Als „Verwahrentgelte“ titulierte „Negativzinsen“ treffen auch die aus Beitragsmitteln finanzierte Rentenversicherung

»Immer mehr Banken und Sparkassen berechnen ihren Kunden ein Verwahrentgelt. Zumindest wenn diese viel Geld auf dem Konto haben. Wer dem nicht zustimmt, dem droht die Kündigung seines Kontos«, so beginnt einer der vielen Artikel – hier unter der Überschrift Negative Zinsen: Wer sparen will, muss immer häufiger zahlen – zum Thema „Negativzinsen“ und ihre Weitergabe an (immer mehr) Bankkunden. „Die Vereinnahmung von Verwahrentgelten auf Giro- und sonstigen Konten beruht auf der Verwahrleistung, die das Institut erbringt,“ rechtfertigt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) die Strafzinsen. Jetzt kann man natürlich – wie die Verbraucherschützer das auch machen – trefflich über die Leistung der Bank bei der „Verwahrung“ – von was eigentlich? – disputieren und diesen Legitimationsversuch demaskieren. Es handelt sich um den Versuch, Kosten der Bank auf die Kunden zu verlagern – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ein Beispiel: Auch die ING, die größte Direktbank Deutschlands, erhebt jetzt deutlich früher Negativzinsen und will Kosten auf seine Kunden abwälzen. »Die ING teilte vor Kurzem ihren Kunden in einem Schreiben mit, dass man das Geld sicher anlegen wolle. Dabei entstünden durch den negativen Einlagenzins der EZB (Europäische Zentralbank) und den negativen Renditen am Kapitalmarkt hohe Kosten für die Direktbank. Trotz eines Gewinns, der im vergangenen Jahr bei fast 700 Millionen Euro lag, gibt man die Kosten an die Kunden weiter.«

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Drei Prozent Nettorendite. Nicht auf Aktien. Sondern in der Gesetzlichen Rentenversicherung

Immer wieder hört man die frustriert-aggressive Kommentierung, dass man mit dem, was an Beiträgen in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden muss, weil es sich um eine Zwangsversicherung für abhängig Beschäftigte handelt, privat viel besser selbst vorsorgen und weitaus mehr herausbekommen könnte. Niklas Hoyer hat diese durchaus weit verbreitete Meinung in seinem Artikel So viel Rendite bringt die gesetzliche Rente mit drastischen Beispielworten auf den Punkt gebracht: »Dem IT-Berater aus Thüringen platzte der Kragen. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ließ er Mitte November seinem Ärger freien Lauf: „Die beschissene Rentenversicherung wird mich in meinem Erwerbsleben über eine Million Euro in Gebühren und entgangener Rendite kosten. Das ist absurd.“ Er würde doch gerne selbst entscheiden, welche Versicherung er abschließt, schrieb der Mann.« Es geht um hunderte Euro Monat für Monat. Im nun neuen Jahr 2021 beträgt der monatliche Höchstbetrag beim Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze 660 Euro im Monat – und der Arbeitgeber legt noch einmal den gleichen Betrag dazu, mithin also 1.320,60 Euro pro Monat.

Aber Hoyer muss den Mann mit seiner sehr individuellen Brille korrigieren: »Einige meinen, ihre Rentenbeiträge seien verlorenes Geld. Ein Irrtum.« Hinweise darauf, dass es sich bei der Einstufung der Beiträge an die Rentenversicherung um verlorenes Geld handelt, hat Hoyer in einer neuen Studie gefunden, die von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht wurde:

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Ist die große Leerstelle der AfD bei der Rentenfrage jetzt mit Antworten beseitigt worden? Und ist der national-soziale Rententiger als Bettvorleger gelandet?

Nach mittlerweile mehrjähriger Verzögerung hat die AfD ihren Parteitag zur Positionierung in der Sozialpolitik nun endlich und passend zur Zeit mit der Auflage, das Thema unter Mund-Nase-Schutz verhandeln zu müssen, im nordrhein-westfälischen Kalkar abgehalten. Mehrmals war der verschoben worden – Björn Höcke hatte einen Sonderparteitag zur Sozialpolitik bereits vor zwei Jahren auf dem Bundesparteitag in Augsburg beantragt und zugestanden bekommen. Der Bedarf war und ist mehr als offensichtlich, denn gerade in der Rentenfrage stehen sich zwei völlig konträre Positionen gegenüber: Zum einen die vor allem aus Ostdeutschland um den mittlerweile offiziell angeblich nicht mehr existenten „Flügel“ vorangetriebene Konzeption einer national-sozialen Rentenpolitik, zum anderen die marktliberale Variante einer Abwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung und der irrlichternden Vorstellung einer Privatisierung der Alterssicherung, wie sie vom Parteichef Meuthen vertreten wird.

Nun könnte man es fast für eine geschickte Inszenierung halten, dass in den meisten Medien nur am Rande von den Inhalten dessen berichtet wird, was da auf diesem Bundesparteitag in Kalkar letztendlich beschlossen wurde, denn wieder einmal hat man größere Lust auf die personenbezogenen Scharmützel, die vom AfD-Vorsitzenden Meuthen mit einer sogenannten „Wutrede“ ausgelöst wurden. Jörg Meuthen hat seine Partei zur Distanzierung von Krawallmachern und Provokateuren in den eigenen Reihen aufgefordert. „Was wir mehr als alles andere brauchen, ist innerparteiliche Disziplin“, sagte er in einer Rede, für die es am Ende auch Buh-Rufe gab. Der Parteichef kritisierte unter anderem, dass manche in der AfD von „Corona-Diktatur“ sprächen, keine Distanz zur sogenannten Querdenker-Bewegung zeigten und mit dem Begriff „Ermächtigungsgesetz“ hantierten. „Entweder wir kriegen hier die Kurve, und zwar sehr entschlossen und sehr bald. Oder wir werden als Partei in keineswegs ferner Zukunft in ganz, ganz schwere See geraten und gegebenenfalls scheitern.“ Das stieß bei knapp der Hälfte der Delegierten auf Empörung. Aber anzunehmen, dass es sich um eine geplante Inszenierung handelt, um von der Inhaltsleere der sozialpolitischen Beschlüsse abzulenken, würde dann doch einen Grad von Professionalität unterstellen, den man dieser Partei nicht wirklich zuschreiben sollte. Dabei gibt es gute Gründe, von dem abzulenken, was da beschlossen wurde.

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