Im Januar 2021 soll es fast 20 Prozent mehr Kurzarbeiter gegeben haben. Vor allem in Branchen, in denen ein Mindestkurzarbeitergeld sinnvoll (gewesen) wäre

Im Frühjahr 2020 haben wir eine bis dato nie gekannte Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes zur Kenntnis nehmen müssen – so waren im April 6 Mio. Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Durch die Öffnung und das Wiederhochfahren der Wirtschaft, vor allem der Industrie, ist dann die Zahl der Betriebe mit Kurzarbeit und die der Kurzarbeiter kontinuierlich zurückgegangen:

Die Daten über die tatsächliche Inanspruchnahme dieses so bedeutsamen arbeitsmarktpolitischen Instruments liegen erst mit mehrmonatiger Verspätung vor, so dass man am aktuellen Rand der Zeitreihe nur auf die Anzeigen von Unternehmen die Kurzarbeit und die davon voraussichtlich betroffenen Arbeitnehmer und/oder Schätzungen wie die vom ifo Institut zurückgreifen kann.

Aber während die Industrie seit dem Frühsommer bereits wieder nach oben gefahren wurde und wir dort auch kontinuierliche Rückgänge der Kurzarbeiter sehen, haben wir seit November erneut einen Teil-Lockdown, der gerade den Bereich der Dienstleistungen, vor allem der Gastronomie und seit den Verschärfungen auch den Einzelhandel getroffen hat. Das schlägt sich natürlich in den Zahlen nieder. So kann man bereits bei den Anzeigen von Kurzarbeit und den dort anzugebenden voraussichtlich betroffenen Arbeitnehmern einen Anstieg in den beiden letzten Monaten des Jahres 2020 erkennen, das wird im Januar 2021 weiter an Fahrt aufgenommen haben:

Im Januar 2021 sollen es 20 Prozent mehr Kurzarbeiter sein, schätzt das ifo Institut

Zu den – wohlgemerkt: geschätzten – Zahlen aus dem Januar 2021 hat sich nun das ifo Institut zu Wort gemeldet (Die Schätzungen des ifo beruhen auf Meldungen von rund 7.000 Unternehmen, die bei der monatlichen ifo Konjunkturumfrage nach dem aktuellen Einsatz von Kurzarbeit befragt wurden): »Die Zahl der Kurzarbeiter ist im Januar um knapp 20 Prozent gestiegen. Nach Schätzungen des ifo Instituts waren 2,6 Millionen Menschen auf Kurzarbeit, nach 2,2 Millionen im Dezember. Das betraf damit im Januar 7,8 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, nach 6,6 Prozent im Dezember. Am stärksten betroffen ist das Gastgewerbe«, muss man unter der Überschrift Kurzarbeit steigt – um knapp 20 Prozent zur Kenntnis nehmen.

Nicht überraschend ist der Blick auf die besonders betroffenen Branchen, hier gemessen an der Zahl der dort jeweils sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: »Einsamer Spitzenreiter bei der Kurzarbeit blieben die vom Lockdown besonders hart getroffenen Hotels und Gaststätten mit 55,9 Prozent nach 54,1 Prozent der Beschäftigten oder 594.000 nach 574.000 Menschen … Im Handel stieg die Zahl um mehr als das Doppelte von 260.000 auf 556.000 Menschen, also von 5,7 Prozent auf 12,2 Prozent der Beschäftigten.«

»In der Industrie hingegen ging die Kurzarbeit etwas zurück von 611.000 auf 598.000 Menschen, oder von 8,8 Prozent auf 8,6 Prozent der Beschäftigten. Dabei entwickelten sich die einzelnen Industriebranchen allerdings sehr unterschiedlich, im Maschinenbau, bei den Metallerzeugern und den Herstellern von Metallerzeugnissen ging die Kurzarbeit zurück, bei den Autobauern stieg sie.«

Mit dem Hotel- und Gaststättenbereich sowie dem Handel sind Branchen besonders stark betroffen von der Inanspruchnahme der Kurzarbeit, wo wir es in vielen Fällen mit Beschäftigten aus den unteren Lohngruppen zu tun haben (ganz abgesehen von den vielen geringfügig Beschäftigten, von denen viele als erste bereits im vergangenen Jahr entlassen wurden und die überhaupt keinen Anspruch haben auf das Kurzarbeitergeld, da sie nicht in der Arbeitslosenversicherung integriert sind).

Und gerade für die vielen Betroffenen in diesen Branchen, in denen das Kurzarbeitergeld massive und schmerzhafte Einkommenseinbußen mit sich gebracht hat, wurde bereits im Frühjahr 2020 gefordert, ein Mindestkurzarbeitergeld einzuführen, was allerdings im Rahmen der damals vorgenommenen gesetzgeberischen Maßnahmen der Bundesregierung keine Berücksichtigung fand. Erst vor kurzem wurde angesichts der wieder ansteigenden Zahl an Kurzarbeitern vor allem mit sehr niedrigen Einkommen erneut auf das Instrument hingewiesen. Dazu ausführlicher der Beitrag Da ist sie wieder: Die Forderung nach einem Mindestkurzarbeitergeld. Das hätte man früher haben können vom 25. Januar 2021. Konzepte für die Ausgestaltung eines solchen Mindestkurzarbeitergeldes liegen vor und könnten umgesetzt werden, wenn man denn wollte.