von Jobcenter-Mitarbeitern an die Bundesarbeitsministerin vom 15. Februar 2016. Der Bericht über die Anhörung am 30.05.2016 auf der Seite des Deutschen Bundestages war dann auch entsprechend überschrieben: Experten bezweifeln eine Entlastung der Jobcenter. Bei der Kritik am Gesetzentwurf wurde immer wieder von unterschiedlichen Sachverständigen und Verbänden auf die vorgesehene Regelung einer tageweisen Kürzung des Sozialgeldes für das Kind beim alleinerziehenden Elternteil, wenn sich das Kind beim umgangsberechtigten Elternteil aufhält, hingewiesen.

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Mehr Zwangsverrentungen von Hartz IV-Empfängern. Oder doch nicht? Ein Paradebeispiel für systemkonforme und zugleich verirrte Sozialpolitik

Das waren Schlagzeilen, die man im Bundesarbeitsministerium sicherlich nicht gerne gelesen hat: Hartz-IV-Beziehern droht schnellere Zwangsverrentung: »Langzeitarbeitslose können vorzeitig in den Ruhestand geschickt werden, auch wenn dann ihre Bezüge schrumpfen. Nun sollen die Behörden einen größeren Spielraum bekommen, um Druck auszuüben.« Oder dieser Artikel hier: Zwangsverrentung: Koalition will mehr Druck ermöglichen: »Jobcenter sollen künftig Hartz-IV-Leistungen streichen, wenn Betroffene nicht die nötigen Unterlagen zum vorzeitigen Wechsel in die Rente vorlegen. Das sieht ein geplanter Änderungsantrag für ein derzeit im Bundestag beratenes Gesetz zu Rechtsvereinfachungen bei Hartz IV vor.«

Das Thema ist nicht neu. Bereits am 1.12.2014 wurde hier dieser Beitrag veröffentlicht: Die andere Seite der „Rente mit 63“: Während die einen wollen, müssen die anderen. Zwangsverrentung von Hartz IV-Empfängern.  Dort wurde bereits überaus kritisch das Thema erörtert. 

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