Statistiker schrumpfen Deutschland: 1,5 Millionen Menschen weniger. Dafür hat man 500.000 Wohnungen gefunden

Was für eine Nachricht – es ist weniger voll geworden in Deutschland, immerhin sind jetzt auch ganz offiziell 1,5 Millionen Menschen „verloren“ gegangen – „nur“ noch 80,2 Millionen Menschen leben in der Bundesrepublik. Besonders betroffen von der Einwohnerschrumpfung sind die Stadtstaaten Berlin (diese Stadt ist nicht nur arm, aber sexy, sondern seit heute auch um 180.000 Einwohner kleiner) und Hamburg. Der Schwund liegt vor allem an den Ausländern: »In Deutschland leben … deutlich weniger Ausländer als bislang angenommen. 6,2 Millionen ausländische Staatsbürger wurden gezählt – 1,1 Millionen weniger als gedacht«, so Spiegel Online in einem ersten Bericht über die neuesten Ergebnisse des „Zensus 2011“.

Die Gruppe der Menschen mit einem „Migrationshintergrund“ (dabei berücksichtigen die Statistiker jeden, der nach 1955 nach Deutschland eingewandert ist oder der mindestens einen zugewanderten Elternteil hat) ist natürlich deutlich größer als die Gruppe der Ausländer: »Insgesamt lebten in Deutschland etwa 15 Millionen Personen mit Migrationshintergrund; das waren rund 19 Prozent der Bevölkerung. Den höchsten Anteil hatte im Ländervergleich mit 27,5 Prozent Hamburg. Im Osten Deutschlands lag dieser Anteil in allen Bundesländern unter 5 Prozent, in Berlin haben 23,9 Prozent einen Migrationshintergrund.« Knapp 55 Prozent der Deutschen lebten zur Miete – und gleichzeitig erfahren wir durch die Zahlensammelei, dass 500.000 Wohnungen mehr vorhanden sind, als man bislang dachte.

Natürlich fragt sich der eine oder die andere, wie es denn dazu kommen konnte, dass man eine solche Bereinigung der Einwohnerzahlen vermelden muss. Hierzu finden wir erste Hinweise in dem Artikel „Warum Deutschland geschrumpft ist“ von Pascal Paukner:

»Die Gründe für die starken Korrekturen, die nun nötig waren, liegen weit in der Vergangenheit. Die letzte Volkszählung in Westdeutschland fand 1987 statt. In der DDR wurde letztmalig 1981 gezählt. Als sich West und Ost wiedervereinigten, wurden die Daten zusammengeworfen und über Jahrzehnte fortgeschrieben … Für die Fortschreibung der Bevölkerungszahl nutzt die Behörde mehrere Datenquellen: Die Geburten- und Sterbefälle der Standesämter, die als sehr akkurat gelten. Sowie die Angaben der Einwohnermeldeämter über Zu- und Wegzüge, die als fehleranfällig gelten, weil Wegzüge ins Ausland im Gegensatz zu Umzügen im Inland selten den Behörden gemeldet werden. Da passt es auch ins Bild, dass die Daten in Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg besonders stark korrigiert werden mussten. Dort wohnen überdurchschnittlich häufig Menschen mit Migrationshintergrund.«

Aber auch die nun ausgewertete neue „Volkszählung“ ist mit Fehlern behaftet – denn sie ist eigentlich keine richtige Volkszählung, wie sie noch 1987 in der alten Bundesrepublik durchgeführt wurde, weil man beim „Zensus 2011“ im Wesentlichen vorhandene Datenbestände abgeglichen hat und nur eine Stichprobe aus der Grundgesamtheit befragt hat. Dies zum einen, weil man Angst hatte vor Widerständen gegen eine neue „richtige“ Volkszählung (was allerdings in Zeiten von Facebook & Co. mit einem großen Fragezeichen zu versehen ist) und – natürlich – um Kosten z sparen, die mit einer Vollerhebung verbunden wären.

Wer sich genauer über die neue Datenlage informieren möchte, der wird reichlich Material finden auf der Webseite „Zensus 2011 – Fakten zur Bevölkerung in Deutschland„, die das Statistische Bundesamt anlässlich der heutigen Pressekonferenz eingerichtet hat. Dort kann man auch zahlreiche Daten abrufen.

Sozialpolitisch gesehen sind die hier nur angerissenen Ergebnisse hoch relevant und sie bergen so einigen Sprengstoff: Denn die Statistiker bekommen jetzt einige zusätzliche Arbeit, deren Ergebnisse wiederum für die sozialpolitische Diskussion elementar sein werden:  Diverse Angaben über Deutschland müssen neu berechnet werden – so etwa alle Pro-Kopf-Angaben wie zum Beispiel die Geburtenrate. Man darf gespannt sein.