Die tatsächlichen Sterbefälle sind anders als die teilweise auf zahlreichen Annahmen und Schätzungen basierenden Kennzahlen ein „harter Indikator“ für die tödlichen Folgewirkungen einer Pandemie (aber nicht für andere mögliche Folgen, wie beispielsweise lebenslange Schäden, die auch nach einer „Genesung“ als Folgeschäden eintreten könnten). In diesem Zusammenhang wird dann immer wieder auf die sogenannte „Übersterblichkeit“ hingewiesen: »Die Übersterblichkeit (“excess mortality“) ist ein Indikator für die Schwere eines Infektionsgeschehens. Sie bezeichnet die Anzahl an Todesfällen, die über einem historischen Mittel liegen. Über mehrere vergangene Jahre hinweg werden die durchschnittlichen Todesfälle pro Tag errechnet. Sterben beispielsweise durch eine heftige Grippesaison … in diesem Zeitraum besonders viele Menschen, lässt sich das dort ablesen.« An den Sterbefallzahlen und ihrem Vergleich mit vorangegangenen Jahren kann man dann ablesen, wann eine Grippesaison besonders heftig ausfiel. Beispielsweise 2017/2018, als sie in Deutschland für bis zu 25.000 Todesfälle geführt haben soll. Die vermutete Zahl an Grippetoten überstieg damit den Wert der laborbestätigten Grippetoten – der wurde mit „nur“ 1.674 angegeben – um das 15-fache.
Betrachtet man nun die Entwicklung der Todesfallzahlen in den ersten Monaten des Jahres 2020 mit denen der Vorjahre, dann kann man erkennen, dass es tatsächlich seit Ende März mehr Sterbefälle gegeben hat als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Zu den Zahlen vgl. auch den Beitrag Gibt es eine „Übersterblichkeit“ aufgrund der Corona-Pandemie? Aktuelle Daten zur Entwicklung der Mortalität als Indikator für tödliche Folgen des Virus vom 31. Mai 2020. Das hat dann zu solchen Meldungen geführt: Statistiker sehen coronabedingte Übersterblichkeit (29. Mai 2020): »Im April sind nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in Deutschland mindestens 82.246 Menschen gestorben – rund acht Prozent mehr als im Durchschnitt der vier Vorjahre.« Dazu auch das Statistische Bundesamt vom 29.05.2020: Sterbefallzahlen im April 2020 8 % über dem Durchschnitt der Vorjahre.
Einen Zusammenhang mit Corona konnte man der Meldung entnehmen: »Die Sterbefallzahlen lagen von der 13. bis zur 18. Kalenderwoche insgesamt 7.486 Fälle über dem Durchschnitt der vier Vorjahre. Regional ist diese Entwicklung maßgeblich von drei Bundesländern geprägt. Die Sterbefallzahlen übertrafen in Bayern um 2.719 Fälle (+18 %), in Baden-Württemberg um 1.958 Fälle (+ 16 %) und in Nordrhein-Westfalen um 1.254 Fälle (+ 5 %) den Durchschnitt der vier Vorjahre.« Bayern und Baden-Württemberg waren bzw. sind Bundesländer, in denen es viele positive Corona-Tests gibt. Hinzu kommt: »Diese Befunde zu einer sogenannten Übersterblichkeit decken sich bei Betrachtung der absoluten Zahlen mit den Daten zu bestätigten COVID-19-Todesfällen, die beim Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet werden. In den Kalenderwochen 13 bis 18 starben nach Angaben des RKI insgesamt 7 083 Personen, die zuvor laborbestätigt an COVID-19 erkrankt waren. Die zeitliche Entwicklung verlief ebenfalls annähernd parallel: Sowohl die Abweichung vom Durchschnitt bei den Gesamtzahlen als auch die Zahl der COVID-19-Todesfälle waren in der 15. Kalenderwoche am größten.«
Nun hat das Statistische Bundesamt neue Zahlen veröffentlicht zur Entwicklung der Sterblichkeit in Deutschland. Es ergibt sich das folgende Bild:
➔ Methodische Anmerkungen: Die Auswertungen zum Jahresverlauf der Sterbefallzahlen basieren auf der Sonderauswertung „Sterbefälle – Fallzahlen nach Tagen, Wochen, Monaten, Altersgruppen und Bundesländern für Deutschland 2016 bis 2020“. Für die Jahre 2019 und 2020 werden erste vorläufige Daten dargestellt. Ein Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 beinhaltet folglich sowohl endgültige als auch vorläufige Daten. Bei den vorläufigen Daten handelt es sich um eine reine Fallzahlauszählung der eingegangenen Sterbefallmeldungen aus den Standesämtern ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle der Daten. Durch gesetzliche Regelungen zur Meldung von Sterbefällen beim Standesamt und Unterschiede im Meldeverhalten der Standesämter an die amtliche Statistik sind aktuelle Aussagen zur Zahl der Sterbefälle mit einem Verzug von etwa vier Wochen möglich. Durch die verzögerten Meldungen werden sich die vorliegenden Ergebnisse für das Jahr 2020 noch leicht erhöhen. Die vorläufigen Sterbefallzahlen beziehen sich auf den Sterbetag, nicht auf das Meldedatum. Da die gemeldeten COVID-19-Todesfälle vom RKI ebenfalls nach Sterbetag veröffentlicht werden, ist ein zeitlicher Vergleich mit den vorläufigen Gesamt-Sterbefallzahlen möglich. Das RKI berücksichtigt bei dieser Zählung ausschließlich Fälle, bei denen Alter, Geschlecht und Sterbedatum bekannt sind.
Unter der Überschrift Sterbefallzahlen in der 19. Kalenderwoche nicht mehr über dem Durchschnitt der Vorjahre berichten die Statistiker: »Die Phase einer zeitweisen Übersterblichkeit scheint damit nach aktuellem Stand beendet. Insgesamt gab es in den Kalenderwochen 12 bis 19 (16. März bis 10. Mai) 7.775 COVID-19-Todesfälle, während die gesamten Sterbefallzahlen mindestens 7.755 Fälle über dem Durchschnitt lagen.«