Die „starke“ und für manche Arbeitgeber „bedrohliche“ IG Metall zeigt (mal wieder) eine betriebliche und gesamtwirtschaftliche Verantwortung. Anmerkungen zur Tarifrunde 2020

Die IG Metall hat (immer noch) den Nimbus einer starken, erfolgreichen und bei so manchem Arbeitgeber den Angstschweiß auf die Stirn produzierende Gewerkschaft. Und es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn man behauptet, dass der Begriff „IG Metall-Löhne“ bei Arbeitnehmern in anderen, vor allem in Dienstleistungs-Branchen, Respekt und auch Neid hervorruft. Deren Löhne würden sich viele auch wünschen.

Erst einmal verständlicherweise kann man sich vorstellen, dass viele Arbeitgeber das mit den Tarifwerken der IG Metall verbundene Kostenniveau beklagen. Und immer wieder gibt es aus diesem Lager den Vorwurf, dass man unter einer mangelnden bzw. nicht vorhandenen Flexibilität leiden müsse, die besonders schmerzhaft sei, wenn ein tarifgebundenes Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerate. Das sei dann auch mit ein Grund für die von der Gewerkschaft immer wieder beklagte Tarifflucht eines Teils der tarifgebundenen Unternehmen.

Selbst die „Gegenseite“ bescheinigt dem bestehenden Tarifsystem Flexibilität und die Metall-Arbeitgeber fordern aktuell einen Verzicht auf Lohnerhöhungen

Dabei muss man darauf hinweisen, dass objektiv betrachtet bereits seit Jahren eine ganz erhebliche Flexibilität innerhalb des gegebenen Tarifsystems vorhanden ist – auf die selbst die „Gegenseite“ hinweist. Als Beispiel dazu aus einem Interview mit Hagen Lesch, dem Gewerkschaftsexperten des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW):

»Es zeigt sich, dass der Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie für viele Unternehmen in einer Krise zu teuer werden kann. Es kann daher passieren, dass die Betriebe aus ihrer Bindung an den Flächentarifvertrag ausscheren wollen. Die IG Metall ist dann gezwungen, mit den Unternehmen verstärkt Ergänzungstarifverträge auszuhandeln … Mit Hilfe eines Ergänzungstarifvertrags kann ein Unternehmen vom Flächentarifvertrag abweichen. Ein solcher Vertrag ist individuell auf die Bedürfnisse dieses einen Arbeitgebers zugeschnitten. So kann der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft zum Beispiel längere Arbeitszeiten vereinbaren oder das Urlaubs- und Weihnachtsgeld senken … Üblicherweise machen Gewerkschaften in einer solchen Situation einen Deal. Das Unternehmen muss im Gegenzug auch etwas geben – zum Beispiel einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Der Vorteil eines Ergänzungstarifvertrags ist aus Sicht der IG Metall, dass die Gewerkschaft mit am Tisch sitzt und nicht – wie in anderen Branchen üblich – die Betriebsräte direkt mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung aushandeln. So behält die IG Metall den Überblick und die Kontrolle.«

Der zentrale Punkt ist der Hinweis auf das Instrumentarium der Ergänzungstarifverträge, mit denen die IG Metall den tarifgebundenen Unternehmen sehr wohl entgegenkommen kann, wenn es um die Absenkung tariflicher Standards geht und eine darüber erreichbare Kostensenkung. Und das passiert in der Realität auch häufig, denn die IG Metall mit ihren vielen Betriebsräten kennt die Wirklichkeit in den Unternehmen, die sehr heterogen aufgestellt sind.

Interessanterweise steht das Gespräch der WirtschaftsWoche mit Hagen Lesch unter dieser Überschrift, die zugleich auf das hier relevante aktuelle Thema verweist: „IG Metall wäre gut beraten, auf die Sicherung der Beschäftigung zu setzen“. Dem Gewerkschaftsexperten des IW wird auf diesen Tatbestand angesprochen: »Die IG Metall will Ende Februar ihre Lohnforderung an die Arbeitgeber beschließen. Daimler-Chef Ola Källenius hat die IG Metall bereits zur Zurückhaltung bei den anstehenden Tarifverhandlungen aufgerufen. Man müsse langfristig denken und viele Unternehmen könnten keine deutlichen Kostensteigerungen vertragen. Auch Daimler baut Jobs ab.« Seine Antwort auf die Frage, ob man in der jetzigen Situation noch Lohnerhöhungen fordern könne, antwortet er:

»Als Volkswirt kann ich dazu nur sagen: Ich glaube, dass die IG Metall gut beraten wäre, auf die Sicherung der Beschäftigung zu setzen. Das ist in der Geschichte bislang aber nur einmal vorgekommen, nämlich im Jahr 2010, nach der Finanzkrise. Da hat die Gewerkschaft auf eine Lohnforderung verzichtet. Ob das so kommt, ist offen. Denn die Lage in der Metall- und Elektroindustrie ist immer recht heterogen, also von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich. Grundsätzlich muss man aber feststellen, dass sich die Metall- und Elektroindustrie insgesamt in der Rezession befindet. Daher stünde für mich die Sicherung der Beschäftigung klar im Vordergrund.«

Die IG Metall scheint die „weiße Flagge“ zu hissen – und handelt in Wirklichkeit höchst verantwortungsvoll angesichts der mehrfachen Bedrohungsdimensionen für das industrielle Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft

Natürlich wollen die Arbeitgeber, so wird der eine oder andere nach der Lektüre des Interviews mit Hagen Lesch einwerfen, die „Gunst“ der Stunde für sich selbst nutzen und eine mögliche Lohnerhöhung mit Verweis auf die Krisensymptome in der Branche zu verhindern versuchen. Weil sie natürlich nicht mehr zahlen wollen. Insofern könnte man jegliches Eingehen auf diese Forderung als eine Art Kapitulation gegenüber dem Arbeitgeberlager interpretieren. Und scheinbar folgt die Gewerkschaft dieser Vermutung:

»Die IG Metall setzt sich für sichere Arbeitsplätze ein. Die Transformation stellt die Industrie vor große Herausforderungen. Viele Arbeitsplätze sind gefährdet. Die IG Metall schlägt den Arbeitgebern ein „Moratorium für einen fairen Wandel“ mit vorgezogenen Verhandlungen über ein Zukunftspaket vor«, teilt uns die Gewerkschaft unter der Überschrift IG Metall schlägt Zukunftspaket vor mit. Ein „Moratorium“? Was muss man sich darunter vorstellen? Die Skeptiker werden vermuten, dass es dabei um einen Verzicht auf Lohnerhöhung geht. Schauen wir in das Original:

➔ IG Metall (2020): Moratorium für einen fairen Wandel, Frankfurt am Main, 24.01.2020

Mit dem engeren Blick auf die Entgelte findet man in dem Papier diesen Passus:

»Die IG Metall verfolgt weiterhin das Ziel, dass die Kaufkraft der Beschäftigten gestärkt wird. Dies muss sich in den Entgelttabellen wiederfinden. Die IG Metall sieht für diese nun anstehenden Verhandlungen von einer bezifferten Forderung zur Erhöhung der Entgelte ab.«

Man kann die Bedeutung dieser Formulierung gar nicht überschätzen: Anders als früher wird es gar keine konkrete Lohnforderung (üblicherweise nach dem Muster: die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Entgelte um 6 Prozent und am Ende einigt man sich auf einen Wert, der unter dem Forderungsniveau liegt) geben. Und nicht einmal ein Inflationsausgleich, den man auf Basis der prognostizierten Entwicklung der Preissteigerungsrate beziffern könnte, muss es geben.

Exkurs: Anders als früher – außer im Jahr 2010. Da gab es sowas schon mal. Und auch schon mal ein „Moratorium“

»Die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie zeichnete sich durch mehrere Besonderheiten aus: Die übliche Forderungsdiskussion in den Betrieben und Tarifkommissionen fand diesmal nicht statt. Erstmals verzichtete die IG Metall auch auf eine konkrete, bezifferte Lohnforderung. Stattdessen konzentrierte sich die Gewerkschaft auf ihr Hauptziel die Beschäftigungssicherung. In intensiven Sondierungsgesprächen lotete sie Möglichkeiten der Beschäftigungssicherung aus. Bereits weit vor dem Kündigungstermin und nach nur zwei Verhandlungsrunden einigten sich die Tarifparteien auf ein neues Tarifabkommen.«

Das stammt aus einer Beschreibung der tarifpolitischen Landschaft im Frühjahr 2010. Hier das Original, aus dem das Zitat entnommen wurde:

➔ Reinhard Bispinck und WSI-Tarifarchiv (2010): Tarifpolitischer Halbjahresbericht. Eine Zwischenbilanz der Lohn- und Gehaltsrunde 2010, Düsseldorf, Juli 2010

Und weiter kann man den Ausführungen (S. 7 f.) entnehmen: »Der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie vom November 2008 lief nach 18 Monaten Ende April 2010 aus. Doch bereits im Herbst 2009 setzte bei den Tarifvertragsparteien eine Diskussion ein, mit welchen (auch tarifpolitischen) Mitteln der tief greifenden wirtschaftlichen Krise und den daraus resultierenden Beschäftigungsrisiken begegnet werden könnte. Die IG Metall hatte ihre betriebspolitischen Aktivitäten auf ein „Moratorium in Sachen Entlassungen“ … konzentriert. Insbesondere durch eine intensive Nutzung des Elements der Kurzarbeit sollten betriebsbedingte Entlassungen vermieden werden.«

Und hinsichtlich der Gesamtheit der Tarifabschlüsse kamen Bispinck/WSI-Tarifarchiv (2010) zu dem Befund: »Im Jahr 2 nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise machen sich die Schleif- und Bremsspuren der ökonomischen Entwicklung unübersehbar auch in der Tarifpolitik bemerkbar. Nachdem bereits im vergangenen Jahr die Tarifabschlüsse erkennbar niedriger ausfielen als noch im Jahr zuvor, sind die Tarifsteigerungen der diesjährigen Abschlüsse unter dem Druck der anhaltenden Krise noch einmal kräftig zurückgegangen. In einer ganzen Reihe von Branchen wurden für dieses Jahr überwiegend Pauschalzahlungen vereinbart, die nicht zu dauerhaft tabellenwirksamen Tarifanhebungen führen. Auf diese Weise konnte einerseits aktuell der (relativ geringe) Anstieg der Verbrau- cherpreise ausgeglichen werden, andererseits profitieren die Arbeitgeber langfristig von dem zumindest vorübergehend „eingefrorenen“ Tarifsockel. Die Tarifentwicklung dieses Jahres wurde positiv von den länger laufenden besseren Abschlüssen des Vorjahres beeinflusst … Die Tarifpolitik der Gewerkschaften konzentrierte sich vor allem in den Industriebereichen vorrangig auf Beschäftigungssicherung in der Sorge, dass die „Brücke“ der Kurzarbeit nicht bis ans rettende Ufer einer stabilen Beschäftigungsentwicklung reichen könnte.«

2020: Beschäftigungssicherung erneut als zentrales Ziel der Tarifpolitik der IG Metall

Nun haben wir im Jahr 2020 keine Weltwirtschaftskrise als Folge einer globalen Finanzkrise. Aber auch aus Sicht der Gewerkschaft haben wir derzeit nicht nur eine, einen Teil der Kernbeschäftigung in der Metall- und Elektroindustrie bedrohende Krise, sondern mehrere. In den Worten der IG Metall selbst:

»Die Metall- und Elektroindustrie steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Elektromobilität, Digitalisierung der Produktion und Produkte sowie Klimawandel und Energiewende stellen hohe Anforderungen an die Betriebe. Die notwendige Transformation ist aber in vielen Betrieben noch nicht auf den Weg gebracht. Im Ergebnis sind in der Metall- und Elektroindustrie viele Arbeitsplätze und sogar ganze Standorte gefährdet … Zudem herrscht Unsicherheit über die weitere konjunkturelle Entwicklung … Daher schlägt die IG Metall den Arbeitgebern ein „Moratorium für einen fairen Wandel“ und Verhandlungen über ein Zukunftspaket vor. Ziel ist es, dass die Arbeitgeber gemeinsam mit der IG Metall die Zukunft der Beschäftigten sichern, indem sie auf Personalabbau, Ausgliederungen, Standortschließungen und Verlagerungen verzichten und sich stattdessen in Zukunftstarifverträgen verpflichten, durch Investitionen und Qualifizierung Beschäftigung, Standorte und Zukunftsperspektiven zu sichern und entwickeln.«

Man kann es auch so ausdrücken: »Die diesjährige Tarifrunde für die bundesdeutsche Metall- und Elektroindustrie wird von Krisenmeldungen in der Automobil- und Stahlindustrie überschattet. So richtet die IG Metall-Spitze ihr Augenmerk auf eine Verteidigung bestehender, tarifvertraglich abgesicherter Arbeitsplätze in ihren industriellen Bastionen.« Das schreibt Hans-Gerd Öfinger unter der Überschrift Tarifrunde in schwierigen Zeiten. Und er zitiert den IG-Metall-Vorsitzenden Hofmann: »Auch wenn große deutsche Automobilkonzerne vor dem Hintergrund einer Absatzkrise bislang auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, ist die Lage in etlichen Zuliefererbetrieben dramatisch – Leiharbeiter sind die größten Verlierer. »In den letzten sechs Monaten wurden allein in der Autoindustrie 30.000 Leiharbeiter abgemeldet«, erklärte Hofmann.«

Bekanntlich hat alles seinen Preis. Welchen Preis verlangt die IG Metall für die angebotene Lohnzurückhaltung?

Die Unternehmen der Metall- und Elektrobranche sollen sich bis zum 3. Februar entscheiden, ob sie zu dem angebotenen „Moratorium für einen fairen Wandel“ bereit sind. Das sieht für die Arbeitgeberseite einige Gegenleistungen vor:

➔ »Die Arbeitgeber erklären sich bereit, keine einseitigen Maßnahmen zum Personalabbau, zu Ausgliederungen, zur Verlagerung von Produkten und zur Schließung von Standorten zu ergreifen.«
➔ »Die Arbeitgeber verpflichten sich, auf Verlangen der IG Metall Verhandlungen zu betrieblichen Zukunftstarifverträgen zu führen. Ziel ist die Festlegung konkreter Investitions- und Produktperspektiven für Standorte und Beschäftigte, Vereinbarungen über Maßnahmen zur Personalentwicklung und entsprechenden Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung und zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.«

Und wenn die Arbeitgeber dazu bereit wären, dann würde sich die Gewerkschaft mit ihnen auf die folgenden Punkte verständigen:

➔ »Bei Unterauslastung einzelner Beschäftigtengruppen soll vorrangig eine
Reduzierung des Arbeitsvolumens ohne Entgeltabsenkung erfolgen. Etwa durch die Nutzung von Arbeitszeitkonten, Kurzarbeit mit Aufzahlung und Arbeitszeitabsenkung mit Teillohnausgleich.«
➔ »Jeder Beschäftigte hat analog der Regeln zur Bildungsteilzeit Anspruch auf eine geförderte berufliche Qualifizierung im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes.«
➔ »Die Quoten für Altersteilzeit und andere Modelle des flexiblen Übergangs in die Rente werden entsprechend der demographischen Entwicklung erhöht.«

Nun wird der eine oder andere aufmerksame Leser erkannt haben, dass die IG Metall hier offensichtlich auch der Politik eine unterstützende Rolle zuschreibt, nicht im proklamatorischen Sinne, sondern ganz handfest auch in Form von Geld, das seitens der öffentlichen Hand bereit gestellt werden soll. Dem „Moratorium“ kann man diese konkreten Hausaufgaben für die Bundespolitik entnehmen:

➞ Erleichterung des Zugangs zur Kurzarbeit – etwa durch den Wegfall der Drittelerfordernis – und die Erstattung der Sozialabgaben – etwa bei der Kombination mit Qualifizierung – sowie die Verlängerung der Bezugsdauer auf 24 Monate.
➞ Öffnung des Qualifizierungschancengesetzes für Anträge für Beschäftigtengruppen und Wegfall weiterer bürokratischer Hemmnisse.
➞ Wegfall der Fördereinschränkung beim Transferkurzarbeitergeld auf ältere sowie un- und angelernte Beschäftigte und dessen Verlängerung auf bis zu 24 Monate.
Die Politik ist aufgefordert, diese Rahmenbedingungen für darauf aufbauende Tarifverträge schnell zu schaffen und damit ihren Beitrag für mehr Sicherheit im Wandel zu leisten.

Zumindest der sozialdemokratische Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat bereits vor einige Zeit große Sympathien für die Forderung der Gewerkschaften – und hinsichtlich der Ausweitung der Kurzarbeitergeld-Regelung auch von den Arbeitgebern unterstützt – erkennen lassen. Sogar einen den Transformationsprozess der Industrie explizit unterstützenden Gesetzentwurf aus seinem Haus kennen wir mittlerweile. Vgl. dazu ausführlicher den Beitrag Jenseits der sympathieheischenden Namens-Kapriolen des Gesetzgebers: Anmerkungen zur Ambivalenz der Kurzarbeit vor dem Hintergrund des angekündigten „Arbeit-von-morgen“-Gesetzes vom 14. August 2019.

Schlussendlich sei noch darauf hingewiesen, dass die IG Metall wenigstens eine eher symbolische, aber exklusive Mitgift für die eigenen Gewerkschaftsmitglieder haben möchte – einen sogenannte „Nachhaltigkeitsbonus“: »Klimaschutz verlangt die Veränderung des individuellen Verhaltens. Dies erfordert bezahlbare Mobilität und Energie für alle. Die damit verbundenen Mehrkosten dürfen nicht allein auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Daher schlägt der Vorstand der IG Metall vor, für die Mitglieder der IG Metall einen Nachhaltigkeitsbonus zu verhandeln. Dieser Bonus kann beispielsweise eingesetzt werden für
➞ Zuschüsse zu ÖPNV Tickets
➞ Laden von Elektrofahrzeugen
➞ Leasing von E-Bikes
Zuschüsse zu Stromverträgen aus regenerativer Energie („Grüner Strom“).«

Man wird abwarten müssen, ob die Arbeitgeber-Seite auf dieses Angebot der IG Metall eingehen wird.

Fazit: Von der gesamtwirtschaftlichen Verantwortungshaltung der IG Metall zur Frage nach den Lohnerhöhungen, die an anderer Stelle notwendig und möglich wären

Gerade die IG Metall hat, wenn man objektiv hinschaut, den schlussendlich nie auflösbaren Spagat zwischen einer verständlichen Interessenorientierung zugunsten der eigenen (Kern)Mitgliedschaft, also den (noch) abgesicherten Insidern, und einer Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen, strukturellen Herausforderungen immer schon professionell gemanagt. Und auch wenn es leicht fällt, von außen Kritik an Lohnzurückhaltung zu üben – die IG Metall weiß um die konkrete betriebswirtschaftliche Situation in den meisten Unternehmen und sie ist als Industriegewerkschaft immer auch mit dem wahrlich nicht nur theoretischen Argument konfrontiert, dass die industrielle Wertschöpfung auch verlagert werden kann (und wird). Insofern ist es mehr als nur nachvollziehbar, wenn man in der gegenwärtigen Situation Zurückhaltung hinsichtlich einer ordentlichen Lohnzurückhaltung übt.

Das gilt aber nicht generell für alle Branchen. Denn gerade in den wachsenden Dienstleistungsbereichen unserer Volkswirtschaften, die nicht nur hinsichtlich der dort beschäftigten Menschen von zunehmender Bedeutung sind, sondern wo es teilweise auch deutlich niedrigere Löhne gibt, besteht erhebliche Nachholbedarf. Zugleich handelt es sich hier um Bereiche, bei denen eine kostensenkungsmotivierte Verlagerung ins Ausland kaum oder gar nicht möglich ist. Bei den meisten Dienstleistungen aber sind wir mit erheblichen Problemen der gewerkschaftlichen Durchsetzung besserer Vergütungen konfrontiert, was nicht nur an der hier besonders relevanten Gewerkschaft ver.di liegt, sondern auch an den betroffenen Arbeitnehmern selbst, die sich aus ganz unterschiedlichen Gründen, unterm Strich aber fatalerweise durch niedrige, sehr niedrige Organisationsgrade „auszeichnen“, was natürlich die immer vorhandene Asymmetrie zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugunsten der letzteren vergrößert.

Beides im Zusammenspiel, also die durchaus auch volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigende Tarifpolitik der Gewerkschaften sowie die tarifpolitischen Schwächen im Dienstleistungsbereich, haben in der Gesamtbilanz zu diesem Ergebnis geführt:

Über viele Jahre hinweg haben die Gewerkschaften in der Gesamtbilanz eine Politik der Lohnzurückhaltung – wie sie immer wieder von den Arbeitgebern und ihnen nahestehenden Ökonomen gefordert wird – betrieben. Lediglich in den zurückliegenden Jahren seit 2013 gab es insgesamt Tarifabschlüsse, die moderat etwas über dem Verteilungsspielraum lagen und die letztendlich die wirklich gute Arbeitsmarktlage widerspiegeln.

Während die IG Metall in einen harten Kampf um den Erhalt bestehender Beschäftigung getrieben wird, geht es in anderen, noch wachsenden Branchen ebenfalls um die Frage, wie man sich tarifpolitisch aufstellt: Insgesamt verhandeln die DGB-Gewerkschaften im Jahr 2020 für mehr als 10 Millionen Beschäftigte neue Vergütungstarifverträge. Eine Übersicht über die Kündigungstermine, wo also Tarifverträge auslaufen, findet man hier. Und neben vielen anderen kleineren Bereichen wird es eine ganz große Hausnummer geben: Im August 2019 laufen die derzeit gültigen Vergütungstarifverträge im öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden aus, hier geht es um 2.712.000 Beschäftigte. Wieder einmal werden sich alle Augen auf ver.di richten.