Sogar „die“ Griechen arbeiten mehr als „die“ Deutschen? Und schon geht sie (wieder) los, die Debatte, dass wir mehr und länger und überhaupt arbeiten sollen müssen

In regelmäßigen Abständen wird sie aufgemacht, die Debatte darüber, dass „wir“ wieder mehr und länger arbeiten müssen. Und gerne zitiert man in diesem Zusammenhang internationale Vergleiche, die eindrucksvoll aufzeigen sollen, dass in den anderen Ländern auf dem Globus weitaus mehr erwerbsgearbeitet wird als dass „die“ Menschen in Deutschland angeblich tun.

Und gerne wird von interessierter Seite die Botschaft unter die Leute gebracht, „eine Studie hat ergeben“, sich damit also das scheinbare Legitimationsgewicht „der“ Wissenschaft wie ein Mäntelchen umhängend jede skeptische oder gar ablehnende Reaktion von vornherein als nicht seriös zu brandmarken. Das funktioniert natürlich nur, wenn die Zahlen und Fakten und die angebliche „Studie“ selbst seriös sind.

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Die pflegenden Angehörigen und das Geld. Eine Studie hat sich mit dem monetären Wert ihrer Leistungen beschäftigt

Immer wieder tauchen (durchaus problematische, mindestens aber ambivalente) Charakterisierungen wie „der größte Pflegedienst der Nation“ auf,1 wenn es um die pflegenden Angehörigen geht (in neuer Terminologie wird von „pflegenden An- und Zugehörigen“ gesprochen). Manche sprechen auch von der größten „Billig-Variante“ der Versorgung und Betreuung – (nur etwas) zurückhaltender ausgedrückt kann man von der „kostengünstigsten“ Variante der Langzeitpflege und -betreuung sprechen. Aber das auch nur aus der Perspektive der sogenannten „Kostenträger“, die ansonsten die Pflege, die von Professionellen und Hilfskräften erwerbsförmig geleistet wird, zumindest anteilig aus ihren Kassen vergüten (müssen). Für die Betroffenen selbst kann sich das oftmals ins Gegenteil verkehren, wenn man sich die Folgen von teilweise jahrelanger Sorge-Arbeit anschaut.

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Die erste Gewerkschaft für Care-Arbeit? Nicht nur ein Blick zurück

»Jo Lücke und Franzi Helms haben die erste Gewerkschaft für Care-Arbeit gegründet«, meldet die Tageszeitung taz und hat ein Interview mit den beiden unter der Überschrift „Sorgearbeit in der Verfassung schützen“ veröffentlicht. Angesichts der (in Sonntagsreden) unbestrittenen existenziellen Bedeutung dessen, was im modernen Diskurs als Care- oder Sorge-Arbeit bezeichnet wird, lässt das aufhorchen. Care- oder Sorge-Arbeit bezeichnet Tätigkeiten, die auf die Versorgung, Pflege, Erziehung und Unterstützung von Menschen ausgerichtet sind – insbesondere solcher, die auf Hilfe angewiesen sind, etwa Kinder, Kranke, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen. Care- oder Sorge-Arbeit umfasst unbezahlte und bezahlte Tätigkeiten

Bekommen wir endlich eine Stimme für diejenigen, die als „Unsichtbare“ und im Schatten der erwerbsarbeitszentrierten Politik tagtäglich den Laden buchstäblich am Laufen halten? Und der eine oder andere wird aufgeregt die Frage stellen: Wann gibt es den ersten Arbeitskampf der Sorge-Arbeiterinnen?

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Mehr als ein Vollzeitjob für viele pflegende Angehörige: Immer mehr Zeit und (eigenes) Geld. Und viele müssen bei der Erwerbsarbeit reduzieren oder aufgeben

Auch wenn sich viele öffentliche Diskussionen um die Situation in den Pflegeheimen drehen – aus der Vogelperspektive muss man feststellen, dass hier nur ein kleiner Ausschnitt der Langzeitpflege in das Scheinwerferlicht der mit der Berichterstattung einhergehenden Aufmerksamkeit gezogen wird. Denn der Großteil der pflegebedürftigen Menschen lebt nicht in einem Pflegeheim, sondern weit über 80 Prozent werden zu Hause von den Angehörigen und teilweise unter punktueller Unterstützung durch ambulante Pflegedienste sowie durch die Schattenarmee der zumeist osteuropäischen Betreuungskräfte versorgt. Das Pflege- und Betreuungssystem in diesem Land würde innerhalb von Minuten kollabieren, wenn nur ein überschaubarer Teil der pflegenden Angehörigen diese Sorge-Arbeit niederlegen würde.

Wie aber geht es den vielen Menschen, die sich teilweise jahrelang um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern, die sich nicht selten vernutzen in dem, was sie tun, die selbst krank, pflegebedürftig und auch einkommensarm werden durch die tagtägliche Aufrechterhaltung der „billigsten“ Säule des Pflege- und Betreuungssystems? (Wobei man von „billig“ aber nur aus einer sehr eingeschränkten Perspektive sprechen kann).

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Der unsichtbare Wert der Sorgearbeit und ein Versuch, diesen in Zahlen zu pressen

»Care-Arbeit oder Sorgearbeit beschreibt die Tätigkeiten des Sorgens und Sichkümmerns. Darunter fällt Kinderbetreuung oder Altenpflege, aber auch familiäre Unterstützung, häusliche Pflege oder Hilfe unter Freunden. Bislang wurden diese Arbeiten überwiegend von Frauen geleistet, oft als unbezahlte Hausarbeit gesellschaftlich als notwendig und selbstverständlich angesehen. Aber mit dem Wandel der Geschlechterordnung werden auch Hausarbeit, Sorge und Fürsorge neu verteilt – weiterhin überwiegend zwischen Frauen. Migrantinnen aus armen Ländern bedienen die steigende Nachfrage in Ländern des globalen Nordens.« So eine Beschreibung von Care-Arbeit findet man beispielsweise bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

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