E-Sport als Big Business? Da füllen sich die Fördertöpfe. Aber wie ist es eigentlich um die Arbeitsbedingungen der Spieler und Spieleentwickler bestellt?

Jetzt stapeln sie sich wieder in völlig überfüllten Hallen, die vielen Besucher der Computerspielmesse Gamescom in Köln. »Die Gamescom in Köln ist eine Erfolgsgeschichte sonder gleichen. Die Veranstalter und Lokalpolitiker klopften sich angesichts der boomenden Branche, der wachsenden Ausstellerzahlen und des Besucheransturms medienwirksam gegenseitig auf die Schulter: Haben wir gut gemacht!« Das aber kann man auch anders sehen, meint Maximilian Schönherr in seinem Kommentar Lange Gesichter beim Publikum, denn »nur ein Bruchteil der teilweise von weither angereisten jungen Leute hatte wirklich Gelegenheit, das zu tun, wofür sie kamen: neue Spiele an testen. Keine Chance. Von Überblick gewinnen ganz zu schweigen. Es war so voll, dass man nur im Schneckentempo vorankam. Ein nachhaltiges Messeerlebnis sieht anders aus.«

Nun könnte man einwenden, dass das eben den gleichen Gesetzmäßigkeiten folgt, mit denen sich auch die beliebten und überlaufenen Urlaubsziele herumschlagen müssen, da stapeln sich auch die Nachfrager in einem meist begrenzten Zeitraum. Aber darum soll es hier gar nicht gehen, sondern um eher grundsätzliche Fragen, die mit einem dieser Hype-Themen verbunden sind bzw. sein sollten, die normalerweise immer nur hinsichtlich der vielen Verheißungen und der dahinter stehenden (potenziellen) Geldflüsse diskutiert wird. Denn ein großes Thema, auch und gerade auf der Gamescom, ist der E-Sport. Der scheint gerade seriös zu werden, wenn man Seriosität daran misst, dass etwas zum Objekt der Begierde staatlicher Wirtschaftspolitik und Subventionierung, sorry: Förderung wird.

Genau an dieser Stelle befinden wir uns beim E-Sport, eine Begrifflichkeit, die es sogar in den ansonsten überwiegend staubtrockenen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die laufende Legislaturperiode geschafft hat. Dort findet man diese Absichtserklärung, die sich gleichsam wir ein Ritterschlag seitens der älteren Entscheidungsträger liest:

»Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.«

Das kann man als große Verheißung, aber auch mit einer anderen Perspektive als Bedrohungsszenario verstehen, wenn Politik ankündigt, man wolle einen neuen Bereich unter die Fittiche der Förderung und der damit zugleich verbundenen Strukturierung nehmen.

Das hatte sich schon im vergangenen Jahr angekündigt: Merkel eröffnet Gamescom: „Spiele sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken“. Zum einen war das vor der letztjährigen Bundestagswahl eine dieser üblichen Wahlkampfverbeugungen, aber zugleich auch mehr, gleichsam eine offizielle Erklärung der Instrumentalisierung dessen, was die nicht nur, aber überwiegend jungen Spieler da so treiben. Für das, was einen quasi religiösen Stellenwert hat: Die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft: »… auch die Wirtschaftskraft der Spiele-Entwickler liegt der Bundeskanzlerin am Herzen. Sie verspricht weitere Förderung. Es bestehe immer noch Fachkräftemangel … So will die Kanzlerin Deutschland als Standort für die Games-Branche weiter stärken. Wachsende Unternehmen sollen besser gefördert werden; auch damit es einfacher werde, Kapital aufzunehmen. Dafür gebe es bereits entsprechende steuerliche Begünstigungen, aber nach der Wahl wollen man da noch mal nachlegen, versprach Merkel.«

Zumindest beim Versprechen, noch mal was „nachzulegen“, hat Merkel – siehe Koalitionsvertrag – Wort gehalten. Und die offizielle Förderung des E-Sports soll nun auch tatsächlich im Januar 2019 starten.

»Gamer sind längst nicht mehr die freakigen Außenseiter, die alle Jahre wieder Köln-Deutz unsicher machen. Die Videospiele scheinen endlich auch im Bewusstsein der bürgerlichen deutschen Gesellschaft einfach als ein weiteres Entertainment-Medium angekommen zu sein. Ein Medium, in dem Millardenumsätze zu verdienen sind.« Und schon rutscht der Bereich ins Visier der Anleger und Geldverdiener. Da ist es dann auch nicht überraschend, dass der E-Sport Eingang gefunden hat in die zahlensüchtige Wirtschaftsberichterstattung: »Deutschland ist der viertgrößte Markt für den Wettkampf in Computerspielen. Analysten rechnen mit einer Umsatzexplosion. Das könnte auch an der Bundesregierung liegen«, kann man diesem FAZ-Artikel entnehmen: eSport wächst und wächst. Beeindruckende Zahlen werden geliefert: »Schon im vergangenen Jahr habe die Branche in Deutschland 51 Millionen Euro umgesetzt, teilte das Beratungshaus PwC … mit. Bis 2022 werden sich den Prognosen zufolge die Erlöse auf knapp 129 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Das Beratungshaus Deloitte geht sogar von einem Umsatz von 130 Millionen Euro schon bis 2020 aus.« Und die Perspektiven werden in hellen Farben an die Wand gemalt: »Enormen Rückenwind werde die von der Bundesregierung geplante Anerkennung als offizielle Sportart bringen, sagte Werner Ballhaus von PwC in Deutschland. „In Deutschland verzeichnet eSport rasant steigende Umsätze, eine zunehmende Professionalisierung und immer mehr Zuschauer“, sagte Ballhaus. „Auch die Organisatoren der Olympischen Spiele können die Bedeutung des eSport nicht länger ignorieren.“ Ballhaus erwartet, dass das elektronische Spielen bei den Sommerspielen in Paris 2024 bereits Olympische Demonstrationssportart sein werde.« Und um ganz sicher zu gehen, dass sich die Euro- bzw. Dollarzeichen in den Augen der Akteure des ökonomischen Systems verfestigen: »Weltweit hat die Branche PwC zufolge im vergangenen Jahr einen Umsatz von 557 Millionen Euro etwa mit Sponsoring, dem Verkauf von Medienrechten, Werbeflächen auf Streaming-Plattformen oder Tickets erwirtschaftet. Bis 2022 würden sich die Erlöse den Prognosen zufolge „in etwa verdreifachen“. Demnach ist Deutschland gemessen an den Umsätzen der viertgrößte Markt nach Amerika, Südkorea und China.« Bei den Zahlen sollte man berücksichtigen, dass es hier nur um den engeren Bereich der Spiele geht, nicht um die Umsätze beispielsweise in der Spieleentwicklung.

Zurück zur Gamescom: Der Ritterschlag durch die Bundeskanzlerin im vergangenen Jahr habe den Diskurs massiv verändert: »Zuvor wurde von der Politik immer wieder der Jugendschutz angemahnt, Entwicklungen wie First-Person-Shooter kritisiert und der Besuch der Gamescom den Junior-Politikern überlassen. Nun stellen Politiker aus der ersten Reihe die Spielebranche durchweg als Innovationstreiber, Wirtschaftsfaktor und Kulturträger dar.«

Aber die grundsätzliche Erklärung, man wolle was tun, ist das eine – bei der Frage nach der Konkretisierung wird es dann meistens kompliziert und strittig. Von der diesjährigen Gamescom berichtet Torsten Kleinz unter der Überschrift Gamescom: Parteien streiten über Förderung von Spieleentwicklung und E-Sport: »Auf der Gamescom in Köln präsentierten hochrangige Vertreter von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linke ihre Ansichten zur Spielepolitik. Dabei sind sich alle einig, dass man die Spieleentwicklung und den E-Sport fördern wolle – nur bei der Umsetzung gibt es unterschiedliche Auffassungen.«

Sicher ist: Es wird eine neues Bundesförderprogramm für Spieleentwicklung geben, das sich anders als bisher nicht nur auf kleine Entwickler und kulturell wertvolle Spiele beschränken soll. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur unter Minister Andreas Scheuer (CSU) habe die Verantwortung für das Programm übernommen. Noch gibt es keine Förderrichtlinien. »Öffentlich zur Debatte steht bisher lediglich das Konzept des Gamescom-Veranstalters, dem Branchenverband Game. Der Verband will einen Fond von 50 Millionen Euro auflegen, von dem auch internationale Konzerne bei der Produktion von Blockbustern profitieren könnten.« Natürlich gibt es auch schon einen Verband für diesen Bereich – den ESBD, das Kürzel steht für eSport-Bund Deutschland. Die haben am 24. August 2018 dieses Positionspapier veröffentlicht: eSport in Deutschland 2018 – Strukturen, Herausforderungen und Positionen.

Was auch immer nach dem Durchlauf durch die Ministerien an Förderung herauskommen wird – der Zugang zu den mit Steuermitteln gefüllten Fördertöpfen ist gelegt und der E-Sport wird als wirtschaftspolitisches Terrain in Beschlag genommen.

Und dazu gehört auch der Blick auf den Arbeitsmarkt. Neue Berufsbilder erscheinen vor unseren Augen – beispielsweise der des E-Sport-Managers. Ein Beruf mit Zukunft, so ist ein Interview mit Niklas Timmermann, dem Vizepräsident des eSport-Bund Deutschlands, überschrieben. Was muss man sich unter solchen Managern vorstellen? »Man unterscheidet zwischen Team-Management und dem General-Management. Das Team-Management kümmert sich um Zeitpläne, Reiseplanungen und die Wünsche der Spieler. Das General-Management hat das große Ganze im Blick. Es akquiriert Sponsoren oder kümmert sich um Verwaltungstätigkeiten. Diese Aufteilung findet sich auch im Bereich der Wettkampfanbieter … Zu den Arbeitgebern gehören zum Beispiel Ligabetreiber, auf den Sportbetrieb ausgerichtete Profiteams oder Fußballvereine. Auch Wirtschaftsunternehmen beschäftigen E-Sport-Manager, zum Beispiel wenn sie ein eigenes Werksteam haben. In diesen Fällen übernimmt beispielsweise ein Vertriebsmanager neben seiner normalen Tätigkeit noch die des E-Sport-Managers.«

Natürlich gibt es die Herausbildung eines „Berufsbildes“ auch auf der Ebene der Spieler, dazu beispielsweise dieser Artikel: Wie wird man Profispieler? Ein Erfahrungsbericht, der auch die Schattenseiten nicht ausblendet: »Es gibt eben auch eine Schattenseite des Pro-Playerstums. Für viele Spieler leidet gerade der soziale Alltag logischerweise enorm darunter. Wenn man bis zu 16 Stunden trainiert oder eben selbst nur 8-12, dann ist es kaum möglich für Hobbies, Freunde oder vielleicht einen Partner Zeit zu haben. Auch wenn man das Geld was die LCS-Spieler verdienen umrechnen würde, dann stellt man fest, dass nur die wenigsten von ihnen, ausgenommen Persönlichkeiten wie Søren „Bjergsen“ Bjerg oder Michael „Imaqtpie“ Santana, wirklich viel Geld verdienen, da sie viele Stunden Spielzeit täglich in ihren Beruf investieren. Man muss auch bedenken, dass die Spieler nicht einen normalen Beruf in der Zeit lernen, studieren oder Arbeitserfahrung sammeln.«

Während nun gerade in der Vergangenheit mit großer Leidenschaft vor allem über mögliche Gefahren für die mehr oder wenigen jungen Spieler gestritten wurde und sich mittlerweile die Debatte in die Wirtschaftsteile der Medien zu verschieben beginnt, findet man kaum eine Auseinandersetzung mit den Menschen, die in diesem Bereich arbeiten – als Profi-Spieler oder als Spieleentwickler.

Eine der wenigen Ausnahmen ist Marijam Didžgalvytė (sie ist Kritikerin der Games-/Tech-Industrie, Produzentin der Videoserie «Left Left Up» und sie publiziert bei GamesIndustry.biz, Kotaku, Novara Media, Waypoint und anderen) mit dem Beitrag Arbeitsrechte im E-Sport (die Originalfassung wurde am 30. März 2018 unter der Überschrift Labour Rights in Esports veröffentlicht).  Ihr Beitrag bezieht sich auf die Spieler. »Während bekannte Namen wie Shaquille O’Neil, Jennifer Lopez, Ashton Kutcher und andere bereits riesige Summen in den E-Sport investieren, führen die Spielerinnen und Spieler, also die Arbeiterinnen und Arbeiter in diesem Bereich, ein ganz und gar nicht glamouröses Leben. Viele berichten, dass furchtbare Trainingsbedingungen, Unterbezahlung und Vertragskündigungen zum Alltag gehören.« Sich über die Arbeitsbedingungen zu beschweren, ist schwierig bis unmöglich – Sperrlisten sind beliebt, und es gibt keine Gewerkschaften, die einem helfen könnten. Allerdings scheint es Bewegung zu geben: »Einige E-Sport-Veteranen haben inzwischen erkannt, dass ein professioneller E-Sportverband vonnöten ist, um die Arbeitsrechte der Wettbewerber zu festigen und verteidigen.«

Die Autorin liefert einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung dieses Bereichs: »Im Herbst des Jahres 1980 gab es den ersten groß angelegten Videospielwettbewerb: Mehr als 10,000 Menschen nahmen an Ataris «Space Invaders Championship» im Warner Hauptquartier in New York teil. In den 1990er Jahren erhielten die Gewinnerinnen und Gewinner von Turnieren in den Spielen «Quake», «Counter-Strike» und «World of Warcraft» schon riesige Preisgelder. Der große Durchbruch kam jedoch in den frühen 2000er Jahren: Das wettbewerbsmäßige Computerspielen wurde in Südkorea zum Hit, und der E-Sport entwickelte sich zu dem Koloss der Unterhaltung, der er heute ist. Koreanische Spitzenspieler der Spiele «League of Legends» oder «Starcraft» werden heute als nationale Helden gehandelt, die ihre siebenstelligen Gehälter vollkommen verdient haben. Allerdings kommen auf jede Erfolgsgeschichte tausende Teenager, die die Schule hinwerfen, um professionelle E-Sportler*innen zu werden, jedoch durch lange Arbeitszeiten, restriktive Verträge und schlechte Sozialleistungen schnell ernüchtert werden.«

Sie beschreibt dann einige der Strukturen, mit denen die E-Sportler konfrontiert werden und die bislang dazu führen, dass es Versuche einer Organisation der Arbeitnehmer-Seite gerade auch im Vergleich zu anderen Sportarten erst in Spurenelementen gibt. Am Ende des Beitrags taucht dann ein Hinweise auf eine andere Beschäftigtengruppe auf – den Spieleentwicklern:

»In den letzten Jahrzenten haben sich viele von denen, die in der Computerspielbranche mit der Entwicklung zu tun haben, selber eingeredet, sie hätten Glück, für die Arbeit bezahlt zu werden, die sie mit Leidenschaft machen. Diese Einstellung ändert sich jedoch langsam: diese Entwicklerinnen und Entwickler merken, dass ihre Arbeit riesige Profite für andere Menschen generiert. Deswegen auch die Rufe nach Veränderung, die bei der diesjährigen «Game Developers Conference» laut wurden.« Vgl. dazu auch Jason Schreier: It’s Time For Game Developers To Unionize.

Über die Gruppe der Spieleentwickler wurde auch in Deutschland hier und da schon mal berichtet, so beispielsweise bereits 2016 in diesem Beitrag: Überforderte Spieleentwickler. Burnout in der Games-Branche. »Wer Computerspiele entwickelt, ist kreativ und produktiv – er arbeitet in einer wachsenden Branche. Die Kehrseite des Berufs: bis zu 80 Arbeitsstunden in der Woche, Burnout-Erkrankungen und enormer Druck … Derzeit wird in der Branche viel über die Arbeitsbedingungen diskutiert. Die Anforderungen an Mitarbeiter – vor allem in großen Firmen – sollen zum Teil unmenschlich sein. Von 80-Stunden-Wochen ist da die Rede, Burn Out soll keine Seltenheit sein.« Das hat auch seine Ursachen in den Besonderheiten des Tätigkeitsfeldes:
Marcus Richter, der die Entwicklungen in dieser Branche verfolgt, »sieht ein Problem in den hektischen Arbeitsphasen unmittelbar vor Fertigstellung der Spiele. In dieser Zeit – der sogenannten „Crunchtime“ werde häufig nächtelang und ohne ohne Bezahlung durchgearbeitet.« Und weiter: »Die Ursachen für die Überforderung der Beschäftigten seien in der Struktur der Branche zu suchen. „Kreative Arbeit ist schwer berechenbar“, sagt Richter und stützt sich auf Experten, die selbst als Spieleentwickler aktiv sind. Es herrsche eine Art Korpsgeist und ein sozialer Druck, der auf den Mitgliedern eines Projektteams laste.« Nicht überraschend, aber erwähnenswert sind die Effekte der Angebots-Nachfrage-Relationen in diesem Bereich: »Und es gibt viele Nachrücker in dieser Industrie, das heißt, wenn einer sagt: ‚Das ist mir zu schlecht!‘ dann gibt es viele, die für weniger Geld noch mehr arbeiten wollen.«

Und ebenfalls schon 2016 erschien dieser Beitrag von Daniel Raumer: Gamesbranche streitet über Arbeitsbedingungen: »Sind Crunchzeiten und niedrige Löhne ein notwendiges Übel der Spieleentwicklung oder ernsthafte Gefahr für die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Industrie? Ein Beitrag von DirectX-Schöpfer Alex St. John löste … heftige Debatten über die Arbeitsbedingungen in der Spielebranche aus.« Den erwähnten Beitrag von Alex St. John kann man hier im Original lesen: Game developers must avoid the ‘wage-slave’ attitude. Man sollte die Überschrift aber nicht falsch verstehen – es geht hier gerade nicht um das Problem mieser Arbeitsbedingungen, denn: »St. John gilt als Branchenveteran und war maßgeblich an Microsofts Gaming-Schnittstelle DirectX beteiligt. Geregelte Arbeitszeiten hält der Entwickler für Blödsinn „Spieleentwicklung ist kein Job – es ist eine Kunst“, so St. John. Entwickler sollten dankbar für die Möglichkeiten sein, die ihnen in der Gamesbranche gegeben werden. Wer keine 80 Stunden pro Woche arbeiten möchte, sollte seinen Platz für andere mit mehr Motivation frei machen.« Das hat wütende Gegenreaktionen ausgelöst, beispielsweise der Journalist Jason Schreier mit seiner Replik Game Industry Veteran Writes Horrifying Article In Defense Of Poor Working Conditions. Auch Eder Spieleentwickler Rami Ismail („Luftrausers“) meldete sich auf seinem Blog zu Wort: An inline response to “wage-slaves”: »Die üblichen Crunchzeiten seien kein notwendiges Übel, sondern richteten massiven Schaden in der Industrie an. Die Branche laufe Gefahr, ihre kreativen Köpfe zu „verheizen“. Eine professionelle Industrie müsse auch professionelle Arbeitsbedingungen bieten können«, fasst Raumer die Argumentation zusammen.

Und der eine oder andere wird sich an das Unternehmen Goodgame Studios erinnern, das mal gerade wegen den Arbeitsbedingungen für die Spieleentwickler in den Schlagzeilen war. Zu den besten Zeiten hatte die 2009 von Kai und Christian Wawrzinek sowie Fabian Ritter gegründete Firma rund 1.200 Beschäftigte, womit sie das größte deutsche Entwicklerstudio war. Dort wurde eine Zeit lang damit geworben: Der Swimmingpool im Garten der Firma, das Freibier ab 18 Uhr, die Feiern mit bombastischem Feuerwerk, Feelgood-Coach. Das erwies sich für zahlreiche Beschäftigte als Traumwelt. Ende 2015 gab es dann solche Meldungen: Firma kündigt Mitarbeitern, die Betriebsrat gründen wollten. »28 Mitarbeiter … können immer noch kaum fassen, was ihnen bei der vermeintlichen Vorzeigefirma passiert ist. Goodgame hat sie alle, junge Software-Entwickler, Spieledesigner und Marketingspezialisten, offenbar aus einem Grund entlassen: Sie haben sich mit der Gründung eines Betriebsrates befasst.« 2016 dann solche Meldungen: »Schock bei der Hamburger Spieleschmiede „Goodgame Studios“. Mehrere hundert Mitarbeiter sollen entlassen werden. Die Nachricht erreichte die Angestellten … aus heiterem Himmel. Das Unternehmen steht schon länger für den Umgang mit seinen Mitarbeitern in der Kritik.« Und so ging es weiter: Anfang 2017: Goodgame Studios entlässt weitere 200 Mitarbeiter.

Man sieht – es ist wahrlich nicht alles Gold, was auf dem Bildschirm so glänzt.