Fragile Selbstverständlichkeiten oder: Stell Dir vor es brennt, aber keiner kann kommen. Und der Notarzt braucht auch immer länger, wenn es denn noch einen gibt

Gerade in diesen Tagen wird einem zwangsweise erneut bewusst, wie zerbrechlich scheinbar unerschütterliche Selbstverständlichkeiten des alltäglichen Lebens werden können. Man nehme dafür die Diskussion über die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Zumindest kurzfristig würde ein sofortiger Stopp der Gaslieferungen aus dem kriegführenden Russland zu massiven, nicht nur für viele Unternehmen existenziellen Verwerfungen führen. Auch die Tatsache, dass viele Häuser und Wohnungen mit Gas versorgt werden müssen und dass der russische Anteil daran eben nicht von heute auf morgen (oder übermorgen?) ersetzt werden kann, steht im Raum und muss mitbedacht werden bei den anstehenden Entscheidungen.

Es ist sicher unbestreitbar, dass die Energieversorgung, ein beheizbare Wohnung und warmes Wasser zu dem gehört, was unter dem scheinbar angegrauten Begriff der „Daseinsvorsorge“ eingeordnet werden muss. Darunter versteht man die staatliche Aufgabe, Güter und Leistungen bereitzustellen, die für ein menschliches Dasein notwendig sind. Dies umfasst beispielsweise die Energie- und Wasserversorgung, Verkehrsleistungen, Telekommunikation, Rundfunk, Straßenreinigung sowie Abwasser- und Müllentsorgung. Und sicher werden alle zustimmen, wenn wir in die Liste mit den Beispielen für Daseinsvorsorge auch den Rettungsdienst und die Feuerwehr aufnehmen. Selbstverständlich erwartet jeder von uns, dass professionelle Hilfe kommt, wenn unser Haus in Flammen steht oder wenn ein Familienmitglied mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen ist. Aber was ist schon selbstverständlich?

Schauen wir uns die im wahrsten Sinne des Wortes existenziellen Feuerwehren als Teil einer sicherlich von keinem in Frage gestellten Daseinsvorsorge1 genauer an. Die gehören zum Kernbereich der Daseinsvorsorge und die dafür verantwortlichen Gemeinden können die Sicherstellung in die Hände einer Berufsfeuerwehr legen (was auch in großen Städten der Fall ist, so werden für das Jahr 2020 insgesamt 110 Berufsfeuerwehren genannt) – oder aber man stützt sich auf die allen bekannten Freiwilligen Feuerwehren. Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) weist für 2020 in seiner Statistik bundesweit die beeindruckende Zahl von 22.167 Freiwilligen Feuerwehren aus. 1.003.594 Personen waren in diesen Frweilligen-Organisationen aktiv. Mehr als eine Million Engagierte. Unter denen befanden sich 103.211 Frauen, ein Anteil von 10,3 Prozent (bei den Berufsfeuerwehren mit ihren 34.854 Feuerwehrleuten lag der Anteil bei verschwindend geringen 2,15 Prozent). Und es sind nicht nur die 224.966 Brände und Explosionen, die im Berichtsjahr 2019 von den Feuerwehren bekämpft worden sind. Hinzu kommen Einsätze in Katatstrophenfällen oder hunderttausende technische Hilfeleistungen.

Und wenn wir schon bei den Zahlen sind: Ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahren scheint ein Bild der Stabilität zu vermitteln. Im Jahr 2000 gab es in Deutschland 24.466 Freiwillige Feuerwehren, zu Beginn des Jahres 2020 wurde von 22.167 berichtet – zugleich blieb die Zahl der Mitglieder fast konstant: 2000 waren es 1.069.765, für 2020 berichtet man eine Mitgliederzahl von 1.003.594. Also scheint doch alles stabil und weiterhin gesichert zu sein.

Dennoch wird der eine oder andere immer wieder und in den vergangenen Jahren zunehmend mehr kritische Wortmeldungen im Ohr haben, nach denen es gerade in den ländlichen Regionen wachsende Probleme mit einer Sicherstellung der feuerwehreichen Versorgung geben soll.

Das hat auch mit zwei gesellschaftlichen Mega-Trends zu tun, die immer wieder diskutiert werden: Zum einen mit der allgemeinen demografischen Entwicklung und zum anderen mit einem gesellschaftlichen Wertewandel.

Dies verdeutlicht der folgende Artikel hervorragend – der zugleich nicht stehen bleibt bei einer Problembeschreibung, sondern auch deutlich macht, welche Anstrengungen vor Ort unternommen werden, um alte und neue Lösungswege für das Problem zu beschreiten.

»Feuer, Unfall, Hochwasser. Egal, um was es geht, die Feuerwehr ist zur Stelle. Gerade auf dem Land setzen sich die Feuerwehren aus Ehrenamtlichen zusammen. Doch genau an denen fehlt es immer öfter«, so beginnt Jana Hausmann ihren Beitrag, der aus Rheinland-Pflaz berichtet und der unter der Überschrift Feuerwehren im Kreis Birkenfeld schlagen Alarm steht.

Anfang des Jahres meldete sich die Feuerwehr in Bundenbach im sozialen Netzwerk Facebook mit einem verzweifelten Hilferuf zu Wort. Die Worte waren eindringlich:

»Stellt euch vor, es brennt bei Euch!! Ihr ruft die Feuerwehr!! Und keiner kommt!! Schlicht und einfach deswegen, weil niemand da ist«

Was war der Hintergrund für diese Meldung?

»Heute Morgen kam es zu einem Einsatz für die Feuerwehr Bundenbach. Es ist vlt. dem ein oder anderen aufgefallen, das es länger wie üblich gedauert hat, bis unser Auto ausrückte!
Das kann ganz einfach erklärt werden: Es war niemand aus unserer Ortschaft verfügbar!!
Ein Feuerwehrkamerad aus einer anderen Gemeinde war „allein auf weiter Flur“ und rückte aus. Ein anderer kam direkt an die Einsatzstelle gefahren.«

Jana Hausmann berichtet einige Hintergründe: »Die Feuerwehr in dem Hunsrückort zählte in ihren Glanzzeiten 40 Aktive. Heute seien es noch 18.« Immerhin, so könnte man meinen, noch 18 aktive Feuerwehrleute in dem überschaubaren Ort: »Eine Zahl, die auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aussieht, doch wenn es tagsüber zu einem Einsatz komme, sei dennoch kaum jemand der ehrenamtlichen Retter schnell verfügbar. Ein Problem, mit dem mittlerweile auch viele andere Feuerwehren zu kämpfen haben … Die Leute arbeiteten nicht mehr im Heimatort, müssten teilweise weit zur Arbeitsstelle fahren. Die Folge: Im Ernstfall stehen sie für die heimische Feuerwehr nicht oder nicht schnell genug zur Verfügung.«

Das ist kein ganz neues Problem und man hat in der Vergangenheit bereits versucht, sich an die damit verbundenen Herausforderungen anzupassen: »Damit dennoch schnell geholfen werden könne, gebe es seit etwa 20 Jahren sogenannte Ausrückebereiche. Wenn ein Notfall eintritt, werden mehrere Feuerwehren benachbarter Dörfer alarmiert. Je nach Schwere des Einsatzes kämen außerdem die sogenannten Stützpunktfeuerwehren dazu. Sie verfügten über eine gewisse technische Zusatzausstattung, wie beispielsweise Drehleitern oder Geräte, die gebraucht werden, um Autos bei Verkehrsunfällen aufzuschneiden. Durch diese sogenannte „Überalarmierung“ soll immer sichergestellt sein, dass zu jeder Zeit schnell und effektiv geholfen werden kann. Das hat übrigens auch im geschilderten Fall aus Bundenbach dafür gesorgt, dass die benötigten Retter rechtzeitig vor Ort waren. Doch das funktioniert eben auch nur so lange, wie genug Ehrenamtliche bei den Feuerwehren tätig sind.«

Die demografische Entwicklung nicht nur in dem beschriebenen rheinland-pfälzischen Landkreis macht sich bemerkbar: »Nach Angaben der zuständigen Wehrleiter mussten in den vergangenen Jahren im Kreis Birkenfeld immer wieder Feuerwehren zusammengelegt oder gar geschlossen werden. Die Zahl der Aktiven schwinde seit Jahren … die altersbedingten Verluste (können) zwar in einigen Ortsgemeinden durch den Nachwuchs in den Jugendfeuerwehren ausgeglichen werden, das klappt aber nicht immer. So schieden in manchen Jahren durch das Erreichen der Altersgrenze mehrere Kameraden auf einmal aus. Gerade für kleine Feuerwehren, sei das nur schwer zu kompensieren.«

Die beiden zurückliegenden Corona-Jahre waren natürlich zusätzlich fatal für die Nachwuchsgewinnung: Während der Corona-Pandemie sei es immer schwieriger geworden, neue Mitglieder zu gewinnen. Kein Tag der offenen Tür, keine Veranstaltung, auf der man hätte für das wichtige Ehrenamt werben können.

Auch der angesprochene gesellschaftliche Wertewandel taucht hier auf: »Und dann kommt noch etwas, mit dem viele Gemeinden im Allgemeinen zu kämpfen haben. Immer weniger Menschen sind bereit, sich in dem Dorf, in dem sie wohnen, ehrenamtlich zu engagieren. Sei es für Vereine, Dorfverschönerungsmaßnahmen oder Aktionen, die zum Dorfleben beitragen könnten.«

„Die Leute wollen sich an nichts mehr binden, nicht im Verein und nicht in der Feuerwehr. Sie wollen flexibel bleiben und keine innere Verpflichtung haben, das macht es für uns alle nicht einfacher.“ (Nils Heidrich, Wehrleiter der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen)

»Das Ganze sei aber auch durch die Abschaffung der Wehrpflicht begünstigt worden. Früher hätten sich doch einige für den Dienst im Feuerwehr- und Katastrophenschutz verpflichtet, um nicht zur Bundeswehr zu müssen, und seien wegen der guten Kameradschaft in der Wehr geblieben. Das fehle heute gänzlich. Und so könne der Nachwuchs derzeit fast ausschließlich aus den Jugendfeuerwehren gebildet werden.«

In dem Beitrag von Jana Hausmann wird dann auch berichtet, wie die Wehren versuchen, sich der Entwicklung entgegenzustemmen:

»Um genug Leute zu finden, die sich kümmern, brauche es die direkte Ansprache, da ist sich Heidrich sicher. „Auf dem Land ist ja der Zuzug da, überall entstehen Neubaugebiete und wir versuchen die Leute weiter für uns zu gewinnen. Wir werden sie ansprechen, einladen und über die sinnvolle Freizeitbeschäftigung bei der Feuerwehr informieren.“

Und wie ist es mit einer Öffnung hin zu den Frauen? Die allgemeinen Zahlen für alle Freiwillige Feuerwehren zeigen ja bei einem Anteil von 10,3 Prozent rein anteilsmäßig noch viel Luft nach oben:

»Die gute Nachricht: Die Zeiten, in denen der Feuerwehrhelm nur von den Männern getragen wurde, sind vorbei. Laut Heidrich sind zumindest in den Bambini- und Jugendfeuerwehren mittlerweile fast 50 Prozent weiblich.« Aber das muss sich jetzt erst einmal nach oben in die Wehren fortpflanzen und auch bei den Führungsfunktionen sichtbarer werden.

Wie dem auch sei – der Mangel wird in vielen ländlichen Regionen immer sichtbarer bzw. er frisst sich – vielleicht noch schwieriger, weil weniger als „Schock“ erfahrbar – sukzessive durch die bestehende und über viele Jahrzehnte gewachsene Art und Weise der Organisation der Feuerwehren, die auf Freiwilligkeit basier. Das nur als Ergänzung an dieser Stelle: Es geht um eine existenzielle Leistung der Daseinsvorsorge (als Staatsaufgabe) und dass das so ist, kann man auch daran ermessen, dass der Staat rechtlich sogar die Möglichkeit hat, die Einwohner einer Gemeinde sogar zwangszuverpflichten. Bleiben wir in Rheinland-Pfalz: Rechtsgrundlage wäre der § 12 Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Brand- und Katastrophenschutzgesetz – LBKG). Dort findet man den Absatz 2, Satz 1: »Alle Einwohnerinnen und Einwohner vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr können zum ehrenamtlichen Dienst in der Einsatzabteilung herangezogen werden.«

Und auch auf anderen Feldern der Rettung weitet sich der Mangel aus

Verlassen wir die Feuerwehren und das Bundesland und wechseln nach Bayern und hin zu der Notfallversorgung: »Die Notarztversorgung besonders auf dem Land steht kurz vor dem Kollaps. Notärzte berichten: Immer mehr Schichten sind unbesetzt, Patienten müssen länger warten. Die Notärzte brauchen selbst Hilfe. Nur – wer die Rettung übernimmt, ist offen«, so beginnt der Beitrag Notarztmangel in Bayern: Ländliche Regionen besonders betroffen. »Notruf für Wolfgang Vogl: Ein Patient hat Herz-Kreislauf-Beschwerden. Der Notarzt nimmt den Funkspruch entgegen, fährt zum Einsatzort. Vogl ist niedergelassener Arzt mit einer eigenen Praxis in Arrach im Landkreis Cham, übernimmt aber auch viele Notarztdienste – und das seit fast 40 Jahren. Aus Leidenschaft, wie er sagt. Aber: Es gibt immer weniger wie ihn.« Diejenigen, die von einem Notarztmangel in Bayern sprechen, weisen auf einen eklatanten Nachwuchsmangel hin.

»Unbesetzte Notarztschichten sind nämlich die Folge des Nachwuchsmangels, wie auch der Anästhesist und Notarzt Florian Blankenburg aus Straubing weiß. Er ist Gruppensprecher der Notärzte in Straubing und teilt hier am Notarztstandort die Schichten ein: „Das zweite Halbjahr 2021 war gravierend“, so Blankenburg. Am Standort Straubing konnten knapp 100 Notarztschichten von 360 nicht besetzt werden – das entspricht einem guten Viertel. Insgesamt gibt es derzeit 32 zugelassene Notärzte am Standort Straubing – zu wenig, meint Blankenburg.«

In der Praxis ist man bei einer Mangelverwaltung angekommen: »Auch Karl Maurus, Leiter der Integrierten Leitstelle in Straubing (ILS), beobachtet … immer mehr unbesetzte Notarztstandorte. Bei der ILS gehen die Notrufe ein, Disponenten suchen nach dem nächsten, greifbaren Notarzt, kontaktieren ihn und schicken ihn zum Einsatzort. „Es ist vorgekommen, dass keiner der drei Standorte im Landkreis Straubing-Bogen besetzt war: Dadurch entstehen in der Versorgung große Lücken.“ Bei einer Nichtbesetzung des Notarztstandortes werden Notärzte aus Nachbarstandorten abgezogen – „dann machen wir aber da ein Loch auf“, so Maurus. Das Problem werde dadurch also nur verschoben.«

Und was sagt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB), die für die Ein- und Zuteilung der Notärzte an den 229 Notarzt-Standorten in Bayern zuständig ist? Man ahnt es schon: »Die Notarztsituation in Bayern sei nicht gefährdet. 2021 konnten 96 Prozent aller Dienste besetzt werden.« Nun wissen wir, dass man immer sehr vorsichtig sein sollte, wenn mit einer Durchschnittszahl gearbeitet wird. So auch in diesem Fall: »Notärzte sehen das anders: Bei den insgesamt 96 Prozent seien große, städtische Notarztstandorte wie Augsburg, Nürnberg oder München mit eingerechnet. Auf dem Land sei die Situation eine andere als in der Stadt – hier zeige sich der Notarztmangel nochmals deutlicher.« Aber der Mangel breitet sich sukzessive aus. Auch Nürnberg hat mittlerweile Probleme, einzelne Schichten zu besetzen.

Was für – mögliche – Ursachen werden diskutiert? Dazu aus dem Beitrag diese Teil-Aspekte:

➔ Die Einstellung der Ärzte habe sich generell geändert, Stichwort „Work-Life-Balance“. Die Zeit mit der Familie am Wochenende oder am Abend werde bevorzugt, anstatt Notarztschichten zu besetzen. Diesen gesellschaftlichen Wandel hat auch die KVB beobachtet: „Unter dem Strich stagniert die Zahl der am Notarztdienst teilnehmenden Ärzte, während gleichzeitig die Anzahl der vom einzelnen Arzt übernommenen Dienste sinkt, das gesellschaftliche Umdenken bei der Wertschätzung von Freizeit – Stichwort Work-Life-Balance – macht auch vor Ärzten nicht halt.“

➔ Die Vergütung der Notärzte in Bayern wurde an die anderen Bundesländer angeglichen (Steigerung um 25 Prozent). Demnach erhalten Notärzte in der Stunde 25 Euro (sofern kein Einsatz). Rein aus finanzieller Sicht sind andere Tätigkeiten als Arzt rentabler: beispielsweise im Impfzentrum.

Von besonderer Bedeutung scheinen wieder einmal die Rahmenbedingungen zu sein, die etwas fördern oder aber wie auch in diesem Fall blockieren können:

➔ Rehamenbedingungen: Zu den Rahmenbedingungen zählen unter anderem die Zugangsvoraussetzungen, um Notarzt werden zu können – diese sind hoch: Wer Notarzt werden will, muss 24 Monate in einer Klinik arbeiten, einen zertifizierten Kurs von der Landeärztekammer ablegen (Dauer 80 Stunden) und 50 Notarzt-Einsätze begleiten, 25 davon in einem Simulationszentrum. Das Problem: Die Hospitation der Einsatzfahrten müssen die Notärzte in ihrer Freizeit erbringen, weil die Krankenhäuser die angehenden Notärzte dafür nicht freistellen. Hinzu kommt, dass Kurse teils selbst bezahlt werden müssen, die mehrere hundert Euro kosten.
Auch die KVB bestätigt: „Die Rahmenbedingungen für eine Teilnahme am Notarztdienst sind über die Jahre hinweg deutlich schwieriger geworden. Die fachlichen Zugangsvoraussetzungen wurden erhöht, ein Aufenthalt in der Rettungswache oder im Krankenhaus ist in vielen Fällen vorgegeben, kurz dauernde Arbeitsverträge an den (Weiterbildungs-)Kliniken behindern die (Bereitschaft zur) Aufnahme der Zusatzweiterbildung Notfallmedizin, niedergelassene Ärzte müssen sich in Anbetracht über Jahre ansteigender Einsatzzahlen zwischen der Versorgung ihrer Patienten in der Praxis und dem Notarztdienst entscheiden und auch in den Krankenhäusern fand eine stete Aufgabenverdichtung statt.“

Gibt es Hoffnung? Kommt darauf an:

»Auch aus Sicht der KVB muss der Notarztdienst in organisatorischer Sicht neu ausgerichtet werden: „Oftmals richtet sich der Fokus alleine auf die Frage, ob ein bestehender Notarztstandort besetzt ist, ohne die Bedarfsfrage für diesen Standort zu betrachten.“«

Der eine oder andere ahnt jetzt schon, an welcher Schraube gedreht werden soll:

»Wie es von der KVB heißt, hat das Innenministerium eine Studie in Auftrag gegeben, wie die Bedarfsfrage von Notärzten beantwortet werden kann. Wenn die Ergebnisse vorliegen, müsse man sich zusammensetzen, um zu schauen, welche Standorte wirklich notwendig seien, um die Versorgung der Bevölkerung optimal auszurichten.«

Man muss das in den heutigen Zeiten eher als Drohung denn als Verheißung einer besseren Zukunft verstehen. Außer man erstellt Auftragsstudien und verbringt seine Arbeitszeit in diversen Gesprächsrunden über andere.

1 Die funktionalen und institutionellen Zuschreibungen zum Bereich der Daseinsvorsorge sind nicht für alle Teilbereiche gleichsam naturgegeben und unumstößlich. Das liegt daran, dass die Daseinsvorsorge – ursprünglich wurde der Begriff von dem Staatsrechtler Ernst Forsthoff (1938) geprägt, der eine Erweiterung des staatlichen Aufgabenbereichs aufgrund einer erhöhten sozialen Bedürftigkeit des einzelnen, dessen selbstbestimmter Lebensraum insbesondere bei der städtischen Lebensweise verringert sei, als notwendig erachtet hat – nicht nur ein rechtlicher Terminus ist (der eine handfeste Rolle spielt bei der so bedeutsamen Definition der kommunalen Daseinsvorsorge: Diese besagt, dass die Gemeinde wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dienstleistungen für alle Bürger bereitstellt, ursprünglich mittels eigener Einrichtungen; sie ist dazu durch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Absatz1 Grundgesetz) verpflichtet. Hier geht es also um Verpflichtungen für die Gemeinde einerseits und Ansprüche der Bürger anderseits. Aber bei Daseinsvorsorge geht es immer auch um einen politischen Begriff. Und daraus resultiert: Was zur Daseinsvorsorge zählt, ist Gegenstand gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen.