Homeofficeritis zwischen rosarotem Marketing und einem Desaster gerade für Frauen

Immer wieder diese Frage: Soll man lachen oder doch lieber den Kopf erneut auf den Tisch schlagen? In dem hier interessierenden Fall könnte man die Frage konkretisieren: Haben jetzt irgendwelche inhaltsentleerte Marketing-Praktikanten die Steuerung der alten Tante SPD übernommen (das wäre sogar die nettere Erklär-Variante) – oder arbeiten im Machtzentrum der altehrwürdigen Sozialdemokratie tatsächlich nur noch Menschen, die ganz weit weg sind nicht nur von den Fließbändern und Werkhallen der Nation, sondern auch von den Pflege-, Einzelhandels- und sonstigen Dienstleistungsjobs, die zu Millionen den deutschen Arbeitsmarkt bevölkern?

Es geht um eine der vielen Forderungen der SPD, die in diesen Tagen unter die Leute gebracht werden, um das Profil der Partei zu schärfen. Oftmals mit wortgewaltigen Versprechungen (beispielsweise, dass man nun Hartz IV „hinter sich gelassen habe“, dazu aber ausführlicher der Beitrag Hartz IV kann jetzt weg. Sagt die SPD. Von Verbesserungen für die einen und Stillstand für die anderen. Allerdings semantisch zu einem „Bürgergeld“ aufgehübscht vom 16. Februar 2019). Konkret geht es hier um die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Homeoffice. Das wird dann mit solchen Tweets seitens des SPD-Bundesvorstandes an die soziale Medienfront geworfen:

Allein über die Auswahl des Bildmotivs für den Tweet könnte man einen tiefsinnigen Beitrag verfassen. Offensichtlich will man damit die Message, dass sich die Arbeit „Deinem Leben anpassen“ soll, entsprechend illustrieren. Und fürwahr – gerade manche Vertreter der jüngeren Generation werden sich bei diesem Bild die Illusion einer Arbeitswelt vor dem inneren Auge aufbauen, in dem man a) zu Hause bleiben und b) irgendwas mit Computern machen und c) zwischendurch auch mal ganz entspannt auf dem Bett eine Runde Netflix einschieben kann. 

Wenn  man den Aufwand kennt, zu den Stoßzeiten des Berufsverkehrs zu einem Arbeitsplatz zu kommen, dann kann man sich vorstellen, dass es den einen oder anderen begeistern wird, zu Hause bleiben und dort arbeiten zu können. Und ohne Zweifel – es gibt natürlich Tätigkeiten, die man nicht unbedingt von einem mehr oder weniger schönen Büroarbeitsplatz erledigen muss. Aber das sei hier gleich vorangestellt: Für Millionen Arbeitnehmer ist das nicht nur ein Witz, sondern zugleich auch eine – sicher nicht bewusst so gemeinte – weitere Degradierung dessen, was sie im großen, bunten und oftmals sicher durch fragwürdige Arbeitsbedingungen charakterisierten Dienstleistungssektor tun und tun müssen, der eben nicht nur aus Bildschirm-Arbeitern besteht.

Nach dem Willen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll es unter bestimmten Bedingungen ein Recht auf Homeoffice geben. Ein Recht auf Arbeiten von zu Hause aus soll per Gesetz festgeschrieben werden. „Wir werden ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice gesetzlich verankern, damit mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den digitalen Vorteilen profitieren können“, so wird aus einem Konzept der Sozialdemokratie in dem Artikel SPD fordert Recht auf Homeoffice zitiert. „Wir werden aber auch Beschäftigte vor einer überbordenden Inanspruchnahme und der Anforderung einer ständigen Erreichbarkeit oder Präsenz durch den Arbeitgeber schützen.

Bereits im Januar dieses Jahres wurde über diesen Vorstoß der SPD berichtet: »Vier von zehn Bundesbürgern würden … gerne hin und wieder von zu Hause aus arbeiten. Doch nur zwölf Prozent können das, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat«, kann man diesem Artikel entnehmen: Die Chancen auf Home Office steigen. Und dort konnte man lesen: »Das Bundesarbeitsministerium will nun ein gesetzlich verankertes Recht auf Heimarbeit schaffen … Demnach sollen Unternehmen Heimarbeit entweder erlauben oder zumindest begründen müssen, warum sie nicht möglich ist.« Das sollten schon mal alle zur Kenntnis nehmen, die vielleicht geglaubt haben oder glauben, ein Rechtsanspruch bedeutet, dass sie dann zu ihrem Arbeitgeber gehen und ab morgen von zu Hause aus arbeiten können.

Die Befürworter des Vorstoßes verweisen beispielsweise auf die Niederlande: »Jeder, der will, darf zu Hause arbeiten: In den Niederlanden gibt es jetzt einen Rechtsanspruch aufs Homeoffice – gegen den lautstarken Protest der Arbeitgeber«, berichtet bereits im April 2015 Benjamin Dürr in seinem Artikel Ich will Heimarbeit – du darfst. Aber auch hier muss man genauer lesen: »Natürlich müssen auch Niederländer, wie bisher, einen Antrag bei ihrem Chef stellen, wenn sie einen Teil ihres Jobs von zu Hause aus erledigen wollen. Und natürlich kann ein Arbeitgeber das weiterhin ablehnen. Mit der Neuregelung liegt dann aber die Beweislast beim Arbeitgeber.«

Nun gab es auch in den Niederlanden vor allem andere Interessen als nur die, den Arbeitnehmern zu helfen, zu ihrer Wunscharbeitsform zu kommen, denn der Rechtsanspruch auf Homeoffice »wurde als kleiner Teil einer groß angelegten Reform des Pflegesystems verkauft: Der Staat zieht sich im Pflegesektor zurück, flexiblere Arbeitsmöglichkeiten sollen Angehörige dazu bringen, sich um pflegebedürftige Eltern oder Nachbarn zu kümmern.« Zur niederländischen Gesetzgebung vgl. auch diese kurze Ausarbeitung: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (2016): Einzelfragen zum niederländischen Gesetz über die Flexibilität am Arbeitsplatz).

Wieder zurück zum aktuellen SPD-Vorschlag, der allerdings nicht wirklich ein originärer Vorstoß ist. Bereits im April 2018 konnte man beispielsweise unter der Überschrift DGB fordert Recht auf Arbeit von zu Hause lesen: »Der DGB fordert ein Recht auf Homeoffice, aber mit strikten Regeln. « Das war im vergangenen Jahr durchaus eine neue Meldung, denn bislang hatten sich die Gewerkschaften eher zurückhaltend bei der Ausweitung von Homeoffice-Regelungen verhalten. Mit plausiblen Gründen: »Sie befürchten, dass Arbeitgeber mehr Jobs in Heimarbeitsplätze umwandeln könnten, um Kosten zu sparen. Denn so schön die Arbeit von zu Hause aus klingen mag, aus Sicht der Gewerkschaften arbeiten Mitarbeiter dort oft unter prekären Bedingungen: Wenig Anbindung ans Unternehmen, kaum jemand, der überwacht, ob Schutzvorschriften eingehalten werden, sowie eine starke Entgrenzung von Arbeit und Privatleben.«

Vor diesem Hintergrund fordert der DGB: Homeoffice müsse „in jedem Fall freiwillig bleiben“. Sprich: Da, wo es möglich ist, sollen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf ihren Rechtsanspruch berufen können – aber sie dürfen nicht vom Arbeitgeber dazu verpflichtet werden. Und: »Mobile Arbeitszeit müsse auf jeden Fall erfasst und vergütet werden.« Dieser Aspekt muss vor diesem Hintergrund gesehen werden: »Arbeitgeber wollen mehr Flexibilität, vor allem bei der Arbeitszeit. Darum ermöglichen viele Firmen ihren Mitarbeitern Homeoffice – in der Regel aber in Verbindung mit Vertrauensarbeitszeit. Das heißt: Die Arbeitszeit wird nicht offiziell erfasst und Überstunden gelten meist als mit dem Gehalt abgegolten. Häufig führt diese Form des freien und flexiblen Arbeitens dazu, dass Beschäftigte mehr als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit arbeiten. Schließlich wollen sie das Vertrauen ihrer Arbeitgeber nicht missbrauchen.« Die Gewerkschaften werden natürlich auch das kennen: »Die Arbeitgeber führen Homeoffice oft als Beispiel an, um eine Aufweichung der im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen gesetzlichen Ruhezeiten zu erreichen. Demnach müssen Beschäftigte zwischen zwei Arbeitseinsätzen in der Regel elf Stunden Ruhezeit einhalten. Ausnahmen gibt es nur wenige. Die Arbeitgeber finden diese Ruheregelung zu starr und argumentieren, sie würde Beschäftigten mit Bürojobs verbieten, abends um 23 Uhr noch E-Mails zu beantworten und am nächsten Morgen um acht Uhr wieder arbeiten zu können.«

Die Begründung des DGB, trotz der bisherigen Skepsis und der vorliegenden Erfahrungswerte nun doch für einen Rechtsanspruch zu plädieren, belegt erneut die Instrumentalfunktion dieser Arbeitsweise für andere Ziele: Man mache das, um »dem Wunsch von vielen abhängig Beschäftigten, flexibler arbeiten zu dürfen, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können«, nachzukommen.

Das Argument wird auch von der SPD aufgegriffen. Aber das greift natürlich nur dann, wenn es auch wirklich so ist. Also wenn die Heimarbeit die angesprochene Vereinbarkeit von Beruf und Familie wirklich deutlich zu verbessern vermag.

Vor diesem Hintergrund sind die Befunde aus dieser neuen Studie überaus aufschlussreich:

➔ Yvonne Lott (2019): Weniger Arbeit, mehr Freizeit? Wofür Mütter und Väter flexible Arbeitsarrangements nutzen. WSI Report Nr. 47, Düsseldorf: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI), März 2019

Zu der neuen WSI-Studie – die auch im Ausland auf Interesse gestoßen ist, vgl. dazu beispielsweise Zoe Williams: Working from home and doing childcare is a recipe for disaster – berichtet die Hans-Böckler-Stiftung in ihrer Zusammenfassung: »Frauen und Männer mit Kindern nutzen flexible Arbeitsmodelle wie Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice unterschiedlich: Während die Väter sehr viel mehr Zeit in den Job stecken, machen Mütter etwas mehr Überstunden, vor allem nehmen sie sich aber deutlich mehr Zeit für die Kinderbetreuung. Damit hilft flexibles Arbeiten zwar bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, es kann zugleich aber auch die klassische Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern festigen oder sogar verstärken … Mehr Freizeit haben weder Mütter noch Väter durch flexible Arbeitszeiten.«

Anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels, einer ausführlichen Befragung, an der mehrere tausend Haushalte teilnehmen, hat WSI-Wissenschaftlerin Yvonne Lott ermittelt, wie viel Zeit am Ende auf Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und andere Aktivitäten entfällt. Zwei aufschlussreiche Befunde aus ihrer Studie:

➞  Homeoffice: Mütter, die im Homeoffice arbeiten, kommen demnach in der Woche auf drei Stunden mehr Betreuungszeit für die Kinder als Mütter, die nicht von Zuhause arbeiten können. Zugleich machen sie eine zusätzliche Überstunde im Job. Bei Vätern sieht es anders aus: Sie machen im Homeoffice mehr Überstunden – wöchentlich zwei mehr als Väter ohne Heimarbeit –, nehmen sich aber nicht mehr Zeit für die Kinder.

➞  Selbstbestimmte Arbeitszeiten: Noch mehr zusätzliche Überstunden, nämlich wöchentlich vier, machen Väter, die völlig frei über ihre Arbeitszeiten entscheiden können. Bezahlt wird davon nur ein relativ kleiner Teil, die sichtbare Präsenz dürfte sich aber positiv auf Karrierechancen auswirken, vermutet die Wissenschaftlerin. Um die Kinder kümmern sich Väter mit derartiger „Vertrauensarbeitszeit“ hingegen sogar geringfügig weniger lang als Männer mit Kindern und festen Arbeitszeiten. Haben Mütter selbstbestimmte Arbeitszeiten, widmen sie der Erwerbsarbeit wöchentlich eine knappe Stunde mehr als Mütter mit festen Arbeitsstunden. In die Zeit mit Kindern fließen bei ihnen anderthalb Stunden zusätzlich.

Und sicher mehr als frustrierend für alle, die insgeheim andere Hoffnungen hatten, das eindeutige Fazit von Lott: „Einen Freizeitgewinn mit flexiblen Arbeitsarrangements gibt es weder für Mütter noch für Väter.“

»Grundsätzlich führen flexible Modelle also bei beiden Geschlechtern im Schnitt zu längeren Arbeitszeiten im Job, zeigt Lott. Bei Männern sei dieser Effekt deutlicher ausgeprägt als bei Frauen. Wobei Letztere gleichzeitig mehr Zeit für die Kinder aufwenden und so häufig doppelt belastet sind.«

Und vor dem Hintergrund der Argumentation für einen Rechtsanspruch auf Homeoffice besonders relevant: »Flexibles Arbeiten, das als wichtige Hilfe bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gilt, hat damit durchaus eine Schattenseite, …: Ohne bessere Leitplanken als es sie heute in vielen Unternehmen gibt, kann es die traditionelle Rollenverteilung befördern.«

Die Ergebnisse der neuen Studie wurden in den Medien breit rezipiert: Homeoffice zementiert traditionelle Rollenbilder, so die Süddeutsche Zeitung. Marie Rövekamp hat ihren Beitrag im Berliner Tagesspiegel so überschrieben: Warum das Homeoffice vor allem Frauen belastet. Dort wird auf andere Studien hingewiesen: »Heimarbeiter fühlen sich zwar freier – aber auch unter einem enormen Druck. Zwar finden einige, dass ihnen die Arbeit zu Hause gesundheitlich gut bekomme. Viele haben jedoch das Gefühl, ihre Leistung permanent beweisen zu müssen. Sie können doppelt so schlecht abschalten wie Kollegen im Büro und schlafen unruhiger.« Und dort erfährt man, dass die Studienautorin Lott trotz ihrer Befunde nicht gegen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice sei, wenn … Wenn bestimmte Rahmenbedingungen existieren und auch eingehalten werden: » Es brauche aber bessere Vereinbarungen in den Unternehmen – vor allem zum Schutz der Frauen. Sie schlägt vor, die Zahl der Partner-Monate beim Elterngeld von zwei auf sechs zu erhöhen, damit sich Väter intensiver in der Kinderbetreuung einbringen. Auch die Familienarbeitszeit könnte helfen, die tradierte Rollenverteilung zu durchbrechen. Das von der früheren Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgeschlagene Modell sieht vor, dass der Steuerzahler Teile des Verdienstausfalls ersetzt, wenn beide Elternteile weniger arbeiten, um sich um die Kinder zu kümmern.«

Und was ist mit der Mehrarbeit? »Eine Zeiterfassung würde laut Yvonne Lott helfen, Überstunden zu begrenzen.« Theoretisch mag das stimmen, aber praktisch? Man muss sich an dieser Stelle auf die Seite der Arbeitgeber beamen, denn deren Frage wird sein: Wie kann man sicherstellen, dass dann die erfasste Zeit wirklich Arbeitszeit war und nicht für andere Dinge im eigenen Haushalt der Arbeitnehmer(innen) verwendet wurde?

Wir werden hier mit einem echten Dilemma konfrontiert, das auch aus divergierenden Erwartungen resultiert, worauf Sarah Lena Grahn in ihrem Artikel Mehr Flexibilität bedeutet mehr Arbeit – vor allem für Mütter hinweist: »Als ideale Mutter soll die Familie für sie an erster Stelle kommen. Flexible Arbeitsmodelle würden daher in der Regel als legitim angesehen, damit Frauen ihren anderen Verpflichtungen nachkommen könnten … Wollen Frauen aber beruflich vorankommen, müssten sie den Job allem anderen vorziehen. Mit diesem Dilemma würden Mütter in den Betrieben oft alleingelassen.«

Das muss auch im Kontext anderer aktueller Studienergebnisse gesehen und eingeordnet werden: »Frauen in Paarhaushalten verbringen deutlich mehr Zeit mit unbezahlter Hausarbeit und Kinderbetreuung als Männer, dafür sind Männer mehr Stunden erwerbstätig. Auch an Sonntagen leisten Frauen deutlich mehr unbezahlte Arbeit; die Ungleichverteilung an diesen Tagen kann also nicht durch die Ungleichverteilung der Erwerbstätigkeit erklärt werden. Frauen sind vorwiegend für Arbeiten im Haushalt verantwortlich, die häufig zu erledigen und zeitlich wenig flexibel sind. Männer übernehmen eher Tätigkeiten, die seltener und nicht zu bestimmten Zeitpunkten erledigt werden müssen.« So einige Befunde aus dieser Studie:

➔ Claire Samtleben (2019): Auch an erwerbsfreien Tagen erledigen Frauen einen Großteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung, in: DIW Wochenbericht Nr. 10/2019

Ja, nicht nur, aber eben auch die so wichtige Hausarbeit (ohne die es nichts wäre mit der ansonsten immer im Mittelpunkt stehenden Erwerbsarbeit): In der Theorie modern, in der Praxis klassisch, so hat das Institut der deutschen Wirtschaft einen Beitrag über eine neue Studie überschrieben: In Sachen Hausarbeit zeigt sich »ein deutliches Ungleichgewicht. Der Wandel von gesellschaftlichen Normen scheint hier schneller voranzuschreiten als der Wandel von tatsächlichem Verhalten. Sogar bei denen, die ein modernes Rollenverständnis haben, putzt und wäscht meistens die Frau.« Selbst bei den nach Selbstaussage Vorreitern der Gleichberechtigung zeigt sich eine ernüchternde Praxis: »… in Haushalten von Befragten, die eine Arbeitsverteilung zulasten von Frauen ablehnten, findet nur selten eine Gleichverteilung statt. In den Haushalten, in denen eine Arbeitsteilung zulasten von Frauen abgelehnt wird, geben 18 Prozent der Befragten an, sie teilen die Wäsche hälftig auf, 37 Prozent das Putzen, 13 Prozent kleinere Reparaturen und etwa ein Drittel Versicherungserledigungen. Die Wäsche übernimmt auch bei 79 Prozent und das Putzen bei 54 Prozent dieser Befragten meistens die Frau.« Das basiert auf diesem Kurzbericht aus dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft:

➔ Theresa Eyer und Anja Katrin Orth (2019): Geschlechterrollen: in der Theorie modern, in der Praxis klassisch. IW-Kurzbericht 17/2019, Köln: Institut der deutschen Wirtschaft, 2019

Abschließend wieder zurück zum Thema Homeoffice. Offensichtlich ist das eine dieser Wundertüten, die den Leuten vor die Augen gehalten werden. Dabei ist die Debatte über die Vor- und Nachteile dieser Arbeitsform nun wirklich keine neue Sache. Aus der jüngeren Vergangenheit kann man beispielsweise diesen Artikel aus dem Jahr 2017 zitieren: Alle zurück ins Büro: Wie arbeiten wir denn nun in Zukunft?: »Unternehmen wie IBM, die schon vor Jahrzehnten aufs Home-Office setzten, galten als Wegbereiter für moderne Arbeitsformen. Nun ist damit Schluss, die Mitarbeiter sollen wieder im Büro arbeiten. Ist das Home-Office doch nicht die Zukunft?«

» Rund 2600 Mitarbeiter der Marketingabteilung sollen künftig wieder in einem Büro sitzen. Andere Abteilungen hätten diesen Schritt schon vollzogen oder würden bald folgen … Damit legt IBM in Sachen Mitarbeiterfreiheit und Arbeitsplatzwahl eine Vollbremsung hin. Denn das US-Tech-Unternehmen war einer der ersten Konzerne, die sich in den 1990er Jahren von der Anwesenheitspflicht verabschiedete – und voll aufs Home-Office setzten … Rund 40 Prozent der weltweit 386.000 Mitarbeiter arbeiteten zumindest zum Teil von zu Hause aus. So sparte sich der Konzern jedes Jahr 100 Millionen Dollar – denn die Bürofläche konnte verkleinert werden, der Energiebedarf sank. Denselben Weg ging etwa auch Yahoo … Doch 2013 zog der Tech-Konzern die Reißleine. Marissa Mayer, damals noch als Retterin des angeschlagenen Konzerns gefeiert, beorderte ihre Leute wieder in die Büros. „Bei Yahoo zu sein, das ist nicht nur ein Job, den man von Tag zu Tag erledigt. Es geht um eine Zusammenarbeit, die nur in unseren Büros möglich ist“, ließ sie über einen Rundbrief der Personalabteilung wissen. Auch IBM spricht vom Arbeiten „Schulter an Schulter“, um den Herausforderungen zu begegnen.« Kritisch dazu dieser Beitrag: Das Ende des Home Office? Alles nur ein Mythos.

Bereits Anfang der 2000er Jahre gab es im Kontext der damaligen Debatte über bessere Bedingungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Auseinandersetzung mit den Potenzialen (und Grenzen) des Homeoffice – das zu der Zeit unter dem Terminus Telearbeit verhandelt wurde.

Und bereits damals wurde eindringlich darauf hingewiesen, dass wenn überhaupt, dann die „alternierende Telearbeit“ in Verbindung mit der unausweichlichen mobilen Telearbeit Sinn macht.

Und auch das galt und gilt lediglich für Berufe bzw. Tätigkeiten, in denen man das organisieren kann. Das ist aber wie anfangs bereits erwähnt in vielen Berufen nicht der Fall. Wie soll die Pflegekraft Homeoffice machen (können)? Oder die Verkäuferin im Einzelhandel? Oder die Beschäftigten in Hotel und Gaststätten? Und und und.

Man sollte den Menschen kein Obst vor die Augen hängen, dass sie nicht werden erreichen können. Da, wo man partielles Homeoffice organisieren kann, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich darauf verständigen. Und wenn es sich um Mangelberufe handelt, wird die Bereitschaft der Arbeitgeber, den eigenen Leuten entgegen zu kommen, wachsen. Aber das muss ausgehandelt werden in den Betrieben. Hier lassen sich kaum schematische Vorgaben machen. Und ein Gesetz, dass die „Beweislast“ zuungunsten der Arbeitgeber umgekehrt, kann man gerne einführen (und es hat den Vorteil, dass es den Gesetzgeber erst einmal nichts kostet), aber es wird nichts an den Realitäten des Arbeitsmarktes ändern. Erneut sind wir also konfrontiert mit symbolischer Politikgestaltung. Das kann man zwar versuchen, wird sich aber in der Wirklichkeit entblättern und möglicherweise auch negative Folgewirkungen bei vielen Menschen entfalten, die glauben, was das kommuniziert wird.