Enorme Kosten, Verzicht auf Kontrollmechanismen – Corona-Testzentren als ertragreiches Geschäftsmodell in viralen Zeiten

„Ich schätze, dass allein im Mai 50 bis 60 Millionen Bürgertests abgerechnet werden, also Kosten von rund einer Milliarde Euro entstehen … Am Ende wird man auf die Tests schauen wie auf die Masken: Die Politik brauchte ganz dringend große Mengen, es war Wildwest, viele Glücksritter und Betrüger drängten in den Markt und es gab keine vernünftige Kontrolle.“ (Aussage eines hochrangigen Funktionärs einer Kassenärztlichen Vereinigung)

Es gibt sie in Apotheken, Hotels, Kneipen, Wettbüros und Zelten. Corona-Testzentren entwickeln sich in diesen Tagen zu einem ertragsreichen Geschäftsmodell. »Wer kostenlose Bürgertests anbieten will, braucht meist kaum Voraussetzungen: Ein Online-Kurs über die Abstrich-Entnahme reicht vielerorts aus und schon kann man beim Gesundheitsamt einen Antrag auf Eröffnung eines Testzentrums stellen – was dann meist ohne Schwierigkeiten auch genehmigt wird. So verzeichnete allein Nordrhein-Westfalen Mitte März noch 1.862 Teststellen, Mitte April waren es dann 5.776 und Mitte Mai bereits 8.735, wie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) auf Anfrage mitteilt.« Das berichten Markus Grill, Arnd Henze, Elena Riedlinger und Palina Milling in ihrem Beitrag mit der bezeichnenden Überschrift Schnelltests außer Kontrolle. Diese enorme Ausweitung des Angebots an Testmöglichkeiten ist auf der einen Seite ein gewünschter Effekt angesichts der Bedeutung, die das Schnelltesten hat für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und als Schutzkomponenten inmitten der Corona-Pandemie.

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Frauenhäuser: Jetzt aber kraftvoll aus dem seit langem beklagten Mangel. In der nächsten Legislaturperiode

Blicken wir zurück in das Jahr 2018, die Große Koalition hatte damals nach längeren Geburtswehen die Regierungsarbeit aufgenommen. Der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im Bundestag unter der Überschrift „Umstände der Abweisung von Frauen an Frauenhäusern“ (Bundestags-Drucksache 19/1624 vom 12.04.2018) konnte man das hier entnehmen:

»Um von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern den gesicherten Zugang zu Schutz und Beratung in Frauenhäusern zu ermöglichen, plant die Bundesregierung in Umsetzung des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD die Einberufung eines Runden Tisches von Bund, Ländern und Kommunen. Ziel der Beratungen ist der bedarfsgerechte Ausbau und die adäquate finanzielle Absicherung der Arbeit von Frauenhäusern und entsprechenden ambulanten Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen.
Der Frage, wie eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Hilfesystems zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt aussehen muss, geht auch das derzeit vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte Modellprojekt Bedarfsanalyse und -planung zur Weiterentwicklung des Hilfesystems zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt nach. In dem Modellprojekt geht es darum, gemeinsam mit den Ländern Instrumente zu entwickeln und in der Praxis zu erproben, mit denen die Länder ihr Hilfesystem künftig besser den Bedarfen der von Gewalt betroffenen Frauen anpassen können. In die Beratungen des Runden Tisches sollen die Ergebnisse aus dem Modellprojekt mit einfließen.«

Eine Einordnung dieser Ausführungen der Bundesregierung konnte man dem Beitrag Frauenhäuser. Ein weiteres Beispiel aus dem Mangel-Land Deutschland, der hier am 17. Juni 2018 veröffentlicht wurde, entnehmen: »Soll oder muss man das übersetzen? In dieser Legislaturperiode wird sich (wieder) nichts tun, denn das dauert so seine Zeit mit Modellprojekten und Runden Tischen. Dann kann man einer Verbesserung der Situation der Frauenhäuser und damit der betroffenen Frauen in die nächsten Wahlprogramme aufnehmen. Erneut werden wir Zeugen des leider sehr bekannten Mechanismus des „am ausgestreckten Arm verhungern“ lassen.«

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Erst Niedersachsen, jetzt Schleswig-Holstein. Vom kurzen Leben der Pflegekammern und der Frage, ob und wer denn die Lücke füllen kann

Am 28. April 2021 hat der Niedersächsische Landtag das Gesetz zur Umsetzung der Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen verabschiedet. Nur die Grünen sprachen sich gegen die Auflösung aus. Mit Inkrafttreten des Gesetzes konzentriert sich die Pflegekammer Niedersachsen auf die Abwicklung, die u.a. die Erstattung der Mitgliedsbeiträge für die Beitragsjahre 2018 und 2019 umfasst. Damit wurde das endgültige Aus für die erst 2017 gegründete Niedersächsische Pflegekammer besiegelt. Der Auflösung ging im vergangenen Jahr eine hoch emotionale Debatte voraus. Vor allem die Zwangsmitgliedschaft der 78.000 Pflegenden im Land und die Kammerbeiträge waren umstritten, so dieser Artikel: Niedersächsische Pflegekammer wird aufgelöst. In einer Umfrage hat sich ein Großteil der Mitglieder gegen den Fortbestand der Kammer ausgesprochen. 15.100 von rund 78.000 befragten Mitgliedern der Pflegekammer Niedersachsen hatten an einer Online-Abstimmung über die Zukunft der Kammer teilgenommen. Von denen, die sich an dieser Abstimmung beteiligt hatten, stimmten 70,6 Prozent gegen den Fortbestand der Kammer. Wobei man natürlich auch sagen kann, dass lediglich etwa 13,7 Prozent aller Befragten die Pflegekammer abgelehnt haben und diese – eine Körperschaft des öffentlichen Rechts – daraufhin aufgelöst wurde.

Und nun folgt Schleswig-Holstein dieser Entwicklung. Am 21. Mai 2021 hat der Landtag in Schleswig-Holstein das Gesetz zur Auflösung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein verabschiedet.

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