8,50 Euro gehen in Ordnung. Thatcher ist endgültig weg und ihre Erben machen weiter mit dem Abbau. Und in Deutschland steigt der Beratungsbedarf.

Das ist doch mal eine Ansage: „Deutschland braucht einen Mindestlohn“. Wirtschaftsweiser: 8,50 Euro sind vertretbar, so können wir das im „Tagesspiegel“ lesen. Der Mindestlohn beziehungsweise die Variante mit zahlreichen Lohnuntergrenzen, wie sie seitens der CDU präferiert wird, entwickelt sich zu einem Wahlkampf-Thema. Da wird seitens der Politik jede Schützenhilfe aus dem wissenschaftlichen Lager gerne angenommen. Im vorliegenden Fall der klaren Aussagen des Würzburger Volkswirts Peter Bofinger werden sich die Oppositionsparteien und die Gewerkschaften freuen. Bofinger hält 8,50 € für eine vertretbare Größenordnung. Er argumentiert:

„Der Wettbewerb in der Marktwirtschaft sollte daraus bestehen, dass ein Unternehmen produktiver ist als seine Mitbewerber. Wenn man sich allein deswegen durchsetzt, weil man die Löhne seiner Mitarbeiter unverschämt drückt, ist das ein kranker Unterbietungswettbewerb. Dieser ordnungspolitische Aspekt sollte auch der FDP zu denken geben.“

Damit verweist Bofinger tatsächlich auf eine wichtige Argumentationsfigur, nach der man einen Mindestlohn durchaus auch aus Sicht der betroffenen Unternehmen legitimieren kann. Bofinger hat darüber hinaus Sympathien für das englische Modell der „Low Pay Commission„, also einem Modell, nachdem eine Kommission den Mindestlohn festgelegt. 

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Schluss mit dem Blick zurück oder: Die Folgen öffentlicher Armut. Die Minijobs vor dem grünen Todesstoß? Arbeitsagentur-Mitarbeiter gehen, Rumänen kommen – und Wirtschaftsweise sprechen

Üblicherweise wird über „Armut“ mit Blick auf die einzelnen Menschen bzw. die Haushalte, in denen sie leben, diskutiert. So beispielsweise anlässlich der Meldung des Statistischen Bundesamtes, dass 15,8% der in Deutschland lebenden Menschen im Jahr 2010 „armutsgefährdet“ waren. Diese Daten werden dann in der Medienberichterstattung aufgegriffen, so bei Rainer Woratschka, der in seinem Artikel Weniger eine Finanz- als eine Verteilungskrise u.a. zu dem Ergebnis kommt: „Je größer die Einkommensunterschiede in einem Land sind, desto höher ist auch das Armutsrisiko.“ Das Armzsrisiko in Deutschland liegt im EU-Vergleich zwar im Mittelfeld. Die Gefährdungsquote ist hierzulande dennoch so hoch wie nie zuvor – und das trotz der seit längerem bei uns wieder angesprungenen Konjunktur. 

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Mindestlohn in der Toilette eher nicht und in der Pflege bloß nicht? Real ist auf alle Fälle das eigentlich „unchristliche“ Lohndumping

Das Thema „Mindestlohn“ polarisiert – nicht nur die politische Debatte zwischen den Parteien, sondern auch die Rechtsprechung muss sich mit den Tiefen respektive Untiefen der Lohnuntergrenzen einzelfallbezogen auseinandersetzen: Den einen wird der Mindestlohn verweigert, bei den anderen wird für eine Verweigerung plädiert. Aber der Reihe nach.

Da ist zum einen der Fall einer Toilettenfrau, die vor dem Hamburger Arbeitsgericht geklagt hatte, den Mindestlohn für Putzfrauen zu bekommen, der ihr bislang vorenthalten wurde. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts: „Nur eine Toilettenfrau, die tatsächlich auch den Großteil ihrer Arbeitszeit mit Reinigungsarbeiten zubringt, hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn als Putzfrau.

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Arbeiten für eine Handvoll Euro, das unwahrscheinliche, weil gute Ende bei Edeka und die Rente nach Versprechen

Callcenter: 8,40 Euro, Schlachter: 4,80 bis 6,80 Euro, Floristin: 6,48 Euro, Putzfrau: 6,78, Friseurin: 5,90 Euro. Man kann die fünf Menschen und ihre Geschichten hinter diesen Euro-Beträgen nachlesen in dem Artikel Für eine Handvoll Euro von Melanie Amann und Inge Kloepfer in der Online-Ausgabe der FAZ: „Jeder Mensch soll mindestens 8,50 Euro je Stunde verdienen, fordern Gewerkschaften und fast alle Parteien. Putzfrauen, Schlachter und Friseure erhalten weniger. Wie lebt es sich mit einem Niedriglohn?“ Gerade wegen der Verdichtung und Kürze bemerkenswert und deshalb: Leseempfehlung.

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Wohlklänge und Wehklagen angesichts von zehn Jahren „Agenda 2010“, Un-Tiefen der Leiharbeit und behinderte Schüler, die warten müssen

Diese Tage wurde wieder einmal in den Medien eine Erinnerungsberichterstattung aufgelegt. Man erinnerte sich an die „Agenda 2010“. Impulsgeber für eine wahre Flut an Rückblicken war die Regierungserklärung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder vor dem Deutschen Bundestag am 14.03.2003. In vielen Artikeln wurde ein wahrer Lobgesang auf die „Agenda 2010“ entfaltet. Immer wieder wurde herausgestellt, dass wir deswegen heute (angeblich) so gut dastehen, weil Gerhard Schröder damals den Mut gehabt hatte, umfangreiche „Reformmaßnahmen“, sprich: erhebliche Kürzungen in den Sozialsystemen, durchzusetzen. Diese euphemistische Einschätzung bleibt angesichts des polarisierenden Gehalts der „Agenda 2010“ natürlich nicht unwidersprochen. Die heftigste allergische Reaktion auf die Agenda 2010-Lobhudeleien findet man in der Tageszeitung „junge Welt“ in einem Artikel von Tomasz Konicz: Gratulation, Schweinestaat!, so hat er seinen Beitrag überschrieben: „Die Funktionseliten aus Kapital und Staat haben allen Grund, das zehnjährige Jubiläum der Agenda 2010 zu feiern. Für die Lohnabhängigen der Bundesrepublik ist es der Jahrestag einer historischen Niederlage“. Das kann man so sehen, muss man aber nicht. 

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