Energiearmut: Wenn sogar Jobcenter in Berlin Alarm schlagen und dringenden Handlungsbedarf sehen

»Angesichts stark gestiegener Energiepreise warnt EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit vor mehr Energiearmut in Europa. Es gebe bereits Millionen Menschen, die unter Energiearmut litten, „und diese Zahl könnte noch größer werden“, sagte Schmit.« Nein, dieses Zitat stammt nicht aus diesen Tagen, sondern ist dem Artikel EU-Kommissar warnt vor mehr Energiearmut entnommen, der am 17. Oktober 2021 veröffentlicht worden ist. Einige EU-Staaten hatten bereits vor Monaten Maßnahmen ergriffen. Frankreich etwa deckelt bis April die Preise für Strom und Gas und gibt Energiegutscheine aus: 100 Euro für sechs Millionen besonders bedürftige Haushalte.

Und auch in Deutschland war und ist – nunmehr durch die Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine nochmals potenziert – der Anstieg der Energiepreise ein für viele Menschen existenzielles Problem. Das vor allem bei den Menschen mit niedrigen Einkommen und den vielen, die auf Transferleistungen wie Hartz IV angewiesen sind.

Die weitere Explosion vor allem der Energiepreise, die wir im März 2022 erleben müssen, ist in der Abbildung noch gar nicht enthalten.

Es geht hier nicht um irgendwelche Luxusgüter, sondern um Heizung und Strom für die Wohnungen.

Am 11. März 2022 hat das Statistische Bundesamt die neuesten Zahlen zur Preisentwicklung veröffentlicht: Inflationsrate im Februar 2022 bei +5,1 %. Weiterer Anstieg bei Energiepreisen führt erneut zu hoher Inflationsrate, so ist die Mitteilung überschrieben: »Die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – lag im Februar 2022 bei +5,1 % und bleibt damit auf einem hohen Stand. Im Januar 2022 hatte sie noch bei +4,9 % gelegen.« Und zu der bereits in der Überschrift angesprochenen besonderen Bedeutung der Energiepreisentwicklung berichtet das Statistische Bundesamt: »Vor allem die Preise für Energieprodukte lagen mit +22,5 % deutlich über der Gesamtteuerung (Januar 2022: +20,5 %). Binnen Jahresfrist erhöhten sich die Kraftstoffpreise um 25,8 % und die Preise für Haushaltsenergie um 20,8 %. Hier verteuerten sich vor allem leichtes Heizöl (+52,6 %), Erdgas (+35,7 %) und Strom (+13,0 %).« Nur als Hinweis: In den März-Zahlen wird sich noch einen weiteren erheblichen Preisschub niederschlagen.

»Die Energiepreise steigen stark, auch wegen des Ukraine-Krieges. Das trifft vor allem jene, die ohnehin schon wenig haben. Doch bislang hat Deutschland die Augen vor dem Problem Energiearmut verschlossen«, meint Claudia Wiggenbröker in ihrem am 10. März 2022 veröffentlichten Beitrag Wenn Heizen arm macht – und wie der Staat helfen kann. Sie verweist darauf, dass die Diskussion über „Energiearmut“ schon seit langem geführt wird – bzw. genauer: dass sie geführt werden sollte: „Energiearmut ist eine Benachteiligung, über die wir in Deutschland viel zu wenig reden“, sagt Katrin Großmann. Die Professorin für Stadt- und Raumsoziologie forscht seit langem zu dem Thema. „Unsere Regierung weigert sich seit Jahren, Energiearmut als eigenen, sozialen Tatbestand anzuerkennen. Dabei kann man sie nicht einfach unter Einkommensarmut subsummieren.“ Sie sei eine eigene Form der Armut. „Eine, die an die Substanz geht.“

➔ Auf der europäischen Ebene wird das Thema Energiearmut seit längerem diskutiert. Es gibt eine Online-Plattform dazu, den Energy Poverty Advisory Hub: www.energypoverty.eu. Dort wird auch ausgeführt, dass Energiearmut in der EU ein Problem darstellt, das Millionen Menschen betrifft: »It is estimated that over 34 million people in the European Union are experiencing energy poverty to various degrees, with the most vulnerable demographic groups being the most affected.« Wobei die Spannweite der Schätzungen, wie viele Menschen von Energiearmut betroffen sind, doch sehr weit reicht. So findet man beim Wuppertal Institut in einer Mitteilung aus dem Jahr 2018 diese Größenordnung: »Mehr als 50 Millionen Haushalte in der Europäischen Union leben in Energiearmut. Sie können ihre Wohnung nicht ausreichend heizen, ihre Energierechnungen nicht rechtzeitig bezahlen oder wohnen in feuchten und schimmeligen Wohnungen.«

Auf alle Fälle sind darunter auch viele Menschen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen – und dennoch erhebliche Probleme haben, die Energiekosten zu stemmen. Dazu auch der Beitrag Arm trotz Erwerbsarbeit – und dann auch noch ein kaltes Zuhause. In der EU betrifft das fast drei Millionen Menschen, der hier am 22. September 2022 veröffentlicht wurde.

Es gibt durchaus Überlegungen, diese Entwicklungen für einkommensschwache Haushalte abzufedern. Beispielsweise Preisdeckelungen, die aber von vielen, vor allem Ökonomen, eher kritisch bis ablehnend bewertet werden. Sinnvoller wären Transferzahlungen, um Haushalte zu unterstützen, so eine in diesem Kontext immer wieder vorgetragene Argumentation. Und auch energiearme Haushalte haben oftmals einen hohen Verbrauch – weil sie oftmals in schlecht isolierten Wohnungen mit alten Heizsystemen leben. Sie können sich zudem keine neuen, energieeffizienten Haushaltsgeräte leisten. Insofern werden seit langem Maßnahmen auf dieser Baustelle gefordert und ausprobiert, vom Stromspar-Check bis zu energetischen Sanierungen. In manchen Städten wie etwa in Duisburg und Paderborn gibt es einen „Klimabonus“ – die Städte erlauben Sozialhilfeempfängern höhere Mieten, sofern die ausgewählte Wohnung einen höheren energetischen Standard hat. Eine andere Idee wären Sozialtarife: Die ersten Kilowatt-Stunden auf der Stromrechnung wären kostenlos. Alles, was darüber hinausgeht, würde als Luxus-Verbrauch stark zur Kasse gebeten.

Wie sieht es aus bei den vielen Menschen, die von Leistungen der Jobcenter abhängig sind? Ein Teil der Jobcenter sieht die Not, die nun auch noch außergewöhnlich befeuert wird – und appelliert an die Politik, dagegen etwas zu tun

Schauen wir auf die große Gruppe derjenigen, die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) beziehen. Für den Februar 2022 weist die Bundesagentur für Arbeit 2.684.650 Bedarfsgemeinschaften in Deutschland aus, in denen 5.286.769 Menschen leben.

Die bekommen neben den Leistungen zur Abdeckung der Regelbedarfe (§ 20 SGB II: Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts) sowie eventueller Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) auch die „Bedarfe für Unterkunft und Heizung“ (§ 22 SGB II) erstattet. Allerdings mit dieser (seit der Corona-Pandemie teilweise aufgehobenen) Einschränkung: »Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.« Und wenn die Aufwendungen nicht „angemessen“ sind? Dann greift im Grunde diese Vorschrift: »Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.« Auseinandersetzungen über die „Angemessenheitsfrage“ sind seit Jahren auf der Tagesordnung im Hartz IV-System (vgl. dazu die zahlreichen Beiträge zu den Kosten der Unterkunft (KdU) in diesem Blog aus den letzten Jahren).

➔ Hinsichtlich der Heizkosten kann man also sagen, dass eigentlich, grundsätzlich die „tatsächlichen“ Aufwendungen übernommen werden (müssen). Wenn das gegen eine wie auch immer definierte Angemessenheitsgrenze verstößt, dann kann man durch eine Anhebung dieser Grenze mögliche erhebliche Kostenanstiege kompensieren. Aber nur, wenn das Jobcenter nicht versucht, über die Nicht-Angemessenheit nur eine Teil-Kompensation durchzudrücken.

➞ Und dass es Versuche seitens der Jobcenter gibt, nicht die tatsächlichen Kosten zu erstatten, ist nicht nur ein theoretisches Problem. Harald Thomé berichtet aus den Untiefen der Praxis am 16.02.2022 unter der Überschrift KdU in tatsächlicher Höhe / Typische rechtswidrige Verwaltungspraxis von diesem Beispiel: »Der Fall ist ganz einfach: die Leistungsberechtigte hatte dem Jobcenter im Dez. 2021 die Betriebskostenabrechnung (BK), die ihr Vermieter kurz vor Jahresende zugesandt hatte, weitergereicht. Das Jobcenter lehnte die Übernahme mit der Begründung von angeblicher Unangemessenheit ab. Diese Ablehnung ist rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich zunächst aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II / § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII, nach dem Unterkunftskosten, wozu auch die Nachforderung von BK Abrechnungen gehören, in tatsächlicher Höhe zu übernehmen sind. Von der Übernahme wäre das JC nur befreit, wenn es zuvor ein wirksam gewordenes Kostensenkungsverfahren im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II / § 35 Abs. 2 SGB XII eingeleitet hat. Dies war ausweislich des Bescheides im vorliegenden Fall nicht der Fall.« Dann kommt eine derzeit wichtige Ergänzung: »Die Nichtübernahme der Betriebskostenabrechnung ist aber auch aufgrund der sog. „Angemessenheitsfiktion“ nach § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II / § 141 Abs. 3 SGB XII rechtswidrig, denn nach dieser gelten alle Unterkunftskosten in unbegrenzter Höhe als angemessen, insofern sie in Bewilligungszeiträumen, die ab März 2020 bis, derzeit, März 2022 (§ 67 Abs. 1 SGB II/§ 141 Abs. 1 SGB XII) begonnen haben. Diese Regelung soll durch Verordnung auf Dezember 2022 verlängert werden … Die Angemessenheitsfiktion soll nach Gesetzeszweck dafür Sorge tragen, dass sich SGB II – Leistungsbeziehende in der Zeit der Pandemie „nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen“ (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 19/18107, S 25). Genau das Gegenteil wird mit dieser Verwaltungspraxis geschaffen.« Auch wenn das nicht nur nach Thomés Auffassung rechtswidrig ist – in der Praxis bedeutet das, dass die Betroffenen erst einmal gegen eine solche Ablehnung in das Widerspruchs-/Überprüfungsverfahren gehen müssen, in diesem Zusammenhang eventuell garniert mit einer Fachaufsichtsbeschwerde bei den jeweiligen Landesarbeitsministerien als zuständige Fachaufsichtsbehörden für Unterkunftskosten.

➔ Etwas anders sieht es aus beim Strom, denn der ist Bestandteil der Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts. Für 2022 bekommt ein alleinstehender Leistungsberechtigter monatlich 449 Euro (die Regelbedarfsstufen nach § 8 Absatz 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes werden zum 1. Januar 2022 um 0,76 Prozent erhöht). In diesem Betrag enthalten sind exakt 38,07 Euro pro Monat für „Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung“. Die Stromkosten werden also nicht in tatsächlicher Höhe übernommen, sondern müssen aus der Pauschale gedeckt werden bzw. wenn die nicht reicht, müssen die betroffenen an anderer Stelle bei den Leistungen für den Lebensunterhalt Abstriche machen, um das gegenfinanzieren zu können.

Bereits am 16. Februar 2022 wurde ein Brief an den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geschickt, der es in sich hat. „Auswirkungen der aktuellen Energiepreise für Haushalte im SGB II“, so technokratisch ist das Schreiben betitelt.

Der Absender ist hier besonders interessant: Das Schreiben kommt nicht von irgendwelchen Sozialverbänden oder Selbsthilfegruppen der Betroffenen. Sondern aus den Jobcentern des Landes, konkret von der Landesarbeitsgemeinschaft Nordrhein-Westfalen der Jobcenter. Das Schreiben der nordrhein-westfälischen Jobcenter kann man im Original hier abrufen.

Die Jobcenter weisen darauf hin, dass »die Preise für Heizenergie und Strom … seit Anfang 2021 konstant gestiegen (sind). Insbesondere in den letzten Monaten ist noch einmal eine enorme Preissteigerung zu beobachten.«

»Die Auswirkungen dieser Energiepreisentwicklung auf Haushalte im SGB II treibt uns, die Leitungen der nordrhein-westfälischen Jobcenter, mit großer Sorge um.«

Lesen wir weiter, wie die Jobcenter-Leitungen ihre Sorge begründen und was sie dem Bundesarbeitsminister vorschlagen. Zur Problemstellung:

»Nach unserer Überzeugung werden im Laufe dieses Jahres sukzessive immer mehr Leistungsbeziehende von Energiearmut in einem bisher nicht gekannten Ausmaß betroffen sein. Mit dem Erhalt der Jahresabrechnung von den Energieversorgungsunternehmen bzw. der Heizkostenabrechnung von Vermietern werden die Leistungsbeziehenden sowohl mit höheren Abschlagzahlungen für die Zukunft als auch in vielen Fällen mit erheblichen Nachforderungen für die Vergangenheit konfrontiert werden.«

Auch in dem Schreiben der Jobcenter-Leitungen wird zwischen Heizung und Strom unterschieden. Zum Thema Heizenergie erfahren wir:

»Soweit hier von Heizenergie betroffen ist, werden die Kommunen als Kostenträger der Heizkosten zum Beispiel durch Anpassung der Angemessenheitsgrenzen Maßnahmen ergreifen müssen, damit die Kostenübernahme in tatsächlich anfallende Höhe weiterhin sichergestellt ist und drohende Unterbrechungen der Energieversorgung vermieden werden.«

An dieser Stelle sei nur auf das beschriebene Fallbeispiel von Harald Thomé aus dem Dezember 2021 hingewiesen, dass das nur dann kein Problem darstellen wird, wenn die Jobcenter hier die tatsächlichen Kosten auch wirklich anerkennen.

Und wie sieht es beim Strom aus? Hier sind wir an dem Punkt angekommen, wo sich die Jobcenter-Vertreter wirklich Sorgen machen:

»Anders stellt sich die Situation beim Haushaltsstrom da. Hier kann nur der Bund das Problem lösen. Der in den aktuell geltenden Regelbedarf enthaltene Anteil für Strom bemisst sich nach den Energiepreisen aus der Einkommens – und Verbrauchsstichprobe 2018 und trägt in keiner Weise den Preisentwicklungen der jüngsten Vergangenheit Rechnung. In der Folge wird es den Leistungsbeziehenden selbst durch Vorname von Einsparungen bei anderen Bedarfen zunehmend nicht gelingen, die höheren Stromabschläge aus dem Regelbedarf zu decken. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Leistungbeziehende wirtschaftlich nicht in der Lage sein werden, Stromnachzahlungen für die Vergangenheit aus eigenen Mitteln in einer Summe auszugleichen. Zur Abwendung von Stromsperrung werden daher noch zusätzlich Ratenzahlung an das Versorgungsunternehmen oder, nach der Gewährung eines diesbezüglichen Darlehens durch das Jobcenter, Rückzahlungen an den SGB II – Träger aus dem Regelbedarf zu leisten sein. Die wirtschaftliche Situation der SGB II – Haushalte wird sich in der Konsequenz immer mehr zuspitzen. Hierbei wird es sich auch um kein singuläres Problem handeln. Nach unserer Einschätzung wird von dieser drohenden Problematik die Mehrzahl der SGB II – Haushalte betroffen sein, so dass hier dringender Handlungsbedarf geboten ist.«

Was schlagen die Jobcenter-Leitungen an dieser Stelle zur Problemlösung vor? Sie plädieren letztendlich für eine entsprechende Anhebung der Regelleistungen, denn daraus müssen ja die Kosten für den Haushaltsstrom gedeckt werden. Sie konkretisieren das nicht, in dem sie einen in Euro-Beträgen bezifferten Anhebungsbedarf nennen oder zur Diskussion stellen. Sie verweisen gleichsam indirekt auf diesen Schritt, in dem sie dem Bundesarbeitsminister aus einem der Hartz IV-Urteile des Bundesverfassungsgericht zitieren. Konkret: BVerfG, 23.07.2014 – 1 BvL 10/12. In der damaligen Entscheidung ging es um die Frage, ob die Berechnung der Regelleistungen im SGB II-System noch oder nicht mehr verfassungsgemäß war. In den beiden Leitsätzen der Entscheidung des 1. Senats heißt es:

1. Zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG) dürfen die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, im Ergebnis nicht verfehlt werden und muss die Höhe existenzsichernder Leistungen insgesamt tragfähig begründbar sein.
2. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, aus der grundsätzlich zulässigen statistischen Berechnung der Höhe existenzsichernder Leistungen nachträglich in Orientierung am Warenkorbmodell einzelne Positionen herauszunehmen. Der existenzsichernde Regelbedarf muss jedoch entweder insgesamt so bemessen sein, dass Unterdeckungen intern ausgeglichen oder durch Ansparen gedeckt werden können, oder ist durch zusätzliche Leistungsansprüche zu sichern.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der nordrhein-westfälischen Jobcenter hat sich nun ganz konkret eine Stelle aus diesem Urteil des BVerfG herausgesucht, aus der man die Aufforderung, man möge nun die Regelleistungen anpassen, ableiten kann. Konkret geht es um das, was unter der Randnummer 144 von den Verfassungsrichtern ausgeführt worden ist:

»a) Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden (oben C II 2 e bb)*. Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.«

*) Unter der Randnummer 111 heißt es dazu in der damaligen Entscheidung: »Im Ausgangspunkt genügt die Ermittlung des existentiellen Bedarfs wegen der anfallenden Kosten für Haushaltsstrom den grundgesetzlichen Anforderungen. Angesichts außergewöhnlicher Preissteigerungen bei einer derart gewichtigen Ausgabeposition ist der Gesetzgeber allerdings verpflichtet, nicht nur den Index für die Fort- schreibung der Regelbedarfe …, sondern auch die grundlegenden Vorgaben für die Ermittlung des Bedarfs hinsichtlich des Haushaltsstroms zu überprüfen und, falls erforderlich, anzupassen.

Angesichts der beschriebenen Energiepreisentwicklung der vergangenen Monaten und in Erwartung dessen, was in den kommenden Monaten noch auf uns zukommen wird, kann man die klare Anweisung seitens des BVerfG eigentlich nicht missverstehen.

Wir werden mit Spannung darauf warten, ob und welche Antwort aus dem Bundesarbeitsministerium kommen wird.