Keine Überraschung. Die „Bürgergeld“-Abwicklung spart keine Milliarden Euro-Beträge. Sie könnte sogar mehr Geld kosten

Was für ein (neuer) „Skandal“: Bürgergeld-Reform spart nicht einmal 100 Millionen Euro! So titelt die Zeitung mit den großen Buchstaben und schiebt sogleich hinterher: »Dabei hatte Merz vor Kurzem noch Ersparnisse von 5 Milliarden versprochen.« Seien wir an dieser Stelle genau: Der Bundeskanzler hat das, was man beim Bürgergeld einsparen könnte, bereits heruntergeschraubt. Im Bundestagswahlkampf war von zehn Milliarden die Rede und noch Anfang Oktober 2025 wurde der übereifrige CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann mit Blick auf die zu erwartenden Einsparungen vom ZDF mit diesen Worten zitiert: „Es sind sehr viele Milliarden, da bin ich mir ganz sicher“. 

Von 30 Milliarden Euro auf der Rutschbahn nach unten

Torsten Frei (CDU), heute Kanzleramtsminister, sagte bei Markus Lanz am 12. November 2024 (kurz nach Bruch der Ampel-Koalition): Der Staat könne „etwa 30 Milliarden Euro“ einsparen. Was für eine Ansage. Er hatte dann diese Kalkulation mit einem „wenn“ ergänzt: wenn eine Million der 1,7 Millionen als arbeitsfähig geltenden Bürgergeldbezieher in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Friedrich Merz (CDU) sprach im Dezember 2024 (damals noch Kanzlerkandidat) von „zweistelligen Milliardenbeträgen“ (ARD-Interview). Im Oktober 2025 wollte er im ZDF-„heute journal“ nichts mehr davon wissen: Niemand habe jemals 30 Milliarden überhaupt erwähnt.

Jens Spahn (CDU), heute Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, sprach am 19. November 2024 davon, man wolle „bis zu zehn Milliarden“ einsparen.

Bereits in der neuen Realität einer schwarz-roten Koalition angekommen, nannte Friedrich Merz im Sat.1-Interview eine Einsparung von zehn Prozent als Ziel – das wären fünf Milliarden Euro. Wobei sich die Zahlenhuberei in den trotzigen Möglichkeitsraum verschoben haben: „Das ist ein Betrag, der muss möglich sein“, so der Kanzler.

Die Bas-Abkühlung aus dem Maschinenraum der Gesetzgebung: Nun sollen es nur 0,086 statt 30 Spar-Milliarden und am Ende sogar mehr Kosten werden

Mittlerweile wurde ein 92 Seiten umfassender erster Aufschlag für die anstehende gesetzgeberische Umsetzung aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgelegt: der Referentenentwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze. Bearbeitungsstand: 16.10.2025. Und schaut man nach in diesen Entwurf – der sich jetzt in die regierungsinterne Abstimmung befindet -, dann findet man auf der Seite 6 die folgende trockene Aufstellung die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs betreffend:

Laut Gesetzentwurf lassen sich also nicht einmal 0,2 Prozent der insgesamt 52 Milliarden Euro Ausgaben im Bürgergeld herausholen. 

Die Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) »sowie ihr Ministerium machen damit deutlich: Allein mit Sanktionen gegen unkooperative Hilfebezieher lassen sich nach ihrer Überzeugung kaum zusätzlich Menschen in Arbeit bringen. Der Union bereitet Bas mit ihrem Gesetzentwurf eine harte Landung«, so die treffende Beschreibung von Roland Preuß in seinem Beitrag Bürgergeldreform spart kaum Geld. Er weist darauf hin, wo das Kernproblem für diejenigen zu verorten ist, die das Bürgergeld als großen Steinbruch auf der Sparbaustelle sehen: Die Rechnung im Gesetzentwurf spiegelt wider, wie schwierig es sein dürfte, Hunderttausende Bürgergeldbezieher in Jobs zu vermitteln. 

»Fachleute haben immer wieder darauf hingewiesen: Sanktionen gegen Hilfebezieher haben ihre Berechtigung, weil sie zur Mitarbeit bewegen können. Vor allem aber mangelt es an passenden Jobs für die Menschen. Die große Mehrheit hat keine abgeschlossene Berufsausbildung, kommt nur für Helferjobs infrage. Die Arbeitgeber suchen aber vor allem Fachkräfte und Spezialisten. Wegen der fehlenden Arbeitsangebote können die Jobcenter viele Hilfebezieher nicht vermitteln, da helfen auch keine Sanktionen weiter – sondern in vielen Fällen nur eine Aus- und Fortbildung.«