Dunkle Wolken über dem Arbeitsmarkt. Die anhaltende Wirtschaftsflaute hinterlässt ihre Spuren. Schlechte Aussichten für die kommenden Monate

„Rückblickend hat die anhaltende Wirtschaftsflaute im Jahr 2024 zwar zunehmend tiefere Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Im Kern behauptete er sich alles in allem aber weiterhin“. Mit diesen Worten zitiert die Bundesagentur für Arbeit (BA) ihre Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles am Anfang des neuen Jahres. Die Arbeitslosigkeit ist 2024 jahresdurchschnittlich deutlich gestiegen. Der Anstieg beruht dabei besonders auf der schwachen Wirtschaftsentwicklung mit einer nur geringen Zunahme in der Erwerbstätigkeit und einer weiter rückläufigen Arbeitskräftenachfrage, wodurch es für Arbeitslose schwieriger war, eine neue Stelle zu finden. So erhöhte sich die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 178.000 auf 2.787.000 Menschen. Ausführlich kann man das nachlesen im Jahresbericht:

➔ Bundesagentur für Arbeit: Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Dezember 2024 und Jahr 2024, Nürnberg, Januar 2025.

Den schon seit dem Frühjahr 2022 anhaltenden Abwärtstrend hinsichtlich der Beschäftigung bzw. der Beschäftigungserwartungen kann man auch an der Entwicklung des ifo Beschäftigungsbarometers ablesen:

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➔ Das aus einer Unternehmensbefragung abgeleitete ifo Beschäftigungsbarometer ist ein monatlicher Indikator, der die Beschäftigungspläne der deutschen Unternehmen erfasst. Es basiert auf der ifo Konjunkturumfrage, bei der rund 9.000 Unternehmen aus verschiedenen Branchen zu ihrer geplanten Personalentwicklung befragt werden. Die Unternehmen geben an, ob sie in den kommenden drei Monaten mehr, weniger oder gleich viele Mitarbeiter einstellen wollen. Der Indikator wird als Saldo der positiven und negativen Beschäftigungserwartungen berechnet. Es kommt also vor allem auf die Veränderungen und die Richtung der Veränderungen an. Ein niedriger oder negativer Wert deutet auf Einstellungszurückhaltung oder möglichen Personalabbau hin.

„Immer weniger Unternehmen bauen Personal auf“, so wird Klaus Wohlrabe vom ifo Institut bei der Vorstellung der Dezember-Werte zitiert. „Dafür steigt der Anteil der Betriebe, die Arbeitsplätze abbauen wollen.“ Interessant ist natürlich ein nach Wirtschaftszweigen differenzierter Blick auf die Beschäftigungserwartungen der Unternehmen – nicht nur, aber auch vor dem Hintergrund der laufenden Debatte über eine „Deindustrialisierung“ in Deutschland (vgl. dazu bereits den Beitrag Zur Gleichzeitigkeit von scheinbar guten und möglicherweise schlechten Zeiten auf dem Arbeitsmarkt. Ein erster Blick auf die Beschäftigungsentwicklung 2024 vom 2. Januar 2025).

Das ifo berichtet: »Insbesondere in der Industrie hinterlässt die wirtschaftliche Krise ihre Spuren bei der Personalplanung. Nahezu alle Branchen ziehen einen Arbeitsplatzabbau in Betracht. Am stärksten betroffen sind die Metallbranche sowie die Autobauer und ihre Zulieferer. Auch der Handel plant eher Stellen zu reduzieren, als sie neu zu besetzen. Bei den Dienstleistern setzte sich die negative Dynamik der letzten Monate fort. Während im Tourismus eingestellt wird, bauen die Personaldienstleister und das Gastgewerbe eher Stellen ab. Im Baugewerbe zeichnet sich trotz Krise keine größere Entlassungswelle ab: Die Unternehmen versuchen, ihr Personal zu halten.«

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Der ifo Beschäftigungsbarometer-Wert für Dezember 2024 ist mittlerweile so tief gefallen, dass er sich auf dem Niveau der Lage im ersten Pandemie-Jahr 2020 befindet. Aber auch die entsprechenden Werte für den großen Dienstleistungsbereich zeigen von der Richtung her seit längerem nach unten.

Leider wird die hier erkennbare negative Einschätzung durch die Ergebnisse anderer Befragungen gestützt. Hier sei auf das aus einer Expertenbefragung abgeleitete IAB-Arbeitsmarktbarometer hingewiesen. Dessen Entwicklung zeigt sowohl für die Komponente Beschäftigung wie auch für die Komponente Arbeitslosigkeit seit Monaten nach unten:

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➔ Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert. Befragt werden die Geschäftsführungen der Agenturen für Arbeit in den einzelnen Regionen. Die haben einen direkten Einblick in die regionale Arbeitsmarktentwicklung, da sie für die Vermittlung, Beratung und Förderung von Arbeitslosen sowie für den Kontakt zu Unternehmen verantwortlich sind. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Zum einen die Erwartungen zur zukünftigen Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, zum anderen die Einschätzung, ob die Arbeitslosigkeit steigen oder sinken wird. Während Komponente A des IAB-Arbeitsmarktbarometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert der beiden Barometer. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Die Skala des IAB-Arbeitsmarktbarometers reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).

Fazit: Der Arbeitsmarkt gerät zunehmend unter Druck. Neben der seit mehreren Jahren anhaltenden konjunkturellen Schwäche wird seit einiger Zeit eine Bedeutungszunahme struktureller Ursachen diskutiert. Besonders betroffen ist hiervon die Industrie, die sich in einer tiefgreifenden Transformation befindet. Wir sehen eine höchst problematische Mischung aus konjunkturellen und strukturellen Faktoren mit negativen Auswirkungen auf die Arbeitsmarktentwicklung.