Auf der Rutschbahn in eine seit langem absehbare Verschärfung der Wohnungsnot

»Bereits in den Jahren vor 2022 war es nicht gelungen, gemäß den jeweiligen politischen Zielsetzungen deutlich über 300.000 Wohnungen pro Jahr fertigzustellen und ausreichend viel und bezahlbaren Wohnraum gemäß der bestehenden Nachfrage zur Verfügung zu stellen. Durch den Ukrainekrieg haben sich die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in 2022 nun deutlich verschlechtert, aber gleichzeitig hat sich infolge der kriegsbedingten Zuwanderung die Nachfrage nach Wohnraum noch über dem Niveau des Jahres 2015 verstärkt. Das ambitionierte Ziel des Neubaus von jährlich 400.000 Wohnungen, von denen gemäß der Ampel-Regierung 100.000 Sozialmietwohnungen sein sollen, erhält durch die reale Entwicklung eine höhere Dringlichkeit und Bedeutung.« So beginnen die Forderungen des Bündnis „Soziales Wohnen“, die am 12. Januar 2023 veröffentlicht wurden. Kein Druckfehler: Anfang 2023 war das. Nicht Anfang 2024.

Auch bei diesem – sozialpolitisch hochbrisanten Thema – werden wir Zeugen des „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Modells, denn dem einen oder anderen mag das irgendwie vertraut vorkommen, was uns Anfang des Jahres 2024 präsentiert wird. Genau: Anfang des Jahres 2023 wurde hier berichtet, dass ein „Kollaps auf dem sozialen Wonungsmarkt“ drohe, so das „Verbändebündnis Soziales Wohnen“ – ein Zusammenschluss von Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden (vgl. dazu den Beitrag Sozialwohnungsnot: 50 Mrd. Euro für einen Bauwumms oder braucht es etwas anderes, um die neue alte soziale Frage anzugehen? vom 1. Februar 2023). Wenn man diesen Zusammenbruch vermeiden wolle, dann müsse der Bund ein Sondervermögen auflegen. Dafür seien mindestens 50 Milliarden Euro notwendig – zumindest für den Anfang.

Und am 1. Dezember 2023 musste in dem Beitrag Eine sozialpolitisch bedeutsame Baustelle hängt in den Seilen: der Neubau von Wohnungen. Und „Scholz der Baumeister“? von einem dramatischen Rückgang der Baugenehmigungen und vor allem der Fertigstellungen von neuen Wohnungen berichtet werden. Diese Entwicklungen halten an und die bislang stabile Bauwirtschaft gerät zunehmend in eine Krise.

Wohlgemerkt – hierbei handelt es sich um Zahlen, die sich auf alle Wohnungen beziehen, also auch auf Wohnraum, der im Premium- oder Luxussegment angesiedelt ist. Die heute schon vorhandene Wohnungsnot spielt sich millionenfach vor unseren Augen ab in dem Bereich des nicht nur günstigen, sondern für Mieterhaushalte halbwegs bezahlbaren Wohnraums. Und die Nachfrage nach solchen Wohnungen wird angesichts des anhaltend hohen Zuzugs von Menschen nach Deutschland, darunter vielen, die über nur sehr geringe Einkommen verfügen (werden) oder vollständig von Transferleistungen abhängig sind.

Im Januar 2024 gibt es einen erneuten Warnruf

Das Verbändebündnis Soziales Wohnen warnt vor einer drastischen Wohnungsnot in Deutschland. Für 2023 rechnet das Bündnis mit einem Mangel von 700.000 Wohnungen, das sei ein „Rekorddefizit“ seit mehr als 20 Jahren. Wie kommen die auf eine solche Zahl? Das kann man in diesem vom Bündnis beauftragten Gutachten nachlesen:

➔ Pestel Institut (2024): Bauen und Wohnen 2024 in Deutschland, Hannover, Januar 2024

Dabei hatte die Ampelkoalition Ende 2021 bei ihrem damaligen Start doch versprochen, dass sie bis zum Ende ihrer Regierungszeit insgesamt 400.000 neue Sozialwohnungen schaffen will. Dieses ambitioniert daherkommende Ziel muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der Bestand an Sozialwohnungen kontinuierlich zurückgeht, da immer mehr ehemalige Sozialwohnungen aus der Sozialbindung herausgefallen sind bzw. herausfallen.

Nun muss man aber den Angaben des Pestel-Instituts entnehmen, dass im Jahr 2022 allerdings nur rund 20.000 solcher Wohnungen entstanden sind und damit deutlich weniger als die in Aussicht gestellten 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr. Das Verbändebündis geht von einem „zu erwartenden Kollaps auf dem sozialen Wohnungsmarkt“ aus. 2007 gab es gut zwei Millionen Sozialwohnungen, heute sind es nur noch knapp 1,1 Millionen.

„Gesunkener Wohnungsbau treffe auf Rekordzuwanderung“, so die treffende Zusammenfassung der Lage, mit der Pestel-Institutsleiter Matthias Günther bereits im vergangenen Jahr zitiert wird.

➔ Hinsichtlich der neuen (alten) Studienergebnisse gab es aber erst einmal Ärger, denn die Nerven in der Ampelregierung liegen angesichts der Lage insgesamt offensichtlich blank: „Hochgradig unseriös“ und „teilweise völlig absurd“ nennt Bauministerin Klara Geywitz die Wohnungsmarktstudie des Bündnisses „Soziales Wohnen“, berichtet Max Biederbeck in seinem Artikel Bündnis „Soziales Wohnen“ legt sich mit Klara Geywitz an. Die Ministerin war offensichtlich wenig zufrieden mit den präsentierten Ergebnissen. »In einer verärgerten Mail teilte sie … mit: „Ich persönlich halte die Studie für hochgradig unseriös und zweifle die Analysen an – denn diese sind teilweise völlig absurd.“ So sei laut Studie der Fehlbedarf an Sozialwohnungen in Nordrhein-Westfalen wesentlich kleiner als in Sachsen, wo mehr als zehnmal so viele Sozialwohnungen fehlen würden. „Das ist nicht seriös“, wiederholte Geywitz. Das Bündnis wirft der Ministerin jetzt vor, „offensichtlich, die in der Studie gesetzte Zielmarke bei den Sozialwohnungen in Zweifel zu ziehen.“ Diese Zielmarke besteht bereits seit 2019.« Und weiter wird vom Tag der Veröffentlichung der Studie berichtet: »Der wütende Schlagabtausch wird am Dienstagabend per Email ausgetragen. Um kurz nach 18 Uhr melden sich die Vertreter des Bündnisses „Soziales Wohnen“, um sich gegen die Bauministerin Deutschlands zu wehren. Es geht um eine neue Studie des Bündnisses. Und um die Reaktion von Klara Geywitz (SPD). Der Ärger unter anderem von Seiten des Deutschen Mieterbunds (DMB) und Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) liest sich hastig formuliert – aber sehr deutlich: Die Ministerin habe den untauglichen Versuch unternommen, „mit dem Mittel der Unterstellung der Falschinformation die Studienergebnisse zu untergraben“, heißt es per Mail. Es spreche für sich, wenn eine Bundesministerin, „die von dem Erreichen der selbstgesteckten Ziele meilenweit entfernt ist“, unliebsame Wahrheiten abqualifiziere.«

Dem 2024 vorgelegten Update aus dem Pestel-Institut kann man entnehmen:

»Das große wohnungspolitische Versprechen der Ampel-Koalition war der Anspruch, den Wohnungsbau insgesamt auf 400.000 Wohnungen und den sozialen Wohnungsbau auf 100.000 Wohnungen je Jahr zu steigern. In der Realität lag der Wohnungsbau im Jahr 2022 bei rund 294.000 Wohnungen insgesamt und es wurden Förderzusagen für knapp 23.000 Sozialwohnungen im Neubau gegeben. Für das Jahr 2023 werden vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V.1 Fertigstellungen von insgesamt 271.000 Wohnungen erwartet und für das Jahr 2024 wird bei gleichbleibend schlechten Rahmenbedingungen von einem weiteren Rückgang auf nur noch 235.000 Wohnungen ausgegangen. Der soziale Wohnungsbau ist von den gestiegenen Baukosten ebenso betroffen und da die Ausweitung der zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel überschaubar blieb, werden die Förderzusagen im Neubau wohl auch 2023 und 2024 eher zwischen 20.000 und 30.000 Wohnungen liegen als im Bereich von 100.000 Wohnungen.« (Pestel Institut 2024: 1).

»Die Bauindustrie erwartet, dass dieses Jahr noch weniger Wohnungen gebaut werden als 2023. Der Wohnungsneubau ist ihr zufolge fast zum Erliegen gekommen. Selbst die Baugenossenschaften verabschieden sich aufgrund hoher Kosten, regulatorischer Rahmenbedingungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten vom Neubau. Insgesamt liegen die seit Jahresbeginn gegebenen Zusagen für Wohnimmobiliendarlehen um etwa 40 Prozent unter dem schon schwachen Vorjahresniveau. Besonders dramatisch stellt sich die Lage im sozialen Wohnungsbau dar«, berichtet Hermannus Pfeiffer.

Was sollte denn gemacht werden müssen?

Dass das Bündnis „Soziales Wohnen“ im Endspurt der Beschlüsse zum Bundeshaushalt 2024 seine Botschaften platziert, ist nicht überraschend. Denn im Mittelpunkt steht die (alte) Forderung nach einem milliardenschweren Baupaket. Bereits in den am 12. Januar 2023 veröffentlichten Forderungen des Bündnis „Soziales Wohnen“ stand an erster Stelle: „Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau“.

➔ Und schon Anfang des vergangenen Jahres lagen die bedrohlichen Zahlen auf dem Tisch (die sich seitdem weiter verschlechtert haben): »Ende der 1980er-Jahre gab es noch rund vier Millionen Sozialwohnungen – allein im Westen. Heute sind es bundesweit nur noch rund 1,1 Millionen. Während im Jahr 1987 auf 100 Mieterhaushalte 25 Sozialwohnungen kamen, ist diese Zahl aktuell auf fünf zurückgegangen. Mehr als 11 Millionen Mieterhaushalte haben in Deutschland einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) – und damit auf eine Sozialwohnung. Aber nur für jeden Zehnten davon gibt es aktuell eine Sozialwohnung. Bei rückgängigen Baugenehmigungen wird die Nachfrage nochmals deutlich ansteigen, denn bedingt durch den Ukrainekrieg war 2022 ein Rekord-Flüchtlingsjahr mit einem Plus von rund 1,5 Millionen Menschen, die zusätzlich in Deutschland leben (Wanderungsgewinn). Denn wer nach Deutschland flüchtet und eine längere Zeit hierbleibt, ist auf den sozialen Wohnungsmarkt angewiesen. Damit baut sich in 2022 mit über 700.000 fehlenden Wohnungen das größte
Wohnungsdefizit seit mehr als zwanzig Jahren auf.«

Wie aber kamen die auf die aktuell erneut vorgetragene Summe von 50 Mrd. Euro, die gebraucht werden?

»Die Forderung: Vor allem mit Blick auf die aktuelle Kostenentwicklung muss der Staat jetzt mit einer Sozialwohnungsbauoffensive reagieren und dafür ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro bereitstellen. Für den Neubau von 380.000 Sozialwohnungen bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode ist dieses Sondervermögen erforderlich, um damit bis 2025 dem politisch selbst gesetzten und bedarfsgerechten Ziel der durchschnittlichen Errichtung von jeweils 100.000 neuen Sozialmietwohnungen pro Jahr in der laufenden Legislaturperiode gerecht zu werden. Dabei liegen die notwendigen staatlichen Subventionen für den Neubau einer durchschnittlichen Sozialwohnung mit 60 Quadratmetern bei rund 126.000 Euro – und das bei den aktuell geltenden Energieeffizienz-Standards und ohne weitere Preissteigerungen.«

Ergänzt wurde diese zentrale Forderung mit weiteren Komponenten: Eine „Mehrwertsteuer-Absenkung auf 7 Prozent für den Neubau von Sozialwohnungen“. »Allein die Reduzierung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für den sozialen Wohnungsbau würde einen enormen
Effekt bringen. Denn eine durchschnittliche Sozialwohnung mit 60 Quadratmetern Wohnfläche wäre bei 7-prozentiger Umsatzsteuer um über 20.000 Euro günstiger zu bauen. Die Anpassung der Mehrwertsteuer kann dabei an eine längerfristige Sozialbindung für die so errichteten Wohnungen gekoppelt werden.« Das war noch nicht alles: Schnelle Bearbeitung von Förderanträgen. Genannt wird hier das Beispiel Schleswig-Holstein. Es geht darum, alle Förderanträge für den Bau von Sozialwohnungen innerhalb von vier Wochen qualifiziert bearbeiten zu können. Nächster Punkt: „Bauüberhang zu Sozialwohnungen werden lassen und Baulandflächen ausweisen“. Hier geht es um den Umgang mit dem Bauüberhang, also den genehmigten aber noch nicht fertiggestellten oder begonnenen Wohnungsbauprojekten. »Ein Umschwenken von freifinanziertem Wohnungsbau hin zu sozialem Wohnungsbau muss in jeder Projektphase vor der Fertigstellung möglich sein und planungsrechtliche Unterstützung erfahren.« Und sozialpolitisch „doppelt“ relevant ist die nächste Forderung: „Wohnungskontingent für benachteiligte Bevölkerungsgruppen“: »Mit Blick auf den demografisch erwarteten Anstieg der Anzahl der Menschen mit Behinderung sowie unter Berücksichtigung der besonderen Betroffenheit insbesondere der älteren Menschen mit Behinderungen ist von den neu gebauten Sozialmietwohnungen für diese Bevölkerungsgruppen ab sofort ein Kontingent von mindestens 10 Prozent des jährlich
fertiggestellten Wohnraums vorzuhalten. Im Rahmen des geforderten sozialen und
barrierearmen Wohnungsbaus müssen mindestens 10 Prozent aller neuen Sozialwohnungen
barrierefrei nach DIN 18040-2 gebaut, für am Wohnungsmarkt besonders benachteiligte Gruppen unserer Gesellschaft reserviert und die entsprechenden Anforderungen voll refinanziert werden. Der Anteil an bezahlbaren und behindertengerechten Mietwohnungen
ist erheblich auszubauen und ausschließlich bedarfsgerecht anzubieten.«

Die auch derzeit wieder als Lösungsvorschläge präsentierten Forderungen liegen also bereits seit längerem vor.

Was ist neu im Gutachten 2024? Die „Bürgergeld“-Empfänger bzw. deren Vermieter spielen (auch hier) eine Rolle

„Der Staat betreibt ein Missmanagement bei der Unterstützung fürs Wohnen.“ Das wurde bei der Präsentation des neuen Gutachtens hervorgehoben. Matthias Günther vom Pestel-Institut wird mit diesen Worten zitiert: »Um bedürftigen Haushalten das Wohnen überhaupt noch zu ermöglichen, ist der Staat mittlerweile gezwungen, stetig steigende Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt zu akzeptieren. Dabei zahlt er sogar Mieten, die oft deutlich über der Durchschnittsmiete liegen. Dadurch sind die notwendigen staatlichen Ausgaben für das Wohngeld und für die Kosten der Unterkunft geradezu explodiert. Am Ende profitieren davon allerdings vor allem die Vermieter.« Er nennt dazu konkrete Zahlen: Spitzenreiter bei den „Turbo-Mieten“ sei die bayerische Landeshauptstadt München. Hier lag die von den Job-Centern gezahlte Miete bei den Kosten der Unterkunft mit 19,40 Euro pro Quadratmeter rund 6,60 Euro – und damit über 50 Prozent – über der Münchner Durchschnittsmiete. Unterm Strich bezahlt der Staat nach Berechnungen des Pestel-Instituts dadurch allein in München schon eine Millionensumme an „Mehr-Miete“ – und das Monat für Monat. Bundesweit ermittelt die Studie nur bei den Kosten der Unterkunft im Vergleich zur Durchschnittsmiete rund 700 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr. Die Studie zeigt, dass der Staat in besonders angespannten Wohnungsmärkten, in denen es an bezahlbaren Alternativen mangelt, überhöhte und damit deutlich über dem Durchschnitt liegende Mieten bei der Übernahme der Kosten der Unterkunft zahlt.

Insgesamt hat der Staat im vergangenen Jahr erstmals mehr als 20 Milliarden Euro an Sozialausgaben für die Unterstützung bedürftiger Menschen beim Wohnen ausgegeben: gut 15 Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft, die überwiegend von den Job-Centern gezahlt werden. Und zusätzlich über 5 Milliarden Euro für das Wohngeld. Dagegen lagen die Ausgaben von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren lediglich bei gut 4 Milliarden Euro pro Jahr, so die Studie.

Die Studie „Bauen und Wohnen 2024 in Deutschland“ richtet den Blick auch auf ein bisher unterbeleuchtetes Thema: wie viel Geld der Staat für Mieten ausgibt, indem er diese zum Beispiel für Bürgergeldberechtigte übernimmt oder Menschen mit niedrigem Einkommen durch Wohngeld unterstützt. Und in welchem Verhältnis das zu den Ausgaben im sozialen Wohnungsbau steht.

„Um bedürftigen Haushalten das Wohnen überhaupt noch zu ermöglichen, ist der Staat mittlerweile gezwungen, stetig steigende Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt zu akzeptieren“, so Günther in diesem Artikel: „Der Staat ist erpressbar“. »Die Ausgaben von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau lagen in den letzten Jahren unter 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, so die Studie. „Die Sozialausgaben fürs Wohnen sind damit 8-mal so hoch wie die zur Förderung des Neubaus von Sozialwohnungen“, kritisiert Günther das Missverhältnis.«

➔ Die Subjektförderung im Bereich des Wohnens weist für 2023 deutlich höhere Ausgaben aus. Dazu das Pestel Institut: »Die durchaus zu begrüßende Wohngeldreform zum 1.1.2023 dürfte einen Anstieg der Ausgaben von 1,8 Milliarden Euro auf 5 bis 6 Milliarden Euro ausgelöst
haben. Bei den von den Job-Centern gezahlten Kosten der Unterkunft (KdU) ist für das Jahr 2023 inklusive der Ausgaben für die Betriebs- und Heizkosten erstmals Ausgaben von über 20 Milliarden Euro auszugehen. In den Monaten Januar bis August 2023 lagen die KdU um knapp 17 Prozent höher als im gleichen Zeitraum 2015; und dies bei durchschnittlich 12 Prozent weniger Bedarfsgemeinschaften.«

Die Pestel-Studie, die im Januar 2024 veröffentlicht wurde, hat herausgearbeitet, »dass der seit Jahrzehnten schwelende Streit, ob denn nun die Subjektförderung die „bessere“ Form der Förderung des Wohnens ist oder umgekehrt die Objektförderung, zu einer Verhärtung der politischen Auseinandersetzung, aber nicht zur Verbesserung der Wohnsituation der geführt hat. Wir brauchen sowohl die Objekt- als auch Subjektförderung, aber diese müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Diese These ist weder neu noch originell, die Nichtbeachtung scheint aber Probleme heraufzubeschwören, die eine soziale und finanzielle Dimension erreichen, die vor 20 Jahren kaum vorstellbar war.«

Das Bündnis lobt die kürzlich vorgenommene Erhöhung der „Objektförderung“ für Bauherren durch Bund und Länder. Aber hier „müsse geklotzt, nicht gekleckert“ werden. Dafür brauche man das Sondervermögen mit 50 Milliarden Euro, um dauerhaft, über Legislaturperioden hinweg, den sozialen Wohnungsbau massiv zu fördern. Wie das „Sondervermögen Bundeswehr“ solle der Fonds im Grundgesetz verankert werden. Die Gelder sollten gezielt in Regionen mit besonders hohen Bedarfen fließen. Die meisten davon liegen übrigens im Süden des Landes. Die Bundesbauministerin Geywitz warnt hingegen vor einem Sondervermögen für den sozialen Wohnungsbau. „Der Bau von Sozialwohnungen ist eine Kernaufgabe des Staates und gehört auch in den ordentlichen Haushalt“, wird die Ministerin zitiert. Da gehört das vielleicht hin – aber da ist es definitiv nicht (ausreichend) drin, seit Jahren nicht, deswegegn haben wir ja jetzt den Salat. Aber man wird in absehbarer Zeit bei der derzeitigen politischen Gemengelage wohl kaum mit einem solchen Sondervermögen rechnen können.

Das ist ärgerlich, denn: Jede einmalige Förderung, durch die eine neue Sozialwohnung entsteht, erspart dem Staat erhebliche Summen, die er sonst auf Dauer für Mietzahlungen ausgeben müsste. Das ist eine einfache Rechnung, die vor allem der Bund spätestens dann beherrschen muss, wenn die Sozialausgaben durch die Decke gehen. Das wird nicht irgendwann in der Zukunft passieren. Den Punkt haben wir bereits erreicht.