Rien ne va plus ohne sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Engpassberufen

Schon seit geraumer Zeit wird immer wieder darauf hingewiesen, dass in Deutschland ausländische Arbeitskräfte, also Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, zu einer tragenden Säule in wichtigen Teilbereichen des Arbeitsmarktes geworden sind. Ein Blick auf die nackten Zahlen verdeutlicht sogar, dass es die ausländischen Arbeitskräfte sind, die das zunehmend kleiner werdende Beschäftigungswachstum am Laufen gehalten haben: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag im Dezember 2024 um 80.000 höher als ein Jahr zuvor.

In der Betrachtung nach Staatsangehörigkeiten beruht der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahr allein auf Ausländern. Mit 5,67 Mio. sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen war deren Zahl im Dezember 2024 um 265.000 oder 4,9 Prozent größer als ein Jahr zuvor, berichtet die Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Deutschen hat dagegen im vergangenen Jahr um 186.000 abgenommen. Der Zuwachs bei den ausländischen Beschäftigten geht übrigens vollständig auf das Konto von Menschen aus sogenannten Drittstaaten, also aus Ländern außerhalb der EU-Staaten.

Das ist alles keine neue Entwicklung und Erkenntnis. Bereits im Januar 2024 wurde die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, mit diesen Worten zitiert: „Der deutsche Arbeitsmarkt benötigt schon allein aus demografischen Gründen Fach- und Arbeitskräfte aus Drittstaaten“, sagte Nahles. „Das gilt umso mehr, da die Binnenmigration aus der EU heraus sinkt.“ Inzwischen hätten osteuropäische Staaten wirtschaftlich enorm aufgeholt und selber teilweise demografische Probleme, mit denen sie kämpften. Daher kämen aus diesen Ländern zusehends weniger Menschen, während Migration aus Drittstaaten an Bedeutung gewinne.

Und schaut man differenzierter hin, dann wird ebenfalls seit längerem darauf hingewiesen, dass Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit vor allem in bestimmten Branchen, die immer wieder angesichts des dort beklagten Fachkräfte- und generell Arbeitskräftemangels im Fokus der öffentlichen Diskussion stehen, eine überdurchschnittliche Bedeutung haben gemessen an ihrem Anteil an den Beschäftigten.

Als Beispiel sei hier der Pflegebereich aufgerufen: Lag der Anteil der Ausländer an den sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pflegekräften vor 10 Jahren noch bei gut 5 Prozent, so hat er sich bis 2023 auf 16 Prozent erhöht (+195.000 Beschäftigte auf 270.000). Die Bundesagentur für Arbeit berichtet dazu: »Der Anteil der beschäftigten Pflegekräfte mit einer nicht-deutschen Staatsangehörigkeit ist im Zeitverlauf deutlich gestiegen und so geht der überwiegende Anteil des Beschäftigungsanstiegs in den vergangenen 10 Jahren auf sie zurück. Seit 2022 wird das Beschäftigungswachstum in der Pflege ausschließlich von Ausländerinnen und Ausländern getragen.« Vgl. ausführlicher den Beitrag Ausländer rein!? Seit 2022 wird das Beschäftigungswachstum in der Pflege ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen vom 19. Oktober 2024.

Zur Bedeutung der „Menschen mit Einwanderungsgeschichte“ in einem Teil der Engpassberufe

Nun hat sich das Statistische Bundesamt zu Wort gemeldet mit weiteren differenzierten Einblicken: Beschäftigte mit Einwanderungsgeschichte in vielen Mangelberufen überdurchschnittlich stark vertreten, so ist die entsprechende Meldung überschrieben. »Ob im Bau, in der Lebensmittelindustrie, der Gastronomie, der Pflege oder im Personen- und Güterverkehr: In vielen Engpassberufen sind Beschäftigte mit Einwanderungsgeschichte überdurchschnittlich stark vertreten. So hatten zwei von drei (67 %) Beschäftigten im Aus- und Trockenbau 2023 eine Einwanderungsgeschichte«, berichten die Bundesstatistiker auf der Basis von Daten aus dem Mikrozensus.

In der Gesamtwirtschaft hatte gut ein Viertel (26 %) aller abhängig Beschäftigten eine Einwanderungsgeschichte, war also selbst seit dem Jahr 1950 nach Deutschland eingewandert oder beide Elternteile waren seither zugewandert, so die Definition von „Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte“, also eine weiter gefasste Abgrenzung als nur der formelle Bezug auf die jeweilige Staatsangehörigkeit. Die Betrachtung der „Engpassberufe“ basiert auf der Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit.

Abseits der Mangelberufe laut Engpassanalyse der BA gibt es Bereiche, in denen wir unterschiedliche Anteilswerte der Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte sehen: Das trifft vor allem auf den Polizeivollzugsdienst (6 %), die Berufe in der öffentlichen Verwaltung (9 %), auf Lehrkräfte (Primarstufe: 9 %, Sekundarstufe: 11 %) sowie die kaufmännische und technische Betriebswirtschaft (12 %) zu.

Weitet man den Blick von den Mangelberufen hin zu einer Betrachtung der Branchen, dann muss man festhalten: Einige Branchen sind insgesamt in besonderem Maße auf Arbeitskräfte angewiesen, die selbst oder deren beide Elternteile zugewandert sind. Das ist vor allem in der Gastronomie der Fall – gefolgt von der Gebäudebetreuung sowie der Lagerei und den sonstigen Verkehrsdienstleistungen. »2023 hatte mehr als die Hälfte (54 %) aller abhängig Beschäftigten in der Gastronomie, unabhängig vom jeweils ausgeübten Beruf, eine Einwanderungsgeschichte. In der Gebäudebetreuung, die zum Großteil aus Gebäudereinigung besteht, zu der aber auch Garten- und Landschaftsbau zählen, hatte knapp die Hälfte (49 %) der Beschäftigten eine Einwanderungsgeschichte. Im Bereich Lagerei und sonstige Verkehrsdienstleistungen waren es 41 %.«

»Einen überdurchschnittlich großen Anteil hatten Beschäftigte mit Einwanderungsgeschichte auch in Post-, Kurier- und Expressdiensten sowie in der Beherbergung (jeweils 40 %). In der Kraftwagenproduktion (31 %) sowie in Alten- und Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen (30 %), beides beschäftigungsstarke Bereiche mit jeweils mehr als einer Million Beschäftigten, lag der Anteil ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt in der Gesamtwirtschaft (26 %).«

Methodische Hinweise: Die Angaben zu den abhängig Beschäftigten stammen aus den Erstergebnissen des Mikrozensus 2023. Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Um aus den erhobenen Daten Aussagen über die Gesamtbevölkerung treffen zu können, werden die Daten an den Eckwerten der Bevölkerungsfortschreibung hochgerechnet. Die Hochrechnung basiert auf der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011.* Alle Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Befragten. Eine Person hat eine Einwanderungsgeschichte, wenn sie selbst oder beide Elternteile seit dem Jahr 1950 nach Deutschland eingewandert sind. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Bevölkerung in privaten Hauptwohnsitzhaushalten im Alter von 15 Jahren und älter. Die Bevölkerung in Gemeinschaftsunterkünften (zum Beispiel dort lebende Geflüchtete) ist in den Ergebnissen nicht enthalten.
*) Auf Basis des Zensus 2022 hochgerechnete Ergebnisse des Mikrozensus werden voraussichtlich Ende Mai 2025 vorliegen.