Im April 2022 wählen die Französinnen und Franzosen in zwei Wahlgängen ihr Staatsoberhaupt – am 10. April wird der erste Wahlgang stattfinden, die Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten dann am 24. April 2022. Der amtierende Staatspräsident Emmanuel Macron gilt (derzeit) als aussichtsreichster Kandidat. Bei seinem Wahlsieg 2017 profitierte Emmanuel Macron von seinem Image als Quereinsteiger und Alternative zu den traditionellen Parteienfamilien. In diesem Jahr muss er auf andere Botschaften setzen. Bislang ging die Mehrheit der Beobachter davon aus, dass Macron auch angesichts des zersplitterten gegnerischen Bewerberfeldes erneut den Sprung an die Spitze der Grande Nation schaffen wird.
Auf Seiten der Républicains tritt nach ihrem überraschenden Sieg bei den Vorwahlen im Dezember des vergangenen Jahres Valérie Pécresse an, die ihre poltische Ausrichtung selbst so beschreibt: „Ich bin zu zwei Dritteln Merkel und zu einem Drittel Thatcher“. Sie ist derzeit Präsidentin der Region Île-de-France. In den vergangenen Jahren hat sie sich einen Ruf als rigorose Haushälterin erarbeitet. Auf dieser Grundlage greift sie nun Präsident Macron an und verurteilt die rapide Zunahme der Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren.
Von den Grünen wird Yannick Jadot ins Rennen geschickt. Der Grüne gilt als Pragmatiker und zeigt sich bei der Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie kompromissbereit. Im Jahr 2009 gelang Jadot als Mitglied der Partei Europe Écologie – Les Verts (EELV) der Sprung ins Europaparlament. Seitdem ist er als Abgeordneter im Ausschuss für Umweltfragen tätig.
Für den Parti socialiste, die französischen Sozialdemokraten, tritt die seit 2014 amtierende, im Juni 2020 wiedergewählte Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo als Präsidentschaftskandidatin an. Nach einem schwachen parteiinternen Votum für ihre Kandidatur kämpft Hidalgo mit schlechten Umfragewerten.
Jean-Luc Mélenchon tritt bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2022 als Kandidat der politischen Linken an. Durch populistisch-radikale Reden, große Gesten und markige Bühnenauftritte zog er bisweilen große Aufmerksamkeit auf sich. Mélenchon gilt als vehementer Gegner des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron und inszenierte sich in den vergangenen fünf Jahren als Oppositionsführer im französischen Parlament. Es ist nicht sein erster Anlauf für die höchste Amt in Frankreich: »Schon 2012 wollte Jean-Luc Mélenchon in den Élysée-Palast einziehen. Damals trat er für das linke Bündnis Front de gauche (Linksfront) an, erhielt rund vier Millionen Stimmen (11 Prozent) im ersten Wahlgang und landete auf dem vierten Platz hinter dem Sieger François Hollande. Im Jahr 2017 versuchte er es erneut. Diesmal gelang es ihm als Gründer und Anführer der neuen Bewegung La France insoumise, rund sieben Millionen Wählerinnen und Wähler (19,6 Prozent) im ersten Wahlgang hinter sich zu vereinen. Zwar erweiterte er seinen Stimmenanteil deutlich, landete jedoch erneut auf dem vierten Platz und musste sich seinem Mitbewerber, dem späteren Präsidenten Emmanuel Macron, geschlagen geben.«
Den Linken werden aber keine realen Chancen eingeräumt. Warum das so ist? Dazu diese Leseempfehlung: »Die Linke ist in Frankreich marginalisiert, die Präsidentenwahl machen Rechte und Konservative unter sich aus. Warum? Auf Spurensuche im kommunistisch regierten Contes«, so Annika Joeres unter der Überschrift Die große Resignation.
Apropos Wiederholungstäter: Bereits zwei Mal ist Marine Le Pen als Kandidatin der extremen Rechten in das Rennen um das französische Präsidentenamt gegangen. Zwei Mal ist sie gescheitert, zuletzt in der Stichwahl gegen Emmanuel Macron. Marine Le Pen steht diesmal von noch weiter rechts unter Druck:
»Selbst ein Kind algerischer Einwanderer, ist Éric Zemmour in Frankreich als Polemiker bekannt, der mit seinen Thesen zur Zuwanderung und der vermeintlichen Islamisierung Frankreichs regelmäßig für Aufregung sorgt. Auf seinem Weg vom Journalisten zum Präsidentschaftskandidaten wurde Zemmour in seiner Rhetorik zusehends aggressiver. Aufgrund seiner zeitweisen Omnipräsenz in den Medien und seiner wohlkalkulierten Provokationen wird er regelmäßig mit Donald Trump verglichen«, so die Beschreibung von Jacob Ross.
Aus der Ferne und in diesen Zeiten sowieso ist es immer sehr schwierig, eine Einschätzung des wahrscheinlichen Wahlausgangs zu versuchen. Nachdem Macron zu einem sehr späten Zeitpunkt seine erneute Kandidatur verkündet hat, sind die meisten Beobachter davon ausgegangen, dass er auch diesmal die beiden Wahlgänge siegreich bestehen wird. Die Mehrheit geht davon aus, dass Macron und Le Pen in die Stichwahl am 24. April einziehen werden.
Gehen wir einmal bei aller offensichtlichen Rest-Unsicherheit – so tauchen derzeit solche Meldungen auf: Die Extremisten legen zu: »Nur noch eine Woche bis zur Präsidentschaftswahl – und nun zeigen Umfrageergebnisse: Es könnte für Emmanuel Macron knapper werden als gedacht« oder »Die Präsidentschaftskandidatin Le Pen holt kurz vor der Wahl in Umfragen auf. Präsident Macron ist unter Druck«, so dieser Artikel: Die rechte Marine Le Pen könnte Emmanuel Macron gefährlich werden – davon aus, dass Macron die Wahl gewinnen wird.
Was wissen wir über seine rentenpolitischen Überlegungen?
Im Januar des Jahres 2020 konnte man unter der Überschrift Paris: Gesetzentwurf zur Rentenreform beschlossen lesen: »Frankreichs Regierung hat nach wochenlangen Streiks und Protesten das Gesetz zur Reformierung des Rentensystems auf den Weg gebracht. Das derzeitige System sei für die heutige Berufswelt ungeeignet, sagte Gesundheits- und Sozialministerin Agnés Buzyn nach der Regierungssitzung unter Vorsitz von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Der Gesetzesentwurf schlage daher „die Schaffung eines universellen Rentensystems vor, das die derzeitigen 42 Systeme, deren zahlreiche Mängel bekannt sind, ersetzen soll“, so die Ministerin.« Der Gesetzesentwurf habe aber noch weiteren Raum für Verhandlungen mit den Sozialpartnern, wird der Renten-Staatssekretär Laurent Pietraszewski zitiert.
Mit den „Reformen“ soll es offenbar weitergehen. Und – für Deutschland nicht überraschend – dabei soll es um das gesetzliche Renteneintrittsalter gehen. Allerdings mit einem gewichtigen Unterschied zur deutschen Diskussion (und Entwicklung), denn wir sind bereits seit längerem auf dem Weg hin zur „Rente mit 67“, die als (abschlagsfreies) Renteneintrittsalter erstmals für den Geburtsjahrgang 1964 Anwendung finden wird. Und davon abgesehen wird in manchen Kreisen bereits munter über die Rente mit 69, 70 oder ? diskutiert, die angeblich unvermeidlich sei.
In Frankreich geht es derzeit und in den Überlegungen um eine andere Hausnummer: »Frankreichs Präsident will in seiner nächsten Amtsperiode die Altersgrenze von 62 auf 65 Jahre anheben. Doch sein erster Reformversuch scheiterte«, kann man diesem Bericht entnehmen: So sehen Macrons neue Rentenpläne aus. Macron will die Altersgrenze für Beschäftigte im Fall seiner Wiederwahl von 62 auf 65 Jahre erhöhen. Erwerbsunfähigkeit, beschwerliche Tätigkeiten und die Dauer der beruflichen Laufbahn sollen demnach jedoch berücksichtigt werden. Zudem sei vorgesehen, die Sondersysteme in bestimmten Berufsgruppen abzuschaffen – zumindest für Neueinsteiger. Im Gegenzug werde die Mindestrente bei vollem Rentenbezug von 1.000 Euro auf 1.100 Euro erhöht, zudem seien weitere Steuererleichterungen geplant.
➔ Man muss wissen: Das ist kein wirklich neuer Ansatz. »Bereits nach seinem Amtsantritt 2017 hatte Macron deshalb versucht, das Rentenalter in Frankreich anzuheben – damals auf 64 Jahre. Zudem plante er eine Vereinheitlichung des Systems durch Abschaffung von Sonderregelungen. Die Reformpläne führten jedoch zu massiven politischen Widerständen und monatelangen Streiks. Dennoch standen sie im Frühjahr 2020 kurz vor der endgültigen Verabschiedung – und wurden dann aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt.«
Wenn dem einen oder anderen die Regelung das Renteneintrittsalter betreffend im Vergleich zu Deutschland großzügig vorkommt, dann wird das auch für andere Sicherungselemente in der französischen Alterssicherung gelten: »Frankreichs Rentenversicherungssystem besteht aus einer Grundversorgung und einer gesetzlichen Zusatzversicherung. Die Grundrente beruht unter anderem auf dem durchschnittlichen Jahreseinkommen (Bruttoarbeitsentgelt) der 25 besten Jahre im Berufsverlauf und der Versicherungsdauer. Die Zusatzrente wird nach einem Punktesystem berechnet. Zudem gibt es etwa 40 Sondersysteme für bestimmte Berufsgruppen. Bei geringem Einkommen können außerdem bis zu etwa 900 Euro zusätzlich an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt werden.«
Zu den bislang bekannten rentenpolitischen Absichten von Macron hat die Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung in diesem Beitrag informiert: Macron will Rentenalter auf 65 anheben. Dort wird auch darüber aufgeklärt, dass man nicht sagen kann, dass es in Frankreich eine Rente mit 62 geben würde, man muss genauer hinschauen:
»Das gesetzliche Renteneintrittsalter liegt in Frankreich derzeit bei 62 Jahren (für Jahrgänge ab 1955), wobei teilweise Abschläge in Kauf zu nehmen sind. Den vollen Rentensatz erhält man in Abhängigkeit weiterer Faktoren spätestens mit 67 Jahren. Für Personen, die sehr früh ins Berufsleben gestartet sind und die Anforderungen an Mindestversicherungsdauer sowie Mindestversicherungsbeiträge erfüllen, ist ab dem 60. Lebensjahr Vorruhestand möglich. Schwerbehinderte (dauerhaft mindestens 50 Prozent) können zwischen dem 55. und dem 59. Lebensjahr in Rente gehen.«
Macron ist nicht allein auf der rentenpolitischen Bühne: »Auch seine konservative Mitbewerberin Valérie Pécresse, die für die Républicains antritt, plädiert für ein Anheben des Rentenalters auf 65 Jahre. Die rechte Kandidatin Marine Le Pen ist von ihrer Forderung nach einer generellen Rente ab 60 Jahren inzwischen abgerückt. Der Renteneintritt solle auch vom Eintrittsalter ins Berufsleben abhängig sein. Wer schon früh berufstätig ist, solle mit 60 in Rente können, andere gestaffelt erst später«, so dieser Bericht: Macron will Rentenalter anheben. »Die Kandidatin der Sozialisten, Anne Hidalgo, will am Eintrittsalter von 62 festhalten und die Mindestrente auf 1200 Euro erhöhen. Macrons Pläne bezeichnete sie als »absoluten Skandal«. Auch Grünen-Bewerber Yannick Jadot sprach von einer sozialen Ungerechtigkeit mit Blick auf die harte Arbeit vieler Beschäftigten. Dem Links-Kandidaten Jean-Luc Mélenchon schwebt vor, das Rentenalter von 62 auf 60 Jahre zu senken.«