Busfahrer, die echt alt aussehen – das hat Folgen (nicht nur) für die (dringend notwendige) Verkehrswende

Es ist ja nicht so, als wenn nicht gleichsam pausenlos darauf hingewiesen wird, was auf uns zukommt in den kommenden Jahren (genau genommen hat das schon seit einiger Zeit an Fahrt aufgenommen), wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen: »Ob Bus- und Lkw-Fahrer, Gärtner oder Maurer: Der Fachkräftemangel in vielen Berufen in Deutschland dürfte sich mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Babyboomer-Generation noch verschärfen«, so beispielsweise diese Meldung aus dem Januar 2025: Wenn die Babyboomer in Rente gehen, wird es eng. »Besonders betroffen sind unterschiedliche Berufe im Bereich Verkehr: So waren etwa 44 Prozent der Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen 2023 mindestens 55 Jahre alt. Auch rund 40 Prozent der Berufskraftfahrer im Gütertransport sind mindestens 55 Jahre alt. Unter den Straßen- und Tunnelwärtern – die etwa für Verkehrssicherheit, Winterdienst und die Instandhaltung von Straßen sorgen – gehört ein Drittel zur Altersgruppe 55plus.«

Vor allem mit Blick auf die im Kernbereich des ÖPNV tätigen Busfahrer wurde hier im vergangenen Jahr explizit auf die besonders herausfordernde Altersstruktur hingewiesen, also es mal Warnstreikaktionen im öffentlichen Dienst der Kommunen gab: Und da ist der nächste Streik. Nach den Lokführern machen es die Busfahrer im öffentlichen Nahverkehr. Bei denen geht es vor allem um Zeit, so ist der Beitrag vom 4. Februar 2024 überschrieben. Dem Beitrag kann man entnehmen:

»Wenn man zur Kenntnis nimmt, dass mehr als 40 Prozent (!) der heutige tätigen Bus- und Straßenbahnfahrer älter als 55 Jahre sind, dann kann man sich vorstellen, in welcher Größenordnung sich allein der Ersatzbedarf für das altersbedingt in den unmittelbar vor uns liegenden Jahren bewegen wird. Hinzu kommen dann erhebliche Zusatzbedarfe, sollte a) die proklamierte Verkehrswende tatsächlich umgesetzt werden und b) wenn man die Arbeitsbedingungen tatsächlich wie seitens der Gewerkschaft gefordert durch Entlastungselemente verbessert, was natürlich zu einem entsprechend höheren Arbeitskräftebedarf führt.
Und wir sprechen hier nicht von irgendeiner Tätigkeit, für die man schnell jeden und jede schulen kann, sondern es geht um Fachkräfte, die zugleich eine hohe Verantwortung haben gegenüber Dritten. Der Beruf Bus- und Straßenbahnfahrer zählt laut der Bundesagentur für Arbeit heute schon zu den sogenannten Engpassberufen.«

Zur Altersstruktur gab es eine passende Abbildung:

Der Beitrag endete mit diesem Fazit: »Um diejenigen, die heute (noch) tätig sind als Fahrer, vor allem die überdurchschnittlich vielen Älteren, so lange wie möglich an Bord zu halten, müssen die Arbeitsbedingungen tatsächlich verbessert werden durch mehr Luft bei der Arbeitszeit – gleichzeitig muss eine groß dimensionierte Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive mit Blick auf den Ersatz- und Zusatzbedarf gestartet werden. Man darf nicht noch mehr wertvolle Zeit verlieren.«

Und ein weiteres Jahr ist ins Land gezogen

Mittlerweile haben wir Sommer 2025, gut anderthalb Jahre nach dem letzten Beitrag. Und was bekommt man zu lesen?

Katharina Bruns hat ihren Artikel aus dem Mai 2025 so überschrieben: Die Busfahrer fehlen – und das hat Folgen: »Tausende Busfahrer fehlen im Land. In den kommenden Jahren wird diese Zahl durch vermehrte Renteneintritte steigen. Die Auswirkungen bekommen nicht nur ÖPNV-Nutzer deutlich zu spüren.«

Sie nähert sich dem Thema nicht von oben und mit irgendwelchen abstrakt daherkommenden Zahlen, sondern so:

»Draußen ist es noch stockfinster, kein Mensch ist auf den Straßen zu sehen. Der 31-jährige Messi Azar beginnt seine Fahrt im Busdepot in Wiesbaden. Knapp 20 Minuten fährt er von hier aus erst einmal ganz allein. Diese Zeit am Morgen genießt er besonders. Denn sobald der Bus sich füllt, ist Azar verantwortlich für Hunderte von Menschen. Vor zwei Jahren wurde er von einem Pkw auf der Busspur geschnitten und musste eine Vollbremsung einlegen, mehrere Menschen im Bus verletzten sich dabei. Daran muss er heute immer noch denken. „So viel Spaß der Job mir auch macht: Man muss immer aufmerksam bleiben. Man kann sich nicht erlauben, Fehler zu machen. Die werden immens bestraft.“
Das ist nur ein Faktor, der den Job des Busfahrers anspruchsvoll macht. Unregelmäßige Schichten, Wochenendarbeit, vergleichsweise niedrige Löhne, aber auch psychischer Druck durch enge Fahrpläne und zunehmende Konflikte mit Fahrgästen führen dazu, dass viele ältere Beschäftigte dem Beruf frühzeitig den Rücken kehren. Gleichzeitig sind junge Fahrer wie Azar rar.«

Und schon landen wir dann doch auf der ganz großen Bühne:

»Schon jetzt fehlen deutschlandweit laut dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) rund 20.000 Busfahrer im ÖPNV. Das führt bei rund 65 Prozent der Unternehmen dazu, dass Fahrten ausfallen. Laut Prognosen des BDO könnte sich diese Zahl bis 2030 auf bis zu 65.000 erhöhen, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.«

Der Spitzenverband der deutschen Busbranche, der die Interessen der privaten und mittelständischen Unternehmen aus dem Bereich Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienbus vertritt, kommt sogar zu deutlich höheren Anteilswerten, was die „silver worker“ angeht: »Laut aktuellen Zahlen des BDO sind etwa 57 Prozent der Bus- und Straßenbahnfahrer älter als 55 Jahre, jährlich gehen 4.000 bis 6.000 von ihnen in den Ruhestand.«

Warum gibt es so viele Ältere in der Branche? »Die hohe Quote von älteren Fahrern kommt daher, „dass viele ÖPNV-Unternehmen in den 1990er-Jahren aus Spargründen nicht eingestellt haben“, sagt Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Die Zahl der Babyboomer sei also überproportional hoch.«

Während die betroffenen Arbeitnehmer und die für sie zuständige Gewerkschaft Verdi bessere Arbeitsbedingungen fordern (und dabei vor allem zeitliche Entlastungen einfordern), haben die Arbeitgeber andere Stellschrauben im Blick:

»Andere Voraussetzungen brauche es auch auf dem Weg zum Beruf des Busfahrers, fordert etwa der Landesverband Hessischer Omnibusunternehmen (LHO). Die Kosten für die Ausbildung und damit auch die Einstiegshürden in den Beruf seien immer noch viel zu hoch, so LHO-Geschäftsführer Volker Tuchan: „Die Kosten für den Busführerschein und die notwendige Berufskraftfahrerqualifikation liegen bei 10.000 bis 12.000 Euro. Ohne Förderung durch die Arbeitsagentur beziehungsweise das Jobcenter oder das Unternehmen selbst kann dies kaum gestemmt werden.“ In anderen EU-Ländern lägen die Kosten allgemein wesentlich geringer, da weniger Pflichtstunden abgeleistet werden müssten.
Hinzu kommt laut BDO, dass die deutschen Ausbildungsvorgaben weit über das EU-Recht hinausgehen: „Diese bürokratischen nationalen Vorschriften sowie die hohe Anzahl von Pflichtstunden führen dazu, dass die deutsche Busfahrausbildung im europäischen Vergleich massiv überteuert ist und aufgrund der bürokratischen Ausgestaltung an Attraktivität einbüßt.“ Die Pflichtstunden müssten deshalb reduziert werden.«

Und natürlich darf das Schielen auf (potenzielle) ausländische Arbeitskräfte wie in anderen Branchen auch nicht fehlen:

»Ein weiteres Hindernis sind auch die Hürden bei der Anerkennung ausländischer Busführerscheine, beklagt der BDO. Zwar sei der europäische Arbeitsmarkt mittlerweile nahezu ausgeschöpft, aber in Drittstaaten stecke noch großes Potenzial. „Leider wird die Anwerbung dieser dringend benötigten Fahrerinnen und Fahrer durch die fehlende Anerkennung ihrer Qualifikationen erschwert“, so der BDO. „In Deutschland kann im Gegensatz zu anderen Ländern die Berufskraftfahrerqualifikation nur in deutscher Sprache absolviert werden.“«

Und es ist nicht so, dass die Politik das nicht zur Kenntnis genommen hat: »Die alte Bundesregierung habe auch schon reagiert und wirksame Maßnahmen wie die Reduktion der Pflichtstunden und die Möglichkeit der fremdsprachigen Prüfungen für die Berufskraftfahrerqualifikation auf den Weg gebracht.« Nun ist das wie so vieles anderes auch durch den vorzeitige Bruch der Ampelkoalition auf der Umsetzungsschiene stehen geblieben. Die neue Bundesregierung, in der ja auch ein Teil der alten enthalten ist, müsse das nun schnell auf den Weg bringen, so die Arbeitgeberseite.

Aber nicht alle Arbeitgeber fordern nur was von „der“ Politik, sondern es wird auch was gemacht (wie in anderen Branchen mit ähnlichen Engpasssituationen auf der Personalseite ebenfalls viele Register gezogen werden müssen. Dazu nur als Beispiel weiterführend: „Wir sind vor allem damit beschäftigt, Wohnungen, Zimmer und Autos zu vermieten“: »Deutschland fehlen Busfahrer. Ein Busunternehmer erzählt vom verzweifelten Unterfangen, den Betrieb aufrechterhalten zu können.«

Und was bedeutet das für die in Sonntagsreden vielbeschworene Verkehrswende?

Die in Rente gehenden Busfahrer und der dadurch entstehende Mangel werden auch zu einem Problem für die Verkehrswende und den Kampf gegen den Klimawandel, denn es sei zu befürchten, dass ein Ausbau des ÖPNV durch die Entwicklung tatsächlich ausgebremst wird:

Denn laut einer Studie im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland und der Gewerkschaft ver.di sind, um schon das aktuelle Fahrtenangebot zu halten, bis 2030 etwa 63.000 altersbedingt freiwerdende Stellen im kommunalen ÖPNV neu zu besetzen. Für eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030, wie es die ehemalige Bundesregierung angestrebt hat, sind etwa 87.000 weitere Fachkräfte notwendig.