Erwerbsarbeit im unteren Lohnbereich soll sich mehr lohnen. Von Zuverdienstgrenzen, weiterführenden Reformvorschlägen und einigen Grundsatzfragen

Wenn man die vielstimmige „Hartz IV“-Debatte der letzten Monate Revue passieren lässt, dann taucht da immer wieder eine Komponente auf, deren Veränderung auf den ersten Blick zu erstaunlichen Koalitionen führt: der Zuverdienst und seine Begrenzungen im Grundsicherungssystem. In dem von Robert Habeck von den Grünen verfassten Positionspapier Anreiz statt Sanktionen, bedarfsgerecht und bedingungslos wird unter der Überschrift „Eine Frage der Gerechtigkeit: Wer arbeitet, muss davon profitieren“ ausgeführt: »Aktuell werden je nach Einkommenshöhe 80, 90 oder gar 100 Prozent des selbstverdienten Einkommens auf Hartz IV angerechnet. Während in Deutschland immer wieder über ein zu frühes Einsetzen eines Spitzensteuersatzes von 42 Prozent geredet wird, scheinen viele nicht zu wissen, dass gerade die Menschen, die am wenigsten verdienen, 80 Prozent und mehr ihres selbstverdienten Einkommens abgeben müssen. Wir halten diesen Zustand für ungerecht und demotivierend. In einem ersten Schritt wollen wir daher erreichen, dass alle Empfänger*innen mindestens 30 Prozent des selbst verdienten Einkommens behalten können. Das klingt immer noch wenig, aber ein Beispiel verdeutlicht, was das für die Betroffenen heißt. Heute verfügt eine vierköpfige Familie mit einer erwerbstätigen Person, die 1.500 Euro brutto verdient und die zusätzlich im Hartz-Bezug aufstocken muss, über 330 Euro netto mehr, als wenn niemand in der Familie arbeiten würde und das Einkommen allein aus der Grundsicherung käme. In unserem Vorschlag steigt nun diese Differenz auf 520 Euro. Wenn erst einmal eine Kindergrundsicherung eingeführt ist, steigt das verfügbare Einkommen der Familie sogar noch weiter.«

Da bekommt der Grüne prominente Unterstützung von auf den ersten Blick erstaunlicher Seite: Hans-Werner Sinn, der mittlerweile im Ruhestand befindliche ehemalige Leiter des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung hat sich zu Wort gemeldet: »Der Ökonom Hans-Werner Sinn begrüßt den Vorschlag des Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck zur Hartz-IV-Reform«, kann man diesem Interview entnehmen: „Habecks Vorschlag hat nichts mit Hängematte zu tun“. Mit Blick auf die Ausführungen von Habeck sagt Sinn: »Er will die Anreize verstärken, eine Arbeit anzunehmen, indem das Lohnzuschusselement, das im Hartz-IV-System angelegt ist, vergrößert wird. Und zwar um die Hälfte: Von 20 Prozent auf 30. Das ist ein guter Vorschlag und hat mit sozialer Hängematte nichts zu tun. Im Gegenteil, es ist aktivierende Sozialpolitik.« Das findet er mehr als gut.

Aber er findet natürlich nicht alles gut, was Habeck zur Diskussion gestellt hat, denn in dessem Papier findet man auch die Forderung, »nicht nur die Sanktionen streichen, sondern die Garantiesicherung bedingungslos machen. Die Menschen sollen nicht gezwungen werden Termine mit dem Jobcenter zu machen oder Arbeit zu suchen. Stattdessen soll die Beratung und Weiterbildung freiwillig sein.« Das adressiert die hoch umstrittene Sanktionsfrage im Hartz IV-System. Dazu Sinn: »Den Teil finde ich weniger gut, weil er dadurch seine Anreizwirkungen wieder zunichte macht.«

Nun muss man sich erneut die ökonomische Weisheit in Erinnerung rufen, dass nichts im Leben umsonst zu haben ist. Eine Veränderung der Zuverdienstgrenzen bereits im bestehenden Grundsicherungssystem (also noch nicht einmal bei Berücksichtigung der von den Grünen ebenfalls geforderten „höheren“ Garantiesicherung) hätte erhebliche Auswirkungen auf der Ausgabenseite. Dazu findet man mit Hinweis auf eine Studie aus dem ifo („Ein Garantieeinkommen für alle“) in dem Beschluss der Bundesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft & Finanzen von Bündnis 90/Die Grünen Hartz IV hinter uns lassen. Für eine bessere soziale Sicherung vom 02.12.2018 die folgenden Angaben (S. 5):
➞  Die Senkung der Transferentzugsrate auf 70% kostet ca. 10 Milliarden Euro (diese Maßnahme wird mit „hoher Priorität“ bewertet)
➞  Die Senkung der Transferentzugsrate auf 60% kostet zusätzlich ca. 18 Milliarden Euro (hinsichtlich der Umsetzbarkeit findet man diese einschränkende Anmerkung: »Nur finanzierbar, wenn es gleichzeitig im System der Grundsicherung eine Gegenfinanzierung gibt, also z.B. Streichung des Freibetrags von 100 Euro oder hohe Transferentzugsrate für die ersten 450 Euro. Eine solche Variante mit z.B. Streichung des Freibetrages von 100 Euro und 90% Transferentzug für die ersten 450 Euro würde nur etwa 12 Mrd. Euro kosten.«)

Und man findet in dem Papier auch Euro-Beträge hinsichtlich der von vielen geforderten höheren Hartz IV-Beträge, die zugleich verdeutlichen, über welche Größenordnungen wir sprechen (müssen): »Eine Erhöhung des Regelsatzes kostet pro 50 Euro höherer Regelsatz ca. 16-18 Milliarden Euro.«

Man kann und muss an dieser Stelle auf das Kernproblem hinweisen: Jede Erhöhung des von vielen kritisierten Niveaus der Grundsicherungsleistungen hätte ceteris paribus erhebliche Auswirkungen auf die Zahl der Hartz IV-Bezieher, denn durch eine Erhöhung rutschen diejenigen, die derzeit gerade knapp oberhalb der Bedarfsgrenze liegen, in den Anspruch auf aufstockende Leistungen. Und das ist dann schon ein Problem, wenn wir viele Haushalte haben, die sich knapp oberhalb der heutigen Bedarfsgrenze durchs Leben schlagen müssen. Und davon gibt es tatsächlich viele aufgrund des überaus ausgeprägten Niedriglohnsektors in Deutschland. Vor diesem Hintergrund hat ja die Anhebung der Zuverdienstgrenzen ihre innere Logik, denn dadurch kann man ein (übrigens gesetzlich nicht mehr vorhandenes) Lohnabstandsgebot modellieren im Sinne einer unterstellten Anreizwirkung hinsichtlich der Bereitschaft, auch zu den niedrigen Löhnen arbeiten zu gehen. Aber auch diese Medaille hat ihre zweite Seite und die bedeutet konkret, dass eine Absenkung der Transferentzugsrate zu deutlich höheren Hartz IV-Bezieherzahlen führen muss, da ja der Aufstockungsbereich ausgeweitet wird. Dieser Effekt würde umso größer ausfallen, je „attraktiver“ der Bezug von Hartz IV-Leistungen gemacht wird, beispielsweise durch eine Reduktion der Sanktionen und anderer die Inanspruchnahme hemmender Augestaltungen des Systems.

Neben dieser Grundsatzfrage muss man sich klar machen, dass eine Absenkung der Zuverdienstgrenzen und eine damit verbundene Ausweitung des Aufstockungsbereichs bei nicht-veränderten Niedriglöhnen eine erhebliche Lohnsubventionierung darstellt, die zu einer Stabilisierung des Niedriglohnbereichs führen würde. Denn man verändert ja nicht die Höhe der Löhne, sondern versucht, diese erträglicher zu machen im Sinne einer „Besserstellung“ gegenüber der Grundsicherung. Hans-Werner Sinn kann das gar nicht genug loben: »Wir haben als Folge dieses staatlichen Lohnzuschusselements über eine Million ALG-II-Empfänger, die arbeiten. Beides – dass es nicht mehr so viel Geld gibt für jene, die nicht arbeiteten, also die Arbeitslosenhilfe abgeschafft wurde, und der Lohnzuschuss im ALG II, der einen über das Existenzminimum hebt, – hat den Mindestlohnanspruch gesenkt, der im alten System implizit vorhanden war. Das hat die Bruttolohnskala ausgespreizt, indem das Wachstum der niedrigen Löhne gegenüber dem Durchschnitt zurückblieb, was wiederum viele neue Geschäftsmodelle mit Geringqualifizierten rentabel gemacht hat.«

Zusätzlich verkompliziert sich die Angelegenheit dadurch, dass man mit Blick auf das Gesamteinkommen der Haushalte immer im Blick haben muss, dass es nicht nur das Arbeitslosengeld II bzw. das Sozialgeld gibt, sondern eine ganze Reihe an anderen Sozialleistungen, deren Inanspruchnahme teilweise an den Hartz IV-Status gebunden ist. Und die an den berühmten „Sprungstellen“ zu (angeblich) negativen Effekten auf der Ebene der Haushalte führen (können), vor allem hinsichtlich der Bereitschaft, überhaupt einer Niedriglohnbeschäftigung nachzugehen oder die Erwerbstätigkeit in diesem Segment auszuweiten. Im Zusammenspiel der vielen unterschiedlichen Leistungen kann es durchaus im bestehenden System zu „verwirrenden“ Konstellationen kommen (vgl. dazu beispielsweise den Artikel Wenn mehr brutto zu weniger netto führt von Johannes Pennekamp; bereits im Frühjahr 2018 gab es eine kontroverse Debatte, ausgelöst durch einen FAZ-Artikel, über diese Fragen, vgl. dazu Abstruse Berechnungen, die dann auch noch viele übernehmen. Ein schräger Vergleich zwischen Hartz IV und Arbeitseinkommen vom 19. März 2018 sowie den Beitrag  „Wer mehr arbeitet, hat weniger Geld“. Mit vermeintlich lebensnahem Beispiel gegen den Sozialstaat von Johannes Steffen aus dem März 2018).

Über einen systematisch daherkommenden Versuch, in dieses Dickicht eine neue Schneise zu schlagen, wird aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit berichtet: Arbeit muss sich lohnen – auch im unteren Einkommensbereich! Ein Reformvorschlag, so vielversprechend ist das überschrieben worden, was man in einer Langfassung in dieser Publikation nachlesen kann:

➔ Kerstin Bruckmeier, Jannek Mühlhan und Jürgen Wiemers (2018): Erwerbstätige im unteren Einkommensbereich stärken. Ansätze zur Reform von Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kinderzuschlag. IAB-Forschungsbericht 9/2018, Nürnberg, 2018

»Viele Menschen, die Hartz IV beziehen, schaffen es zumindest vorübergehend, auch aufgrund der guten Lage am Arbeitsmarkt, wieder eine Beschäftigung zu finden. Dauerhaft am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder gar den Leistungsbezug zu verlassen, gelingt ihnen jedoch häufig nicht. Für Erwerbstätige, die mit einem nur geringen Verdienst für sich oder ihre Familie sorgen müssen, kommen derzeit hauptsächlich die Grundsicherung für Arbeitsuchende, das Wohngeld und der Kinderzuschlag infrage, um ein nicht existenzsicherndes Erwerbseinkommen aufzubessern. Das Zusammenspiel der drei Sozialleistungen erweist sich bei näherem Hinsehen jedoch als stark verbesserungsbedürftig.« Das ist der Ausgangspunkt der IAB-Wissenschaftler. Auch sie problematisieren die bestehenden Transferentzugsraten: »Die Grundsicherung setzt einen starken Anreiz, vor allem kleinere Beschäftigungsverhältnisse auszuüben.«

Und auch die bereits angesprochene Vielgestaltigkeit der einzelnen Leistungen mit den daraus resultierenden Schnitt- und Sprungstellenproblemen wird als Problem aufgerufen: »Ein weiteres Problem ist die Komplexität jeder einzelnen Leistung und ihres Zusammenwirkens mit anderen Leistungen. Ob ein Anspruch auf eine Leistung besteht, hängt von jeweils unterschiedlichen Bedingungen ab, teilweise beziehen sich die Leistungen aber auch direkt aufeinander.« Sie verdeutlichen das so:

»Ein Beispiel hierfür ist das Verhältnis von Wohngeld und den Leistungen für die Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung. Das Wohngeld, welches als Zuschuss zur Sicherung eines angemessenen Wohnbedarfs an Niedrigeinkommenshaushalte gewährt wird, ist gegenüber der Grundsicherung die vorrangige Leistung. Verfügt ein Haushalt über ein auskömmliches eigenes Einkommen, kann beziehungsweise muss je nach Höhe des Erwerbseinkommens Wohngeld beantragt werden.
In der Ausgestaltung gibt es jedoch zwischen beiden Leistungen Unterschiede, beispielsweise bei der Berücksichtigung von Heizkosten. Diese Unterschiede können dazu führen, dass die Leistungen der Grundsicherung vorteilhafter sind als das Wohngeld – mit der Folge, dass manche Haushalte auch deswegen eher Ersteres denn Letzteres beantragen dürften. So bezogen im Jahr 2018 laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit circa 290.000 Haushalte in der Grundsicherung, die über eigenes Einkommen verfügen, ausschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung.«

Und auch das sollte man nicht vergessen: »Jede Leistung muss bei einer anderen Behörde beantragt werden. Der Staat muss also mitunter mehrfach klären, ob ein Leistungsanspruch besteht – was für die Betroffenen mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Dies ist umso problematischer, als die Zielgruppe der Leistungen häufig nicht nur wenig verdient, sondern auch in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen tätig ist. Wenn sich aber die Einkommensverhältnisse immer wieder ändern, müssen auch die Leistungsansprüche jedes Mal aufs Neue geklärt werden.«

Die IAB-Wissenschaftler sind der Auffassung, dass das Leistungssystem insgesamt umgebaut werden müsse, partielle Verbesserungen in einzelnen Leistungsbereichen seien nicht ausreichend. Und wie soll das aussehen?

➔ Die Kernidee: ein Erwerbszuschuss für einkommensschwache Haushalte

Dieser Ansatz wird so konkretisiert:

»Demnach würde ein Erwerbszuschuss eingeführt, der sich bei der Bedürftigkeitsprüfung und der Transferhöhe weitestgehend an den Bedingungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende orientiert. Für Erwerbstätige ab einem bestimmten Erwerbseinkommen würde er Grundsicherung, Wohngeld und Kinderzuschlag ersetzen, aber weiterhin im Bereich der Grundsicherung administriert werden.

Der Transfer zielt darauf ab, mehr Anreize für eine Erwerbstätigkeit mit höheren Wochenarbeitszeiten zu schaffen. Dazu würden die Hinzuverdienstmöglichkeiten in der Grundsicherung bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen eingeschränkt. Im Gegenzug würde die Transferentzugsrate bei Verdiensten oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze oder bei Bezug des Erwerbzuschusses großzügiger ausgestaltet als bisher.

Konkret ist eine Reduzierung des bisherigen Freibetrags von 100 auf 50 Euro und eine Transferentzugsrate von 90 Prozent für Einkommen größer als 50 und kleiner als 450 Euro (bisher 80 Prozent ab 100 Euro) in der Grundsicherung vorgesehen. Ab einem Bruttoeinkommen von mehr als 450 Euro würde die Transferentzugsrate hingegen nur noch 60 Prozent (bisher 80 bis 90 Prozent) betragen. Die Vollanrechnung (100 Prozent) des Hinzuverdienstes bei hohen Einkommen würde komplett abgeschafft.

Ab einem bestimmten Bruttomonatslohn gingen Haushalte aus dem Grundsicherungsbezug automatisch in den Erwerbszuschuss über. Die monatlichen Einkommensschwellen für den Bezug des Erwerbszuschusses sind in diesem Modell abhängig vom Haushaltstyp und betragen 1.200 Euro für Alleinstehende, 800 Euro für Alleinerziehende, 2.200 Euro für Paarhaushalte ohne Kinder und 1.400 Euro für Paarhaushalte mit Kindern. Diese Einkommensschwellen gelten jeweils für den Haushalt insgesamt, sie können also bei zwei Erwerbstätigen im Haushalt auch gemeinsam erreicht werden. Im Mittel erreichen Bezieherinnen und Bezieher der Grundsicherung Bruttomonatslöhne, die über diesen Einkommensschwellen liegen.«

Die (erhofften) Wirkungen: »Das Wohngeld würde dadurch faktisch für Erwerbstätige aus Niedrigeinkommenshaushalten, die nicht an der SGB-II-Vermögensprüfung scheitern, bedeutungslos. Der Kinderzuschlag entfiele komplett. Damit wäre ein großer Schritt hin zu einer Vereinfachung des Transfersystems vollzogen.  Dank dieser Vereinfachung wäre zudem zu erwarten, dass die Betroffenen den Erwerbszuschuss tatsächlich häufiger in Anspruch nehmen würden, als dies bislang bei Wohngeld und Kinderzuschlag der Fall ist.«

Und für die (potenziell) Betroffenen werden weitere mögliche Vorteile ins Feld geführt: »Da die Leistung weiterhin in der Grundsicherung geregelt wäre, würde für die Bezieher außerdem ein neuer sogenannter aktivierungsfreier Status geschaffen, der sie von Verpflichtungen gegenüber den Grundsicherungsstellen weitestgehend entbindet. Dadurch könnte zum einen die Inanspruchnahme weiter erhöht werden. Zum anderen böte die Verzahnung mit der Grundsicherung den Vorteil, dass die Empfänger des Erwerbszuschusses Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Instrumenten und Dienstleistungen hätten, wie der beruflichen Bildung oder der Weitervermittlung. Dieser Zugang ist bei den ausschließlich passiven Leistungen Wohngeld und Kinderzuschlag nicht gegeben.«

Aber die in diesem Beitrag bereits angesprochenen Grundsatzfragen bleiben natürlich auch bei diesem Ansatz bestehen, so verweisen die IAB-Wissenschaftler darauf, dass ihr Reformvorschlag eine steigende Zahl von Transferempfängern zur Folge hätte, da auch viele Erwerbstätige, die heute oberhalb der Hartz-IV-Schwelle liegen, in den Genuss des Erwerbszuschusses kämen. »Ob dies sozialpolitisch erwünscht ist oder nicht, ist letztlich eine Frage der politischen Bewertung.«

Und natürlich stellen sich zahlreiche Folgefragen. Beispiel: »Ein entscheidender Vorteil des Konzeptes gegenüber ausschließlich passiven Einkommenstransfers: Die Empfänger der neuen Leistung, davon viele in instabilen und nicht existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen, wären in die fördernde Arbeitsmarktpolitik einbezogen. Sie hätten also bei Bedarf Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Dienstleistungen.« So die Autoren. Das setzt allerdings voraus, dass es eine vernünftige fördernde Arbeitsmarktpolitik gibt, dass die Jobcenter dazu finanziell, personell und fachlich in der Lage sind (oder in eine solche versetzt werden), um nur einige aufzurufen.

Aber immerhin – ein Reformvorschlag, der auch konkrete Verbesserungen für die vielen in Aussicht stellt, die unten über die Runden kommen müssen. Darüber kann man streiten. Man kann darauf verweisen, dass auch dieser Vorschlag „nur“ das bestehende System mit den bedeutsamen Niedriglöhnen stabilisiert, man kann aber auch argumentieren, dass jeder Euro mehr für die Betroffenen eine hilfreiche Sache wäre. Viel Stoff für das kommende Jahr.