Ab dem 1. Oktober 2022 ist es soweit. Eines der Wahlversprechen der SPD und der Grünen wurde mittlerweile tatsächlich umgesetzt: die außerhalb der bisherigen auf der Basis der Empfehlungen der Mindestlohnkommission vorgenommenen Anpassungen versprochene Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde.
»Rund 6,64 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland werden von der Mindestlohnerhöhung zum 1. Oktober profitieren, weil sie aktuell weniger als 12 Euro brutto pro Stunde erhalten. Das entspricht 17,8 Prozent aller Beschäftigten, die einen gesetzlichen Anspruch auf den Mindestlohn haben (also ohne Auszubildende und Schüler in Minijobs, die vom Mindestlohngesetz ausgenommen sind). In Ostdeutschland liegt die Quote bei 29,1 Prozent, in Westdeutschland, inklusive Berlin, bei 16,1 Prozent.« Das berichtet die Hans-Böckler-Stiftung und bezieht sich dabei auf diese neue Studie aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI):
➔ Toralf Pusch und Eric Seils (2022): Mindestlohn 12 Euro. Auswirkungen in den Kreisen. WSI Policy Brief Nr. 72, Düsseldorf: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI), September 2022
»In ihrer Untersuchung haben Pusch und Seils das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) und die neuesten verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamts und der Bundesagentur für Arbeit verwendet und bis September 2022 fortgeschrieben. Damit können die WSI-Forscher eine Hochrechnung zur Zahl der Beschäftigten vorlegen, die aktuell für weniger als 12 Euro arbeiten, und diese auf die Ebene der Bundesländer, kreisfreien Städte und Landkreise herunterbrechen.«
Mit Blick auf den von der Mindestlohnanhebung betroffenen Anteil der Beschäftigten sind die regionalen Unterschiede erheblich:
»Im bundesweiten Vergleich am höchsten ist der Anteil der Beschäftigten, die im Zuge der Mindestlohnerhöhung Anspruch auf eine Entgelterhöhung haben, in den Kreisen Sonneberg in Thüringen (44,0 Prozent), Teltow-Fläming (Brandenburg; 43,1 Prozent), Saale-Orla (Thüringen; 40,0 Prozent) und Vorpommern-Rügen (39,0 Prozent).«
Am anderen Ende der Skala sehen die Anteilswerte ganz anders aus:
»Am niedrigsten ist der Anteil der Beschäftigten, die aktuell noch unter 12 Euro die Stunde verdienen, in Wolfsburg (7,9 Prozent), Erlangen (8,1 Prozent), dem Landkreis München (9,7 Prozent) und in Stuttgart (10,3 Prozent).«
Aber welche Beschäftigten verbergen sich hinter den mehr als 6,6 Millionen Menschen, die von der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns profitieren werden, wenn man der neuen Studie folgt?
»Unter den 6,64 Millionen Menschen mit Stundenlöhnen unter 12 Euro sind knapp 2,55 Millionen Vollzeitbeschäftigte, 1,81 Millionen Teilzeitbeschäftigte und knapp 2,29 Millionen Personen, die als einzige Beschäftigung einen Minijob haben.«
»Schaut man auf die Bundesländer, ist in Mecklenburg-Vorpommern der Anteil der Beschäftigten, die von 12 Euro Mindestlohn profitieren, mit 31,2 Prozent am höchsten, gefolgt von Thüringen (30,8 Prozent). In absoluten Zahlen gilt das, wenig überraschend, für die bevölkerungsreichsten Bundesländer Nordrhein-Westfalen (rund 1,3 Millionen Beschäftigte; Quote 16,8 Prozent) und Bayern (gut 930.000, Quote 14,7 Prozent). Unter den deutschen Millionenstädten weist Berlin mit 17,8 Prozent und knapp 305.000 Personen die höchste Quote und absolute Zahl der Betroffenen auf. Mit Blick auf den Anteil folgen Hamburg (14,7 Prozent; gut 160.000), Köln (14,5 Prozent; gut 94.000 Personen) und München (11,1 Prozent; gut 107.000).«
Die Betroffenheit von niedrigen Löhnen unterscheidet sich erheblich nach dem Typ der Beschäftigung und der Arbeitszeit: »Mit Abstand am größten ist der Anteil unter Minijobbenden ohne weiteres Arbeitsverhältnis: Knapp 80 Prozent von ihnen verdienen aktuell noch weniger als 12 Euro die Stunde. Unter Teilzeitbeschäftigten sind es 20,1 Prozent und bei Vollzeitbeschäftigten 9,9 Prozent.«