Wo landen die jungen Menschen beim Übergang in die Ausbildungslandschaft? Ein Blick auf die aktuellen Zahlen der integrierten Ausbildungsberichterstattung

Regelmäßig wird über die Entwicklung der Berufsausbildung berichtet, dabei steht vor allem das Geschehen in der dualen Berufsausbildung im Mittelpunkt (vgl. beispielsweise den Beitrag Duale Berufsausbildung: Die Zahl neuer Ausbildungsverträge ist im Jahr 2023 gestiegen. Zugleich diskutiert man über Leerstellen statt Lehrstellen und leere Lehrstellen, der hier am 18. März 2024 veröffentlicht wurde). Aber für die jungen Menschen gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten, ihren Einstieg in die Welt der Berufsausbildung zu gestalten. Neben einer dualen oder fachschulischen Berufsausbildung gehen nehmen viele ein Hochschulstudium auf. Zuweilen landen sie auch in einem der vielgestaltigen Angebote, über die sie erst einmal die Möglichkeit bekommen sollen, später eine „richtige“ Berufsausbildung zu beginnen. Manche bleiben im schulischen Biotop und gehen in die Sekundarstufe II, um einen höherwertigen Schulabschluss zu erwerben.

Interessant ist natürlich der Blick auf das ganze Geschehen. Mit der integrierten Ausbildungsberichterstattung (iABE) wird das Ziel verfolgt, das Ausbildungsgeschehen im Anschluss an die Sekundarstufe I vollständig und systematisch abzubilden. Wie sah das im Jahr 2023 aus?

Der größte Teil – immerhin mehr als 694.000 junge Menschen, sind in eine Berufsausbildung eingetreten – parallel haben mehr als 485.000 irgendein Studium begonnen.

Für das Jahr 2023 hatte das Statistische Bundesamt berichtet: »Im Jahr 2023 haben rund 479.900 Personen in Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag in der dualen Berufsausbildung abgeschlossen.« An der Differenz zu den 694.505, die eine Berufsausbildung begonnen haben, kann man erkennen, dass es neben der bedeutsamen dualen auch noch andere Ausbildungsformen geben muss. Wie sich die fast 695.000 Berufsausbildungsanfänger auf einzelne Bereiche verteilen, verdeutlicht die folgende Abbildung:

So gab es mehr als 187.000 Eintritte in eine (fach)schulische Berufsausbildung, die von besonderer Bedeutung für den Nachwuchs in den Sozial- und Gesundheitsberufen ist.

Interessant ist auch die Tatsache, dass 2023 immerhin fast 250.000 junge Menschen in den „Übergangsbereich“ (Integration in Ausbildung) eingetreten sind. In den zurückliegenden Jahren war dieses „Übergangssystem“, bei dem man das System aus guten Gründen in Anführungszeichen setzen muss, weil es sich tatsächlich um eine äußerst heterogene Landschaft an Maßnahmen und Angeboten handelt, immer wieder auch Gegenstand kritischer Diskussionen. Neben der Klage über den intransparenten „Dschungel“ an mehr oder weniger sinnvollen Angeboten (vgl. beispielsweise den 2009 im SPIEGEL veröffentlichten Artikel Im Dschungel von Michael Fröhlingsdorf et al.) wurde teilweise kritisiert, dass der „Übergangsbereich“ für viele junge Menschen, die keinen Fuß auf dem Boden des normalen Ausbildungsgeschehens bekommen, zu einer Art „Parkplatz“ oder „Garage“ geworden sei, wo man die Betroffenen unter sich belässt und wo die Arbeitsbedingungen des dort tätigen pädagogischen Personals oftmals die schlechtesten Ausformungen hat.

➔ Wir sind hier einerseits angekommen in der „Kelleretage“ des Ausbildungsgeschehens, auf der anderen Seite spiegelt dieser Bereich wie kein anderer, dass instabile Bildungsverläufe junger Menschen keineswegs ein Ausnahmetatbestand darstellt. Dazu aus der umfangreichen empirischen Literatur nur ein Beispiel:
Die Mehrheit der Schulabgänger folgt nicht dem „Idealweg“ eines direkten Übergangs in berufsqualifizierende Angebote: Nur 43 Prozent der Jugendlichen münden nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulwesens direkt in stabile Ausbildungs- oder Studienverläufe ein. Jedem fünften Jugendlichen gelingt der Übergang in Ausbildung oder Studium nach der allgemeinbildenden Schule aufgrund von Such- und Anpassungs- prozessen erst verzögert um ein bis zwei Jahre. Bei jedem siebten Jugendlichen kommt es zu einem instabilen Verlauf mit hohem Risiko von Ausbildungslosigkeit (15 %), darunter sind überdurchschnittlich viele Personen mit niedrigem Schulabschluss, aus Familien mit niedrigem sozioöko- nomischen Status und mit Migrationshintergrund. Gründe hierfür sind ein später Ausbildungsabbruch ohne Übergang in eine neue Ausbildung, fragmentierte Verläufe ohne dauerhafte Einmündung in berufsqualifizierende Bildungsangebote sowie lange Verweilzeit im Übergangssektor. Vier Jahre nach Verlassen des allgemeinbildenden Schulwesens haben 27 Prozent der Frauen und 20 Prozent der Männer, die dieses mit maximal Hauptschulabschluss verlassen haben, weder einen Ausbildungsabschluss erreicht, noch befinden sie sich in einer Ausbildung. Von den Personen, die mindestens eine Maßnahme im Übergangssektor absolviert haben, schaffen innerhalb der betrachteten vier Jahre nur zwei Drittel den Übergang in eine Ausbildung. Das sind einige Befunde aus dieser Studie:

➞ Marcus Eckelt und Claudia Burkard (2022): Nachschulische Bildung in Deutschland. Zentrale Ergebnisse und bildungspolitische Einordnung, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2022.

Im Fazit der Studie muss man lesen: »Mit Blick auf die Zukunft der beruflichen Bildung in Deutschland belegt die Analyse, dass nachschulische Bildungsverläufe länger dauern und komplizierter sind, als oft angenommen wird. Der Raum der nachschulischen Bildung erstreckt sich, bezogen auf das Alter der jungen Menschen, vom 15. bis zum 25. Lebensjahr, im Falle der Studierenden teils bis zum 35. Lebensjahr. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen können im Rahmen ihrer individuellen Bildungsbiografie Bildungsangebote aus unterschiedlichen Bildungsbereichen nutzen, die institutionell oft kaum miteinander verbunden sind. Eine bildungsbereichsübergreifende große Bildungsreform, die zu einer stärkeren Integration der Bildungsbereiche führen könnte, ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Ein solcher Versuch scheiterte in den 1970er-Jahren und wurde seitdem nicht wieder unternommen. Die mehrfach geteilte politische Zuständigkeit in der deutschen Bildungspolitik bleibt der Kontext, innerhalb dessen Weiterentwicklungen gedacht werden müssen.«

Nun gab es in den vergangenen Jahren eine Phase der deutlichen Abnahme der Zahl der Eintritte in das „Übergangssystem“, die den einen oder anderen zu der Annahme verleitet hat, dass sich das Problem mit den Verhältnissen und den Ergebnissen der Arbeit in diesem Bereich gleichsam „von alleine“ auflösen wird.

Allerdings kann man am aktuellen Rand der Zeitreihe erkennen, dass die Zahl der Eintritte wieder steigt – nicht nur, aber auch ein Effekt aus der Zuwanderung von jungen Flüchtlingen nach Deutschland, von denen nicht wenige aufgefangen werden (müssen) in Übergangsmaßnahmen.

Aber was sind das für Maßnahmen, in denen die Betroffenen landen oder reingesteckt werden? Der amtlichen Statistik auf der Basis der integrierten Ausbildungsberichterstattung kann man die folgende Differenzierung entnehmen – die zugleich verdeutlicht, welche wichtige Rolle hier die Bundesagentur für Arbeit spielt: