Mit heißer Nadel eine Teilentlastung der Betriebsrentner stricken, um schnell noch die Kurve zu bekommen: Das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz

Eine der vielen sozialpolitischen Baustellen soll rechtzeitig zum Jahresbeginn abgeräumt werden und deshalb wird der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen in diesen Tagen einen – im Bundesrat nicht zustimmungspflichtigen – Gesetzentwurf verabschieden, dessen Neuregelungen dann bereits am 1. Januar 2020 in Kraft treten werden: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG), so heißt das Wortungetüm. Der Gesetzentwurf wurde als Bundestags-Drucksache 19/15438 vom 25.11.2019 veröffentlicht. Damit wird das zügig umgesetzt, was in dem Beitrag Im Windschatten der Einigung bei der „Grundrente“: Die Betriebsrentner bekommen auch was ab. Die Doppelverbeitragung wird gemildert vom 11. November 2019 auf der Grundlage des Kompromisses zur „Grundrente“ bereits beschrieben wurde. Man will was tun gegen die seit Jahren und von vielen kritisierte „Doppelverbeitragung“ im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge. Noch im Frühjahr 2019 hatte es so ausgesehen, dass sich hier nichts mehr zum Besseren verändern wird (vgl. dazu ausführlicher den Beitrag Doppelt verbeitragte Betriebsrentner und ein (nicht nur) Merkel-Basta-Nein vom 3. April 2019).

Zur offiziellen Zielsetzung des Gesetzes kann man dem Entwurf entnehmen: »Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind in der gesetzlichen Krankenversicherung als sogenannte Versorgungsbezüge beitragspflichtig. Auf Versorgungsbezüge werden Krankenversicherungsbeiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes erhoben. Die Betriebsrentnerinnen und -rentner haben diese Beiträge allein zu tragen. Dies verringert die Attraktivität von Betriebsrenten und führt heute vielfach dazu, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber entsprechenden Angeboten zu- rückhaltend sind. Die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auf Versorgungsbezüge hemmt somit den weiteren Auf- und Ausbau der betrieblichen Altersversorgung.«

Die Bundesregierung steht vor dem Problem, dass sie auf der einen Seite den Arbeitnehmern einen weiteren Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge verkaufen will bzw. muss (und zwar als Kompensation der sinkenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht als Ergänzung „oben drauf“), zugleich aber mit einem mehrfachen Vertrauensproblem konfrontiert ist. Neben der grundsätzlichen Skepsis gegenüber kapitalgedeckten Alterssicherungsformen, zu denen auch die Betriebsrenten gehören, kommt der vielfach beschriebene Vertrauensverlust aufgrund der „Doppelverbeitragung“ bei Betriebsrenten hinzu, der seinen Ursprung hat in dem „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ der damaligen rot-grünen Bundesregierung, das 2004 in Kraft trat und auch rückwirkend eine vorher nicht vorhandene Belastung von Betriebsrentnern eingeführt hat, was verständlicherweise eine Menge Empörung generiert hat.

An dieser Stelle ein nicht nur begrifflich differenzierender Exkurs zur „Doppelverbeitragung“, denn mit dessen Verwendung werden die Sachverhalte manchmal durcheinander gebracht. Im Grunde gibt es zwei Formen der „Doppelverbeitragung“, die eine durchaus unterschiedliche Qualität haben. Dazu die Hinweise der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba):
➞ Zum einen wird mit „Doppelverbeitragung“ die Tatsache bezeichnet, dass Betriebsrenten seit dem 1. Januar 2004 nicht mehr mit dem ermäßigten Beitragssatz zur Krankenversicherung der Rentner verbeitragt werden, sondern mit dem vollen Beitragssatz. Da der Beitragssatz sich vom ermäßigten, halben Beitragssatz auf den vollen verdoppelt hat, wird vereinzelt von einer Doppelverbeitragung gesprochen. Technisch korrekt ist von der Verbeitragung mit dem vollen Beitragssatz zur KVdR zu sprechen.
➞ Zum anderen wird von Doppelverbeitragung gesprochen, wenn sowohl auf die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung in der Ansparphase als auch auf Betriebsrenten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung erhoben werden. Dazu kann es a) bei pauschalversteuerter Entgeltumwandlung nach § 40b EStG aus laufendem Einkommen, b) bei der Fortführung einer Pensionskassenzusage mit eigenen Beiträgen, c) bei echten Eigenbeiträgen nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG und d) bei Beiträgen zu einer Pensionskasse, einem Pensionsfonds oder einer Direktversicherung von mehr als 4% der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (West) kommen.
Der Verein Direktversicherungsgeschädigte (DVG) beziffert die Zahl der Betroffenen auf 6,3 Millionen Menschen, von denen viele die Rentenphase noch gar nicht erreicht haben. Hinzu kommen die Millionen „echter“ Betriebsrentner.

Aber nun wird doch endlich gehandelt und die „Doppelverbeitragung“ wird abgeschafft. Könnte man denken oder soll man glauben. Aber mit dem Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG) wird lediglich eine schnelle Problemlösung im Windschatten der schweren Geburt der „Grundrente“ auf die Schiene gesetzt. Ein Eilverfahren – die Neuregelung soll bereits in wenigen Tagen zum 1. Januar 2020 in Kraft treten -, das bei genauerer Hinsicht zu einer Teillösung für die Betriebsrentner führt.

Um den Charakter dieser Teillösung zu verstehen, muss man sich anschauen, wie eine „richtige“ Lösung für den Normalfall ausgesehen hätte: Die Betriebsrentner würden den halben Beitragssatz an die Krankenversicherung aus ihrer Betriebsrente bezahlen und die andere Hälfte (die bei den gesetzlichen Renten von der Rentenversicherung getragen wird) hätte bei den Betriebsrentnern vom Staat über Steuermittel an die Krankenkassen abgeführt werden müssen.

Diesen Ansatz hatte der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) übrigens Anfang des Jahres mit einem Referentenentwurf vorgeschlagen. Und speziell mit Blick auf die Finanzierungsfrage, die mit der Entlastung der Betriebsrentner verbunden ist: Spahn taxierte das zu finanzierende Volumen auf 3 Mrd. Euro jährlich, 500 Mio. Euro davon sollten die Beitragszahler stemmen, der Rest von 2,5 Milliarden sollte aber aus dem Steuertopf kommen – mittels Erhöhung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Kassenleistungen von 14,5 auf 17 Milliarden Euro. Nur ist er damit sowohl an der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wie auch am sozialdemokratischen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gescheitert.

Und wie sieht jetzt die Lösung aus?

➔ Die bislang schon geltende Freigrenze für Versorgungsbezüge in Höhe von 155,75 Euro monatlich (2019) wird in einen dynamisierten* Freibetrag (2020 in Höhe von von 159,25 Euro monatlich) umgewandelt. Der Unterschied: Bei der Freigrenze ist jede Betriebsrente, die nur einen Euro über der Grenze liegt insgesamt voll (doppelt) beitragspflichtig. Der Freibetrag hingegen gilt für alle Betriebsrenten, also die ersten 159,25 Euro jeder Betriebsrente, egal wie hoch die ausfällt, werden von dem Freibetrag erfasst – aber jeder Euro darüber wird weiterhin wie bislang voll, also doppelt verbeitragt.
*) Der Freibetrag soll zukünftig in etwa mit der durchschnittlichen Lohnentwicklung angehoben werden.

Entlastet werden nun vor allem Bezieher kleiner Betriebsrenten. Wer im kommenden Jahr zum Beispiel 169,25 Euro im Monat Betriebsrente bekommt, soll nur auf 10 Euro statt auf den vollen Betrag Kassenbeiträge bezahlen. Das sind beim Beitragssatz von 14,6 Prozent und einem Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent nur 1,55 Euro – statt mit der Freigrenze 26,23 Euro. Wer 1.000 Euro erhält, muss demnach 130,32 Euro bezahlen – statt mit der Freigrenze 155 Euro.

Die Bundesregierung erwartet von dieser merkwürdig daherkommenden Mischlösung das folgende Ergebnis: »Rund 60 Prozent der Betriebsrentner zahlen damit de facto maximal den halben Beitragssatz, die weiteren 40 % werden spürbar entlastet.«

Ganz offensichtlich handelt es sich um eine Schätzung. Die Ursache dafür, dass man schätzen muss, liegt an der mangelhaften Datenlage die Betriebsrenten und ihre konkreten Höhe betreffend. Man muss sich auf eine repräsentative Bevölkerungsbefragung durch TNS Infratest Sozialforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beziehen (für das Jahr 2015), deren Ergebnisse im Alterssicherungsbericht 2016 der Bundesregierung veröffentlicht wurden. Dazu kann man dem Beitrag Schichtung der Bruttobeträge der Betriebsrenten in der Privatwirtschaft, alte und neue Bundesländer 2015 des IAQ entnehmen:

»Im Jahr 2015 lagen die durchschnittlichen Brutto-Betriebsrenten in Westdeutschland bei 615 Euro (Männer) bzw. 249 Euro (Frauen) und im Osten Deutschlands bei 211 Euro (Männer) bzw. 115 Euro (Frauen). Diese Durchschnittswerte haben aber nur wenig Aussagekraft. Denn wenn die Streuung der Zahlbeträge betrachtet wird, zeigt sich, dass der weit überwiegende Teil der Bruttorenten deutlich unterhalb dieser Mittelwerte liegt. Auffällig sind dabei die großen Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern sowie zwischen Männern und Frauen:
➞ In den alten Bundesländern erhalten 41 % der Männer eine Betriebsrente von bis zu 200 Euro im Monat. Die Frauenrenten liegen zu 67 % unter der Grenze von 200 Euro. In die Gruppe von weniger als 300 Euro fallen 53 % der Männer und 76 % der Frauen.
➞ In den neuen Bundesländern beziehen 66 % der Männer und 81 % der Frauen eine Betriebsrente von weniger als 200 Euro bzw. 76 % (Männer) und 92 % (Frauen) von weniger als 300 Euro.
Hohe Zahlbeträge (über 500 Euro) finden sich bei den Frauen so gut wie gar nicht. Bei den Männern in den alten Bundesländern sieht es etwas anders aus: Immerhin 18 % beziehen eine Betriebsrente in Höhe von 1.000 Euro und mehr sowie 31 % eine Betriebsrente von 500 Euro und mehr. Hier dürfte es sich überwiegend um hoch qualifizierte und gut bezahlte Angestellte handeln, deren Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt und deren Arbeitsverträge gute Betriebsrentenregelungen beinhalten.« (Hervorhebungen nicht im Original)

Da nach Berechnungen der Regierung rund 60 Prozent der Betriebsrentner weniger als 318 Euro im Monat bekommen, werden sie künftig maximal den halben statt wie bisher den vollen Krankenkassenbeitrag bezahlen.

Offensichtlich hat man das Finanzierungsvolumen gegenüber dem „richtigen“ Ansatz einer hälftigen Beitragsbelastung der Betriebsrentner nochmals eindampfen können. Während im Referentenentwurf aus dem Haus Spahn vom Frühjahr 2019 noch 3 Mrd. Euro Einnahmeausfälle für die GKV genannt wurden, spricht die Bundesregierung nun von einem geschätzten Volumen in Höhe von „nur noch“ 1,2 Mrd. Euro, die Krankenkassen hingegen gehen von mindestens 1,4 Mrd. Euro aus.

Das müsste eigentlich vom Steuerzahler gestemmt werden. Hier aber macht sich die Bundesregierung einen schlanken Fuß und schiebt der Gesetzlichen Krankenversicherung die Rechnung rüber. Die Krankenkassen bzw. genauer: alle Beitragszahler der GKV müssen die Zeche bezahlen. In den Worten der Bundesregierung aus dem Koalitionsbeschluss:

»Die Mindereinnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich in der GKV werden vollständig aus Mitteln der GKV finanziert. Zur Einphasung in die allgemeine Einnahmen- und Ausgabenentwicklung werden aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds im Jahr 2021 900 Millionen Euro, im Jahr 2022 600 Millionen Euro und im Jahr 2023 300 Millionen Euro entnommen.«

Mit anderen Worten: Man greift für eine kurze Zeit des Übergangs in den bislang noch gefüllten Topf des Gesundheitsfonds, entnimmt dort Beitragsmittel und schiebt die den Kassen zu, um einen Teil der Einnahmeverluste „auszugleichen“. Ab 2024 müssen die Krankenkassen und damit die dort Versicherten die Beitragsausfälle dann in voller Höhe selbst tragen. Aber: Es ist nicht Aufgabe der gesetzlich Krankenversicherten, die Betriebsrenten zu fördern. Es handelst sich um einen dieser typischen Geschäfte zu Lasten Dritter und die Bundesregierung wird mit dem „Entlastungsgeschenk“ dann auch noch hausieren gehen.

Am 9. Dezember 2019 gab es im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags eine öffentliche Anhörung zu dem nun vorliegenden Gesetzentwurf. Betriebsrentner unzu­frie­den mit Rege­lung zu Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trägen, so ist der Bericht seitens des Bundestags überschrieben. Auch in der Anhörung wurde die Finanzierung zu Lasten der GKV-Beitragszahler kritisiert. Der GKV-Spitzenverband hat darauf hingewiesen, »dass eine attraktivere Altersvorsorge eine krankenversicherungsfremde Initiative sei. Sowohl die Finanzierung aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds als auch die Finanzierung aus den laufenden Beitragseinnahmen werde abgelehnt. Die Gegenfinanzierung müsse aus Steuergeldern sichergestellt werden.« Und die GKV »warnte zudem vor Umsetzungsproblemen, da die Regelungen schon 2020 in Kraft treten sollen. Auch wegen der getrennten Beitragsberechnung für die Kranken- und Pflegeversicherung sei eine längere Vorlaufzeit nötig, zumindest jedoch ein automatisiertes Erstattungsverfahren.« Aber das kennen wir ja schon aus der Politik, dass man dort keine wirklichen Vorstellungen von den Umsetzungsanforderungen in einer Massenverwaltung hat.

Fast schon weichgespült kommt die Stellungnahme des DGB daher: »Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte die geplante Reform als sinnvolle Initiative, um bestehende Probleme zu lindern und die Betriebsrenten auch langfristig attraktiv zu halten. Die Novelle sei sozial ausgewogen, da sie vor allem kleine Betriebsrenten spürbar entlaste und die Abbruchkante an der Freigrenze abschaffe. Allerdings sollten die Einnahmeausfälle auch langfristig aus Steuermitteln finanziert werden.« Nein, nicht langfristig. Offensichtlich meint man hier wieder einmal Schützenhilfe für die GroKo leisten zu müssen.

Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) wird unter anderem dahingehend zitiert, dass der Freibetrag „nur“ für die Krankenkassenbeiträge gelten soll. »Der Freibetrag sollte auch für die Pflegebeiträge gelten, eine Ungleichbehandlung wäre schwer vermittelbar.« Auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge weist in dem Beitrag Teilentlastung für Betriebsrentner auf diesen Punkt hin: »In der Pflegeversicherung gilt weiterhin die bisherige Freigrenze. Dort bleibt es also in den meisten Fällen bei der Belastung mit dem vollen Beitragssatz. Konsistente Gesetzgebung sieht anders aus.« Allerdings muss man hinsichtlich der Pflegeversicherung berücksichtigen: Gesetzlich krankenversicherte Rentner zahlen die Beiträge zur Pflegeversicherung in voller Höhe allein. Hier würde es zu Ungerechtigkeiten kommen, wenn man Betriebsrentner „besser“ stellen würde als die Rentner in der gesetzlichen Rentenversicherung. Wie unübersichtlich und kaum vermittelbar die Beitragserhebung ist, kann man auch diesen Tatbeständen entnehmen: Der Beitragssatz der Renten mit Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt sich auf die gesetzliche Rente. Es sei denn: Freiwillig gesetzlich versicherte Rentner bezahlen unter anderem auch auf Mieteinnahmen und private Renten Beiträge zur Pflegeversicherung. Und ganz besonders interessant wird es mit Blick auf die Beamten: Beihilfeberechtigte Senioren zahlen nur die halben Beitragssätze zur Pflegeversicherung. Die andere Hälfte der Leistungen übernimmt der Träger der Beihilfe. Es ist kompliziert und wie so oft auf den Punkt gebracht: Das ist alles „nur historisch“ zu verstehen.

Und der Vollständigkeit halber hier noch der Blick auf die besonders Geschädigten der Doppelverbeitragung: »Die von der sogenannten Doppelverbeitragung betroffenen Betriebsrentner sehen in der geplanten Einführung eines Freibetrages keine systematische Lösung der Problematik. Zwar sei die Initiative der Bundesregierung zu begrüßen, jedoch offenbarten sich grundlegende Schwachstellen, erklärte der Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG)«, so der Bundestag in seiner Mitteilung über die Anhörung am 9. Dezember 2019. »Der DVG monierte, mit der Reform würden in keiner Weise die Besonderheiten der Altersversorgung in Form der Direktversicherung korrigiert, insbesondere jener Verträge, die vor dem 31. Dezember 2003 abgeschlossen wurden. Der Verein fordert eine Entschädigungsregelung. So sollte eine Rückabwicklung der Verträge vom 1. Januar 2004 bis Ende 2019 ermöglicht werden. Gefordert wird auch eine Reduzierung der Beiträge auf den halben Satz. Für alle vor 2004 abgeschlossenen Direktversicherungsverträge müsse die Beitragsfreiheit gelten.« Das fordern die schon seit Jahren – und sie sind damit in der Vergangenheit immer wieder gegen sehr hohe und dicke Mauern gerannt. Und auch bei der nun vorgenommenen Neuregelung werden diese Forderungen schlichtweg nicht berücksichtigt. Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge (aba) hat in der Anhörung das alles auch zu quantifizieren versucht: »Die volle Beitragspflicht habe die Betriebsrenten seit 2004 um rund 40 Milliarden Euro geschmälert.« Das genannte Volumen „erklärt“ dann auch, warum die Politik einen Teufel tun wird, hier rückwirkend zu korrigieren.

Fazit: Mit dem Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG) schafft der Gesetzgeber eine Teilentlastung der Betriebsrentner (vor allem im Bereich der niedrigen Betriebsrenten), aber auf Kosten einer Lösung, die das System noch komplizierter werden lässt. Bei der Finanzierung der damit verbundenen Kosten schiebt man den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung die Rechnung zu und wird sich auch noch feiern für die Entlastung.