»Die „Deindustrialisierung“ (auf dem Arbeitsmarkt) hat begonnen. Und leider zeigen die Daten auch, dass der beginnende Beschäftigungsabbau in der Industrie begleitet wird durch einen erstmaligen Einbruch der Beschäftigung in dem so bedeutsamen Baubereich, hier verlieren wir erstmals Beschäftigte. Und das vor dem Hintergrund, dass der Bedarf nicht nur an zusätzlichem Wohnraum, sondern auch an Infrastrukturbauten steigt und steigt. Offensichtlich haben im vergangenen Jahr die Industrie- wie auch die Bauunternehmen das beendet, was sie bisher betrieben haben: das „Horten“ von in der Regel sehr gut qualifizierten Arbeitskräften, in der Hoffnung, dass die Konjunktur und die Aufträge wieder anspringen und man dann sofort loslegen kann mit eingearbeitetem Persona. Es scheint so zu sein, als ob diese Erwartung zunehmend beerdigt wird. Eine überaus bedrohliche Entwicklung zeichnet sich hier in ersten Umrissen ab.« So begann in diesem Blog das Jahr 2025. Das Zitat ist dem Beitrag Zur Gleichzeitigkeit von scheinbar guten und möglicherweise schlechten Zeiten auf dem Arbeitsmarkt. Ein erster Blick auf die Beschäftigungsentwicklung 2024 vom 2. Januar 2025 entnommen.
Und dort findet man auch diesen Hinweis: »Im gerade vergangenen Jahr 2024 hat es (wenn wir die beiden besonderen Pandemiejahre 2020 und 2021 einmal ausblenden) erstmals einen Beschäftigungsabbau im Verarbeitenden Gewerbe und damit in dem Bereich gegeben, der als Industrie bezeichnet wird. Schaut man sich parallel die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit über Zugänge in Arbeitslosigkeit aus einer Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt an, dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass mit einem sich beschleunigendem Tempo in den zurückliegenden Monaten mehrere tausend Industriejobs abgebaut werden – Monat für Monat. Und es handelt sich hierbei in der Regel um gut bezahlte Jobs, die da verloren gehen.«
Es waren über zehntausend Industriejobs, die 2024 jeden Monat abgebaut worden sind.
Gehen wir weiter in die Gegenwart.
Porsche geht die E-Puste aus
»Porsche will sich nun nur noch auf die Entwicklung von Batteriezellen und Batteriezellsystemen konzentrieren. „Eine eigene Fertigung von Batteriezellen verfolgt Porsche aus Volumengründen und fehlenden Skaleneffekten nicht weiter“ … Der Markt für elektrische Fahrzeuge weltweit habe sich nicht so entwickelt wie angenommen.« Das Zitat stammt vom Porsche-Chef Oliver Blume und ist diesem Artikel entnommen: Cellforce in Kirchentellinsfurt: Porsche will eigene Batteriezellenproduktion streichen. Ein harter Schlag: Ursprünglich »sei die Fabrik in Kirchentellinsfurt (Kreis Tübingen) als „Anlauffabrik“ mit einem Produktionsvolumen von etwa einer Gigawattstunde im Jahr geplant gewesen. Später hätte es eine Skalierung an einem zweiten Standort geben sollen. „Das ist aus heutiger Sicht nicht realistisch.“ Porsche plant daher, Stellen abzubauen. Dem Unternehmen zufolge soll das sozialverträglich passieren.« Die Gewerkschaft IG Metall befürchtet, dass 200 der insgesamt 286 Beschäftigten ihre Jobs verlieren könnten. Einige Beschäftigte haben bereits eine Kündigung per Post erhalten.
Für die Beschäftigten galt das Batteriezellunternehmen Cellforce eigentlich als Zukunftsprojekt, das jetzt plötzlich fast komplett geschlossen werden soll.
Auch der Blick von ganz oben auf die Industrie(beschäftigung) ist mehr als „eingetrübt“
Das Beispiel Cellforce in Baden-Württemberg betrifft die Automobilindustrie – eine der industriellen Schwergewichte in der deutschen Volkswirtschaft neben dem Maschinenbau, der Chemie- und der pharmazeutischen Industrie. Die Automobilindustrie befindet sich nicht nur seit Jahren in einen massiven Strukturwandel, sie ist auch extrem exportorientiert und bekanntlich wird derzeit der Außenhandel nicht nur kräftig durchgeschüttelt, man kann sogar zu dem Befund kommen, dass das jahrzehntelang gerade aus deutscher Sicht so erfolg- und gewinnbringende Globalisierungsmodell zertrümmert wird.
Der Fall Porsche ist nur ein Puzzle-Teil in einem beginnenden Kahlschlag auf der industriellen Beschäftigungsseite, der noch von der Automobilindustrie (und deren Zulieferer) angeführt wird: »Der deutschen Industrie gehen immer mehr Stellen verloren, ein großer Teil davon in der Autobranche. Allein dort wurden innerhalb eines Jahres netto rund 51.500 Jobs oder fast sieben Prozent der Arbeitsplätze abgebaut«, muss man diesem Artikel entnehmen: Autobranche streicht mehr als 50.000 Jobs in einem Jahr. Keine andere Industriebranche sei so stark vom Jobabbau betroffen. Aber die Autoindustrie ist nur ein Teil der Industrie.
Die Zahlen wurden von der Beratungs und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY geliefert, das sich wiederum auf Daten des Statistischen Bundesamtes bezieht und regelmäßig das EY-Industrie-Barometer veröffentlicht.
»Angesichts der anhaltenden Industrierezession beschleunigt sich der Stellenabbau in der deutschen Industrie: Die Zahl der Beschäftigten lag zum 30. Juni dieses Jahres 2,1 Prozent niedriger als zwölf Monate zuvor. Binnen eines Jahres wurden damit in der deutschen Industrie etwa 114.000 Stellen abgebaut. Seit dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 schrumpfte die Zahl der Beschäftigten unterm Strich sogar um fast 250.000 – ein Rückgang um 4,3 Prozent«, kann man der EY-Meldung Deutsche Industrie: Deutlicher Umsatzrückgang und Stellenabbau im zweiten Quartal entnehmen.
»Den stärksten Beschäftigungsabbau verzeichnet aktuell die Automobilindustrie, wo innerhalb eines Jahres knapp sieben Prozent der Stellen bzw. etwa 51.500 Jobs abgebaut wurden – fast jeder zweite in Deutschland verloren gegangene Industriejob entfiel also auf die Autoindustrie.«
»Die deutschen Autokonzerne und Zulieferer reagieren mit einem konsequenten Sparkurs auf die schwierige Lage der Branche. Massive Gewinneinbrüche, Überkapazitäten und schwächelnde Auslandsmärkte machen einen deutlichen Stellenabbau unumgänglich – gerade in Deutschland, wo Management-, Verwaltungs- und F&E-Funktionen angesiedelt sind«, so Jan Brorhilker von EY Deutschland.
Die Aussichten sind düster: »Brorhilker sieht vorerst kein Ende des Stellenabbaus in der deutschen Industrie: „Bei einigen großen Industrieunternehmen laufen derzeit Kostensenkungs- und Restrukturierungsprogramme. In den aktuellen Beschäftigungsstatistiken zeigen sich die Auswirkungen dieser Stellenstreichungen erst mit einiger Verzögerung. Im Lauf des Jahres und bis ins kommende Jahr hinein wird die Zahl der Industriejobs daher weiter sinken“, erwartet Brorhilker.«
Und das hat nicht nur Auswirkungen auf Beschäftigte, die schon drin sind und deren Jobs jetzt wegfallen (werden). Sondern auch auf die, die erst noch rein kommen (wollen):
»Das sind schlechte Nachrichten auch für Schul- oder Hochschulabsolventen, so Brorhilker: „Die Automobilindustrie und der Maschinenbau stellen heute deutlich weniger junge Menschen ein als in den vergangenen Jahren. Der Arbeitsmarkt etwa für junge Ingenieure wird ungemütlich, viele werden sich neu orientieren müssen. Wir werden eine steigende Arbeitslosigkeit bei Hochschulabsolventen sehen – etwas, was es in Deutschland lange nicht gab.“«
Wie lautete die Abschlussformulierung in dem Beitrag vom 2. Januar 2025?
»Eine überaus bedrohliche Entwicklung zeichnet sich hier in ersten Umrissen ab.«
Leider werden die Umrisse immer klarer erkennbar.