Neuer Anlauf beim „Pflege-TÜV“: Jetzt wird aber wirklich alles besser. Oder doch nicht?

Wer erinnert sich nicht an die vielen kritischen Berichte über die „Pflegenoten“ für Pflegeheime. Denn die haben den Eindruck erweckt, dass Deutschland flächendeckend ein Land der Einser-Einrichtungen  sei. Dass selbst Heime, die wegen gravierender Pflegemängel in den Fokus der Berichterstattung und der Aufsichtsbehörden genommen wurden, auf dem Papier mit Bestnoten geglänzt haben. Bisher liegt die Durchschnittsnote für Deutschlands Heime bei 1,2. Und die massive Kritik an dem dahinter stehenden Bewertungssystem wurde über Jahre vorgetragen. »Der „Pflege-TÜV“ sollte Orientierung bei der Auswahl von Heimen bieten. Doch wer sich auf ihn verlässt, wird irregeführt«, so als ein Beispiel von vielen Rainer Woratschka im Jahr 2014 unter der Überschrift Noten für Heime sind irreführend. Die Absichten bei der Einführung des Systems waren die besten. Mit einem Benotungssystem für Pflegeheime sollten „schwarze Schafe“ kenntlich gemacht, der Wettbewerb gefördert und den „Kunden“ ein verlässlicher Qualitätsüberblick geboten werden. Doch fünf Jahre nach seiner Einführung geben Experten dem sogenannten Pflege-TÜV selber mieseste Noten. „Wenn ich ein Heim für meine Mutter suchen müsste, würde ich die Pflegenoten nicht zur Grundlage meiner Entscheidung machen“, wurde der damalige Pflegebeauftragte der Regierung, Karl-Josef Laumann, zitiert.

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Nehmen, was kommt? Von 13.000 neuen Stellen für die Pflegeheime, den fehlenden Fachkräften und einem gesetzgeberisch freigegebenen Notnagel Hilfskräfte

»Wir wollen das Vertrauen der Pflegekräfte durch Sofortmaßnahmen zurückgewinnen und den Alltag der Pflegekräfte schnellstmöglich besser machen. Deshalb sorgen wir mit dem Sofortprogramm Pflege für mehr Personal, eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Stationäre Einrichtungen und Krankenhäuser erhalten finanzielle Anreize, um mehr Pflegekräfte einzustellen und auszubilden: Jede zusätzliche Pflegekraft in Krankenhäusern wird finanziert. In der stationären Altenpflege sorgen wir für 13.000 neue Stellen.« So kann man es auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums lesen unter dem Punkt „3. Stellen schaffen (Sofortprogramm Pflege)“ bei den Erläuterungen, wie man sich die Pflegestrategie der Bundesregierung vorstellen soll.

Immerhin waren es anfangs nur 8.000 zusätzliche Stellen, die man den Pflegeheimen in Aussicht stellen wollte – und nach zahlreichen Unmutsäußerungen hat man dann die Zahl auf 13.000 erhöht, was trotzdem angesichts der Tatsache, dass wir deutlich über 13.000 stationäre Pflegeeinrichtungen in Deutschland haben, weiterhin als berühmter Tropfen auf den heißen Stein charakterisiert wurde. Unabhängig davon, dass der tatsächliche Bedarf an zusätzlichen Stellen vor allem im Altenpflegebereich deutlich größer ist, wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass doch bereits heute zigtausende offene Stellen von den Pflegeheimen gemeldet und offensichtlich nicht oder nur nach langem Suchen besetzbar sind (nach Angaben des im Frühjahr vom Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung veröffentlichten Pflege-Thermometer 2018 muss man von 17.000 nicht-besetzten offenen Stellen nur in den Pflegeheimen ausgehen, davon mindestens 14.000 Stellen für Pflegefachkräfte. Zur Deckung würde es ca. 25.000 zusätzlicher qualifizierter Personen bedürfen, da der Teilzeitanteil in der Pflege weiterhin hoch ist). Wie soll das dann mit den 13.000 neuen zusätzlichen Stellen funktionieren?

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Konzertierte Aktion Arbeitgeber-Pflege?

Zehntausende zusätzliche Pflegestellen, verbesserte Arbeitsbedingungen, gesteuerte Migration für ausländische Pfleger und konkrete Vereinbarungen innerhalb des kommenden Jahres – das wurde uns Anfang Juli über die Zeitung mit den großen Buchstaben frei Haus geliefert. Und damit das nun auch wirklich rüberkommt bei den bedenkenträgerisch veranlagten Deutschen haben sich gleich drei Bundesminister – Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) – an einen Tisch gesetzt und sogar einen „Pflege-Schwur“ geleistet. Das hat eine schöne Schlagzeile gebracht: Drei Minister leisten den Pflege-Schwur. Die Ziele: mehr Pfleger, bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne. Offensichtlich – so die wirklich nicht mehr subkutane Botschaft der drei Minister – wird diesmal wirklich was getan.

Und schaut man auf die Seite des Bundesgesundheitsministeriums, dann bekommt man das beruhigende Gefühl, dass die einen Plan haben: Schritt für Schritt – So machen wir Pflege besser. Dort werden dem nach einer Strategie Suchenden fünf Punkte serviert, mit denen es vorangehen soll: 1. Mehr Unterstützung für Pflegebedürftige & Angehörige (Pflegestärkungsgesetze), 2. Ausbildung verbessern (Pflegeberufegesetz), 3. Stellen schaffen (Sofortprogramm Pflege), 4. Stellen besetzen (Konzertierte Aktion Pflege), 5. Standards definieren (Personaluntergrenzen). In diesem Beitrag soll es vor allem um die „Konzertierte Aktion Pflege“ gehen.

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