Pech gehabt und hingehalten: Wenn man rententechnisch am falschen Ort zur falschen Zeit gelebt hat. Geschiedene Frauen in der DDR und eine seit vielen Jahren stillgelegte Baustelle

Im Herbst wird wieder einmal gewählt. Gleich drei Landtagswahlen stehen ins Haus: Am 1. September in Brandenburg und Sachsen, am 27. Oktober folgt dann Thüringen. Allein das ist schon Grund genug für die Parteien, „ostrelevante“ Themen in den Ring zu werfen und sich darüber profilieren zu wollen. Nicht nur, aber auch angesichts der Altersarmutsproblematik, die gerade in Ostdeutschland vor uns liegt, ist die Debatte um eine „Grundrente“, wie sie von der SPD bestritten wird, einzuordnen. Denn dort sind eine Menge Menschen von dem Thema betroffen, da für viele die Einkommen aus der Gesetzlichen Rentenversicherung die einzige Quelle sein wird, da sie weder über größere Vermögensbestände verfügen noch Betriebsrenten oder andere Alterseinkommenszuflüsse haben werden. Vor diesem Hintergrund kommt es für die SPD wahrlich nicht gut, dass die Finanzierung einer „Grundrente“, bei der keine Bedürftigkeitsprüfugn gemacht wird, auch aufgrund der (angenommenen) Entwicklung der Steuereinnahmen, die nach unten korrigiert wurde, vollständig aus Steuermittel, wie eigentlich geplant, nicht realisierbar sein wird in der Großen Koalition und sich die SPD-Minister bereits auf die Suche gemacht haben, über klassische und seit langem zu Recht kritisierte Verschiebebahnhöfe innerhalb der Sozialversicherungen Finanztöpfe aufzumachen (vgl. dazu SPD will für Grundrente Kranken- und Arbeitslosenversicherung anzapfen sowie Minister Heil sucht Geld für die Grundrente).

Vor diesem Hintergrund wird dann auch der Bundestag wieder einmal zur Bühne für diejenigen, die zeigen wollen, dass sie sich kümmern: »Der Bundestag hat am Freitag, 10. Mai 2019, erneut über die Integration des DDR-Rentenrechts in bundesdeutsches Recht im Zuge der Wiedervereinigung debattiert. Es ging dabei vor allem um jene Sonderfälle des DDR-Rechts, die aus Sicht der Antragsteller für die betroffenen Rentner heute noch Nachteile haben, weil deren Ansprüche nicht ausreichend oder gar nicht anerkannt werden – vor allem um in der DDR geschiedene Frauen, aber auch um ehemalige Bergleute.« So beginnt der Bericht des Bundestages unter der das Ergebnis der Bemühungen bereits zusammenfassenden Überschrift Oppositionsanträge zu DDR-Renten abgelehnt. Nun wird der eine oder andere vielleicht irritiert fragen: Was für Probleme bitte haben denn in der DDR geschiedene Frauen im Rentenrecht?

Offensichtlich gibt es da welche – und nicht nur, wie man vermuten könnte, die Linken, Grüne und (vielleicht?) auch die SPD werden sich dem annehmen, sondern auch eine andere Partei scheint sich das unter den parteipolitischen Nagel reißen zu wollen. Eine Partei, für die der Ausgang der Wahlen in den ostdeutschen Bundesländern von ganz besonderer Bedeutung ist, denn dort kann es möglicherweise erstmals zu der Situation kommen, dass sie stärkste Partei wird und/oder sich die Option eines Regierungsbündnisses auf Landesebene ergeben könnte: die AfD.

Angesichts dieser Perspektiven wird die AfD alles versuchen, um Themen, die gerade in Ostdeutschland besonders anfällig sind für eine Mobilisierung von Wählern, aufzugreifen. Björn Höcke, die Leitfigur der Völkisch-Nationalen in der AfD, hat das schon frühzeitig erkannt und sich entsprechend zu positionieren versucht in der Renten-Frage. Vgl. dazu den bereits am 1. Februar 2018 veröffentlichten Beitrag Konturen einer rechtspopulistischen Sozialpolitik? „Solidarischer Patriotismus“ als umstrittenes Angebot innerhalb der AfD und was das mit der Rente und Betriebsräten zu tun hat sowie Von neoliberaler Kritik am „Rentensozialismus“ bis hin zu einem „völkischen“ Rentenkonzept des national-sozialen Flügels: Anmerkungen zum rentenpolitischen Nebel in der AfD vom 7. Juni 2018.

Und nun scheint man bei der AfD ein Herz für geschiedene Frauen an den Tag legen zu wollen. Auf diesen Gedanken könnte man kommen, wenn man das hier liest: »In der DDR geschiedene Frauen leiden unter fehlender Gleichstellung bei der Rente. Der Bundestag handelt nicht – nun hat die AfD das Thema entdeckt«, so Anja Maier in ihrem Artikel Die Pech-gehabt-Frauen. Da lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen.

Aus dem Bundestag erfahren wir: »In erster Lesung berieten die Parlamentarier … die Anträge der AfD-Fraktion mit den Titeln „Rentenrechtliche Gleichstellung von Einmalzahlungen Ost und West“ (19/9971) und „Einrichtung eines Härtefallfonds zur Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der in der DDR geschiedenen Frauen“ (19/9972). Die AfD will in ihrem ersten Antrag regeln, dass in den Fällen, in denen ein Anspruch auf DDR-Prämien als Einmalzahlungen bestand, dieser Anspruch bei der Rentenberechnung berücksichtigt wird. Im zweiten Antrag fordert die Fraktion einen Vorschlag für einen steuerfinanzierten Härtefallfonds, um die Renten der auf dem Gebiet der DDR vor 1992 geschiedenen Frauen zu ergänzen.« Und aus der Debatte im Bundestag wird berichtet: »«Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) bezeichnete es als „groben Fehler“, dass bei der Rentenüberleitung die besondere Situation geschiedener Frauen nicht beachtet wurde. Darauf habe sogar schon ein Ausschuss der Vereinten Nationen hingewiesen und eine Lösung angemahnt. Bisher sei bis auf einen Satz im Koalitionsvertrag nichts geschehen. Die Betroffenen seien jedoch mittlerweile in einem fortgeschrittenen Alter, deshalb sei eine zeitnahe Lösung nötig, forderte Schielke-Ziesing.«

Nun wird der eine oder andere Leser an dieser Stelle nur Bahnhof verstehen, um was für ein Problem es hier genau geht – andere werden sich erinnern, dass das Thema hier doch schon mal in einem längeren Beitrag aufgearbeitet worden ist. Bereits am 8. März 2016 wurde der Beitrag Zu den rentenpolitischen Akten gelegt. Vom Pech (der Frauen), rententechnisch zur falschen Zeit am falschen Ort gelebt zu haben veröffentlicht.

Bereits in diesem Beitrag aus dem Jahr 2016 ging es um eine besondere Gruppe von Frauen, die rententechnisch das Pech gehabt haben, zur falschen Zeit am falschen Ort gelebt zu haben und die heute den Preis dafür zahlen müssen, dass man die Regelung ihrer Situation „vergessen“ hat. Und bis heute ist eine große Antriebsarmut zu beobachten im politischen Raum, die Probleme dieser Frauen wenigstens abzumildern. Gemeint sind die in der DDR geschiedenen Frauen. Weil sie zu DDR-Zeiten geschieden wurden, steht ihnen kein Versorgungsausgleich für gemeinsame Ehejahre zu. Das wurde im Einigungsvertrag schlicht „vergessen“. Das Problem: Die Frauen wurden zu DDR-Zeiten geschieden. Und anders als bei westdeutschen Frauen steht den ostdeutschen Frauen nach der Scheidung kein Versorgungsausgleich für gemeinsame Ehejahre zu.

Es geht zum einen um den fehlenden Versorgungsausgleich für die DDR-Geschiedenen, also der bei der Scheidung stattfindende Ausgleich der während der Ehezeit von den Eheleuten erworbenen Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters, wobei grundsätzlich die Halbteilung der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte Anwendung findet. Das ist natürlich besonders relevant für den geschiedenen Partner, der beispielsweise wegen Kindererziehung oder aus sonstigen Gründen eine eigenständige Erwerbsarbeit erheblich reduziert oder gar ganz aufgegeben hat. Die in der DDR geschiedenen Frauen sind tatsächlich in ein echtes Loch gefallen: Zum einen hat man ihnen die besonderen Renten-Regelungen für Frauen in der DDR (wo es keinen Versorgungsausgleich wie im Westen gab) mit der Rentenüberleitung genommen, zum anderen aber Regelungen der Bundesrepublik Deutschland für Geschiedene, u.a. der Versorgungsausgleich seit 1977 oder die Geschiedenen-Witwenrente, vorenthalten.

Und bereits dem damaligen Beitrag konnte man diese wichtige Information entnehmen: In den Köpfen vieler Menschen ist hinsichtlich der Frauen in der ehemaligen DDR das Bild verankert, dass die alle durchgängig gearbeitet haben, die Kinder wurden quasi vom Kreißsaal direkt in die Krippe implantiert. Aber die Wirklichkeit war weitaus komplexer und bunter. Zu dem Bild der arbeitenden Frau in der DDR, deren Kinder in Krippe, Kindergarten und Hort versorgt wurden, damit sie in Vollzeit arbeiten konnte, ist zusagen, dass das erst ab den Siebzigerjahren flächendeckend zutraf. Bis dahin hatte gut die Hälfte aller Frauen in der DDR ihre Kinder selbst betreut.

»Dass für in der DDR geschiedene Frauen aufgrund dieser Gesetzeslage eine Sonderlösung gefunden werden muss, war auch den Urhebern des Einigungsvertrags bewusst. Darin heißt es: Für die Rentenberechnung der in der DDR Geschiedenen müsse noch eine „spezialgesetzliche Regelung“ erfolgen, sobald die Angleichung der Rentensysteme abgeschlossen sei. Der Einigungsvertrag trat am 29. September 1990 in Kraft, 1991 folgte das Rentenüberleitungsgesetz. Für eine „spezialgesetzliche Regelung“ kämpfen die betroffenen Frauen bis heute.« Und das „bis heute“ bezog sich bei diesen Ausführungen auf das Jahr 2009, denn da wurde der Artikel „Wir sind nicht die Assis der Ossis!“ von Sarah Alberti veröffentlicht – und das muss nun bis in das Jahr 2019 verlängert werden.

Der für die Wiedervereinigung von den Regierungen Helmut Kohl und Lothar de Maizière eilig ausgehandelte Einigungsvertrag sah vor, dass für Frauen aus dem Osten das West-Rentenrecht erst ab dem 1. Januar 1997 gelten soll. Bis dahin sollte ein Gesetz erarbeitet und beschlossen werden, das die Anwartschaften der in der DDR-geschiedenen Frauen regelt. Ein solches Gesetz fehlt – auch noch im Jahr 2019.

1999 organisierte sich ein Teil der Betroffenen und versucht seitdem, das Thema auf die politische und gerichtliche Ebene zu bringen: Verein der in der DDR geschiedenen Frauen, so heißt die Organisation.

In den vergangenen Jahren haben Gerichte eine Vielzahl von Klagen, die einen nachträglichen Versorgungsausgleich von den geschiedenen Partnern begehrten, mit dem Hinweis auf das Rückwirkungsverbot abgewiesen.

Im politischen Raum gab es immer wieder Vorstöße, um dem Anliegen der betroffenen Frauen Rechnung zu tragen: Die Grünen stellten 2007 eine Anfrage zu der Problematik an die Bundesregierung. Die Linken folgten mit einem Lösungsvorschlag: Ein fiktiver Versorgungsausgleich, finanziert durch Steuergelder, sollte nachträglich für Gerechtigkeit sorgen.

➔ Gerechte Lösung für rentenrechtliche Situation von in der DDR Geschiedenen. Antrag der Fraktion DIE LINKE, Bundestags-Drucksache 17/3872 vom 23.11.2010

Dort wurde vorgeschlagen: »Eine Gleichstellung der in der DDR Geschiedenen mit der gleichen Personengruppe in der Bundesrepublik Deutschland wäre erreicht, wenn für die gemeinsamen Ehejahre nachträglich ein fiktiver Versorgungsausgleich durchgeführt würde, und zwar dergestalt, dass ihnen die sich ergebenden Anwartschaftsdifferenzen zugerechnet, nicht jedoch dem/der Ausgleichsverpflichteten nach normalen Versorgungsausgleich abgezogen werden.«

Doch das wurde bislang zurückgewiesen, nicht nur angesichts der damit verbundenen juristischen Fallstricke, sondern – natürlich und vor allem – aufgrund des Finanzbedarfs für eine solche Maßnahme: Nach Berechnungen der Berliner Menschenrechtlerin Marion Böker, die die Prozesse der geschiedenen Frauen seit Jahren begleitet, würde den Steuerzahler der Ausgleich insgesamt etwa 35 Milliarden Euro kosten.

So geht das seit Jahren. Die Gruppe derjenigen, um die es hier geht, wird immer kleiner: 1989 waren mehr als 800.000 Frauen betroffen. 2016 wurde ihre Zahl auf nur noch 300.000 Frauen geschätzt. Für 2019 geht man von noch 250.000 in der DDR geschiedenen Frauen aus. Man könnte auf den Gedanken kommen: Wenn man nur lange genug wartet mit einer Regelung, dann …

Man sollte dabei berücksichtigen, dass nach Schätzungen heute mehr als die Hälfte der in der DDR geschiedenen Frauen im Alter in Armut leben muss.

Selbst die Vereinten Nationen haben sich mit der Thematik beschäftigt: »Aufgrund von Initiativen des Vereins der in der DDR geschiedenen Frauen hat der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau der Vereinten Nationen bei seiner 66. Sitzung am 20. und 21. Februar 2017 in Genf zur Überprüfung der deutschen Gleichstellungspolitik die Problematik öffentlich thematisiert und sich besorgt über das Fehlen einer staatlichen Ausgleichsregelung gezeigt. Der Ausschuss empfiehlt, dass die Bundesrepublik Deutschland als Wiedergutmachung ein staatliches Entschädigungssystem zur Ergänzung der Renten von in der DDR geschiedenen Frauen einrichtet. Anfang des Jahres 2019 soll der Stand der Beseitigung dieser Diskriminierung durch den Ausschuss überprüft werden.« (Quelle: Bundestags-Drucksache Drucksache 19/220 vom 11.12.2017).

Nun aber erleben wir, wie eingangs schon berichtet, einen neuen Anlauf in dieser Frage, zumindest seitens der Oppositionsparteien im Bundestag. Von denen haben sich die Linken und die Grünen schon vor Jahren für diese Personengruppe eingesetzt. Die AfD – um das in aller Deutlichkeit zu sagen – hat sich aktuell nur an das Thema rangehängt, ohne (wie wir gleich sehen werden) einen eigenen Lösungsansatz in die Debatte einzubringen, sondern sich bei den anderen zu bedienen.

Was genau ist im Bundestag passiert? Dazu berichtet der Bundestag selbst: »Den Antrag der Linken (19/220), die Forderung der Vereinten Nationen zu den in der DDR geschiedenen Frauen sofort umzusetzen, lehnten CDU/CSU, SPD und FDP ab, während die AfD, Die Linke und die Grünen für den Antrag stimmten, zu dem ebenfalls eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/1028 neu) vorlag … Den Antrag der Grünen (19/983), eine Lösung für die rentenrechtliche Situation der in der DDR geschiedenen Frauen zu schaffen, lehnten ebenfalls die Koalitionsfraktionen und die FDP ab, während AfD, Linke und Grüne ihm zustimmen.«

Der Antrag der Linksfraktion im Bundestag stammt aus dem Jahr 2017 und beinhaltet die Aufforderung an die Bundesregierung, »einen Vorschlag für ein Entschädigungssystem zur Ergänzung der Renten von in der DDR geschiedenen Frauen vorzulegen, damit zügig dessen Diskussion mit Betroffenen und Betroffenenverbänden …erfolgen und schnellstmöglich ein Ausgleich in Kraft treten kann.« Der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages hat das mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP nun zurückgewiesen. Mit welchen Begründungen?

»Die Fraktion der CDU/CSU zeigte Verständnis für die Betroffenen, verwies jedoch auf den für die Rentenüberleitung entscheidenden Stichtag. Stichtagsregelungen seien Bestandteil vieler Sozialgesetze. Die DDR habe keinen Versorgungsausgleich gekannt. Das sei der Grund für die geringen Rentenansprüche. Auch in der Bundesrepublik Deutschland habe es bis 1977 kein obligatorisches Recht auf einen Versorgungsausgleich gegeben, danach aber schon. Viele Frauen seien dort rentenrechtlich in einer ähnlichen Situation. Das müsse man mitbedenken. In der DDR geschiedene Frauen beriefen sich mit ihren Rentenforderungen jetzt auf ein Recht, das sie in der DDR gar nicht gehabt hätten.« Und dann kommt ein wichtiger und aufschlussreicher Satz: »Die Fraktion lehne den Antrag ab und arbeite selbst an einer Lösung des Problems für Härtefälle in der nächsten Koalition.«

Wieso „in der nächsten Koalition“? Die SPD wird in dem Ausschussbericht so zitiert: »Die Fraktion der SPD stimmte dem Ziel des Antrags zu. Die Bundesregierung habe die Pflicht, sich zu der Frage der in der DDR geschiedenen Frauen zu äußern. Viele von ihnen seien durch die fehlende Berücksichtigung der strukturellen Unterschiede zwischen den in der DDR geschiedenen und den in der BRD geschiedenen Frauen in Armut geraten. Dies dürfe nicht so bleiben. Die SPD schlage daher eine Fondslösung vor, um die Notlage der in der DDR geschiedenen Frauen zu verbessern. Dies sei auch im Entwurf der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD so vorgesehen.«

Da hilft ein Blick in das Dokument der Vereinbarungen der laufenden Regierungsarbeit: Im Koalitionsvertrag 2018 zwischen CDU/CSU und SPD findet man dazu auf der Seite 93: »Für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess wollen wir einen Ausgleich durch eine Fondslösung schaffen.« War wohl nicht so gemeint, jedenfalls offensichtlich nicht für die laufende Legislaturperiode.

Offensichtlich wird hier wieder was auf die lange Bank geschoben.

»Wenn es eine Partei in der Regierung gibt, die sich zuständig fühlen sollte für die sozialen Belange der ostdeutschen Rentner, dann wäre das die SPD. Von den zurückliegenden 20 Jahren ist sie 15 in Regierungsverantwortung.« So Anja Maier in ihrem Artikel Die Pech-gehabt-Frauen. Und sie enttäuscht mögliche noch bestehende Rest-Hoffnungen auf die Sozialdemokratie: »Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SozialdemokratInnen, antwortet auf die Frage, ob die noch lebenden etwa 250.000 benachteiligten in der DDR geschiedenen Frauen auf Unterstützung durch seine SPD hoffen dürfen: „Ich habe denen nie was vorgemacht. Das Recht, das zu DDR-Zeiten gegolten hat, kann nachträglich nicht durch Gesetzgebung geheilt werden. Deswegen lehnen wir das ab.“ Und an einer anderen Stelle heißt es dann: »Wie sagt Carsten Schneider, der Parlamentarische Geschäftsführer mit Thüringer Wahlkreis? „Ich mache den Frauen lieber keine unberechtigten Hoffnungen.“«

Nein, das macht er nicht – auch hier wird an einem konkreten Fall erneut erkennbar, was das eigentliche Problem für die SPD ist, wenn es um (viele) sozialpolitische Themen geht. So wie er den betroffenen Frauen keine unberechtigten Hoffnungen machen möchte, kann man auf der anderen Seite durchaus verstehen, wenn viele keine Hoffnungen mehr mit der SPD verbinden.

Und die Grünen? Die waren ja auch schon in den vergangenen Jahren immer wieder in dieser Angelegenheit im Parlament unterwegs. Die haben bereits im vergangenen Jahr unter der verheißungsvollen Überschrift „Eine Lösung für die rentenrechtliche Situation der in der DDR geschiedenen Frauen schaffen“ einen Antrag formuliert (Bundestags-Drucksache 19/983 vom 28.02.2018).

Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, schnellstmöglich eine »Regelung zugunsten von Frauen einzuführen, die vor 1992 im Gebiet der neuen Bundesländer geschieden wurden und die ihre Erwerbsarbeit unterbrochen oder eingeschränkt haben.« Dazu werden diese beiden konkreten Punkte vorgetragen:

➞ in Anlehnung an den Versorgungsausgleich die individuellen Ansprüche der Frauen aus der Ehezeit zu ermitteln, diese zu halbieren und ihrem Rentenkonto für die Ehezeit zusätzlich die Hälfte eines durchschnittlichen Rentenanspruchs gutzuschreiben sowie
➞ den Ausgleich etwa aus Steuermitteln zu finanzieren, da ein rückwirkender Versorgungsausgleich zu Lasten des geschiedenen Ehepartners rechtlich nicht möglich ist.

Der Begründung kann man entnehmen: »Die betroffenen Frauen erhalten einen Ausgleich dafür, dass sie in der Ehe nur geringe eigene Rentenansprüche aufbauen konnten. Der Rentenanspruch wird im individuellen Fall ermittelt. In Anlehnung an den Versorgungsausgleich werden die eigenen Ansprüche auf Rente halbiert. Je niedriger die eigenen Ansprüche, umso höher der Ertrag aus der „Geschiedenen-Versorgung-Ost“. Je höher die eigenen Ansprüche, umso niedriger der Ertrag.«

Doch auch das wurde von Union und SPD verworfen.

Und was fordert nun die AfD? Dazu erfahren wir von Anja Maier: »Mittlerweile hat auch die AfD im Bundestag das Potenzial des Themas für sich entdeckt. Die Rechtspopulisten bringen an diesem Freitag gleich zwei Anträge zum Thema Ostrenten ein, für die geschiedenen Frauen fordern sie den von der SPD in den Koalitionsvertrag geschriebenen Härtefallfonds. Und die Regelung solle nicht nur von Altersarmut betroffenen Frauen zugute kommen, sondern allen Anspruchsberechtigten.«

Konkret geht es um den Antrag „Einrichtung eines Härtefallfonds zur Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der in der DDR geschiedenen Frauen“ (Bundestags-Drucksache 19/9972 vom 08.05.2019. Darin fordert die AfD die Bundesregierung auf, »einen Vorschlag für einen steuerfinanzierten Härtefallfond (sic!) zur Ergänzung der Renten der in der DDR bzw. im Beitrittsgebiet vor 1992 geschiedenen Frauen vorzulegen.«

Als Zielgruppe hat die AfD zwei Gruppen vor Augen, »insbesondere die Rentner die eine aufstockende Grundsicherung im Alter beziehen. Die Regelung soll überdies auch die Frauen begünstigen, welche zwar keine Grundsicherung im Alter beziehen, aber ihren eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf bzw. 110% dieses Betrages nicht aus ihrem eigenem Einkommen decken können.« Und was sollen die bekommen? »Zur Bestimmung der Höhe der monatlich zu leistenden Härtefondszahlungen ist ein fiktiver pauschalisierter Versorgungsausgleich der Rentenanwartschaften vorzunehmen, wobei an die Dauer der Ehe in Jahren angeknüpft werden sollte.«

Netter Versuch, sich mit Blick auf die in drei ostdeutschen Bundesländer anstehenden Wahlen die seit Jahren von den Linken und Grünen immer wieder vorgetragene Kritik und Lösungsansätze aufzugreifen und sich als „Kümmerer“ für spezifisch ostdeutsche Belange darstellen zu können.

Aber daraus wird für die Betroffenen nach der Ablehnung aller Vorstöße erst einmal – und man kann plausibel die These vertreten: auch in Zukunft – nichts. Sie haben eben wiedervereinigungsbedingtes Pech gehabt, diese Frauen.