Altersgrenzen sind bekanntlich sozialpolitisch hoch relevant, man denke hier nur an das gesetzlich festgelegte Renteneintrittsalter, das jahrzehntelang bei 65 Jahren lag und derzeit schrittweise auf 67 Jahre ansteigt (erstmals wird der geburtenstärkste Jahrgang – 1964 – von dieser neuen Altersgrenze betroffen sein). Und diese Grenze hat im wahrsten Sinne des Wortes handfeste materielle Folgen, denn sie markiert den erwerbsbiografischen Punkt, ab dem der Bezug einer abschlagsfreien Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung möglich wird.1 Das Beispiel mit den Altersgrenzen in der Rentenversicherung verdeutlicht aber auch, dass es immer wieder Verschiebungen der Altersgrenzen als Leistungsvoraussetzung gibt oder solche gefordert werden.
Rentenversicherung
Von Österreich lernen!? Die (Teil-)Integration der Beamten in die Rentenversicherung
Es ist keine neue Erfahrung, dass bei Diskussionen über „die“ Rente in Deutschland immer wieder die Forderung nach einer Integration der Selbstständigen und der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung auf eine breite Zustimmung stößt. Vor allem die Absonderung der Beamten in einem eigenständigen Alterssicherungssystem wird oftmals als ein Gerechtigkeitsverstoß wahrgenommen (in der Regel geht das dann einher mit einem Vergleich der teilweise erheblich unterschiedlichen Höhen der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit den Pensionen der Beamten).
Berufsständische Versorgungswerke – eine ganz eigene Säule der Alterssicherung. Bei einigen wackelt das kapitalgedeckte Fundament
Im Kontext der allgemeinen Diskussion über „die“ Rente und dabei den angeblichen oder tatsächlichen Problemen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung wird immer wieder auf das ganz eigene Alterssicherungssystem der Beamten hingewiesen – mit garantiert Blutdruck steigernden Effekten. Da werden dann gesetzliche Renten mit den Pensionen der Staatsdiener verglichen und man kann große Zustimmung ernten, wenn man angesichts der teilweise erheblichen Unterschiede im Geldbeutel fordert, die Sonderbehandlung der Beamten zu beenden und dass die Beamten wie jeder „normale“ Arbeitnehmer auch in die große gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten.1 Da wird dann gerne auch auf Österreich oder die Schweiz verwiesen, wo es diese Trennung nicht gibt (wobei man da auch genauer hinschauen muss, wie die konkrete Ausgestaltung ist). Ein immer wieder vorgetragenes Argument in der seit Jahrzehnten geführten Debatte über die ganz eigene Welt der Beamtenversorgung im Alter stellt darauf ab, dass sich die nicht selten durchaus gut verdienenden Beamten der solidarischen Umverteilung, die der gesetzlichen Rentenversicherung eigen ist, komplett entziehen (können).
Wer wenig Einkommen hat, stirbt früher und erhält dadurch kürzer Rente. Beim Einkommen muss man doppelt hinschauen
Wer in Deutschland besser verdient, lebt länger und hat eine bessere psychische und physische Gesundheit. Das klingt für viele fast schon trivial und ist aus zahlreichen Veröffentlichungen (eigentlich) auch schon seit langem bekannt. die hier angesprochenen teilweise erheblichen Unterschiede bei „der“ Lebenserwartung sind von großer Bedeutung angesichts der regelmäßig, gerade auch aktuell mal wieder vorgetragenen Forderung, dass das gesetzliche Renteneintrittsalter mit „der“ Lebenserwartungsentwicklung nach oben angehoben werden sollte. Für alle. Was nur auf den ersten Blick ein schlüssiges Konzept darstellt. Ein differenzierter Blick hingegen verdeutlicht schnell, dass damit erhebliche Umverteilungseffekte zuungunsten derjenigen „unten“ verbunden wären (vgl. dazu die zahlreichen Beiträge in diesem Blog, beispielsweise Was und wie viel hast Du (nicht) und wo wohnst Du (nicht)? Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auf. Bei der Lebenserwartung. Und dabei mit einem besonderen Blick auf die regionale Ebene vom 3. Mai 2024).
Genauer hinzuschauen lohnt sich auch mit Blick auf die Aussage, wer in Deutschland besser verdient, lebt länger und hat eine bessere psychische und physische Gesundheit, denn: Bei Frauen zeigt sich der Zusammenhang nur beim Haushaltseinkommen. Wie hoch ihr individuelles Einkommen ist, scheint keine Rolle zu spielen, bei Männern hingegen schon.
Erwerbsminderungsrentner: Mehr Geld trifft auf „IT-Probleme“ einer Massenverwaltung. Die Rentenversicherung als Teil der expandierenden Mangelwirtschaft?
Die Erwerbsminderungsrente ist kein Orchideen-Bereich der Alterssicherung. »Der Verlust der Erwerbsfähigkeit ist ein unterschätztes Einkommensrisiko. Erwerbsminderung ist für die überwiegende Mehrheit gleichbedeutend mit dem Wegfall ihrer wichtigsten Einkommensquelle, ihrem Lohn«, so Johannes Geyer in seinem Beitrag Erwerbsminderungsrente: Weiterer Reformbedarf, der im Mai 2023 veröffentlicht wurde. »Immerhin gehen rund 160.000 Menschen jährlich in eine Erwerbsminderungsrente. Im Rentenbestand sind es 1,8 Mio. Menschen, hinzu kommen etwa 2,7 Mio. Menschen, die inzwischen eine Altersrente beziehen. Bezogen auf alle Alters- und Erwerbsminderungsrenten liegt der Anteil der ursprünglich Erwerbsgeminderten bei immerhin 22 %.« Und er verweist auf die seit langem beklagte Problematik der Armutsbetroffenheit in dieser Gruppe: »Von den Erwerbsgeminderten, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben, gilt etwa ein Drittel als armutsgefährdet, die Grundsicherungsquote (bei unbefristeten Renten) liegt aktuell bei 15 %.« Seit Jahren wird eine Verbesserung der Situation der Erwerbsminderungsrentner gefordert. Und es ist nicht nur bei Forderungen geblieben.
Rückblickend muss man sagen: Für die Menschen, die auf eine Erwerbsminderungsrente angewiesen sind, wurde in den vergangenen Jahren einiges getan. Der Gesetzgeber hat in den zurückliegenden Jahren mehrfach an der wichtigen Stellschraube der „Zurechnungszeiten“ gedreht, um die finanzielle Situation der Erwerbsminderungsrentner zu verbessern.