Wie hoch oder niedrig sind „die“ Löhne? Und wie haben die sich entwickelt? Einfach gestellte Fragen, gar nicht so einfach zu beantworten. Mit dem IAB-Lohnmonitor wird eine weitere Datenquelle zur Verfügung gestellt

Die Löhne spielen individuell und volkswirtschaftlich eine bedeutsame Rolle. So eine Aussage muss man kaum ergänzend begründen, sondern sie erschließt sich aus dem Charakter der Löhne als der Haupteinkommensquelle für Millionen Menschen und ihrer Bedeutung für den privaten Konsum, der in Deutschland allein zu über 50 Prozent zu der am BIP gemessenen volkswirtschaftlichen Wertschöpfung beiträgt.

Und nicht nur die Kaufkraft der privaten Haushalte (und daraus abgleitet der Absatz von Unternehmen) hängt an den Löhnen und ihrer Entwicklung, sondern man denke an dieser Stelle auch an den Tatbestand, dass die großen Sozialversicherungssysteme wie die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung aufgrund ihrer vor allem lohnbezogenen Beitragsfinanzierung im Umlageverfahren (und die dann auch noch gedeckelt durch Beitragsbemessungsgrenzen) ganz wesentlich abhängig sind von dem (sozialversicherungspflichtigen) Lohnvolumen und seiner Entwicklung.

Und es gibt nicht „die“ Löhne, sondern man muss genauer hinschauen. Jeder Arbeitnehmer weiß um den Unterschied zwischen Brutto und Netto und wenn wir an die gerade zurückliegende Zeit mit einem enormen Inflationsschub denken, dann ist den meisten spätestens beim Einkauf schmerzlich bewusst, was der Unterschied zwischen Nominallöhnen und den (preisbereinigten) Reallöhnen ist.

Dazu passen dann solche Meldungen, wie sie regelmäßig vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden – eine, wenn nicht die zentrale Quelle, wenn man was über Löhne und ihre Entwicklung herausfinden will oder muss:

»Die Nominallöhne in Deutschland waren im Jahr 2024 um 5,4 % höher als im Vorjahr. Die Verbraucherpreise stiegen im selben Zeitraum um 2,2 %. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, nahmen die Reallöhne im Jahr 2024 damit um 3,1 % gegenüber dem Vorjahr zu. Das war der stärkste Reallohnanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2008. Während in den Jahren zuvor noch insbesondere die hohe Inflation den Nominallohnanstieg aufgezehrt hatte, ist das starke Reallohnwachstum im Jahr 2024 auf die schwächere Inflationsentwicklung, die Zahlungen von Inflationsausgleichsprämien und die in Tarifverträgen beschlossenen Lohnsteigerungen und Einmalzahlungen zurückzuführen.« Der Mitteilung Reallöhne im Jahr 2024 um 3,1 % gestiegen vom 26. Februar 2025 kann man aber auch entnehmen, dass die Reallöhne im Jahr 2023 um 4 % gesunken sind – aufgrund der damals sehr hohen Inflationsrate. Und dass es länger gedauert hat, um – auch nicht für alle – mindestens eine Kompensation der Lohneinbußen über den „klassischen“ Weg der Tarifverhandlungen, angereichert um staatliche (steuer- und abgabenfreie) Inflationsausgleichsprämien, zu erreichen. 

Wie misst das Statistische Bundesamt die Lohnentwicklung?

»Der Nominallohnindex bildet die Entwicklung der Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab. Die Inflationsausgleichsprämie wird in der Verdienststatistik als Bestandteil des Gesamtbruttoentgelts miterfasst.«

Was hat es mit dieser „Verdienststatistik“ auf sich? Die ist erst vor gar nicht so langer Zeit neu aufgestellt worden. Dazu erfahren wir in der Ausarbeitung von Finke et al. (2023): 

»In der amtlichen Verdienststatistik wurden bis zum Jahr 2018 alle vier Jahre die Verdienststrukturerhebung durchgeführt und bis 2022 die Vierteljährliche Verdiensterhebung. Den Schwerpunkt der Verdienststrukturerhebung bildeten Analysen zur Verdienstverteilung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Um entsprechende Auswertungen zu ermöglichen, übermittelten die berichtspflichtigen Betriebe Einzelangaben zu den Beschäftigten an die Statistischen Ämter der Länder. Die Vierteljährliche Verdiensterhebung ermöglichte demgegenüber auf Basis der erhobenen Daten Aussagen zur Entwicklung der Verdienste. Da hierfür keine Einzelangaben je Beschäftigten notwendig waren, wurden in der Vierteljährlichen Verdiensterhebung lediglich aufsummierte Angaben zu Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten bei den Betrieben erfragt. Sowohl bei der Verdienststrukturerhebung als auch bei der Vierteljährlichen Verdiensterhebung waren die Betriebe gesetzlich zur Auskunft verpflichtet.« (Finke et al. 2023: 59). Die bislang bestehenden Statistiken sollten durch eine Erhebung ersetzt werden, »die hinsichtlich der abgedeckten Beschäftigtengruppen und Wirtschaftszweige so vollständig wie die Verdienststrukturerhebung ist und es zugleich ermöglicht, die Verdienstentwicklung am aktuellen Rand zu beobachten.«

Was ist herausgekommen? Im Jahr 2022 hat die neu eingeführte Verdiensterhebung die drei ehemaligen Verdienststatistiken – die Verdienststrukturerhebung, die Vierteljährliche Verdiensterhebung sowie die freiwilligen Verdiensterhebungen – abgelöst.

Die neu konzipierte Verdiensterhebung ist eine monatliche Befragung bei Betrieben ab einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft, im Produzierenden Gewerbe sowie im Dienstleistungs­bereich. Sie basiert auf einer repräsentativen Stichprobe und erfasst Verdienste und Arbeitsstunden sämtlicher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des jeweiligen Berichtsbetriebs. Darüber hinaus sind lohndeterminierende Merkmale der Beschäftigten, wie etwa Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, höchster Bildungsabschluss und Beruf, Bestandteil der Erhebung. Die Betriebe sind gesetzlich zur Auskunft verpflichtet.

Es gibt neben der Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamtes weitere Quellen, die man heranziehen kann, wenn es um Löhne und Lohnentwicklung geht:

Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit: Durchschnittsentgelte von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Datenbasis: Meldungen der Arbeitgeber zur Sozialversicherung. Monatliches bzw. jährliches Durchschnittsentgelt nach Regionen, Branchen, Qualifikationen. Zu den Vorteilen gehört eine große Fallzahl und die Möglichkeit, regional differenzierte Analysen durchzuführen. Zu den Nachteilen gehört, dass Beamte, Selbstständige und Minijobber nicht einbezogen sind.

Deutsche Bundesbank: Löhne und Gehälter in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Datenbasis ist eine Kombination amtlicher und eigener Schätzungen.

➔ Das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung sowie das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) liefern Daten zur Entwicklung der Tarifverdienste.

➔ Weitere Quellen wären das SOEP (Sozio-oekonomisches Panel, DIW Berlin), eine Haushaltsbefragung mit Informationen zu individuellen Einkommen, subjektiver Erwerbssituation usw. sowie der Mikrozensus, der Erwerbseinkommen erfasst, aber weniger detailliert als die Verdiensterhebung.

Wenn man sich diese Liste anschaut, könnte der eine oder andere denken, dass man eigentlich genügend Angebote zu haben scheint.

Nun betritt die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, also das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Bühne und verkündet ein neues Datenangebot: den IAB-Lohnmonitor.

Was hat es mit dem IAB-Lohnmonitor auf sich?

Unter der Überschrift Erwerbseinkommen, aber weniger detailliert als die erläutert das IAB ausführlich den Ansatz und erste Befunde:

»Am IAB wird ein Monitor aufgebaut, mit dem die Lohnentwicklung in Deutschland beobachtet wird. Der IAB-Lohnmonitor basiert auf der OPAL-Befragung („Arbeiten und Leben in Deutschland“). OPAL ist eine webbasierte Personenbefragung des IAB, die arbeitsmarktbezogene Themen abfragt. Es handelt sich um eine quartalsweise Befragung von je circa 7.500 Personen im erwerbsfähigen Alter (18–65 Jahre), in der wechselnde Fragen zu aktuellen Themen gestellt werden. Damit kann die Lohnverteilung auch nach Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Ausbildung und Erwerbsumfang – ausgewertet werden. Auf Basis der Befragung lassen sich so zeitnahe Aussagen über die Entwicklung der Lohnungleichheit treffen. 

Ein Vorteil der Daten zum Beispiel gegenüber der Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamts ist, dass bei OPAL auch der Haushaltskontext vorliegt. So können zum Beispiel Einkommen in Haushalten mit oder ohne Kinder verglichen werden. 

Ein Vorteil gegenüber Prozessdaten aus der Bundesagentur für Arbeit (wie dem SIAB des IAB) wiederum ist, dass auch die Löhne jenseits der Beitragsbemessungsgrenze sowie die Arbeitszeiten erfasst werden.« 

Erste Ergebnisse aus dem IAB-Lohnmonitor: »So zeigt sich, dass im vierten Quartal 2023 der durchschnittliche Stundenlohn bei 23,54 Euro lag und bis zum zweiten Quartal 2025 auf 25,61 Euro stieg. Zugleich haben sich die Unterschiede zwischen niedrigeren und höheren Löhnen in diesem Zeitraum verringert. So legten die Löhne von Personen ohne Berufsabschluss zuletzt um 13 Prozent zu, die von Personen mit Hochschulabschluss hingegen nur um 5,8 Prozent. Ein Vergleich der Löhne von Männern und Frauen zeigt: Frauen haben im Schnitt der vergangenen vier Quartale 2025 im Durchschnitt um 15,3 Prozent pro Stunde weniger verdient als Männer. Der durchschnittliche Lohn von neu eingestellten Beschäftigten schwankt meist stärker als der von bereits länger Beschäftigten. Dies zeigte sich insbesondere in den ersten Quartalen 2024 und 2025: Die Löhne in länger bestehenden Beschäftigungsverhältnissen sind im ersten Quartal 2025 gegenüber dem Vorjahresquartal um 6,7 Prozent gestiegen, die in neuen Beschäftigungsverhältnissen dagegen um 21,5 Prozent. Im zweiten Quartal lag das Verhältnis nur noch bei 6,2 Prozent zu 7,5 Prozent.«

Die OPAL-Befragung ermöglicht zeitnah über aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt Auskunft zu geben. Die Befragung kann auch genutzt werden, um die aktuelle Lohnentwicklung abzuschätzen und zu analysieren. Die Löhne können dabei getrennt nach Geschlecht, nach Voll- und Teilzeit oder Qualifikation ausgewertet werden. 

Der aktuelle IAB-Lohnmonitor soll in Zukunft mehrmals jährlich erscheinen.

Die erste ausführliche Veröffentlichung zu dem neuen IAB-Lohnmonitor:

➔ Hermann Gartner et al. (2025): Der neue IAB-Lohnmonitor beleuchtet die aktuelle Lohnentwicklung in Deutschland. IAB-Forschungsbericht, Nr. 21/2025, Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Oktober 2025

»Hier wird erstmals der IAB-Lohnmonitor präsentiert, der die Lohnentwicklung in Deutschland beobachtet. Es basiert auf der hochfrequenten Personenbefragung IAB-OPAL (Online Personenbefragung „Arbeiten und Leben in Deutschland“). Im vierten Quartal 2023 lag der durchschnittliche Stundenlohn bei 23,54 Euro. Bis zum zweiten Quartal 2025 stieg er auf 25,61 Euro. Zuletzt gab es aber eine Abschwächung. Die Lohnunterschiede haben sich in diesem Zeitraum verringert: Die niedrigeren Löhne stiegen stärker als die höheren, die zuletzt aber wieder angezogen haben. Im Schnitt der vergangenen vier Quartale haben Frauen im Durchschnitt 15,3 Prozent pro Stunde weniger verdient als Männer. Der Gender Pay Gap ist weiter gesunken.«

Literaturverzeichnis

Claudia Finke et al. (2023): Aus drei mach eins. Die neue Verdienststatistik, in: Wirtschaft und Statistik, Heft 5/2023