Diesseits einer höchst umstrittenen Impfpflicht: Wie sieht es aus mit der Impfquote beim Krankenhauspersonal in Deutschland?

In den vergangenen Tagen wurde heftig diskutiert über das Für und Wider einer Impfpflicht (vgl. beispielsweise „Brandgefährlich“ oder einziger Ausweg?), deren mögliche Verordnung dann auch noch von den einen als zulässig, von den anderen als rechtlich unmöglich gekennzeichnet wird. Dazu aus der Vielzahl an Beiträgen Was ist rechtlich erlaubt?: »Ist es rechtlich zulässig, die Impfbereitschaft durch Nachteile für Nichtgeimpfte zu erhöhen? Wäre sogar eine Impfpflicht denkbar?«

Andere Länder haben die damit verbundene extrem angespannte und polarisierende Debatte bereits hinter sich gelassen und gesetzgeberische Fakten geschaffen. Beispiel Frankreich: »Nach einer kontroversen Debatte hat Frankreichs Nationalversammlung die Corona-Pläne der Regierung gebilligt. Das neue Gesetz sieht eine Impfpflicht für bestimmte Berufe vor. Die Mehrheit der Franzosen unterstützt die Maßnahmen«, berichtet Cai Rienäcker aus dem ARD-Studio Paris unter der Überschrift Impfpflicht für französisches Gesundheitspersonal. »Die Impfpflicht wird nun für Gesundheits- und Pflegepersonal sowie für alle Rettungskräfte inklusive Feuerwehr eingeführt und greift ab 15. September.« Und damit sind ganz erhebliche mögliche Folgen bei einer Verweigerung verbunden: »Wer sich weigert, dem droht nun zwar nicht mehr die Entlassung, aber eine befristete Freistellung ohne Lohnfortzahlung.« Frankreich ist dabei nicht allein: Italien und mittlerweile auch Griechenland haben eine Coronaimpfpflicht für Gesundheits- und Pflegekräfte eingeführt.

In Italien gibt es die Pflichtimpfung für Ärzte und anderes medizinisches Personal bereits seit Mai. In Griechenland gilt die Impfpflicht ab Mitte August für Mitarbeiter in Altenheimen und ab dem 1. Sep­tember für den Gesundheitsbereich. Aus den USA kommen solche Meldungen: »Die medizinischen Mitarbeiter der Krankenhäuser für US-Veteranen müssen sich gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen lassen. Ärzte, Zahnärzte, Krankenpflegekräfte und andere medizinische An­gestellte haben nun acht Wochen Zeit, sich impfen zu lassen.« Und auch andere Berufsgruppen sind davon betroffen, wie man dieser Meldung entnehmen kann: Gericht erklärt Impfpflicht an US-Universität für rechtmäßig: »Ein US-Bundesrichter hat … die Coronaimpfpflicht einer Universität für rechtmäßig erklärt. Acht Studenten hatten gegen die verpflichtende Impfung für die 90.000 Studenten und 40.000 Angestellten der Indiana University vor dem Gericht in South Bend geklagt.«

Und in Deutschland? »Er habe sich mehrfach gegen eine Impfpflicht ausgesprochen«, berichtet das Deutsche Ärzteblatt unter der Überschrift Coronaimpfung: Laumann sieht Pflegekräfte in der Verantwortung. Mit „er“ ist in diesem Fall der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gemeint.

Auch wenn er sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen habe, wolle der Minister dennoch klarstellen, »dass für ihn „die Impfung zur Ethik bestimmter Berufe, etwa dem pflegenden oder dem lehrenden Beruf, dazugehört“. Es sollte selbstverständlich sein, dass jemand, der zum Beispiel andere Menschen pflege, alles dafür tue, seine Patienten vor der Ansteckung mit COVID-19 zu schützen, sagte Laumann.«

Aber wie sieht es denn eigentlich aus mit der tatsächlichen Impfquote beim Gesundheitspersonal?

Durch ihre berufliche Tätigkeit kommt Krankenhauspersonal mit COVID-19-Patienten in Kontakt und kann unwissentlich als Multiplikator für das Virus dienen. Beschäftigte in den Kliniken werden in der Bevölkerung als Gesundheitsexperten wahrgenommen und haben eine Vorbildfunktion für Gesundheitsverhalten. Für den Erfolg der Impfstrategie kommt dem Krankenhauspersonal daher eine entscheidende Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund hat sich das RKI nicht nur ein Impfquoten-Monitoring auf die Fahnen Beschreiben, sondern man will dort mit der Studie „KROCO – Krankenhausbasierte Online-Befragung zur COVID-19-Impfung“ versuchen, die Beweggründe für oder gegen eine Impfung beim Krankenhauspersonal zu verstehen.

Bei der KROCO-Studie handelt es sich um eine Online-Befragung, die zu (geplant) vier Zeitpunkten in 2021 stattfindet und die die Impfabsicht, Impfquote und Beweggründe von Krankenhauspersonal erfragt. Durch die wiederholte Befragung werden zeitliche Trends und Entwicklungen abgebildet.

Nun liegen erste Zwischenergebnisse vor. Dazu muss man angesichts der Aktualität des beweglichen Themas wissen: Die erste Befragungswelle startete am 22. März und wurde am 12. April 2021 abgeschlossen. Die zweite Befragungswelle lief vom 28. Juni bis 19. Juli 2021. Die ersten Befunden aus der Studie wurden in dieser Publikation veröffentlicht:

➔ Robert Koch-Institut (2021): KROCO – die Krankenhausbasierte Online-Befragung zur COVID-19-Impfung. Ergebnisbericht Erste Welle, Berlin, 14.07.2021

➞ Im Zeitraum der Studie, vom 22.03.2021 bis 12.04.2021, hatten 83% des teilnehmenden Krankenhauspersonals bereits mindestens eine Dosis eines SARS-CoV-2-Impfstoffes erhalten und 48% waren bereits vollständig geimpft.

➞ Bei Klinikpersonal mit besonderem Expositionsrisiko oder Kontakt zu vulnerablen Patienten- Gruppen waren die Impfquoten noch höher (90% mindestens eine Dosis, 68% vollständig geimpft).

➞ Die Impfquote unterschied sich deutlich zwischen Berufsgruppen (Ärzteschaft: 78% vollständig geimpft – Pflegepersonal: 61% vollständig geimpft) und Einsatzorten (OP: 94% vollständig geimpft – Normalstation: 54% vollständig geimpft).

Was ist mit denen, die bislang (noch) nicht geimpft sind?

➞ Ein Großteil der Nicht-Geimpften gab an, sich “auf jeden Fall impfen” zu lassen (49%) oder äußerte sich eher positiv (15%).

➞ Auf der anderen Seite: 15% der Nicht-Geimpften gaben an, sich “auf gar keinen Fall” impfen lassen zu wollen und 13% äußerten sich eher negativ.

Wie sieht es aus mit den Motiven derjenigen, die bislang (noch) nicht geimpft sind?

➞ Die Hauptgründe gegen eine Impfung waren neben dem fehlenden Impfangebot die Furcht vor starken Nebenwirkungen oder vor bleibenden Schäden, die Sorge, dass die neuen Impftechnologien nicht sicher sein könnten und der Wunsch noch abwarten zu wollen.

Und umgekehrt mit Blick auf diejenigen, die geimpft worden sind:

➞ Die Hauptgründe für eine Impfung waren der Wunsch sich selbst und das private Umfeld, sowie Kollegen und Patienten zu schützen und eine Aufforderung durch den Arbeitgeber erhalten zu haben.