Die einen profitieren davon, die anderen fördern es. Lohndumping durch das Subunternehmerunwesen bei den Paketdiensten und darüber hinaus als europäisches Projekt

Das Thema der immer stärker um sich greifenden Wild-West-Bedingungen für viele Arbeitskräfte, die in der boomenden Branche der Paketdienste arbeiten, wurde in diesem Blog schon in vielen Beiträgen behandelt. Auch derzeit wird man mit unterschiedlichen Berichten in den Medien konfrontiert, die aber eines gemeinsam haben: Sie legen den Finger auf die große Wunde des Subunternehmerunwesens, das sich durch diese Branche frisst und die dabei ist, die letzten Standards „guter“ Arbeit zu schleifen. So berichtet das Politikmagazin „Panorama 3“ am 27. Juni 2017 unter der Überschrift System Hermes: Günstige Pakete nur mit Lohntricks? Darin eines dieser heutzutage so typischen Beispiele: »… in Neuenkirchen bei Osnabrück trafen wir auf junge Rumänen, die in manchen Monaten weniger als 4 Euro die Stunde verdienten. Sie arbeiteten als Paketzusteller für Hermes. Im Arbeitsvertrag war der Mindestlohn vereinbart, doch letztlich bekamen sie jeden Monat 850 Euro brutto – obwohl sie mehr als 200 Stunden im Monat Pakete ausgeliefert haben. Die Verträge hatten sie nicht direkt mit Hermes abgeschlossen, sondern mit dem Subunternehmer eines Subunternehmers, der im Auftrag von Hermes die Pakete verteilt.« Auch in der Sendung des Politikmagazins „Kontrovers“ am 28. Juni 2017 wurde unter der Überschrift Ausbeutung bei Paketzustellern berichtet, hier von einem Bulgaren, der in der bayerischen Provinz als Paketbote für einen Subunternehmer von Hermes arbeitet. Wie viele seiner Kollegen kommt er aus Südosteuropa und spricht kaum Deutsch. 

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Wieder einmal von Billig-Schlachthöfen, fehlenden Kontrollen und einem gesetzgeberischen Vorstoß zwischen Theorie und Praxis

Deutschland importiert immer mehr Schweine und Hähnchen aus dem Ausland, die dann hierzulande geschlachtet werden. Ein weiterer Beleg für die Standortvorteile des Landes der „Billig-Schlachthäuser“ in Europa. Über die Kostenvorteile der deutschen Fleischindustrie, die auch durch das Billiglohnniveau hierzulande realisiert werden, hatten sich schon in der Vergangenheit Nachbarländer bei der EU-Kommission beschwert. Belgien, Frankreich und Dänemark haben Deutschland vorgeworfen, Lohn- und Sozialdumping in der Fleischindustrie zuzulassen. Und offensichtlich läuft das Geschäft, wie Dirk Fisser in seinem Artikel Immer mehr Tiere aus dem Ausland in deutschen Schlachthöfen berichtet. Er stützt sich dabei auf die Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag. Es handelt sich um die Bundestags-Drucksache 18/12726 vom 14.06.2017, Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in der Fleischwirtschaft. 

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Der Fleischindustrie in einer parlamentarischen Nacht-und-Nebel-Aktion ans Leder gehen: Maßnahmen gegen den Missbrauch von Werkverträgen in den deutschen Billig-Schlachthöfen

Normalerweise ist der parlamentarische Prozess nicht von besonderer Schnelligkeit geprägt. Da werden Entwürfe diskutiert, Anhörungen gemacht, Ausschussempfehlungen verändern das, was eingebracht wurde und irgendwann einmal findet das alles seinen Eingang in das Bundesgesetzblatt. Im Vorfeld haben viele Institutionen die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, Korrekturen oder Ergänzungen auf den Weg zu bringen, aber auch Blockaden zu organisieren. Das ganz normale Geschäft eben. Vor diesem Hintergrund wird man dann mehr als hellhörig, wenn man sowas lesen kann: »Bereits in der Nacht zum Freitag wollten Union und SPD den Missbrauch von Werkverträgen per Gesetz stoppen und dabei auch die großen Schlachtkonzerne in die Pflicht nehmen. Aus Sorge, dubiose wie einflussreiche Größen der Fleischindustrie könnten das Gesetz noch verhindern, war nur eine Handvoll Abgeordnete eingeweiht.« Das berichtet Markus Balser in seinem Artikel Ausgebeutet auf dem Schlachthof.

»Am Donnerstag kündigten Abgeordnete völlig überraschend an, die seit längerem bekannten Missstände in deutschen Schlachthöfen einzudämmen. Bereits in der Nacht zum Freitag wollten Union und SPD den Missbrauch von Werkverträgen per Gesetz stoppen und dabei auch die großen Schlachtkonzerne in die Pflicht nehmen. Die Beschäftigten stünden oft an letzter Stelle einer Kette von Subunternehmen, sagte der CDU-Arbeitsmarktexperte Karl Schiewerling in Berlin. Es herrschten undurchschaubare Verhältnisse bis hin zu kriminellen Machenschaften.«

Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: Laut Bundestag ist das auch in der tiefen Nacht vom Donnerstag auf den Freitag passiert: Laut Tagesordnung für die 237. Sitzung des Deutschen Bundestages am 1. Juni 2017 wird für 1:55 Uhr der Tagesordnungspunkt 34 ausgewiesen: „Änderung des Bundesversorgungsgesetzes“. Und dort steht dann als Beschlussempfehlung die Annahme des Gesetzentwurfs in der Ausschussfassung, den man in der BT-Drs. 18/12611 findet. In der Nacht wurde dann das Resultat vermerkt: angenommen. 

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