Die Bundesregierung will verhindern, dass die zumeist brotlose Kunst noch brotloser wird. Die Künstlersozialversicherung zwischen Austrocknung und einer Mega-Kontroll-ABM

Die Künstlersozialkasse (KSK) leidet unter sinkenden Abgaben aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. Nun will die Bundesregierung mit einem neuen Gesetz das Austrocknen verhindern. Erreicht werden soll das durch schärfere Kontrollen bei den abgabepflichtigen Unternehmen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der nunmehr in den parlamentarischen Prozess gegeben wird. Das Paragrafenwerk trägt den nun gar nicht künstlerisch daherkommenden Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabe­satzes (Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz – KSAStabG)„. Geplant sind künftig rund 400.000 statt bisher 70.000 Kontrollen pro Jahr, wie das Ministerium mitteilte. Die Experten erwarten Mehreinnahmen von rund 32 Millionen Euro. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand wird auf 13,6 Millionen Euro veranschlagt, kann man einem Artikel entnehmen. Was ist da los und um wen geht es hier eigentlich?

Es geht um eine besondere Gruppe von Erwerbstätigen, die mit besonderen Sicherungsproblemen konfrontiert sind und von denen viele als Wanderer zwischen den Welten der „normalen“ Sicherungssysteme unterwegs waren bzw. sind. Wobei „Künstler“ im Sinne der seit 1983 existierenden „Künstlersozialkasse“ (KSK) ein durchaus weitgefächerter Sammelbegriff ist: Darunter fallen Geräuschemacher, Zauberer und Quizmaster oder – weniger ungewöhnlich – Bildhauer, Maler und freie Journalisten.

Das zuständige Bundesarbeitsministerium liefert uns einige Hintergrundinformationen zu diesem europaweit einmaligen System einer Sozialversicherung für freie Künstlern und Autoren: »Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit rund 180.000 selbständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbständigen Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben.« Derzeit liegt der Abgabesatz für die Unternehmen bei 5,2 Prozent. Bemessungsgrundlage für diese Abgabe sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte. Der derzeitige Abgabesatz von 5,2 Prozent wird seit Anfang des Jahres beansprucht, vorher lag er bei 4,1 Prozent – mithin eine Abgabeerhöhung von fast 27 Prozent, was darauf hindeutet, dass es erhebliche Probleme gibt. Und diese lassen sich auf ein Problem verdichten: Die Säumigkeit vieler abgabepflichtiger Firmen. Da hat sich einiges aufgestaut.

Bereits Anfang Juni des vergangenen Jahres übermittelte Thomas Öchsner in der Süddeutschen Zeitung eine beunruhigende Botschaft: Soziale Absicherung für Kreative ist in Gefahr. Etwa 150.000 sogenannte Verwerter zahlen die Künstlersozialabgabe auf die Honorare. »Tausende Unternehmen zahlen allerdings nicht oder wissen gar nicht, dass sie zahlen müssen«, so Öchsner. Ganz offensichtlich ging und geht es um das Problem, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Abgabe noch lange nicht bedeutet, dass man auch an das Geld kommt. Die damalige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wollte deshalb noch unbedingt vor den Bundestagswahlen neue gesetzliche Vorschriften für schärfere Kontrollen durchsetzen – sie scheiterte aber mit diesem Unterfangen an der FDP, die sich dem widersetzte.
Öchsner beschrieb im vergangenen Jahr eines dieser so typischen Verschiebeprobleme im höchst filigranen Netzwerk unterschiedlicher Akteure und Institutionen:

»Seit 2007 soll die gesetzliche Rentenversicherung prüfen, ob sich Unternehmen vor der Abgabe drücken – zunächst recht erfolgreich. Binnen zweier Jahre trieben die amtlichen Kontrolleure 62 Millionen Euro zusätzlich ein. Seit 2010 wird aber wesentlich lascher geprüft. 2011 kamen lediglich etwa 560.000 Euro an Nachforderungen zusammen – bei Umsätzen von 137 Milliarden in der Branche, die Kreativwirtschaft genannt wird. Der Grund: Die Rentenversicherung fordert fürs Nachhaken extra Geld, hat dafür aber nichts bekommen.«

Die damaligen Überlegungen der Bundesarbeitsministerin sahen vor, dass die Rentenversicherung, die alle vier Jahre die Unternehmen prüft, durch eine gesetzliche Änderung verpflichtet werden sollte, dabei auch die Erfüllung der Abgabenpflicht für die KSK zu kontrollieren. Die Wirtschaftsverbände intervenierten und fanden bei der FDP einen Verhinderungspartner in der Regierung. Aber das Vorhaben war auch in der Union nicht gut gelitten: Eine ausgeweitete Prüfpflicht hätte „einen bürokratischen Rattenschwanz nach sich gezogen. Jeder Metzger, jeder kleine Einzelhändler, der Geld für Werbung oder eine Internetseite ausgibt, wäre prüfpflichtig geworden“. Mit diesen Worten wurde Gritta Connemann vom Parlamentskreis Mittelstand der Unionsfraktion zitiert.

Nun also ein neuer Anlauf. Nahles will KSK mit schärferen Kontrollen retten, so Thomas Öchsner Anfang dieses Monats in der Süddeutschen Zeitung. Die Zahl der Firmen, die regelmäßig Künstlern, Textern oder Autoren einen Auftrag erteilen, und auf die Honorare die Künstlersozialabgabe zahlen, ist zwar auf 168.000 gestiegen, aber immer noch entziehen sich viele abgabepflichtigen Unternehmen dem System. In dem Artikel berichtet Öchsner, dass der nunmehr offiziell auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf einen Kompromiss beinhalte, mit dem beide Seiten – also die, die das KSK-System stabilisieren wollen, wie auch die Bürokratie-Kritiker leben können:

»Demnach muss die Rentenversicherung von 2015 an alle Unternehmen, die schon jetzt die Künstlersozialabgabe zahlen, sowie alle Arbeitgeber mit mindestens 20 Beschäftigten alle vier Jahre prüfen. Bei Firmen mit weniger Mitarbeitern soll die DRV 40 Prozent in dem Vier-Jahres-Rhythmus prüfen, so „dass der durchschnittliche Prüfturnus in dieser Gruppe zehn Jahre beträgt“. Es wird eine Bagatellgrenze von 450 Euro im Jahr eingeführt, bis zu der an selbständige Künstler oder Publizisten erteilte Aufträge abgabefrei bleiben sollen. Außerdem erhält die Künstlersozialkasse ein eigenes Prüfrecht.«

Das hört sich nicht nur verquer an, dass ist es auch, sonst wäre es kein Kompromiss. Details zum Gesetzentwurf kann man beim Bundesarbeitsministerium nachlesen.
Im vergangenen Jahr behauptete die Deutsche Rentenversicherung (DRV), die zusätzlichen Kontrollen kosteten 50 Millionen Euro jährlich, der Aufwand sei damit größer als der erreichbare Nutzen. Jetzt liest sich das so:

»In dem Entwurf kalkuliert das Ministerium nun mit zusätzlichen Ausgaben in Höhe von 12,3 Millionen Euro – bei Zusatzeinnahmen von 32 Millionen Euro. Fachleute des Ministeriums hatten 2013 damit gerechnet, dass durch regelmäßigere Kontrollen 50 Millionen Euro zusätzlich in die KSK fließen. Das zeigt, wie selbst Experten hier im Nebel stochern.«

Damit man die Zahlen einordnen kann: Das Haushaltsvolumen der Künstlersozialkasse belief sich im vergangenen Jahr auf 893 Mio. Euro.

Wenn das Gesetz Wirklichkeit wird, dann kann man eines sicher vorhersagen: Ein weiterer Anstieg des Abgabesatzes auf 6 Prozent lässt sich damit 2015 wohl verhindern.

Aber ob das System dadurch auch gerettet werden kann, steht auf einem anderen Blatt Papier. Man hat auf alle Fälle Zeit gewonnen. Zu dieser Einschätzung passt die die Kommentierung des Gesetzentwurfs seitens der Linken:

»Die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sigrid Hupach, fand am Mittwoch für die Reform lobende Worte: „Dass die Bundesregierung sich mit dem Gesetz zum Erhalt der Künstlersozialkasse bekennt, ist sehr zu begrüßen.“ Allerdings könne das Gesetz die grundsätzlichen Probleme der KSK allein nicht lösen, so Hupach.«

Auch freiberufliche Künstler und Publizisten in Deutschland haben ein Stück Bismarck – die Künstlersozialkasse. Und da gibt es ein schwarzes Loch

Ach, früher war alles irgendwie einfacher. Da gab es die vielen Arbeiter, einige Angestellte und ein paar Selbständige – vom eher armen Handwerker über den schon eher reichen Unternehmensinhaber aus dem Mittelstand bis hin zu den ganz reichen großbürgerlichen Familien. Und Beamte natürlich. Die gibt es heute auch noch, aber ansonsten ist alles irgendwie viel komplizierter geworden. Das hat sich natürlich auch niedergeschlagen in der sozialen Sicherung der Menschen. Die sich auf immer mehr ausgedehnt hat, wo doch Bismarck angefangen hat mit den Arbeitern und dann auch noch in einem so hohen Alter, dass nur wenige biblische Exemplare am Anfang überhaupt in den Genuss von Leistungen beispielsweise der Rentenversicherung gekommen sind. Irgendwann einmal hat man in diesem Land sogar die Lehrbuchexemplare für das, was man handfest-volkstümlich auch als „Hungerleider“ bezeichnet, unter den Schutzschirm dessen bringen wollen, was in Deutschland als Sozialversicherung eine eigene Wesenheit darstellt. Also hat man bereits 1983 eine neue Spielwiese der Sozialversicherung eingerichtet, die es allerdings hinsichtlich ihrer Klientel mit einer echten Herausforderung zu tun hat: die Künstlersozialkasse. Denn diese Einrichtung soll sich um eine an sich schon sehr heterogene Personengruppe kümmern, die zudem noch als freiberuflich tätige Selbständige agieren, also eben nicht in einem Arbeitnehmerstatus sind, aber in der Mehrzahl der Fälle so geringe Einnahmen haben, dass sie mindestens genau so, wenn nicht noch mehr schutzbedürftig sind, als viele „konventionelle Arbeitnehmer“. Etwa 177.000 Selbständige mit mehr als 100 verschiedenen Berufen sind in der Künstlersozialkasse (KSK) versichert. Es handelt sich tatsächlich in der Mehrzahl der Fälle um „arme Schlucker“: Das Jahreseinkommen eines Mitglieds in der KSK beläuft sich im Durchschnitt auf gerade einmal gut 14.500 Euro.

Schauen wir uns die Selbstbeschreibung dieser Künstlersozialkasse genauer an:

»Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) und die vom Gesetzgeber mit der Umsetzung dieses Gesetzes beauftragte Künstlersozialkasse (KSK) sorgen dafür, dass selbständige Künstler und Publizisten einen ähnlichen Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung genießen wie Arbeitnehmer. Sie ist selbst kein Leistungsträger, sondern sie bezuschusst die Beiträge ihrer Mitglieder zu einer Krankenversicherung freier Wahl und zur gesetzlichen Renten- und Pflegeversicherung. Selbständigen Künstlern und Publizisten, die in der KSK sind, steht der gesamte gesetzliche Leistungskatalog zu. Sie müssen dafür aber nur die Hälfte der jeweils fälligen Beiträge aus eigener Tasche zahlen, die KSK stockt die Beträge auf aus einem Zuschuss des Bundes (20 %) und aus Sozialabgaben von Unternehmen (30 %), die Kunst und Publizistik verwerten. Welchen Monatsbeitrag ein Künstler/Publizist im Einzelnen an die KSK zahlt, hängt von der Höhe seines Arbeitseinkommens ab.« (Quelle: Künstlersozialkasse – Kurzcharakteristik)

Das hört sich gut an und ist auch gut gedacht – aber wie immer stecken die Probleme des Teufels im Detail. Und das Detail findet sich in der Kurzbeschreibung unter dem Stichwort „Sozialabgaben von Unternehmen (30%), die Kunst und Publizistik verwerten“, eine Formulierung, die so unschuldig neben dem Zuschuss des Bundes steht, dass man sie glatt überlesen könnte. »Vom Bund beziehungsweise Steuerzahler gab es … 2012 immerhin 160 Millionen Euro, das ist ein Fünftel des Etats der Künstlersozialkasse. Weitere 30 Prozent stammen von Verlagen, Theatern, Galerien, Werbeagenturen, Museen oder gar Zirkus-Unternehmen«, so Thomas Öchsner in einem Anfang Juni in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Artikel „Soziale Absicherung für Kreative ist in Gefahr„. Er schreibt weiter und zum Kern des aktuellen Problems vorstoßend: »Wer regelmäßig selbständigen Künstlern einen Auftrag erteilt, muss eine Künstlersozialabgabe in Höhe von 4,1 Prozent auf die entsprechenden Honorare entrichten. Etwa 150.000 sogenannte Verwerter tun dies bereits. Tausende Unternehmen zahlen allerdings nicht oder wissen gar nicht, dass sie zahlen müssen.«

Das europaweit einmalige System der Sozialversicherung von freien Künstlern und Autoren, eingeführt von der früheren sozial-liberalen Koalition, droht in eine finanzielle Schieflage zu geraten, weil die gegenwärtige Bundesregierung es nicht geschafft hat, entgegen den Wünschen der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann (CDU), schärfere Kontrollen an dieser Stelle gesetzlich zu verankern. Was genau ist das Problem? Hierzu Thomas Öchsner:

»Seit 2007 soll die gesetzliche Rentenversicherung prüfen, ob sich Unternehmen vor der Abgabe drücken – zunächst recht erfolgreich. Binnen zweier Jahre trieben die amtlichen Kontrolleure 62 Millionen Euro zusätzlich ein. Seit 2010 wird aber wesentlich lascher geprüft. 2011 kamen lediglich etwa 560.000 Euro an Nachforderungen zusammen – bei Umsätzen von 137 Milliarden in der Branche, die Kreativwirtschaft genannt wird. Der Grund: Die Rentenversicherung fordert fürs Nachhaken extra Geld, hat dafür aber nichts bekommen.«

Und weil die nichts dafür bekommen, wollen sie jetzt nicht mehr prüfen, könnte man vermuten – was institutionenegoistisch durchaus nachvollziehbar wäre, kann man sich doch gut vorstellen, dass es bei den vielen kleinen Krautern, die in diesem Bereich als Auftraggeber unterwegs sind, ziemlich aufwendig sein muss, zu prüfen und dann relativ bescheidene Beträge einzufordern. Die Rentenversicherung selbst hat den Aufwand auf 50 Millionen Euro taxiert, während das BMAS nur von fünf Millionen Euro ausgeht. Eigentlich sollte die regelmäßige Prüfung der Abgabepflicht der Unternehmen gesetzlich festgeschrieben werden als Pflichtaufgabe der Deutschen Rentenversicherung. Hiergegen gab es aber Widerstand – von Seiten der Wirtschaftsfunktionäre, denn die Wirtschaftsverbände protestierten gegen das Vorhaben, angeführt von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), assistiert vom Bund der Steuerzahler. Aus den Plänen eines Teils der Bundesregierung wurde nichts:
»Die FDP hatte Einwände, Wirtschaftspolitiker der Union opponierten, sodass es in den Ausschüssen des Bundestags keine Mehrheit für die Pläne gab. Eine ausgeweitete Prüfpflicht hätte „einen bürokratischen Rattenschwanz nach sich gezogen. Jeder Metzger, jeder kleine Einzelhändler, der Geld für Werbung oder eine Internetseite ausgibt, wäre prüfpflichtig geworden“, sagt Gitta Connemann, Mitglied im Parlamentskreis Mittelstand der Unionsfraktion.«

Die Folgen könnten erheblich sein, denn das Bundesarbeitsministerium befürchtet, dass der Künstlersozialkasse so jährlich bis zu 50 Millionen Euro an Einnahmen verloren gehen. Das Ministerium rechnet vor, dass der Abgabesatz für die zahlenden Unternehmen 2014 bereits auf 5,2 Prozent und bis 2016 auf über sechs Prozent anziehen wird aufgrund dieser Ausfälle an Beitragseinnahmen. Staatsminister Neumann wird zitiert mit der zutreffenden ordnungspolitischen Problematisierung: „Dann müssen die abgabeehrlichen Arbeitgeber für die anderen mitbezahlen. Das ist mit dem Grundsatz der Abgabegerechtigkeit nicht vereinbar“. Faktisch bedeutet der Kontrollverzicht  ein Schutz von Sozialversicherungsbetrügern durch Untätigkeit. Logisch zu Ende gedacht, könnte die Abgabepflicht degenerieren zu einer freiwilligen Spende.

Mittlerweile geht die Entwicklung genau in die angedeutete Richtung: Ende Juli berichtete wieder die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift „KSK will höhere Abgaben von den Unternehmen„: Die Künstlersozialabgabe ist bereits von 3,9 auf 4,1 Prozent im Jahr 2013 gestiegen. »Bald wird es für die zahlenden Auftraggeber noch teurer: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird die Abgabe von 2014 an auf 5,2 Prozent klettern. Sie erhöht sich damit innerhalb von gut einem Jahr um mehr als 30 Prozent.« Um mehr Geld einzutreiben, wird nun erneut an der Künstlersozialabgabe geschraubt – was aber nichts anderes ist als eine Notlösung.

Unter der Nummer 43188 gibt es eine bis zum heutigen 6. August laufenden Petition „Prüfung der Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung durch Rentenversicherung vom 10.06.2013“, mit der der Deutsche Bundestag aufgefordert wird, die »Deutsche Rentenversicherung gesetzlich dazu (zu) verpflichten, im Rahmen ihrer Betriebsprüfungen – spätestens alle vier Jahre – zu kontrollieren, ob die Unternehmen, die freischaffende Künstler und/oder freischaffende lehrende Künstler beschäftigen, ihrer Abgabeverpflichtung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nachgekommen sind.« Die notwendigen 50.000 Unterschriften, damit sich der Bundestag nochmals mit der Angelegenheit beschäftigen muss, sind zwar erreicht worden, aber es gilt als unwahrscheinlich, dass sich in absehbarer Zeit noch etwas verändern lässt.

Der Initiator der Petition, Hans-Jürgen Werner, Syndikus des Präsidiums des Deutschen Tonkünstlerverbandes, wurde zu der Thematik interviewt: „Viele Unternehmen drücken sich einfach„, so ist das Gespräch überschrieben. An einem Beispiel wird eingangs deutlich, dass die Problematik auch viele kleine Unternehmen betrifft: Auf die Frage »Ein freier Webdesigner entwirft eine Homepage für den Fahrradladen um die Ecke und aktualisiert sie dreimal im Jahr. Muss der Laden dafür zahlen?«, antwortet Werner: »Ja, hier wird die Abgabe in Höhe von derzeit 4,1 Prozent des Honorars fällig.« Das Beispiel verdeutlicht sicher – auch wenn Werner das im weiteren Verlauf als Nebenproblem bezeichnet – die Problematik, dass es sicher viele kleine und sehr kleine Unternehmen gibt, die schlichtweg nicht wissen, dass sie abgabepflichtig sind.

Auch ein weiteres Problem wird in dem Interview angesprochen: Die Künstler müssen ihr erwartetes Einkommen nur schätzen, um die Höhe der Beiträge festzusetzen. Auch daraus resultiert natürlich ein gewisses Potenzial für zu geringe Beitragseinnahmen. Werner verweist hier auf die Kontrollen bei den Mitgliedern der Künstlersozialkasse, verlangt an dieser Stelle aber keineswegs mehr Kontrollen wie bei den Unternehmen.

Wie dem auch sei – die Zukunftsfähigkeit der Künstlersozialkasse ist von großer Bedeutung weit über den sehr heterogenen Bereich der Künstler und Publizisten im engeren Sinne hinaus: Denn diese Form der Absicherung wird durchaus auch explizit als Vorbild für eine mögliche Lösung des Sicherungsproblems einer wachsenden Gruppe genannt, bei der ein erheblicher Handlungsbedarf besteht: den digitalen Tagelöhnern (vgl. hierzu den Artikel „Davon kann niemand leben“ von Caspar Dohmen). Und auch hier wird die Frage, ob und dann wie es gelingen kann, Auftraggeber zu verbeitragen, die entscheidende sein.