In dem zwischen SPD, Bündnis’90/Die Grünen und der FDP 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag taucht das Klimageld expressis verbis einmal auf: »Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).« (S. 49). Man muss diese „schlanke“ Formulierung, die man zur Not wieder zurückholen oder liegen lassen kann (weil man zwar wollen würde, aber aufgrund „nicht-vorhersehbarer“ Detailprobleme nicht können kann), auch vor dem Hintergrund der Versprechungen aller drei Koalitionsparteien vor der Wahl sehen und einordnen: Im SPD-Wahlprogramm hieß es „Pro-Kopf-Bonus“, die Grünen sprachen von „Energiegeld“, die FDP von „Klimadividende“. In dem Beitrag Eine „aktuelle“ Umfrage hat ergeben … Umweltbewusstsein, die offene soziale Frage und das Klimageld hinter den Kulissen, der hier am 6. August 2023 veröffentlicht wurde, findet man dann aber zahlreiche skeptische Hinweise, die nahelegen, dass eine Realisierung dieser Kopfgeburt mindestens noch auf sich warten lassen wird. Möglicherweise wird das auch in dieser Legislaturperiode zu den berühmten Akten der unvollendeten Vorhaben gelegt werden (müssen). Auch deshalb, weil die Finanzmittel, die man für diesen sozialpolitischen Kompensationsmechanismus braucht, eigentlich da sind, aber die klebrigen Finger der Ampel-Koalitionäre haben in den dafür vorgesehenen Topf gegriffen und man verwendet die Gelder für ganz andere Anliegen, so dass sich herausstellen könnte/wird, dass man dann, wenn das Klimageld kommen soll, schlichtweg nichts mehr in der Schatulle hat.
Das sozialpolitisch hoch relevante Klimageld muss in diesem Kontext verortet werden: »Das Klimageld soll Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit verknüpfen – und gilt damit als zentraler Baustein für die gesellschaftliche Akzeptanz von Klimapolitik … Funktionieren soll der Mechanismus so: Der Staat verteuert den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 und gibt die Einnahmen den Bürgern zurück – und zwar allen gleich viel. Weil Menschen statistisch mehr CO2 ausstoßen, je mehr Geld sie haben, etwa durch mehr Flugreisen, größere Autos und größere Wohnungen, findet damit eine Umverteilung von oben nach unten statt.« So Daniel Pokraka in seinem Artikel Wo bleibt das Klimageld?. Dort wird der Finger auf die Wunde gelegt: »Während Teil 1 des Mechanismus – die Verteuerung des CO2-Ausstoßes – beschlossen ist, lässt Teil 2 – die Rückzahlung an die Bürger in Form eines Klimageldes – auf sich warten.«
Der von der Vorgängerregierung beschlossene CO2-Preis betrug bei der Einführung 2021 zunächst 25 Euro pro Tonne und wurde im Folgejahr auf 30 Euro erhöht. Wegen der durch Russlands Angriff auf die Ukraine befeuerten Energiepreiskrise hielt die Ampelkoalition den Preis in diesem Jahr stabil. Nun hat die Bundesregierung beschlossen, dass der Preis im kommenden Jahr auf 40 Euro steigt. Die Erhöhung um zehn Euro entspricht bei einem Liter Benzin etwa 2,8 Cent, bei Diesel 3,2 Cent.
Zum 1. Januar 2024 wird der CO2-Preis also auf 40 Euro pro Tonne steigen, 2025 dann auf 50 Euro pro Tonne. Bisher war für das kommende Jahr ein CO2-Preis von 35 Euro vorgesehen – derzeit liegt er bei 30 Euro. Auch mit den 40 Euro bleibt die Bundesregierung unterhalb des ursprünglich 2020 beschlossenen CO2-Preises, der für 2024 eigentlich 45 Euro vorgesehen hatte. Der nationale CO2-Preis gilt auch für Firmen, allerdings gibt es Ausgleichsmaßnahmen für Unternehmen, wenn die CO2-Bepreisung zu einer Benachteiligung im internationalen Wettbewerb führt. Der weitere Preispfad ist unklar. Hintergrund ist, dass das EU-Emissionshandelssystem ab 2027 auf den Verkehrs- und Gebäudebereich ausgeweitet werden soll. Das hat dann Folgen auch für das nationale System. Im Finanzplan des KTF-Wirtschaftsplans sind im Jahr 2027 Einnahmen von rund 21,9 Milliarden Euro verzeichnet, was auf einen deutlich steigenden CO2-Preis hindeutet.
➔ Was hat es mit dem „Klimageld“ auf sich bzw. was könnte das sein? »Die Idee dahinter ist einfach: Jeder in Deutschland bekommt eine Summe auf sein Konto ausgezahlt, die den politisch beschlossenen Preisaufschlag für jede durch Öl, Benzin, Diesel oder Gas ausgestoßene Tonne Kohlendioxid ausgleicht. Der Staat gibt Zusatzeinnahmen an der einen Stelle auf anderem Weg zurück: Der Vorteil: Wer sich klimabewusst verhält und den Verbrauch einschränkt, dem bleibt Geld übrig. Bei einem CO₂-Preis von 60 Euro, wie er für 2026 vorgesehen ist, nähme der Staat rund 14 Milliarden Euro ein und könnte jedem Bürger etwa 170 Euro zurückzahlen.« (Quelle: Doch kein Klimageld als Ausgleich?: Auch während der Sommerpause gibt es in der Ampel Zoff).
Die verteilungspolitische Bedeutung eines Klimageldes wird in der Studie Verkehrs- und Wärmewende: CO2-Bepreisung stärken, Klimageld einführen, Anpassungskosten verringern von Stefan Bach et al. (2023), herausgearbeitet: »Der geplante Anstieg der CO2-Bepreisung bei Verkehr und Wärme wird die Preise weiter erhöhen. Diese Belastungen sind ungleich verteilt und wirken regressiv, da arme Haushalte in Relation zum Nettoeinkommen deutlich stärker belastet werden als reiche Haushalte. Eine Auszahlung des Aufkommens der CO2-Bepreisung als einheitliches Klimageld je Person reduziert die regressive Wirkung deutlich.« Sie weisen zugleich auf die Notwendigkeit gezielter weiterer Entlastungen bei bestimmten Fallkonstellationen hin: »Besonders betroffene Haushalte mit hohem Energieverbrauch und mit geringen Einkommen sollten allerdings zusätzlich entlastet oder stärker bei der Energieeinsparung unterstützt werden.« In einem Interview mit Stefan Bach vom DIW, einem der Studienautoren, wird ausgeführt: »Der CO2-Preis soll bis 2026 auf 60 Euro je Tonne CO2 steigen. Längerfristig braucht man aber stärkere Anreize, um nennenswerte Verhaltensreaktionen auszulösen. Wir rechnen ein Szenario mit einem deutlichen Anstieg des CO2-Preises auf bis zu 150 Euro je Tonne 2035. Das würde für die Kraftstoffe eine Verteuerung von 40 Prozent und bei Gas und Heizöl von 80 Prozent bedeuten.« Die Belastung ist in Abhängigkeit vom Haushaltseinkommen sehr ungleich verteilt – die man (teil-)kompensieren könnte: »Die CO2-Bepreisung generiert Einnahmen für den Staat, die für ein Klimageld verwendet werden können. Wenn man dieses Geld an alle Bürgerinnen und Bürger verteilt, könnte man einen Betrag von bis zu 420 Euro pro Person finanzieren. Das würde diesen ungleichen und ungerechten Verteilungswirkungen deutlich entgegenwirken.« Und Stefan Bach ergänzt: »Natürlich gibt es Härtefälle, für die man besondere Hilfen vorsehen muss. Gleichzeitig könnte man überlegen, ob man die wohlhabenderen Haushalte, die diese Hilfe nicht unbedingt brauchen, weniger entlastet.« (vgl. „Klimageld mildert ungleiche Belastungen durch höhere Preise für fossile Energien“).
Marcel Fratzscher hat die Studie aus seinem Institut in diesem Beitrag aufgegriffen: Die Verweigerung des Klimageldes verschärft die soziale Ungleichheit: Die mit der CO2-Bepreisung einhergehende Steigerung beispielsweise (und nicht nur) der Heizkosten »zeigt in bedrückender Art und Weise, welche massiven Zusatzbelastungen Haushalte mit geringen Einkommen künftig erwarten. Und ein Teil davon ist verursacht durch die CO₂-Steuer. Um an dieser Stelle nicht missverstanden zu werden: Die Steuer ist richtig und notwendig, weil durch sie die wirklichen Kosten des Verbrauchs von fossilen Energieträgern für Umwelt und Klima etwas realistischer widergespiegelt werden. Sie kann dazu beitragen, unseren Energieverbrauch und dadurch verursachte Emissionen zu reduzieren. Dennoch kann die CO₂-Bepreisung nur dann zum Erfolgskonzept werden, wenn wirksame soziale Ausgleichsmechanismen in Kraft treten. Noch eindeutiger wird diese Notwendigkeit, wenn man betrachtet, dass die genannten Belastungen lediglich Durchschnittswerte darstellen und somit viele Härtefälle ignorieren, etwa bei Familien mit geringem Einkommen.« Die DIW-Berechnungen haben gezeigt, »dass unter den Einkommensschwächsten jeder vierte Haushalt in Zukunft sogar mehr als zehn Prozent des monatlichen Einkommens zusätzlich für Energie (inklusive CO₂-Steuer) entrichten werden muss. Für viele bedeutet das eine erhebliche Einschränkung ihres Lebensstandards.« Er verweist aber auch darauf, dass es daneben Fälle gibt, »in denen die zusätzliche Belastung geringer ausfallen wird, beispielsweise bei Haushalten in der Grundsicherung, deren Heizkosten vom Staat übernommen werden.« Sein Fazit: »Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung ihr Versprechen des Koalitionsvertrags zügig erfüllt und die zusätzlichen Einnahmen aus der CO₂-Steuer als Klimageld an die Bürgerinnen und Bürger zurückgibt.«
➔ Unabhängig davon, ob man nun ein Anhänger des Klimageld-Ansatzes ist oder eher skeptisch auf das Vorhaben an sich schaut: In der Theorie ist manches einfacher als in der Praxis der handfesten Umsetzung: Denn zum einen muss das Geld, das den Bürgern zurückgegeben werden soll, überhaupt erst einmal auch direkt bei allen ansprichsberechtigten Bürgern (wieder) ankommen – zum anderen lässt sich eine nach sozial gestaffelte Entlastung bzw. Überkompensation einfacher fordern als praktisch aufgrund nicht vorhandener Informationen auch realisieren, diese Erfahrung haben wir doch während der Energiekrise machen müssen). Bleiben wir aber bei der wichtigen Frage, wie denn ein Klimageld überhaupt zu seinen Adressaten kommen kann. Für eine direkte Auszahlung an die Bürger fehlt dem Bund derzeit ein entsprechender Zahlungsweg ohne irgendwelche Umwege. Das zuständige Bundesfinanzministerium stellt ein mögliches Anknüpfen an die Steueridentifikationsnummer in Aussicht, Details derzeit unklar. Am 23. März 2022 wurde im Koalitionsausschuss vereinbart, dass „die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für das Klimageld entwickeln“ wird. Finanzminister Lindner (FDP) wird mit diesen Einwänden zitiert: »Es fehle ein Überweisungsmechanismus, die öffentliche Verwaltung könne derzeit mit ihren IT‑Kapazitäten nur 100.000 Überweisungen pro Tag vornehmen. Die Voraussetzungen für die Auszahlung des Klimageldes zu schaffen, würde mindestens 18 Monate dauern.« Das klingt plausibel, wird doch ansonsten seitens der Politik oftmals die administrative Umsetzbarkeit ausgeblendet oder unterschätzt. Aber man darf und muss darauf hinweisen, dass mit der Familienkasse eine Einrichtung zur Verfügung stehen würde, die schon jetzt jeden Monat 17 Millionen Überweisungen innerhalb von zehn Tagen tätigt.
Das Klimageld könnte über bestehende Systeme ausgezahlt werden, etwa die Lohnsteuer-Erstattung, die Grundsicherung, die Rente oder das Kindergeld. Das würde Verwaltungskosten sparen (aber natürlich die gegebene Hyperkomplexität auf die neue Leistung übertragen). Bereits im vergangenen Jahr wurde eine Studie veröffentlicht, die einen alternativen und (angeblich) schnell realisierbaren Auszahlungsweg aufzuzeigen versucht:
➔ Maximilian Kellner et al. (2022): Entlastung der Haushalte von der CO2-Bepreisung: Klimageld vs. Absenkung der EEG-Umlage. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam, Juni 2022
In der Studie wurde versucht, nicht nur die rechtlichen und technischen Aspekte der Umsetzbarkeit zu prüfen, sondern ergänzt wurde das um eine Berücksichtigung psychologischer Aspekte bei den Empfängern. Dabei kommen die Studienautoren zu dem Ergebnis: Eine direkte Pro-Kopf-Rückerstattung als Überweisung durch die Familienkassen birgt aufgrund der geringeren erwarteten Kosten und der größeren Sichtbarkeit einige Vorteile gegenüber einer Krankenversicherungsumlage oder Verrechnung mit der Lohnsteuer durch die Arbeitgeber. Auch noch interessant: Zudem sei eine monatliche Ausschüttung aus verhaltensökonomischer Sicht einer jährlichen Zahlung vorzuziehen, da sie die Mehrbelastung durch die CO2-Bepreisung und die Entlastung zeitlich zusammenbringt und von den Empfängern eher als regelmäßiger Ausgleich für gestiegene Kosten wahrgenommen wird.
Maximilian Kellner hat darauf hingewiesen, dass bereits jetzt Kontodaten von insgesamt 75 Millionen Bundesbürgern bei Renten- und Familienkassen, Bafög-Ämtern, Arbeitsagenturen und Finanzämtern vorliegen. Die restlichen Kontodaten könnten bei den Bürgern in kurzer Zeit abgefragt werden – postalisch mit Bitte um Mitteilung per Onlineportal oder schriftlicher Rückantwort. Mit dem Jahressteuergesetz von 2022 besteht auch die rechtliche Grundlage, all diese Daten beim Bundeszentralamt für Steuern (BzSt) zusammenzufassen. Damit sollten auch die datenschutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt sein. Zu einer beschleunigtem Umsetzung der Auszahlung des Klimageldes über die Familienkassen vgl. auch diesen Beitrag aus dem September 2022: Familienkasse zahlt Klimageld aus.
Aber was, wenn die zusätzlichen Einnahmen auch wenn man das versprochen hat, gar nicht als Klimageld zurückgegeben werden können, weil sie bereits verfrühstückt wurden?
So weist Daniel Pokraka zur Beantwortung der in der Überschrift seines Beitrags gestellten Frage Wo bleibt das Klimageld? darauf hin: »Allerdings sind die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung inzwischen anderweitig verplant. Das zeigt der in dieser Woche von der Bundesregierung beschlossene Wirtschaftsplan für den Klima- und Transformationsfonds (KTF), einen milliardenschweren Topf außerhalb des eigentlichen Bundeshaushalts. Finanziert werden aus dem Fonds Investitionen, die dem Klimaschutz dienen sollen: in Gebäudesanierungen, in das Schienennetz der Bahn und viele weitere Projekte. Der Wirtschaftsplan des KTF verplant seine Einnahmen bis 2027. Es bleibt die Frage: »Welche Summe kann dann noch als Klimageld pauschal an alle Bürger ausgezahlt werden – wenn alle Mittel aus dem KTF anderweitig verplant sind?« Das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) verweist darauf, dass sich diese Frage derzeit noch gar nicht stellen würde, denn erst sei Schritt 1 zu ermöglichen, also die Schaffung eines Auszahlungsweges an die Bürger. Diese Aufgabe habe der zuständige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zu lösen, der eine solche „für 2025“ in Aussicht stellt. „Erst dann stellt sich im Schritt 2 die konkrete Finanzierungsfrage“, so das grüne Bundeswirtschaftsministerium. Haushaltsrechtlich liege bis dahin noch keine „Etatreife“ vor.
Ganz offensichtlich wird hier was auf die lange Bank der Ankündigungen geschoben – und der materielle Kern für eine Realisierung des Klimageldes wird in der Zwischenzeit für andere Dinge geplündert. Dazu muss man den Blick richten auf den bereits mehrfach angesprochenen „Klima- und Transformationsfonds (KTF)“. »Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) ist ein “Sondervermögen” abseits des Bundeshaushalts und das zentrale Instrument für Investitionen in die Energiewende und den klimagerechten Umbau der Wirtschaft. Der Fonds speist sich vor allem aus Milliardenerlösen aus dem europäischen Emissionshandel und der nationalen CO2-Bepreisung für die Bereiche Verkehr und Wärme. Unternehmen, die Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas in Verkehr bringen, müssen Verschmutzungsrechte kaufen. Der CO2-Preis soll einen Anreiz geben, auf klimafreundlichere Alternativen umzusteigen – also zum Beispiel auf Elektroautos oder auf eine Wärmepumpe«, so dieser Beitrag: Was der Klimafonds für Verbraucher bedeutet. »Die Programmausgaben sollen im Jahr 2024 bei rund 57,6 Milliarden Euro liegen – das sind rund 21,6 Milliarden Euro über den Soll-Ausgaben des Jahres 2023. Förderschwerpunkte sind laut Bundesregierung die Dekarbonisierung der Industrie, der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der E-Mobilität und die energetische Gebäudesanierung.«
➞ Auf die “Bundesförderung energieeffiziente Gebäude” entfallen laut Entwurf im kommenden Jahr rund 18,8 Milliarden Euro – fast zwei Milliarden mehr als 2023. Hintergrund ist das geplante Heizungsgesetz und die staatliche Förderung des Heizungstauschs – Details dazu sind aber immer noch unklar.
➞ Zur Unterstützung der kommunalen Wärmeplanung sollen in den kommenden Jahren rund 500 Millionen Euro bereitgestellt werden.
➞ Um das teils marode Schienennetz zu sanieren und damit die Pünktlichkeit der Züge zu erhöhen, sollen als ein weiterer Baustein bis zum Jahr 2027 aus dem KTF 12,5 Milliarden Euro kommen.
Wir sprechen hier über gewaltige Summen: Insgesamt sollen zwischen 2024 und 2027 rund 211,8 Milliarden Euro für die Aufgaben des Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt werden.
Die erste Annäherung verdeutlicht bereits, dass die Mittel aus dem KTF als Steinbruch für zahlreichen Ausgaben-Baustellen verwendet wird.
Wir sind hier konfrontiert mit einem der sogenannten „Nebenhaushalte“ – was vor allem deshalb von Bedeutung ist, weil sich die amtierende Bundesregierung vor allem seitens der FDP die Fessel einer wieder wirksamen „Schuldenbremse“ angelegt hat, die schuldenfinanzierte Investitionen erheblich erschwert (vgl. dazu und den möglichen Alternativen ausführlicher den Beitrag von Achim Truger: Die Ampel muss zum finanzpolitischen Pragmatismus zurückfinden!, in: Wirtschaftsdienst, Heft 5/2023).
Das enorme Volumen und die besondere finanzpolitische Bedeutung des KTF kann man nur historisch verstehen. Dazu Martin Polansky in seinem Beitrag Wenn der Klimafonds zur Allzweckwaffe wird: »Es war im Dezember 2021. Die Ampel-Regierung war gerade erst im Amt, da beschloss sie kurzerhand einen Nachtragshaushalt. Wichtigster Zweck: Das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ sollte üppig ausgestattet werden. Wegen der Corona-Pandemie war die Schuldenbremse zu der Zeit ausgesetzt. Aber 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen zur Bewältigung der Pandemie wurden gar nicht gebraucht. Also entschied sich die Ampel-Regierung, die Gunst der Stunde zu nutzen, und verschob die 60 Milliarden Euro in den damaligen Energie- und Klimafonds – zur späteren Verwendung für den klimagerechten Umbau des Landes. Bereits seit 2010 gibt es den Fonds, der inzwischen Klima- und Transformationsfonds (KTF) heißt. Aber erst die Ampel-Regierung hat den KTF mit ihrer 60-Milliarden-Euro-Überweisung zu dem gemacht, was er heute ist. Der Fonds ist für die Ampel das wichtigste Sondervermögen, der wichtigste Nebenhaushalt zur Finanzierung besonderer Ausgaben, die mit Klimaschutz und Transformation zu tun haben. Fördermittel jenseits des regulären Bundeshaushalts, der durch die strengen Regeln der Schuldenbremse nur begrenzten Spielraum für Investitionen lässt.«
Selbst die Subventionierung der Ansiedlung von Chip-Fabriken wird aus dem Fonds finanziert
»Auch industriepolitisch ist der Fonds von Bedeutung. Allein im nächsten Jahr sollen rund 3,7 Milliarden Euro in den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft fließen. Die Bundesregierung setzt darauf, dass Industriebranchen wie Stahl, Zement oder Chemie zukünftig klimafreundlichen Wasserstoff in der Produktion einsetzen können, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Bemerkenswert ist, dass aus dem KTF zukünftig auch Investitionen in die Mikroelektronik gefördert werden sollen. Im Wirtschaftsplan ist von einem „neuen Förderzweck“ die Rede. Und: „Die Halbleiterproduktion hat eine hohe Relevanz für klimaneutrale Technologien und ist damit für eine erfolgreiche Transformation der deutschen Wirtschaft hin zu Klimaneutralität von großer Bedeutung.“ Zuletzt hatte das Wirtschaftsministerium Milliardensubventionen für die Ansiedlung von Halbleiterwerken in Magdeburg und Dresden angekündigt. Das Geld ließe sich aus dem auf Kante genähten Bundeshaushalt nicht aufbringen. Also greift die Bundesregierung nun auf das Sondervermögen Klimafonds zurück.«
Immer wieder warnen Finanzexperten aber auch davor, dass der Fonds überbucht werden könnte, weil immer mehr Ausgaben für den Klimaschutz und andere Projekte aus dem KTF finanziert werden sollen.
Und dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein: Das „Klimageld“ und die damit eigentlich verbundenen Mittel für diese Kompensationsleistung taucht (noch?) nirgendwo auf, die vorhandenen bzw. die geplanten Mittel und Einnahmen sind aber schon verfrühstückt.
Andreas Jung, klimapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wird mit diesen Worten zitiert: Er spricht von einem „Vertrauensbruch“ durch die Ampelkoalition. Er weist darauf hin, dass das Klimageld im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. „Die Umsetzung steht in den Sternen und der Finanzierung wird jetzt der Boden entzogen“. Auch Veronika Grimm vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung »hält die Tatsache, dass im Wirtschaftsplan des KTF keine Reserve für ein Klimageld vorgesehen ist, für „nicht nachvollziehbar“. Grimm sieht dadurch die gesellschaftliche Akzeptanz der Transformation hin zu mehr Klimaschutz gefährdet.«
»Sollte das so kommen, wäre das politisch wohl vor allem für die Grünen ein Problem. Sie stellen mit Habeck den Bundeswirtschaftsminister und stehen – ob zu Recht oder zu Unrecht – ohnehin unter Verdacht, beim Klimaschutz die soziale Frage häufig nicht mitzudenken.« Aber das wäre nicht nur für die Grünen ein Problem, sondern auch von der Noch-Kanzler-Partei SPD, der doch eigentlich der soziale Ausgleich oder wenigstens die Abfederung nach unten ein besonderes Anliegen sein sollte.