Die Herstellung einer Jugendhilfe zweiter Klasse über die minderjährigen Flüchtlinge? Und wenn man schon dabei ist …

Die Kinder- und Jugendhilfe ist eine eigene Welt – auch und gerade für die Politik und die „Kostenträger“, wie das bei uns so heißt. Es handelt sich auf der einen Seite um kommunalisierte Systeme und damit allein ist schon eine erhebliche Varianz der Angebote und der Bedingungen verbunden. Die Länder spielen mit und auf der Bundesebene gibt es als großen Rahmen eines der (noch) „schönsten“ Sozialgesetzbücher. Das SGB VIII, das Kinder- und Jugendhilferecht. „Schön“ deshalb, weil hier zum einen tatsächlich anders als in anderen Sozialgesetzbüchern (noch) zahlreiche individuelle Rechtsansprüche auf bestimmte Hilfen und Leistungen normiert sind, zum anderen wegen der Konzeption als ein umfassend von den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien ausgehendes Regelwerk, dass eben nicht nur auf einen defizitfokussierten Ansatz der Hilfe, wenn es nicht mehr anders geht, eingeengt ist. Folglich nehmen Beratung und andere Angebote einen entsprechenden Raum ein.

Das alles ist verbunden mit einer hohen Fachlichkeit, sowohl auf Seiten des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, also den Jugendämtern, wie auch bei den vielen Jugendhilfeanbietern, oftmals in freigemeinnütziger Trägerschaft, wobei auch hier und in Teilbereichen zunehmend privatgewerbliche Anbieter anzutreffen sind.

Das kostet. Und die Kosten fallen überwiegend auf der kommunalen Ebene an. Man kann sich vorstellen, dass in Verbindung mit der Tatsache, dass individuelle Rechtsansprüche eine Sperre gegen budgetbedingte Einsparungen darstellen, große Anreize gegeben sind, nach Möglichkeiten zu suchen, Aufgabenanstiege schon im bestehenden System zu begrenzen.

Das gilt natürlich erst recht, wenn neue und zusätzliche Klienten im bestehenden System aufschlagen. Und genau das ist passiert mit den „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind – und für die nun das Jugendhilfesystem zuständig ist. Mit allen (dort noch) hohen Standards und daraus resultierenden Kosten. Wir ahnen schon, wohin die Vorrede führen wird.

Denn die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die nach Deutschland eingereist sind und nun versorgt, betreut und ggfs. auch behandelt werden müssen – und das nach den Standards der Kinder- und Jugendhilfe, die bis heute (noch) hoch sind -, kosten eine Menge Geld. Und da überrascht es nicht, wenn Kostenträger auf den Gedanken kommen, die Ausgaben für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach unten zu drücken – auch vor dem Hintergrund, dass die Legitimation für eine solche Absenkung bei der Gruppe der Flüchtlinge einfacher erscheint aufgrund des gesellschaftlichen Klimas, als wenn man mit einem generellen Angriff auf die Standards beginnen würde, von dem alle Kinder und Jugendlichen betroffen wären. Um das zu erreichen, muss man ihre automatische Einbettung in das bestehende Kinder- und Jugendhilfssystem aber erst einmal aufbrechen.

Genau das war das Anliegen eines Vorstoßes des Landes Bayern bei der Ministerpräsidentenkonferenz, dem Treffen aller Länderchefs, die Ende Oktober in Rostock stattgefunden hat. Und von vielen nicht erwartet hat sich Bayern offensichtlich durchgesetzt, denn hinsichtlich des Ergebnisses wird uns mitgeteilt:

»Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bitten die Bundesregierung im Dialog mit den Ländern, rechtliche Regelungen für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu erarbeiten. Hierbei sollen die Steuerungsmöglichkeiten verbessert und die Kostendynamik begrenzt werden. Dabei soll auch die Leistungsart „Jugendwohnen“ bei den Vorschriften zur Jugendsozialarbeit nunmehr explizit beschrieben werden.« (vgl. Sellering und Haseloff informieren über Ergebnisse der MPK, 28.10.2016).

Der Beschluss wurde übrigens einstimmig gefasst.

»Die Länderchefs fordern ein Sondergesetz zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Jugendhilfe-Verbände zeigen sich empört» – so beginnt der Artikel Jugendhilfe zweiter Klasse von Kaija Kutter, die das ausgereift, was da beschlossen wurde.

Als die rund 50.000 unbegleiteten jungen Flüchtlinge im vergangen Jahr bundesweit verteilt wurden, gab es für sie vielerorts nur Provisorien und keine Unterbringung nach Jugendhilfe-Standard. Was die Länder jetzt wollen, ist eine dauerhafte Sonderregelung für diesen Personenkreis, schreibt Kutter.

Wir aber will man die Absenkung der („teuren“) Standards in der Jugendhilfe umsetzen? Der entscheidende Begriff ist das „Jugendwohnen“ – und den kann man sozialtechnokratisch und mit erheblichen praktischen Auswirkungen auch übersetzen als erhebliche Absenkung des Personalschlüssels:

»Anders als in Heimen, wo ein Fachkraft-Kind-Schlüssel von eins zu vier oder fünf die Regel ist, ist das Jugendwohnen im Rahmen der Jugendsozialarbeit schon mit einem Schlüssel von eins zu zehn oder gar eins zu 40 zulässig.«

Übrigens: Der ursprüngliche Beschlussvorschlag des Landes Bayern ging sogar noch weiter. Bayern wollte dem „Jugendwohnen“ im Rahmen der Jugendsozialarbeit im Gesetz „Vorrang“ vor anderen Hilfsangeboten einräumen. Der Vorrang-Begriff zumindest konnte verhindert werden.

Faktisch bedeutet der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, dass für junge alleinreisende Flüchtlinge schlechtere Standards gelten sollen als für inländische Jugendliche. Sonst bräuchte man keine entsprechenden eigenen Regelungen im SGB VIII.

Und nicht vergessen werden sollte das Kleingedruckte: »Die unionsregierten Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt setzen noch eine Protokoll-Notiz hinzu … So sollten Länder die Möglichkeit bekommen, „Landesrahmenverträge mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Leistungserbringern“ zur Finanzierung von Maßnahmen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge abzuschließen. Dabei sollen die Vereinbarungen der örtlichen Träger diesen Rahmenvereinbarungen entsprechen. Und weiter: Zudem ist gesetzlich sicherzustellen, dass sich die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe „im Regelfall“ auf Minderjährige konzentrieren.«

Wo liegt der Unterschied zwischen einem 16-jährigen deutschen Jungen, der keine fürsorgenden Eltern hat, und einem allein geflüchteten aus einem anderen Land? Diese Frage stellt Kaija Kutter in ihrem Kommentar Recht nach Herkunft. Die Antwort aus fachlicher Sicht ist einfach: »Beide haben Anspruch auf geeignete Hilfe. Sei es eine gut betreute Jugendwohnung oder – falls es sie gibt – eine nette Pflegefamilie, in die er gut passt.« Genau das soll jetzt offenbar aufgebrochen werden. Dazu Kutter:

»Was die Ministerpräsidenten offenbar wollen, was aber nicht geht, ist ein abweichendes Recht je nach Herkunft der Kinder. Beispielsweise ein schlechter betreutes Jugendwohnen als billiges Angebot für junge Geflüchtete. Das verstößt gegen das Diskriminierungsverbot. Man darf gespannt sein, wie die Familienministerin ein solches Gesetz ausgestalten wird.«

Aber sie sieht selbst die mögliche „Weiterentwicklung“ des Sparkonzepts am Horizont, sollte es bei der selektiven Herausnahme der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge irgendwelche Schwierigkeiten geben: So »gibt es auch die Idee, die Ansprüche aller jungen Volljährigen zu kappen, also sowohl die der bereits hier in Deutschland geborenen, als auch die der nach Deutschland geflüchteten. Sie sollen, so die Linie der CDU-geführten Länder in der Protokollnotiz der Ministerpräsidentenkonferenz, nicht mehr regelhaft unter das Kinder- und Jugendhilfegesetz fallen.«

In diese Richtung würde auch passen, was bereits aus dem Koalitionsausschuss am 6. Oktober 2016 berichtet worden ist:

»Bei der Pressekonferenz zum Treffen des Koalitionsausschusses am 6. Oktober erklärt die Vorsitzende der CSU Landesgruppe Gerda Hasselfeldt, man habe sich aus Kostengründen darauf geeinigt, dass die Länder eine zusätzliche Kompetenz erhalten sollen, um über Inhalt und Umfang der Leistungen der Kinder – und Jugendhilfe in ihrem Bundesland zu bestimmen. Dies soll insbesondere bei Leistungen an unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie an junge Volljährige gelten. Damit wird der Weg für die seit langem von einigen Bundesländern geforderte Gesetzesänderung zum sog. Ländervorbehalt geöffnet.« (vgl. Jugendhilfe zweiter Klasse: Einigung zu Kosteneinsparungen bei jungen Flüchtlingen auf dem Weg, 13.10.2016)

Darum geht es wohl in Wirklichkeit – man hat ein Einfallstor gesucht und gefunden, um eine generelle weitere Föderalisierung des  Jugendhilferechts zu erreichen. Und das beißt die Maus keinen Faden ab – Kostensenkungen kann man nur erreichen, in dem man die Standards und die damit verbundenen Finanzbedarfe nach unten drückt.

Dietrich Mittler bringt das in der Überschrift seines Artikels auf den Punkt: Betreuung soll billiger werden.  Es gehe darum, „die Steuerungsmöglichkeiten zu verbessern und die Kostendynamik zu begrenzen“, wird ein Sprecher der bayerischen Staatskanzlei zitiert. Die Länder müssten die Möglichkeit bekommen, „die Kosten für die Jugendhilfe-Maßnahmen mit steuern zu können“. Bislang seien ihre Einwirkungsmöglichkeiten „äußerst begrenzt“. Technokratisch daherkommend, es geht auch handfester, so beispielsweise von Seiten der bayerischen Sozialministerin Emilia Müller:

„Wir wollen steuern können, welcher junge Mensch welche Hilfe vom Staat bekommt.“ Es gleicht einer Kampfansage, wenn sie sagt: „In vielen Fällen braucht es zum Beispiel keine heilpädagogische Rundum-Betreuung, andere Hilfsangebote sind passgenauer und weniger aufwendig.“

Da läuft er mit, der Verdacht gegen die Träger von Jugendhilfemaßnahmen,  dass Jugendhilfe-Einrichtungen auch jenen jungen Flüchtlingen das teuere Vollprogramm zugute kommen lassen, die es gar nicht brauchen. Belege für diesen Verdacht? Fehlanzeige. Und man sollte an dieser Stelle daran erinnern dürfen – nicht die Träger, sondern die Jugendämter bestimmen, wer welche Jugendhilfe-Maßnahme benötigt.

Die betroffenen Organisationen selbst legen Zahlen vor, die ihre eigene Sprache sprechen:

Unter dem Dach von evangelischen und katholischen Jugendhilfeträgern in Bayern befinden sich »gut 4.600 unbegleitete jugendliche Flüchtlinge, davon 1.793 in Wohngruppen mit erhöhtem Betreuungsaufwand. Fast 3.000 indes seien bereits in Wohnformen untergebracht, in denen die Betreuungsleistungen gering und damit kostengünstig seien. Dies sei dem Sozialministerium bekannt.« Aber wen interessieren schon Fakten.

Der Hintergrund verweist erneut aus den monetären Aspekt, wenn man berücksichtigt, dass in den kostenintensiven heilpädagogischen Wohngruppen der Betreuungsaufwand besonders hoch ist. Die dort anfallenden Kosten liegen bei 125 bis 160 Euro pro Tag, bezogen auf den Freistaat Bayern. Michael Eibe, der Vorsitzende der Katholischen Erziehungshilfe in Bayern, weis darauf hin, dass gemeinsam mit den Jugendämtern schon heute sehr sorgfältig darauf geschaut wird, welcher der unbegleiteten Flüchtlinge mehr und welcher weniger Betreuungsaufwand braucht:Viele Jugendliche bräuchten nachweislich nur geringe Betreuungsmaßnahmen, deren Kosten sich um die 40 bis 45 Euro pro Tag bewegen. Das habe man dem Sozialministerium bereits mit fundierten Zahlen im Juni belegen können«, kann man dem Artikel Sozialverbände stellen sich vor junge Flüchtlinge entnehmen.

Die Antwort des bayerischen Ministeriums ist ein Zeugnis einer – nun ja – sehr grobschlächtigen Sicht auf Menschen: „Ein junger Mensch, der Wochen, wenn nicht gar Monate oder Jahre selbständig unterwegs war, braucht eine völlig andere Form der Unterstützung als zum Beispiel ein Jugendlicher, der aus schwierigen sozialen Verhältnissen in eine Einrichtung der Jugendhilfe kommt.“
Klar, wer es bis hierher geschafft hat, ist irgendwie tendenziell top fit im Vergleich zu den Multiproblem-Luschen aus unseren Reihen.

Aber wie gesagt, es geht ja nicht wirklich um die fachlich berechtigte Frage, welche Hilfen wann und wo für wen sinnvoll sein können. Es geht ums Geld. Dazu abschließend die bayerische Sozialministerin: „Der Staat, der für ein Angebot zahlt, muss auch Möglichkeiten haben, Einfluss darauf zu nehmen, was mit staatlichen Mitteln tatsächlich an Leistungen gewährt wird.“

Fazit: Wir erleben unter dem Deckmantel einer Sonderregelung für junge Flüchtlinge einen erneuten Vorstoß gegen die in der Vergangenheit erkämpften und erarbeiteten (hohen) Standards der Jugendhilfe, die ihren Preis haben, den man aber drücken will – und wir sehen die Ausweitung auf das gesamte SGB VIII (was das eigentliche Ziel sein wird) bereits in Umrissen erkennbar vor uns, wenn man an die aktuellen Überlegungen aus der Bundesregierung hinsichtlich der anstehenden gesetzlichen Neuregelung des SGB VIII denkt.

Wer sich aus einer fachlichen und damit inhaltlichen Perspektive für das Thema „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ interessiert, der sei hier neben den Informationen des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) auf diese beiden Schwerpunktausgaben von Jugendhilfe-Fachzeitschriften verwiesen, in denen die Bandbreite der Maßnahmen aufgezeigt wird:

Jugendhilfe-aktuell, Heft 2/2016: Schwerpunktthema: jung geflüchtet

Jugendhilfe-Report, Heft 1/2016: Schwerpunktthema: Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund

Abschließend noch ein kurzer Verweis auf unser Nachbarland Österreich, denn auch dort gibt es unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Und auch dort gibt es eine Diskussion über den Umgang mit den jungen Menschen. Junge Flüchtlinge nur auf dem Papier gleichberechtigt, so hat Gudrun Springer ihren Artikel überschrieben. »Minderjährige ohne österreichische Staatsbürgerschaft und Staatenlose sind österreichischen Kindern also in Bezug auf Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gleichgestellt – das besagt ein Gutachten von Karl Weber und Michael Ganner von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck. Laut der Hilfsorganisation SOS Kinderdorf, die das Gutachten in Auftrag gegeben und am Mittwoch präsentiert hat, liegt hier aber vieles im Argen.«

Das angesprochene rechtswissenschaftliche Gutachten findet man hier:

Karl Weber, Stephanie Jicha und Michael Ganner (2016): Gutachten zu Rechtsproblemen von SOS-Kinderdorf – Österreich mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, Innsbruck, 27.10.2016

Auch in Österreich geht es um das Geld.

SOS Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser: „Auf dem Papier hat zwar das Jugendamt die Obsorge übernommen, in der Realität bleiben asylwerbende Jugendliche aber weiterhin oft nur grundversorgt.“ Dem Innenministerium zufolge befinden sich derzeit österreichweit 5.500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) in Österreich in Grundversorgung – zwar bei höherem Tagessatz als Erwachsene, dieser entspreche laut NGOs aber weitaus nicht dem, was für österreichische Kinder in Betreuungseinrichtungen aufgewendet werde. Grundversorgungsleistungen sollten laut Gutachten „die fundamentalen Lebensbedürfnisse“ abdecken, jene der Jugendhilfe „darauf aufbauend pädagogische Zielsetzungen beinhalten“.

Und die Probleme, die aus Österreich berichtet werden, kommen uns sehr bekannt vor:

»Bei Einrichtungen für österreichische Kinder liege etwa laut SOS Kinderdorf die durchschnittliche Zahl der betreuten Kinder bei acht bis zehn, bei UMF befänden sich aber oft 40 andere asylwerbende Jugendliche im gleichen Haus. Tausende wohnen laut Moser in Großquartieren. Außerdem würden Qualitätskontrollen durch die Behörden sowie der regelmäßige Kontakt zum zuständigen Sozialarbeiter fehlen.«

Immer das gleiche Muster.

Schulsozialarbeiter in Nordrhein-Westfalen vor der Abwicklung bewahrt. Für die nächsten drei Jahre

Es gibt in der Sozial- und Bildungspolitik so viele Baustellen, auf denen gar nicht (mehr) gearbeitet wird oder auf denen alles schief läuft oder die Löhne der zumeist osteuropäischen Bauarbeiter nicht ausgezahlt werden, um das mal bildhaft auszudrücken – da tut es richtig gut, wenn man mal Erfolgsmeldungen absetzen darf. Beispielsweise über die Schulsozialarbeit. Denn deren Weiterführung in Nordrhein-Westfalen ist gesichert worden. Jedenfalls für die nächstens drei Jahre und dafür nimmt das bekanntlich sehr klamme Land eine Menge Geld in die Hand: Land unterstützt Schulsozialarbeit in NRW-Kommunen mit 144 Millionen, so ist einer der vielen Artikel überschrieben.

Das Land übernimmt gut 70% der anfallenden Kosten für die Schulsozialarbeiter – für die kommenden drei Jahre. »Je nach Finanzstärke müssen die 53 kreisfreien Städte und Kreise aber einen Eigenanteil zwischen 20 und 50 Prozent der Kosten tragen. Darauf haben sich die rot-grünen Regierungsfraktionen und die kommunalen Spitzenverbände geeinigt.« Um diese Lösung war in den letzten Monaten heftig gerungen worden.

Hintergrund: Der Bund hat sich seit Jahresbeginn aus der Finanzierung von 1.500 Schulsozialarbeitern in NRW zurückgezogen, die seit 2011 aus den Mitteln des „Bildungs- und Teilhabepakets“ für Kinder aus armen Familien finanziert worden sind – mit der Begründung, die Kommunen seien zwischenzeitlich an anderer Stelle entlastet worden und die können das jetzt aus eigenen Mitteln stemmen. „Wir haben bis zum Schluss gehofft, dass der Bund das nicht sterben lässt“, wird die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zitiert. „Jetzt haben wir uns entschlossen, zu helfen.“ Wir sehen hier also erneut ein Beispiel für die vielen föderalen Finanzierungsverflechtungsfallen, mit denen man in der Praxis zunehmend konfrontiert wird.
Schulsozialarbeiter in Nordrhein-Westfalen »arbeiten überwiegend an Haupt,- Gesamt- und Ganztagsschulen. Neben den 1.500 bislang aus dem Bildungspaket des Bundes finanzierten Stellen gibt es 674, die aus dem Landeshaushalt bezahlt werden, sowie weitere kommunale Stellen. Die aus dem Landesetat bezahlten Sozialarbeiter waren aus den geschlossenen Schulkindergärten übernommen worden.«

Um welches Kostenvolumen es hier geht, verdeutlicht das folgende Rechnebeispiel: Eine Schulsozialarbeiter-Stelle ist mit 45.000 Euro im Jahr zu veranschlagen. Daraus ergibt sich ein Gesamtbudget von 67,5 Millionen Euro für 1.500 Stellen. Das Land werde 2015 bis 2017 rund 48 Millionen jährlich übernehmen, mithin also etwas mehr als 70% der anfallenden Kosten, den Rest müssen die Kommunen, differenziert nach ihrer Finanzkraft, mitfinanzieren. Während einige bis zu 50% der Kosten tragen müssen, kommen die meisten Ruhrgebietsstädte nur auf 20% Eigenanteil.

Die LAG Schulsozialarbeit NRW hat sich natürlich auch zu Wort gemeldet: Der Einsatz hat sich gelohnt: das Land NRW steigt in die Rettung der Schulsozialarbeit ein!, so hat sie ihre Pressemitteilung überschrieben. Mit der nunmehr vorliegenden Entscheidung finde »das unwürdige „Schwarze-Peter“-Spiel, mit dem sich die Kommunen, das Land und der Bund in den letzten Monaten gegenseitig die Verantwortung für die weitere Finanzierung der Fachstellen zugeschoben haben, endlich ein Ende«, so die LAG. »Nicht „entweder oder“ sondern „sowohl als auch“ lautet der Schlüssel zur Rettung!«

Allerdings: Das ist jetzt eine Rettung „In letzter Minute„, wie Wilfried Goebels seinen Kommentar überschrieben hat: »Die Entscheidung könnte für manchen Sozialarbeiter allerdings zu spät kommen, der sich wegen der unsicheren Perspektive längst eine berufliche Alternative gesucht hat.« Dass die nordrhein-westfälische Landesregierung trotz ihrer massiven Haushaltsprobleme kurz vor der Auslaufen der Sozialarbeiterstellen die Reißleine gezogen und eine finanzielle Rettungsaktion gestartet hat, ist inhaltlich richtig: »In kaum einem anderen Bundesland gibt es diese Ballung sozialer Brennpunkte wie in NRW. Sozialarbeiter aber dienen dazu, den Teufelskreis von Bildungsarmut und sozialer Ausgrenzung bedürftiger Menschen aufzubrechen. Lehrer benötigen qualifizierte Hilfe. Es wäre ein Skandal gewesen, wenn die Schulsozialarbeit ausgelaufen wäre.«

Aber Goebels gibt auch zu bedenken:

»Für die nächsten drei Jahre ist die Schulsozialarbeit gerettet. Als Pflichtaufgabe ins Schulgesetz will NRW die Leistung aber weiter nicht aufnehmen. Die Politik sollte frühzeitig eine Anschlussregelung aushandeln.«

Wer sich weiterführend zum Thema Schulsozialarbeit informieren möchte, dem seien hier noch einige Internet-Links zur Verfügung gestellt:

Bundesweite Informations- und Vernetzungsseite zur Schulsozialarbeit in Deutschland (leider im Jahr 2013 eingefroren)

International Network for School Social Work

Eine sehr gute und informative Seite über die Schulsozialarbeit in den USA:
SSWAA – School Social Work Association of America

Und im deutschsprachigen Ausland:

Schulsozialarbeit in der Schweiz

Schulsozialarbeit in Österreich 

Nicht Fisch, nicht Fleisch. Statt punktuelles Herumfummeln am Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern sollte man das einfach streichen

Es ist zum Haare raufen, wenn man denn noch welche hat. Wieder einmal werden wir Zeugen einer Tat, die man beschreiben muss als punktuelles Herumfummeln an einer komplexen Sache und dem Verzicht auf eine sachlich eigentlich und auch dringlich gebotene Lösung, weil man sich im föderalen Kuddelmuddel nicht auf eine substanzielle Handlung verständigen kann. Wir sprechen also von der Bildungspolitik. Genauer: Vom Kooperationsverbot zwischen Bund und Länder, das man vor einigen Jahren sogar in das Grundgesetzt gemeißelt hat, um es nach jahrelanger Kritik daran nunmehr an einer Stelle wieder rauszukratzen. Aber nur an einer kleinen Stelle. Ansonsten bleibt der Unsinn. Und das wird uns dann auch noch – ja, man ahnt es – als „alternativlos“ verkauft.

Um die Rosstäuscherei nachvollziehen zu können, die die Große Koalition durch eine erneute Grundgesetzänderung plant, muss man erläutern, wie es überhaupt zu dem Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik kommen konnte. Dazu müssen wir einen Zeitsprung in die letzte Große Koalition machen, denn in deren Zuständigkeit fällt das grundgesetzlich verankerte Kooperationsverbot. Hierzu die folgende Erläuterung:

»Das so genannte „Kooperationsverbot“ ist durch die am 1.9.2006 in Kraft getretene Föderalismusreform I eingeführt worden. Der Begriff leitet sich aus dem geänderten Artikel 104b Abs. 1 Grundgesetz (GG) ab, der Bundesfinanzhilfen in Bereichen, in denen die Länder die alleinige Gesetzgebungskompetenz haben, ausschließt. Nachdem durch die Reform die Zuständigkeiten für den Bildungsbereich fast vollständig auf die Länder übergegangen sind, sind die Einflussmöglichkeiten des Bundes weiter begrenzt worden. War es ihm vorher noch möglich gewesen, über wesentliche Mitfinanzierungsmöglichkeiten im schulischen Bildungsbereich Einfluss zu nehmen, wie z.B. mit dem 2003 geförderten Ganztagsschulprogramm geschehen, verbietet das Kooperationsverbot nun jegliche schulpolitischen Initiativen des Bundes, selbst wenn alle 16 deutschen Bundesländer einverstanden wären … Letzte Bereiche, in denen Bund und Länder im Bildungsbereich zusammenarbeiten können, werden in Art. 91b GG definiert, nach dem Bund und Länder z.B. nach dem Einstimmigkeitsprinzip bei der Förderung von Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen zusammenwirken können. So finanzieren der Bund und die Länder gemeinsam den Hochschulpakt und die Exzellenzinitiative.«

Es ist nicht nur von historischem Interesse, wenn man an dieser Stelle darauf hinweist, dass zahlreiche Bundesländer massiven Druck ausgeübt hatten, dieses Kooperationsverbot grundgesetzlich zu verankern, um die Alleinzuständigkeit der Länder in Bildungsfragen in Stein zu meißeln. Besonders hervorgetan hatte sich damals der sozialdemokratische Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, nunmehr im Ruhestand. Doch kaum hatten die Bundesländer das erreicht, was sie wollten, gegen den Widerstand von über 90 % der Experten, die in den Anhörungen und auch im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens dringlich von einer solchen Verfassungsänderung abgeraten hatten, mussten die Bundesländer die Hosen herunterlassen, denn sie waren ganz offensichtlich nicht in der Lage, den anstehenden Ausbau „ihrer“ Hochschulen mit eigenen Bordmitteln stemmen zu können, so dass flugs der Hochschulpakt I aufgelegt werden musste, der vor allem erhebliche Bundesmittel zum Ausbau der Hochschulen vorsah. Mittlerweile sind wir beim Hochschulpakt III angekommen.

Und es sollte an dieser Stelle auch darauf hingewiesen werden, dass der letzte Schub des Ganztagsschulausbaus nicht ohne dass mit vier Milliarden Euro bestückte Förderprogramm des Bundes zu Stande gekommen wäre.

Aber nicht nur im Bereich der Hochschulen und der Schulen besteht – wenn man ehrlich ist – erheblicher Kooperationsbedarf zwischen Bund und Ländern, das gilt auch für eine weitere, gleichsam zentrale Stufe unseres Bildungssystems, wo wir mit einer erheblichen Unterfinanzierung konfrontiert sind: dem Kita-System, bzw. korrekter den 16 Kita-System in den einzelnen Bundesländern. Gerade in diesem Bereich wird seit Jahren unermüdlich gefordert, dass es eine regelgebundene anteilige Bundesfinanzierung der laufenden Betriebskosten und nicht nur eines Teils der Ausbaukosten beispielsweise im Zusammenhang mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr, der seit dem 1. August 2013 scharf gestellt worden ist, geben muss.

Wenn man die unterschiedlichen Bereiche unseres Bildungssystems von den Kitas über die Schulen bis hin zu den Hochschulen durchdekliniert, dann wird man erkennen müssen, das wir dringend zur Systementwicklung ein gemeinsames Vorgehen und damit auch eine gemeinsame Finanzierung von Bund, Bundesländern und Kommunen benötigen, um die anstehenden Aufgaben bewältigen zu können. Logische Konsequenz aus diesen Erkenntnissen: Abschaffung des Kooperationsverbotes und endlich eine Diskussion, wie man einen vernünftigen Finanzierungsmix hin bekommt.

Doch Hoffnung, dass die Entwicklung in diese Richtung geht, sollte man nach den nunmehr bekannt gewordenen Plänen der Großen Koalition zu den Akten legen. Was genau ist geplant?
Das eigentliche Kooperationsverbot ist in Art. 104b Abs. 1 GG normiert. Der Art. 91b des Grundgesetzes enthält die Ausnahme von diesem Kooperationsverbot und dieser Artikel sieht so aus:

Art 91b GG
1) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung zusammenwirken bei der Förderung von:
1. Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen;
2. Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen;
3. Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten.
Vereinbarungen nach Satz 1 Nr. 2 bedürfen der Zustimmung aller Länder.

Und welche gewaltige Veränderung plant die Bundesregierung  an diesem Artikel? Die Antwort darauf finden wir in dem vorliegenden „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b)„, der heute vom Bundeskabinett gebilligt wurde. Hier der Änderungstext:

„Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregio- naler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre zusammenwirken. Vereinbarungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Länder. Dies gilt nicht für Vereinbarungen über Forschungsbauten einschließlich Großgeräten.“

Ja Wahnsinn, wird der eine oder die andere jetzt im Lichte dieser Änderungsformulierungen ausrufen. Schauen wir noch in die Begründung zu diesem Änderungsvorschlag den Art. 91 b unseres Grundgesetzes betreffend (S. 4 des Entwurfs):

»Mit der Erweiterung der Kooperationsmöglichkeiten in Wissenschaft, Forschung und Lehre werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bund und die Länder gemeinsam die Grundfinanzierung der Hochschulen stärken … Bund und Länder erhalten durch die Grundgesetzänderung zusätzlichen Gestal- tungsspielraum in der gemeinsamen Wissenschaftsförderung … Mit der Grundgesetzänderung wird zusätzlich eine langfristige Förderung von Hochschulen, einzelnen Instituten oder Institutsverbünden ermöglicht. Darüber hinaus können Verbindungen von Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen zu- künftig wesentlich einfacher als bisher gemeinsam durch Bund und Länder unterstützt und effizienter ausgestaltet werden … Die Grundgesetzänderung ermöglicht es, die Hochschulen künftig durch Bundesmittel auch institutionell zu fördern, während dies derzeit nur über befristete Programme wie den Hochschulpakt 2020 oder die Exzellenzinitiative möglich ist … Die föderale Grundordnung wird nicht berührt. Wie bisher verbleibt die Zuständigkeit für das Hochschulwesen bei den Ländern.«

 Also wenn man das zusammenfassen muss, dann werden hier die rechtlichen Grundlagen für eine mögliche Teil-Verbundesstaatlichung im Hochschulbereich gelegt. Außerdem wird die bereits heute mögliche Zusammenarbeit im Bereich von Forschung und Wissenschaft auf die Lehre an den Hochschulen erweitert und die Möglichkeit einer Dauerförderung eröffnet. Nicht mehr, nicht weniger. Alle anderen Bereiche, die seit Jahren in der Diskussion sind, also der anstehenden Umbau unserer Schulen in Richtung Ganztagsschulen auf einer vernünftigen Ausstattungsbasis oder der notwendige qualitative Ausbau der Kindertagesbetreuung – alle diese Bereiche sind durch die beabsichtigte Grundgesetzänderung weiterhin nicht erfasst.

Entsprechend ist die auch die aktuelle Berichterstattung: Bund soll Universitäten finanziell unterstützen dürfen, so Heike Schmoll in der Online-Ausgabe (was nun auch wieder eine Verkürzung ist, denn auch die Fachhochschulen gehören zu den Hochschulen). Sie verweist zum einen auf die krampfhaften Bemühungen der Bundesbildungsministerin, die geplante Klein-Korrektur eines großen Missverständnisses in leuchtenden Farben zu malen, was allerdings irgendwie putzig daherkommt, wenn man an die echten Probleme der Hochschulen denkt. Die Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) wird mit diesen Worten zitiert:

»Die Grundgesetzänderung lasse auch die dauerhafte Förderung solcher Projekte wie das Professorinnenprogramm zu. Denkbar sei auch die Unterstätzung kleiner Fächer an den Hochschulen, die sonst vom Aussterben bedroht wären, aber für die gesamte Wissenschaftslandschaft wichtig sind, etwa Assyriologie.« Ah ja.

Schmoll zitiert natürlich auch die Opposition: »Die große Koalition habe die Chance verpasst, den „Irrweg Kooperationsverbot komplett zu verlassen und auch die Verfassungsbarriere im Bildungsbereich aufzuheben“, sagte der Obmann im Bildungs- und Forschungsausschuss Kai Gehring von den Grünen.«

Und man muss zur Kenntnis nehmen, dass es a) anscheinend innerhalb der Großen Koalition eine Opposition namens Sozialdemokratie gibt und b) deren Vertreter anscheinend das Bildungssystem erst ab der Schule als ein solches wahrzunehmen in der Lage sind, denn die frühkindliche Bildung taucht hier nicht auf:

»Auch der sozialdemokratische Koalitionspartner in Berlin wiederholte seine Forderung, das „unsinnige Kooperationsverbot“ für den Schulbereich ebenfalls abzuschaffen. „Unser Ziel bleibt es das Kooperationsverbot für den gesamten Bildungsbereich – also auch für Schulen – aufzuheben“, dieser Unterschied bleibe „zwischen uns und der CDU/CSU“ sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Hubertus Heil.«

Man muss das wohl als Protokollnotiz verstehen, denn zugestimmt hat man ja im Kabinett der kleinen „Lösung“.

Aber da bleibt noch ein Problem bzw. eine Hoffnung für die, die das ganze Vorhaben einfach nur unsinnig finden: Die Grundgesetzänderung muss den Bundesrat passieren und wenn sich hier die Grünen über die Landesregierungen, an denen sie beteiligt sind, verweigern, dann ist die geplante Grundgesetzänderung tot. Auf dieses mögliches Szenario hat sich die Bundesbildungsministerin eingestellt und entfaltet die für solche Konfliktlagen typische Drohkulisse: Christoph Titz schreibt in seinem Artikel Wankas Visionen:

»Und die Ministerin erinnerte die Bundesländer noch einmal daran, dass die Bildungsmilliarden aus dem Koalitionsvertrag an die Grundgesetzänderung gebunden sind: Bafög-Entlastung und Grundgesetzänderung gehörte „inhaltlich zusammen“. Beide Vorhaben würden so auf den Weg gebracht, dass sie „gemeinsam starten können“.«

Auch Heike Schmoll geht in ihrem Artikel auf diesen Punkt ein:

»Sollten sich diese Bundesländer bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten, wäre die Verfassungsänderung gescheitert. Der Bund wäre dann wohl auch nicht bereit, die milliardenschwere Bafög-Entlastung an die Länder zu bezahlen, die dort für Schulen und Hochschulen dringend gebraucht wird.«

Fazit: Das ist kein großer Wurf, das ist ein unansehnliches Flickwerk, mit dem ein Teil des Bildungssystems punktuell besser gestellt werden soll als bislang. Nicht den Spurenelementen zu erkennen ist eine bildungspolitische Gesamtkonzeption. Fairerweise muss man an dieser Stelle und abschließend anfügen, dass das nicht nur Schuld der Bundesregierung ist, sondern die Bundesländer hier eine überaus problematische Rolle spielen, indem sie viele notwendige Veränderungen aus einem kurzsichtigen Eigeninteresse heraus abblocken, denn das Bildungssystem ist so ziemlich das einzige Spielfeld, in dem sich die Länder noch austoben können, wenn sie denn Geld haben. Und dafür soll der Bund zahlen, aber möglichst nichts zu sagen haben.

Ausbaden müssen das wieder einmal andere – die Kinder, Jugendlichen, Eltern, die pädagogischen Fachkräfte, die Volkswirtschaft. Insofern sollte die Maxime gelten: Entweder kriegt ihr eine ordentliche, den fachlichen Forderungen der vergangenen Jahre entsprechende Regelung hin – oder lasst einfach die Finger von der Sache. Es bleibt zu hoffen, dass die Grünen auf dem nun anstehenden orientalischen Basar zwischen Bund und Bundesländern bei ihrer Ablehnung des Unsinns bleiben.
Und noch eine staatsrechtliche Anmerkung, die auch gilt, wenn man sich nicht über die konkreten bildungspolitischen Nicht-Inhalte aufregen kann: Zumindest das Grundgesetz sollte nicht degenerieren zu einer Art Tagebuch, in der man seine tagesaktuellen Tintenkleckse verewigen kann.