Auch Lebensmittel im Müllcontainer können strafrechtlich geschütztes Eigentum sein, wenn der Gesetzgeber es so will. Das Bundesverfassungsgericht zum „Containern“ und die eigentlich relevante Frage in einer Wegwerfgesellschaft

»Der Gesetzgeber darf das zivilrechtliche Eigentum grundsätzlich auch an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen.«

So das Bundesverfassungsgericht unter der Überschrift Erfolglose Verfassungsbeschwerde bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen „Containern“ zu einem Beschluss, mit dem begründet wird, warum das hohe Gericht zwei Verfassungsbeschwerden, die sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Diebstahls von Lebensmitteln aus einem verschlossenen Abfallcontainer eines Supermarktes („Containern“) richten, nicht zur Entscheidung angenommen hat. Dazu ausführlicher BVerfG, Beschluss vom 05. August 2020 – 2 BvR 1985/19. Wie so oft muss man schon zwischen den Zeilen graben, um Hinweise der Verfassungsrichter an die Politik zu lesen: »Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat … Der Gesetzgeber hat (die) Verfügungsbefugnis des Eigentümers nicht durch eine gegenläufige, verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung eingegrenzt.« Was er, anders formuliert, durchaus hätte tun können.

Auch hier muss man zuerst einmal einen Blick auf den Sachverhalt werfen. Dazu kann man dem Beschluss des BVerfG die folgende Beschreibung entnehmen:

»Am 4. Juni 2018 gegen 23:00 Uhr entwendeten die beiden Beschwerdeführerinnen diverse Lebensmittel aus einem verschlossenen Abfallcontainer eines Supermarktes (sogenanntes „Containern“). Der Abfallcontainer, den die Beschwerdeführerinnen mit Hilfe eines mitgebrachten Vierkantschlüssels öffneten, befand sich in der Anlieferzone des Supermarktes und stand dort zur entgeltlichen Abholung durch den Abfallentsorger bereit.
Gegen die aufgrund dieses Sachverhalts erlassenen Strafbefehle vom 1. September 2018 legten die Beschwerdeführerinnen Einspruch ein. Eine von Gericht und Staatsanwaltschaft angeregte Einstellung der Verfahren gegen Leistung von acht Stunden gemeinnütziger Arbeit lehnten die Beschwerdeführerinnen ab.
Mit angegriffenem Urteil vom 30. Januar 2019 verwarnte das Amtsgericht F. die Beschwerdeführerinnen wegen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15 Euro blieb vorbehalten. Mit Beschluss vom selben Tag setzte das Amtsgericht eine Bewährungszeit von zwei Jahren fest und legte den Beschwerdeführerinnen als Bewährungsauflage auf, acht Stunden gemeinnützige Arbeit bei einer Tafel zu leisten.
Der Filialleiter und der Bezirksleiter des Supermarktes hätten ausgesagt, dass in dem Container, der abends immer verschlossen werde, Lebensmittel entsorgt würden, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen sei oder die wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes nicht mehr verkauft werden könnten. Für die Entsorgung bezahle der Supermarkt den Abfallentsorger. Grund für das Verschließen der Container seien der unbefugte Zugriff Dritter und hieraus resultierende mögliche Haftungsansprüche gewesen. Die Container seien jedoch immer wieder aufgebrochen worden.«

Die beiden Frauen hätten sich nach Auffassung des Amtsgerichts »eines gemeinschaftlich begangenen Diebstahls schuldig gemacht. Entgegen ihrem Vorbingen hätten sich die Lebensmittel noch im Eigentum des Unternehmens befunden. Denn dieses sei für die in den Abfallcontainern entsorgte Ware haftungsrechtlich verantwortlich. Dass das Unternehmen nicht auf sein Eigentum verzichtet und dieses nicht dem Zugriff Dritter preisgegeben habe, komme auch durch das Verschließen der Container mit einem Schloss eindeutig zum Ausdruck.«

Man muss wissen: Der Filialleiter erstattete zwar zunächst Anzeige, nahm sie aber später zurück. Er hatte den Wert der aussortierten Waren an dem Tag mit einem Verkaufswert von rund 200 Euro beziffert. Polizei und Staatsanwaltschaft kamen zu einem Wert von rund 100 Euro.

Allerdings wurde auch anerkannt, dass die beiden Studentinnen aus durchaus „ehrenwerten“ Motiven gehandelt haben: »Bei der Strafzumessung sei zu berücksichtigen, dass die entwendete Ware für den Eigentümer wertlos gewesen sei. Zudem seien die nicht vorbestraften Beschwerdeführerinnen jedenfalls unmittelbar nach der Tatbegehung vollumfänglich geständig gewesen und hätten nicht in Bereicherungsabsicht, sondern einzig deshalb gehandelt, um auf den kritikwürdigen Umgang der Gesellschaft mit Lebensmitteln und anderen Ressourcen hinzuweisen.«

Zur Entscheidung des Amtsgerichts: »Die Studentinnen waren vor dem Amtsgericht (AG) Fürstenfeldbruck angeklagt wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall, am Ende blieb es bei einer Verwarnung nach § 59 Strafgesetzbuch (StGB) wegen einfachen Diebstahls gem. § 242 StGB mit Strafvorbehalt (Entsch. v. 30.01.2019, Az. 3 Cs 42 Js 26676/18). Damit waren die Frauen des Diebstahls schuldig gesprochen, aber gerade nicht verurteilt worden.« (vgl. Tanja Podolski: Auch Müll ist geschützt).

Gegen diese Entscheidung wurde Sprungrevision eingelegt und der Fall landete beim Bayerischen Obersten Landesgericht. Mit welcher Argumentation wurde die Verurteilung durch das Amtsgericht in der Revision angegriffen?

➞ Die Lebensmittel hätten nicht mehr im Eigentum des Supermarktes gestanden und seien daher nach dessen Eigentumsaufgabe nicht „fremd“ im Sinne des § 242 StGB, sondern herrenlos gewesen. Im vorliegenden Fall liege eine Eigentumsaufgabe durch den Supermarkt vor, denn wo, wenn nicht in einem Abfallcontainer, entledige man sich seines Eigentums.
➞ Im Hinblick auf die Sozialbindung des Eigentums aus Art. 14 Abs. 2 GG sowie den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nach Art. 20a GG bleibe auch offen, worin der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Handlungen liege. Bei einer Wegnahme von Joghurtbechern, Äpfeln oder Birnen aus einem für Abfall vorgesehenen Container sei nicht ersichtlich, inwiefern die Rechtsordnung hierdurch gefährdet werde.

Das Oberste Landesgericht des Freistaates Bayern ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat die Revision zurückgewiesen: »Eine Eigentumsaufgabe komme … nur dann in Betracht, wenn der Wille vorherrsche, sich der Sache ungezielt zu entäußern … Bereits dadurch, dass der auf dem Unternehmensgelände und nicht etwa im öffentlichen Raum stehende Container abgesperrt gewesen sei, habe der Eigentümer für Dritte deutlich gemacht, dass das Unternehmen die Lebensmittel nicht dem Zugriff beliebiger Dritter habe anheimgeben wollen und dass keine Einwilligung mit einer Mitnahme bestanden habe. Hinzu komme, dass die Lebensmittel zur Abholung durch ein von dem Eigentümer gesondert bezahltes Entsorgungsunternehmen bereitgestellt worden seien. Ein Verzichtswille, der zur Herrenlosigkeit der Sache führe, liege dann nicht vor, wenn der Eigentümer das Eigentum nur zugunsten einer anderen Person oder Organisation aufgeben wolle. Dies gelte beispielsweise in Fällen, in denen der Entsorgende für eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung verantwortlich sei, oder wenn der Entsorgende – wie hier – für die gesundheitliche Unbedenklichkeit der in den Verkehr gebrachten Lebensmittel einzustehen habe.«

Jetzt sind wir aber ganz tief drin in der eigenen Welt der Juristerei. Man muss wissen: »Es gibt allerlei verschiedene Gutachten juristischer Koryphäen, ob Müll eigentlich noch das Eigentum des Verursachers ist, ab wann er als herrenlos zu bezeichnen ist und wer wann für was haftet«, so bereits Ulrike Heidenreich im vergangenen Jahr in ihrem Artikel Die Politik muss diesen Wahnsinn beenden, der am 31. Januar 2019 veröffentlicht wurde.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich seiner Aufgabe entsprechend auf eine verfassungsrechtliche Prüfung konzentriert und aus dieser Perspektive die Verfassungsbeschwerden nicht angenommen.

»Die Auslegung der Fachgerichte verstoße weder gegen das Willkürverbot noch sei die Beweiswürdigung verfassungsrechtlich zu beanstanden. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere das Ultima-Ratio-Prinzip (das letzte Mittel) im Strafrecht geböten keine Einschränkung der Strafbarkeit«, so Tanja Podolski in ihrer Zusammenfassung des Beschlusses aus Karlsruhe. »Denn zum einen geht es um die Auslegung des Begriffs der „Fremdheit“: Nur eine „fremde“ Sache kann weggenommen werden, um den Tatbestand des Diebstahls zu erfüllen. Was fremd ist, richtet sich nach dem Zivilrecht – und insofern seien die Wertungen der Strafgerichte nach Wortlaut und Schutzzweck des Diebstahls nach § 242 StGB sowie im Hinblick auf die Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit sachgemäß … Auch mit ihrer Argumentation, die Wegnahme der Lebensmittel als fremde Sache im Sinne des § 242 StGB sei nicht möglich gewesen, weil der Eigentümer den Besitz aufgegeben habe und die Sachen herrenlos gewesen seien, konnten sich die Frauen nicht durchsetzen. Der Container sollte mit Inhalt an ein Entsorgungsunternehmen gehen und sei verschlossen gewesen. Das reiche für die Annahme, dass das Unternehmen Eigentümer der Abfälle habe bleiben wollen, so die Verfassungsrichter.«

Aber die beiden Studentinnen haben doch eine an sich gute Sache getan – Lebensmittel vor der Vernichtung bewahrt, wird der eine oder andere verständlicherweise einwenden an dieser Stelle. Tanja Podolski transformiert die Frage in einen juristischen Kontext: »Ist es verhältnismäßig, Studentinnen wegen Diebstahls schuldig zu sprechen, die abgelaufene Lebensmittel aus einem Container entnehmen? Und das, während nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung jährlich 4,4 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll landen, in Supermärkten sollen es am Tag ungefähr 45 Kilogramm sein … Oder gebieten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere das Ultima-Ratio-Prinzip eine Einschränkung der Strafbarkeit eines Diebstahls, wenn es den Tätern darum ging, dass entsorgte Lebensmittel verwertet werden, anstatt im Müll zu landen?«

Das BVerfG argumentiert, ihm stehe die hier angesprochene Bewertung nicht zu. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass die Bewertung des Containerns als strafrechtlich relevanten Diebstahls ein „sozialethisches Unwerturteil“ bedeutet. Dazu aus BVerfG, Beschluss vom 05. August 2020 – 2 BvR 1985/19, Rz. 36: »Wegen des in der Androhung, Verhängung und Vollziehung von Strafe zum Ausdruck kommenden sozialethischen Unwerturteils – dem Vorwurf, der Täter habe „elementare Werte des Gemeinschaftslebens“ verletzt – kommt dem Übermaßverbot als Maßstab für die Überprüfung einer Strafnorm besondere Bedeutung zu.« Ein Übermaß kann das Gericht aber nicht erkennen und exkulpiert sich an dieser Stelle: »Es ist aber grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns unter Berücksichtigung der jeweiligen Lage verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.«

»Die Haltung ist verständlich, schließlich müssen die Richter nicht jedes Berliner Versäumnis aus dem Weg räumen, auch wenn sie selbst Zweifel an der Sinnhaftigkeit haben«, so Corinna Budras in ihrer Kommentierung Übersättigte Gesellschaft. Und sie fährt kritisch fort: »Das Strafrecht darf nur wohldosiert eingesetzt werden, und dies bleibt nun weiterhin Staatsanwaltschaft und Gerichten überlassen. Das setzt kein gutes Signal bei der Frage, wie die Berge von verschwendeten Lebensmitteln klein gehalten werden können. Nun ist es nicht in erster Linie Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass Unternehmen und Privatleute sorgfältiger mit Nahrungsmitteln umgehen. Das sollte schon jeder selbst tun. Aber er sollte dieses Symbol einer übersättigten Gesellschaft nicht auch noch mit der Keule des Strafrechts schützen.«

Hier kommen wir auf ein anderes Spielfeld als die im engeren Sinne verfassungsrechtliche Prüfung: Es geht um die Frage einer rechtspolitischen Veränderung (die ja auch vom Verfassungsgericht zumindest als Option in den Raum gestellt wird): »Das Bundesverfassungsgericht könne diese Entscheidung nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die „zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung“ gefunden hat. In diese Kerbe schlägt nun der Anwalt der Studentinnen Max Malkus und ruft nun den Gesetzgeber zum Handeln auf. Er solle das Containern entkriminalisieren«, kann man diesem Artikel entnehmen: „Containern“: Studentinnen optimistisch, trotz Karlsruher Urteil. Aber ist das wirklich der richtige Ansatzpunkt?

»Natürlich kann Müll schützenswertes Eigentum darstellen; Müll kann wertvoll, kann eine Ressource sein. Müll kann auch ein Risiko sein, weshalb der, der ihn entsorgt, ihn fachgerecht entsorgen will. Der Ansatz, das Eigentum an Müll in Frage zu stellen, führt deshalb nicht weiter«, so Jost Müller-Neuhof in seinem Beitrag Die Wegwerfgesellschaft sollte aus Containern lernen. Das ist aber nur die eine Hälfte seiner Argumentation: »Umgekehrt sollte es aber untragbar sein, wenn tonnenweise Lebensmittel auf der Halde landen, weil sie einer verwöhnten Konsumgesellschaft nicht mehr appetitlich erscheinen.« Und hat er konkrete Vorschläge? »Lebensmittel-Wegschmeißer könnten verpflichtet werden, Genießbares selbst zu verwerten oder abzugeben. Oder sie müssen ihre Tonnen für Bedürftige öffnen. Oder die Tat selbst wird entkriminalisiert.«

An dieser Stelle kann man dann auch wieder den Kommentar von Ulrike Heidenreich aus dem Januar 2019 aufrufen: »Während in anderen Ländern per Gesetz verboten wird, Lebensmittel zu vernichten, streitet man in Deutschland noch darüber, wem eigentlich der Müll gehört. Müll, der per Schloss im Container hinter dem Supermarkt gesichert wurde. Das ist eine absurde rechtliche Diskussion.« Was empfiehlt sie der Politik? Der Hinweis auf andere Länder ist hier von Bedeutung:

»Es ist eindeutig der Gesetzgeber gefragt, gegen die Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Vorbild könnte das europäische Ausland sein: Ein Gesetz in Frankreich verbietet, dass weggeworfene Lebensmittel mit Chlor überschüttet werden, um sie ungenießbar zu machen. Lebensmittelmärkte von einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmeter an müssen übrig gebliebene Ware außerdem spenden … In Tschechien ist es seit Anfang dieses Jahres verboten, Lebensmittel wegzuwerfen.«

Frankreich könnte hier ein naheliegender Vorbild sein: Wie Frankreich gegen den achtlosen Umgang mit Essen kämpft, so ist ein Bericht von Marlene Thiele aus dem Februar 2019 überschrieben. Am 11. Februar 2016 wurde das französische Gesetz zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung erlassen und seitdem »dürfen in Frankreich Supermärkte Lebensmittel nicht mehr einfach wegwerfen. Die Bilanz: Die Tafeln erhalten deutlich mehr Essen. Frankreich ist das erste Land weltweit, das die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe gestellt hat. Pro Vergehen droht eine Geldstrafe von 3.750 Euro – sofern es jemand aufdeckt und klagt.« Eine Kontrollinstanz gibt es nicht und das ist dann auch eine strukturelle Schwäche des ambitionierten Gesetzes.

Interessant ist auch die Entstehungsgeschichte des französischen Gesetzes: »Arash Derambarsh … hat … (2015) begonnen, zu handeln. Derambarsh war damals Stadtrat von Courbevoie, einer Gemeinde im Nordwesten von Paris. Wie überall im Land gab es dort Menschen, die sich kein Essen leisten können, und Supermärkte, die kiloweise Lebensmittel wegwarfen. Der gebürtige Pariser mit iranischen Wurzeln suchte sich einen Supermarkt aus, um gemeinsam mit einem Dutzend Freiwilliger die Überbleibsel des Tages in Empfang zu nehmen und an die Bedürftigen in der Stadt zu verteilen. Die Aktion lief über einen Zeitraum von sechs Wochen. Eine medienwirksame Aktion: Die großen Zeitungen Frankreichs berichteten über den damals 35-Jährigen, er gab Interviews im Radio und im Fernsehen … Die Aktion stieß auf großen Zuspruch. Kurz darauf startete der Anwalt eine Online-Petition, um die französische Regierung dazu zu bewegen, die unnötige Entsorgung von Essen zu stoppen. Nur vier Monate später beschloss die Nationalversammlung einstimmig das Gesetz. Frankreich war damit das erste Land weltweit, das die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe stellte.«

Man könnte meinen, dass die Supermärkte not amused sind ob der staatlichen Regulierung. Das ist aber nicht der Fall, denn »tatsächlich ist die neue gesetzliche Regelung eine Win-Win-Situation für Tafeln und Bedürftige, ebenso wie für Supermärkte: Spenden diese nämlich die übrig gebliebenen Lebensmittel, bekommen sie 60 Prozent von der Steuer zurück. Nur müssen dafür Kooperationen organisiert und koordiniert werden.« Übrigens: Die Regelung gilt für kleine Läden und Bäckereien (noch) nicht, man will das erst einmal bei den Größeren durchsetzen.

Fazit: Zumindest mit Blick auf die Supermärkte und Discounter könnte man die in Deutschland mit einer vergleichbaren Verpflichtung in eine geregelte und auf Dauer gestellte Verantwortung bringen. Dabei sollte man auch bedenken, dass lediglich vier Große mehr als 80 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels in unserem Land beherrschen: Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland sowie ALDI Nord und ALDI Süd.

Würde man die Big Four zwingen, die Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln abzugeben, dann wäre nicht nur das Ziel der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung näher gekommen. Und dann müssten auch nicht mehr junge Studentinnen Müllcontainer aufbrechen, um mit solchen Aktionen auf den Missstand hinzuweisen und für eine Veränderung zu werben. Außer, sie würden dann gegen die Weiterleitung an die Tafeln (oder andere gemeinnützige Unternehmen) protestieren wollen, dann ginge das natürlich wieder von vorne los.