Die Mindestens-60-Prozent-Alleinerziehenden. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Merkmal „alleinerziehend“ in einem Anteilswert konkretisiert

Die katholischen Alleinerziehenden und auch normal denkende Gläubige wird es freuen: Frohe Kunde wird uns aus dem Vatikan übermittelt: »Immer wieder erreichen den Vatikan Klagen, dass alleinerziehende Mütter von der Kommunion ausgeschlossen werden. Das Glaubensdikasterium wendet sich nun gegen diese Strenge: Statt sie auszuschließen, müsse man den Mut dieser Frauen würdigen.« Man müsse, so die Botschaft vom heiligen Stuhl, „pastorale Bemühungen“ an den Tag legen, »um den Menschen klar zu machen, „dass eine alleinerziehende Mutter nicht daran gehindert ist, die Eucharistie zu empfangen“. Wie alle anderen Christen könnten auch alleinerziehende Mütter nach einer sakramentalen Beichte die Kommunion empfangen.«

Wir lesen hier nicht die Worte von irgendeinem mehr oder weniger bedeutungsschwangeren Sekretariat, sondern die Ansage kommt vom „Dikasterium für die Glaubenslehre“, der modernen Bezeichnung für das, was 1542 als „Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis“ (also der „Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition“) gegründet wurde und sich in den nachfolgenden dunklen Zeiten intensiv mit Frauenfragen beschäftigt hat.

Der Präfekt des Glaubensdikasteriums, Víctor Fernández, habe die Aussage die Alleinerziehenden betreffend unter die katholischen Leute gebracht, kann man dieser erlösenden Nachricht entnehmen: Glaubensdikasterium: Alleinerziehende Mütter zur Kommunion zulassen. Was sich hinter solchen Meldungen verbirgt, soll und kann hier nicht diskutiert werden – erlaubt sei nur der überleitende Hinweis, dass es sich die Katholiken offensichtlich sehr einfach machen, weil sie den Tatbestand „alleinerziehend“ als gegeben voraussetzen. In Deutschland geht das nicht so einfach, vor allem dann nicht, wenn es weniger oder gar nicht um den heiligen Geist, sondern ganz handfest um Geld geht. Dann muss die Sortiermaschine angeworfen werden.

Konkret geht es um eine für viele Alleinerziehende bedeutsame Leistung: den Unterhaltsvorschuss. Der ist im „Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfalleistungen“ (UhVorschG) bzw. UVG geregelt. Eigentlich klingt die Rechtslage beim Unterhaltsvorschuss unkompliziert. Dazu Hasso Suliak in seinem Bericht Wann gilt ein Eltern­teil als „allein­er­zie­hend“?, der kurz vor der hier zu besprechenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts veröffentlicht wurde: »Anspruch darauf haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten. Für Kinder bis Fünf gibt es maximal 187 Euro, für Kinder bis 17 Jahre bis zu 338 Euro. Auf das Einkommen des alleinerziehenden Elternteils kommt es dabei nicht an. Auch eine gerichtliche Entscheidung über den Unterhalt gegen den anderen Elternteil ist nicht erforderlich. Der wird, falls dieser Elternteil ganz oder teilweise leistungsfähig ist, später vom Staat in Höhe des gezahlten Unterhaltsvorschusses in Anspruch genommen.« Man sollte ergänzen, dass das Eintreiben ausstehender Unterhaltszahlungen höchst unterschiedlich ausfällt, je nach Region und Verwaltungsperformance.

Man ahnt schon, dass es ganz so einfach in Deutschland und in der Lebenswirklichkeit nicht sein kann. Dazu Suliak: »Immer wieder für Streit sorgt in der Praxis die Regelung des § 1 Abs.1 Nr. 2 Unterhaltsvorschussgesetz (UVG). Danach haben nur Kinder Anspruch auf den Vorschuss, die „bei einem Elternteil“ betreut werden. Was aber gilt, wenn das Kind zwar seltener, aber doch hin und wieder ein paar Tage beim anderen Elternteil lebt und dort selbstverständlich auch gehegt und gepflegt wird? Kann der eine Elternteil dann keinen Unterhaltsvorschuss beanspruchen, obwohl er eigentlich die Hauptlast der Erziehung trägt?«

Eine solche Konstellation hat es bis hinauf zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) geschafft, mit der Folge, dass eine Grundsatzentscheidung zum Merkmal „alleinerziehend“ erwartet wurde.

Aber schauen wir uns zuerst einmal den Sachverhalt genauer an, über den die Richter zu urteilen hatten. Hasso Suliak berichtet zusammenfassend:

»Geklagt hat die Mutter von Zwillingstöchtern. Sie beantragte beim zuständigen Jugendamt in Höxter die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen für beide Kinder, weil der von ihr getrennt lebende Kindesvater keinen Unterhalt leistete.
Das Amt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht alleinerziehend, weil sich die Kinder vierzehntägig von Mittwoch bis Montag beim Vater aufhielten. Dieser wirke an der Erziehung der Kinder mit und sein Anteil an den Betreuungszeiten liege bei immerhin 36 Prozent.
Dagegen wandte die Mutter ein, dass es doch auch auf andere Aspekte als nur den zeitlichen ankomme: Zum Beispiel, welcher der Elternteile die sogenannte Alltagssorge wahrnehme und die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes nach Pflege, Verköstigung, Kleidung, ordnender Gestaltung des Tagesablaufs und ständig abrufbereiter emotionaler Zuwendung vorrangig befriedige oder sicherstelle.«

Offensichtlich hat diese Argumentation weder das Verwaltungsgericht Minden noch das Oberverwaltungsgericht in Münster überzeugt, denn beide Gerichte haben die Klage der Mutter auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen zurückgewiesen.

➔ Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht in Münster im Wesentlichen auf das gemeinsame Sorgerecht der Eltern sowie darauf abgestellt, dass dieses auch tatsächlich praktiziert werde. Dies zeige sich an einem Betreuungsanteil des Vaters, der während der Schulzeiten 36 Prozent betrage und zu einer wesentlichen Entlastung der Klägerin bei der Betreuung der Kinder führe.

Die Klägerin wollte sich damit nicht zufrieden geben und nun also ist das Verfahren und die Fragestellung beim Bundesverwaltungsgericht gelandet.

Und warum gab es im Vorfeld der nun vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine große Erwartungshaltung, dass es möglicherweise eine neue Grundsatzentscheidung zum Merkmal „alleinerziehend“ geben könnte?

➔ Diese Erwartungshaltung hat das BVerwG höchstselbst geschürt, denn im Vorfeld der Entscheidung hatte das Gericht in einem Terminbericht darauf hingewiesen, dass es „voraussichtlich“ die in einem früheren Urteil formulierte Grundsätze, unter welchen Voraussetzungen ein Kind im Sinne des UVG bei (nur) einem Elternteil lebt, wenn der andere Elternteil sich an der Kindesbetreuung beteiligt, konkretisieren werde. Vor diesem Hintergrund schauen wir zurück in das Jahr 2012, in dem das angesprochene frühere Urteil verkündet wurde. Es geht hier um das Urteil vom 11.10.2012 – BVerwG 5 C 20.11. In den Leitsätzen findet man diese Aussage: »Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind nicht zu gewähren, wenn das Kind weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut wird, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat.«
Die Konstellation, die der BVerwG-Entscheidung im Jahr 2012 zugrunde lag, war aber eine andere als die, mit der wir im aktuellen Rechtsstreit konfrontiert sind: Damals »machte der Vater Unterhaltsvorschuss geltend, die Mutter des Kindes betreute dieses täglich anteilig mit. Das BVerwG verwehrte dem vermeintlich „alleinerziehenden“ Vater den Vorschuss. Begründung: Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung erfordere es, dass der alleinstehende leibliche Elternteil wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung in seiner Person zu tragen habe«, so Hasso Suliak zusammenfassend. »Werde das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge habe, sei das Merkmal zu verneinen, so das Gericht.« Ergänzend wurde dann hinzugefügt: »Allerdings komme es am Ende immer auf die Umstände des Einzelfalls an.«

Auf die Umstände des Einzelfalles kommt es auch im vorliegenden Fall mit den Zwillingstöchtern an. Und auf eine bereits vorliegende Quantifizierung des angesprochenen schädlichen bzw. noch unschädlichen Betreuungsumfangs seitens des anderen Elternteils, denn:

Eine Rolle spielten dürften die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aufgestellten Richtlinien zur Durchführung des UVG spielen. Die Richtlinien bestimmen die Praxis der Gewährung von Unterhaltsvorschuss seitens der Jugendämter. Und darin heißt es: „Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Mitbetreuung von mehr als einem Drittel der Tage keine Alleinerziehung im Sinne des UVG vorliegt.“ Da haben wir also eine Prozentangabe des Umfangs, hier 33 Prozent.

Nur kann man aus einem solchen pauschalen Anteilswert wirklich Aussagen über die Qualität und das wirkliche Ausmaß einer Kindeserziehung ableiten?

»Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. (VAMV) steht jedenfalls auf dem Standpunkt, dass immer auch eine qualitative Beurteilung der Betreuungsleistungen im Wege einer Einzelfallprüfung stattfinden muss, wenn der andere Elternteil – wie hier – mehr als ein Drittel der Zeit das Kind betreut. Der Verband kritisiert deshalb auch die Richtlinie des BMFSFJ. Diese widerspreche insofern dem BVerwG-Urteil von 2012, als es die vom Gericht geforderte „umfassende Einzelfallprüfung“ nur subsidiär berücksichtige«, so Suliak. Und er zitiert Katrin Bülthoff vom VAMV, nach der die Frage offen sei, woher das Geld zur Versorgung des Kindes kommen soll, wenn ein Elternteil bis zu 66 Prozent das Kind betreut, Unterhaltsvorschuss jedoch abgelehnt wird. „Eine Entlastung von der Betreuung ab 33 Prozent durch den anderen Elternteil bedeutet nicht, dass wesentlich mehr zeitliche oder energetische Ressourcen zur Verfügung stehen als bei einer völligen Alleinbetreuung“, so Bülthoff. Der betreffende Elternteil habe in der Regel weder die Zeit noch am Arbeitsmarkt die Verdienstmöglichkeiten, den fehlenden Unterhalt neben der Hauptbetreuung zu erwirtschaften.

Das Interesse an einer möglichst konkretisierenden Grundsatzentscheidung des BVerwG kann man auch diesen Hinweisen entnehmen: Eva Becker, Fachanwältin für Familienrecht und Mitglied im Vorstand des Deutschen Anwaltverein DAV, argumentiert: »Auch wenn das Familienrecht den Begriff der „Alleinerziehung“ nicht kenne, wäre es wünschenswert, wenn sich Verwaltungs- Sozial- und Familienrecht angleichen würden. Becker verweist dabei auf das Unterhaltsrecht, in dem es auf den Umfang der Obhut ankommt, den der jeweilige Elternteil übernimmt. Aber selbst da könne eine Pflicht zur Unterhaltsleistung sogar dann bestehen, wenn die Eltern sich im gleichen Umfang im Rahmen eines Wechselmodells um die Kinder kümmern. Nämlich dann, wenn der eine Teil ein wesentlich höheres Einkommen hat als der andere.«

Und nachdem wir nun schon ganz tief eingestiegen sind in die juristischen Tauchgänge, unterschiedliche Lebenswirklichkeiten irgendwie typisierend einzufangen, darf und muss an dieser Stelle auf die sozialpolitische Bedeutung des Themas hingewiesen werden, denn das betrifft keineswegs nur Orchideen-Fälle, im Gegenteil: In Deutschland ist fast jede fünfte Familie alleinerziehend. Insgesamt wachsen rund 16 Prozent aller minderjährigen Kinder bei Alleinerziehenden auf. Knapp 85 Prozent der Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren sind Frauen. Mehr als die Hälfte aller alleinerziehenden Mütter bekommt keinen Unterhalt für ihre Kinder. Nur ein knappes Viertel der Kinder erhält einen Unterhalt, dessen Höhe dem Mindestunterhalt entspricht oder diesen übersteigt.

Was ist denn nun rausgekommen? Die neue Entscheidung des BVerwG zur Konkretisierung des Merkmals „alleinerziehend“

Unter der erst einmal neutral daherkommenden Überschrift Unterhaltsvorschussleistungen bei Mitbetreuung durch den anderen Elternteil teilt uns das Bundesverwaltungsgericht am 12. Dezember 2023 mit:

»Leben die Eltern eines Kindes getrennt und leistet der barunterhaltspflichtige Elternteil den Mindestunterhalt nicht, beteiligt sich aber an der Betreuung des Kindes, besteht ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nur dann, wenn der Mitbetreuungsanteil unter 40 vom Hundert liegt.«

Da haben wir jetzt also einen neuen und scheinbar eindeutigen Schwellenwert. 60 Prozent müssen es (mindestens) sein, damit man das Merkmal „alleinerziehend“ zugeschrieben bekommen kann, mit den entsprechenden handfesten Folgen wie einem Zugang zu Unterhaltsvorschussleistungen oder eben nicht.

Zu dem aktuell verhandelten Fall, bei dem die Vorinstanzen eine Leistungsgewährung verweigert haben, erfahren wir: Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Was führt das BVerwG zur Begründung aus?

»Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setzt neben ausbleibenden oder unzureichenden Unterhaltszahlungen durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil weiter voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Das verlangt eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft, in der das Kind auch betreut wird. Die Vorschrift knüpft damit nach ihrem auch bereits in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck an die durch das Alleinerziehen geprägte prekäre Situation an. Diese besteht darin, dass das Kind „nur“ bei diesem Elternteil lebt, weil hauptsächlich er die Betreuung (Pflege und Erziehung) des Kindes tatsächlich wahrnimmt und hiermit wegen des Ausfalls des anderen Elternteils besonders belastet ist. Außer in den Fällen vollständigen Alleinerziehens liegt eine solche Belastung auch dann vor, wenn der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend bei diesem Elternteil liegt, obgleich auch der andere Elternteil Betreuungsleistungen für das Kind erbringt. Eine wesentliche Entlastung des einen Elternteils, welche die faktische Gesamtlage der gesetzlich in Bezug genommenen Alleinerziehung und damit den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausschließt, liegt vor, wenn sich der andere (barunterhaltspflichtige) Elternteil in der Weise an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt, dass sein Betreuungsanteil 40 vom Hundert erreicht oder überschreitet.«

Nun wird der eine oder andere aufmerksame Leser einwerfen, dass sich an dieser Stelle mindestens zwei offene Fragen ergeben: Was ist mit der Forderung, dass immer auch eine qualitative Beurteilung der Betreuungsleistungen im Wege einer Einzelfallprüfung stattfinden muss? Und auf einer anderen Ebene: Wie soll das in der Verwaltungsrealität umgesetzt werden? Auch dazu finden wir Antworten in der Mitteilung des BVerwG:

»Der durch die Mitbetreuung eintretende Entlastungseffekt ist insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit sowie unter Berücksichtigung der Verwaltungspraktikabilität ausschließlich im Hinblick auf die Zeiten der tatsächlichen Betreuung zu ermitteln, also nach den Zeiten, die das Kind in der Obhut des einen oder des anderen Elternteils verbringt, und zwar ohne Wertung und Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen. Bei ganztätig wechselweiser Betreuung kommt es typisierend darauf an, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält.«

Wichtig ist auch noch diese Nicht-Berücksichtungsformulierung:

»Dem Bezug des Kindergeldes sowie Vereinbarungen zum Umgangsrecht kann demgegenüber nur eine indizielle und dem Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts grundsätzlich keine Bedeutung zukommen.«

Die Vorinstanzen hatten ja gerade auf das gemeinsame Sorgerecht abgestellt. Das ist nun hinfällig.

Insofern kann man zusammenfassen, dass die neue Entscheidung Rechtssicherheit (auch mit Ausstrahlungseffekte in andere Rechtsbereiche hinein) schafft: »Wenn ein Elternteil mehr als 60 Prozent der Betreuung übernimmt, lebt das Kind im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei diesem Elternteil. Dann kann dieser beim Jugendamt die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen beantragen, wenn der andere Elternteil seine Unterhaltszahlungen – wie hier – schuldig bleibt. Liegt der Mitbetreuungsanteil des anderen Elternteils dagegen bei 40 Prozent oder mehr, gibt es keinen Vorschuss«, so dieser Beitrag: Eltern­teil ab mehr als 60 Pro­zent der Bet­reuung „allein­er­zie­hend“. Dort dann auch diese Bilanzierung des Urteils:

»Damit stellte das BVerwG einen rein quantitativ-zeitlichen Maßstab auf. Eine qualitative Bewertung oder Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen solle nicht erfolgen.«

Man darf gespannt sein, welche verwaltungspraktischen Folgen sich aus dem Urteil mit der scheinbaren Klarheit ergeben werden, denn wir haben nun einen eindeutigen Schwellenwert, zugleich aber die Aufgabe, in strittigen Fällen eine genaue Bestimmung der Betreuungszeiten vorzunehmen – und man kann sicher sein, dass diese starre Grenze nicht nur entscheidungsvereinfachend wirken (kann), sondern auch entsprechenden Umgehungsstrategien induzieren wird.

Wie dem auch sei, für das Lehrbuch notieren wir: Alleinerziehend ist man (erst), wenn mindestens 60 Prozent der Zeit investiert werden. Die Betroffenen werden aufpassen müssen, dass sie nicht bei 59 Prozent landen, dann gibt es keine Unterhaltsvorschussleistungen mehr.